4. Stress Flashcards
Stress – Definitionen
Der Begriff Stress stammt aus der
Materialforschung und bezeichnet die Belastbarkeit
eines Materials unter Spannungs- bzw. Druck-
bedingungen.
* Stress ist ein sehr komplexes Konzept, das in
der Gesundheitspsychologie eine zentrale Rolle
spielt.
Stress Definition
Drei verschiedene Perspektiven:
- die reiz- oder situationsorientierte Perspektive
- reaktionsorientierte Sichtweise
- die relationale Sicht
Reiz- oder Situationsorientierte Stresstheorien
Stressdefinition:
- Stress wird vor allem durch Situations-, Bedingungs-, Ereignis-
,
und Umweltmerkmale ausgelöst - Stress = Stressoren:
Stimuli oder Herausforderungen, die Gefahr, Schaden bzw.
eine Bedrohung für das Individuum signalisieren
Reiz- oder Situationsorientierte Stresstheorien
Stressformen
Tabelle Folie 8
- physikalische Stressoren
(z. B. Hitze, Lärm, Kälte) - soziale Stressoren
(z. B. zwischenmenschliche Konflikte, Sorgen um nahe Verwandte) - ökologische Stressoren
(z. B. negative Wohnsituation, Abgeschiedenheit) - ökonomische Stressoren
(z. B. prekäre Arbeitsverhältnisse, finanzielle Probleme) - berufliche Stressoren
(z. B. quantitative und qualitative Anforderungen, Zeitdruck)
Reiz- oder Situationsorientierte Stresstheorien
Life-Event-Forschung:
Auswirkungen verschiedener einschneidender Ereignisse im
Leben auf die Gesundheit und Wohlbefinden des Individuums
Reiz- oder Situationsorientierte Stresstheorien
Kritische Lebensereignisse:
Ereignisse, die durch Veränderungen der (sozialen)
Lebenssituation gekennzeichnet sind und Anpassungsleistungen
durch das Individuum notwendig machen
Kritische Lebensereignisse
Altersgebunden:
- durch eine hohe Wahrscheinlichkeit des Auftretens in
bestimmten Altersgruppen gekennzeichnet - als „normal“ betrachtet
- z.B. Berufseintritt, Geburt eines Kindes
Kritische Lebensereignisse
Non Normativ
- eine geringere Auftretenswahrscheinlichkeit
- belastend, schwer bewältigbar
- z.B. schwerer Unfall
- „Nicht-Ereignisse“:
- Lebensenttäuschungen, z. B, unerfüllter Kinderwunsch
- emotional belastend, schwer zu kontrollieren
- in der Regel nicht vorhersehbar
- müssen bewältigt werden
Kritische Lebensereignisse
Epochalnormiert:
Konfrontationen mit Extremerfahrungen wie Krieg, Flucht,
Naturkatastrophen + erfolgreiche oder missglückte Bewältigung
-> Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTSD): spezifische,
lange andauernde und schwer behandelbare psychische
Beeinträchtigungen (Symptome: Flashbacks, Betäubtsein,
emotionale Stumpfheit)
Stress-Skalen
- Perceived Stress Scale (PSS; Cohen et al., 1983)
- Social Readjustment Rating Scale (SRRS; Holmes & Rahe, 1967)
- Daily Hassles and Uplifts Scale (Lazarus, 1984; Kanner et al., 1981)
Perceived Stress Scale (PSS)
Beschreibt in 14 Aussagen verschiedene Arten, sich „gestresst“ oder
den Anforderungen nicht gewachsen zu fühlen.
*Wie oft im letzten Monat fühlten Sie sich den an Sie gestellten
Anforderungen nicht gewachsen?
*Wie oft fühlten Sie sich im letzten Monat nervös und gestresst?
Kritik: Keine Unterscheidung zwischen Stresseinschätzung, Coping und
Konsequenzen.
Hassles Scale – Beispielitems
- Konflikte mit Freund / Freundin / Partner.
- Von Freunden enttäuscht worden.
- Zu viel gleichzeitig zu tun.
- Trennung von Freunden.
- Nicht genug Freizeit.
- Einsamkeit.
- Nicht genügend Schlaf.
- Unzufriedenheit mit dem Studium.
Uplifts Scale – Beispielitems
- Geld gespart.
- Gute Beziehung zu Freund / Partner.
- Erfolgreicher Abschluss von Arbeiten.
- Schöne Freizeitaktivitäten.
- Sex.
- Gutes Essen.
Reaktionsorientierte oder physiologische
Sichtweise
Stressdefinition:
- Stress = abhängige Variable, die durch physiologische, psychische
oder verhaltensmäßige Aktivitäten und Anpassungsleistungen
gekennzeichnet ist. - Stresstheorien aus der Medizin, der Physiologie oder der Biologie.
- Cannon: die unmittelbare körperliche und seelische
Anpassungsreaktion von Lebewesen bei Gefahr. - Selye: Stress = Stressreaktion
Flight or fight (Cannon, 1914, 1932)
- Erster wissenschaftliche Beitrag
*
„Kampf-Flucht-Reaktion“:
Stressreaktion, womit Lebewesen sich sehr schnell physisch und psychisch in
Gefahrensituationen anpassen. - Homöostase:
verschiedene physiologische Kennwerte des Organismus in vertretbaren Grenzen
(Sollwerte) aufrechterhalten - Homöostase eines Organismus von außen bedroht
-> biologische Reaktionen (z.B. Verringerung des Blutzuckers)
-> diese Reduzierung wird im Körper wahrgenommen
-> Rückmeldung des Organismus: die Abweichung zwischen den wahrgenommenen
und den akzeptablen Werten ausgleichen
Erweiterung des Homöstase-Konzepts
(Sterling und Eyer, 1988)
Allostase:
- Keine bestimmten Sollwerte (Zielwert bei der Selbstregulation))für alle
physiologischen Kennwerte - Sollwerte hängen vom aktuellen Zustand des Organismus ab (z.B. Schlaf,
intensive Bewegung) - überdauernde Belastungen -> die Sollwerte verändern sich auf Dauer
- Allostase (stability through change): Anpassungsprozess der Sollwerte an
Umweltanforderungen
Stressreaktion – Nervensystem
- Zentrales NS: Gehirn, Rückenmark (Kontrolle
über die gesamte Stressreaktion) - Peripherisches NS
- Somatisches NS
- Vegetatives NS
- Sympathisches NS (fight or flight)
Atmung, Herzfrequenz, Blutdruck;
Verdauung, sexuelle Aktivität;
Erweiterung der Pupillen;
mehr Blut zu den Muskeln - Parasympathisches NS
- Darm NS
Stressreaktion – Endokrines System
- Sympathikus-Nebennierenmark-Achse
(sympatho-adrenomedulläres System, SAM)
Schneller Weg: - Hypothalamus -> Nebennierenmark
- Nebennierenmark: Freisetzung von
Noradrenalin, Adrenalin - „Fight or flight“
Atmung, Herzfrequenz, Blutdruck;
Verdauung, sexuelle Aktivität;
Erweiterung der Pupillen;
mehr Blut zu den Muskeln - Hypothalamus-Hypophysen-
Nebennierenrinden-Achse (HHNA)
Langsamer Weg - Hypothalamus: Corticotropin-Releasing-
Hormon (CRH) - Hypophyse: adrenocorticotropes Hormon
(ACTH) - Nebennierenrinde: Glucocorticoid Cortisol ->
zu viel -> Signal ans Gehirn -> Stressreaktion
ausschalten
Stressreaktion – Kardiovaskuläres System
Herz pumpt Blut in die Aorta, Arterien
- Sauerstoff: Lungen, Herz -> Organen,
Körperzelle
- Kohlendioxid: Organen, Körperzelle -> Herz,
Lungen
- Chronische Stressreaktion: andauernder
hoher Blutdruck
-> Ansammlung von Fettsäuren,
Glukose an Blutgefäßwänden
-> größere kardiovaskuläre
(Herz)Aktivität
-> kleinere und größere
Gesundheitsprobleme
Beispiel
* Stress -> Erweiterung der Arterien im
Gehirn -> Kopfschmerzen
* Stress -> Verspannung in den Muskeln des
Kopfs, des Nackens und der Schultern ->
Kopfschmerzen
Stressreaktion – Immunsystem
Rolle: Abwehr von Infektionen und
Krankheiten
Drei Schutzebenen:
1. externe Barrieren: Haut
2. unspezifische Reaktionen: wenn ein
Antigen (Fremdkörper) kommt über
die Barriere -> Lymphozyten im Blut
bekämpfen die Antigene
Drei Schutzebenen:
3. spezifische Antworten:
- Lymphozyten:
- B-Zellen
- T-Zellen
- Natürliche Killer-Zellen
Stress -> beeinflusst IS, wenige Zellen ->
Krankheit
Nervensystem
Erhöhung an Atmung, Herzfrequenz, Puls; Blut zu
den Muskeln
Endokrines System
Erhöhung an Atmung, Herzfrequenz, Schwitzen,
erhöhtes Cortisol-Level
Kardiovaskuläres System
Erhöhung an Blutdruck, Herzfrequenz
Immunsystem
Abnahme an Immunzellen
Psychoneuroimmunologie
Alle genannten Systemen aktiv, Mechanismen in
Interaktion
Ergänzung des Allostase-Konzepts
(McEwen, 1998, 2003, 2007)
- Allostase: Ein Sollwert in allostatischen Systemen verstellt sich je nach Anforderung der
veränderten Umweltbedingungen (z. B. bei körperlicher Aktivität die Steigerung der
Herzschlagfrequenz), Vermittler: Cortisol, Adrenalin, Noradrenalin, Zytokine (Botenstoffe
des Immunsystems) - allostatische Belastung („Allostatic Load”), wenn
- die Stressreaktion zu häufig und in kurzen Abständen auftritt,
- die Konfrontation mit einem Stressor beendet ist, die physiologische Stressreaktion
jedoch nicht schnell genug abklingt, - die Stressreaktion zu schwach ist, nicht adäquat oder ein anderes System
überschießend reagiert, etwa wenn zu wenig Cortisol ausgeschüttet wird und das
Immunsystem überreagiert - auf wiederkehrende Stressoren keine Gewöhnung (Habituation) erfolgt
- eine unangebrachte oder überschießende Stimulierung zu krankhaften Veränderungen im
Glukose- und Fettstoffwechsel, im Herz-Kreislauf-System, im Immunsystem, im
Nervensystem (Krankheiten wie Arteriosklerose, Bluthochdruck, Adipositas, Diabetes,
Infektionskrankheiten, Tumore, Demenz)
Wege vom Stress zur Erkrankung
- Direkter Weg über Aktivierung der physiologischen Stressachsen
(SAM; HHNA) - Indirekter Weg über gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen
- Interaktiver Weg [Vulnerabilität (z.B. genetische Ausstattung) oder
Resilienz (z.B. Hardiness) moderiert die stressbedingte Anfälligkeit
für Erkrankungen] - Kein Weg (nur Korrelation, keine Kausalität; z.B. Drittvariablen wie
allgemeine negative Affektivität / Neurotizismus)
Relationale Sicht
Stressdefinition:
- Prozess, Transaktion zwischen einer Person und der Umwelt,
- In einer wechselseitigen dynamischen Beeinflussung von
Anforderungen an eine Person und deren Mittel, diesen zu begegnen,
herausgestellt - Stress entsteht, wenn ein Ungleichgewicht oder Missverhältnis
zwischen den wahrgenommenen Anforderungen an den Einzelnen
und seine Fähigkeit, diese zu bewältigen, eintritt
Stressbewältigungsprozess (Lazarus)
Umweltmerkmale
- Formale situative Merkmale
- Kontrollierbarkeit
- Prädizierbarkeit
- Zeitliche Nähe und Dauer (akut, Stressorsequenzen, chronisch)
- Inhaltliche Unterscheidung
- Art der Gefährdung:
- Psychische Stressoren
- Physische Stressoren
Stressbewältigungsprozess (Lazarus)
Primäre Bewertung
- die erste Phase der Auseinandersetzung mit dem Stressor
- Stressor wird bewertet
(„Ist das ein Ereignis, damit ich bewältigen muss?“ „1. Ist es negativ? 2. Wenn ja, ist es
schädigend?“) - Irrelevant
- Positiv/günstig
- Stressbezogen
- Wenn stresserzeugend eingestuft, drei Bewertungsvarianten:
- Bedrohlich: die Situation wird als noch nicht eingetretene Schädigung antizipiert
- Schädigend bzw. verlustreich: eine Schädigung ist bereits eingetreten
- Herausfordernd: die positiven Folgen stehen im Vordergrund, jedoch ist eine
Schädigung auch möglich
Stressbewältigungsprozess (Lazarus)
Sekundäre Bewertung
- das Stress auslösende Ereignis von einer Person eingeschätzt, ob sie zu seiner
Bewältigung (Coping) ausreichend Bewältigungsmöglichkeiten bzw. -fähigkeiten
besitzt. - Dieser Prozess der sekundären Bewertung spielt sich immer bewusst ab, weshalb er
auch die erste, die primäre Bewertung verändern kann. - Beispiele:
- “Ich kann die Prüfung überhaupt nicht bestehen. Ich weiß, ich schaffe das nicht.”
(Bedrohung + kein Ressource = Stress) - “Vielleicht kann ich die Prüfung ablegen, wenn ich das Material noch ein Paar mal
wiederhole.” (Herausforderung + etwas internale Ressourcen = wenig Stress) - “Die Prüfung wird kein Problem sein, ich bin sicher in meinen Kenntnissen.”
(Herausforderung + genug internale Ressourcen = kein Stress)
Stressbewältigungsprozess (Lazarus)
Ressourcen
Persönliche Ressourcen
* Fähigkeiten
* Resilienz
* Selbstwirksamkeit
* Wahrgenommene Kontrolle
Soziale Ressourcen
* soziale Unterstützung
* finanzielle Möglichkeiten
Stressbewältigung – Coping
Definition:
- Bemühungen und Anstrengungen einer Person, die sich in einer wichtigen und
auch überfordernden sowie belastenden Situation befindet, die Auswirkungen
des Stressors zu reduzieren - In Form: entweder den Stressor zu verändern oder die hervorgerufenen
negativen Emotionen zu minimieren - Mit dem Ziel: Anpassung erreichen
- Insgesamt: ein dymanischer, gelernter (Erfahrung von früheren Bewältigungen),
zielgerichteter, freiwilliger Prozess
Stressbewältigung – Coping
Funktionen:
1.Den Einfluss schädigender Umweltbedingungen reduzieren und die Aussicht auf
Erholung verbessern.
2.Negative Ereignisse oder Umstände tolerieren bzw. den Organismus an sie
anpassen.
3.Ein positives Selbstbild aufrecht erhalten.
4.Das emotionale Gleichgewicht sichern.
5.Befriedigende Beziehungen mit anderen Menschen fortsetzen.
Stressbewältigungsstrategien
Problembezogenes Coping (instrumentell)
Ziel, die Problem- bzw. Konfliktbedingungen zu verändern, Aufforderung zu
beseitigen, eigene Ressourcen zu stärken
* Informationssuche, soziale Unterstützung
* Planen und direktes Handeln
* Unterlassen von Handlungen
Stressbewältigungsstrategien
Emotionsbezogenes (-regulierendes) Coping (palliativ)
Ziel, Belastungssymptome sowie negative Gefühle zu regulieren, zum subjektiven
Wohlfühlen zu kommen
* Selbstregulation
* Konfrontation
* Suchen nach emotionaler sozialer Unterstützung
* Verlassen der Situation
Stressbewältigungstraining
- Informationen über stressbedingte Gesundheitsrisiken
- Selbstbeobachtung und Selbstreflektion (Sensibilisierung gegenüber belastenden
Situationen sowie Stressreaktionen/-symptomen) - Üben von Entspannungstechniken (z.B. progressive Muskelrelaxation)
- Methoden der kognitiven Umstrukturierung (z.B. self-talk)
- Techniken des Selbst- und Zeitmanagements
- Förderung von selbstbehauptendem Verhalten und sozial-kommunikativen
Kompetenzen („Nein“ sagen können) - Anleitungen zu einer erholsamen Freizeitgestaltung
➢ Wichtig ist ein breites Repertoire an Bewältigungsfähigkeiten!