3. VL Familiäre Transmission und Entwicklung psychischer Störungen Flashcards
Was heisst familiäre Transmission psychischer Störungen?
Familiäre Weitergabe psychischer Störungen zwischen den Generationen
Was sind die wichtigsten Untersuchungsmethoden?
Familienstudien
- family study: Befragung aller erreichbarer Mitglieder einer Familie bezüglich psychischer Störungen
- family history study: Indirekt Befragung der erreichbaren Mitglieder auch über nicht erreichbare Familienmitglieder (Schätzung unsicherer als bei family studies)
- high risk study: Vorauswahl der untersuchten Familien. Es werden nur Familien untersucht, in denen ein Mitglied eine psychische Störung aufweist (z.B. Kind oder Eltern)
Zwillingsstudien
- Untersuchung der Häufung psychischer Störungen bei eineiigen oder zweieiigen Zwillingen (Ähnliche Umweltbedingungen, aber unterschiedliche Übereinstimmung der genetischen Information (eineiig: genetisch identisch; zweieiig: 50% Übereinstimmung)
- Erlaubt Schätzung der Heritabilität / Erblichkeit psychischer Störungen
Adoptionsstudien (Unterschiedliche Umweltbedingungen, aber ähnliche genetische Information. Überzufällige Übereinstimmung im Phänotyp kann teilweise durch gemeinsamen genetischen Hintergrund erklärt werden)
Was bedeutet Heritabilität?
- Mass für die Erblichkeit von phänotypischen Merkmalen.
- Hohe Heritabilität bedeutet, dass der Unterschied zwischen zwei Individuen v.a. genetisch erklärt werden kann
Heritabilität (Erblichkeit)
Gibt es eine familiäre Häufung psychischer Störungen? – Nenne einige Befunde
- Das Lebenszeitrisiko für unipolare Depression bei Verwandten ist viel höher als in der Gesamtbevölkerung (Bevölkerun: 6%, Familie ca. 12%, eineiige Zwillignge 43%)
- Auch bei Schizophrenie so
- Wenn Eltern krank, Kinder auch höheres Risko, besonder bei Bipolar. Die Störung des Kindes kann dann aber auch eine andere sein
- Die Wahrscheinlichkeit eines Kindes an einer psychischen Störung zu erkranken, wenn die Eltern eine psychische Störung aufweisen, liegt zwischen 10% und 40% (je nach Erkrankung)
Was ist der Unterschied zwischen Multifinalität und Äquifinalität?
- Multifinalität psychischer Störungen: Ähnliche Bedingungsfaktoren können zu unterschiedlichen Störungen führen
- Äquifinalität: Unterschiedliche Bedingungsfaktoren und Entwicklungswege können zu gleichen Störungen führen
! Entwicklungspfade müssen individuell nachvollzogen werden (kein einheitlicher Entwicklungspfad bei einer bestimmten psychischen Störung)
Warum ist auch bei 100% genetischer Übereinstimmug (eineiige Zw) nicht 100% Übereinstimmung im Phänotyp (psychische Störung)?
- Vererbt wird die Vulnerabilität (Anfälligkeit) für eine psychische Störung
- Auch nicht-genetische Faktoren spielen bei der Entwicklung psychischer Störungen eine wichtige Rolle
Was sind typische Situationen die soziale Angst auslösen?
Beschreiben Sie am Beispiel der sozialen Phobie das Zusammenspiel verschiedener Einflussfaktoren zur Entwicklung dieser Störung
Genetische und Umweltfaktoren wirken in komplexer Art und Weise zusammen. Ein Faktor alleine reicht nicht.
- übererregbares Angstnetzwerk wird vererbt (10-20% Kinder haben Prädispo), bleibt relativ stabil, mit sozialer Angst in Jugend assoziert
- Emotionale Sensibilität macht verletzlicher (auch positiv, empathisch)
- Erziehrische Einflüsse: Soziale Phobie typischerweise NICHT mit schwieriger Kindheit, Gewalt in Erziehung etc. verbunden. Eltern werden eher als sehr fürsorglich, teils überbehütend beschrieben -> nicht zutrauen
- Modellernen: Eltern auch sozial ängstlich
- Spezifische Erfahrungen: Letzte in Sportmannschaft, ausgelacht..
T/F:
Hat ein Kind ein tiefes Geburtsgewicht, kann die müttlerliche Wärme die Hyperaktivität-Ausprägung beeinflussen.
ja, kann zu tiefes Geburtsgewicht kompensieren
Wie unterschieden sich die Antworten der Kinder beim Experiment zum Modellernen
Kinder von Eltern mit Panikstörung
Kinder von Eltern mit Tierphobie
Kindern mit Eltern ohne psychische Störung
Balu läuft durch Wald, merkt Herzklopfen..
-> Kinder müssen eine Interpretation auswählen
- Kinder von Eltern mit Panikstörung interpretieren Situationen ähnlich/gleich wie Eltern, obwohl sie „noch“ keine Panikstörung haben
- Kinder von Eltern mit Tierphobie tun dies nicht, obwohl ähnliche „biologische“ Voraussetzungen (z.B. erhöhte Angstsensibilität)
Was versteht man unter dem Konzept der „Entwicklungsaufgaben“ und wie erklärt dieses Konzept die Entwicklung psychischer Störungen?
Entwicklungsaufgaben sind lebensaltertypische Herausforderungen, die an ein Individuum gestellt werden (z. B. der Aufbau einer Bindung im frühen Kindesalter). Ihre erfolgreiche Bewältigung fuḧrt zu Fertigkeiten und Kompetenzen, die künftige Entwicklungsaufgaben erleichtern (Havighurst 1972). (Es existieren verschiedene Vorstellungen zu alterstypischen Entwicklungsaufgaben).
Entwicklungsaufgaben stellen sich über die gesamte Lebensspanne (z.B. Anpassung an Pensionierung)
Erfolgreiche Bewältigung ist Voraussetzung für nächste Entwicklungsaufgaben -> EL-Aufgabe nicht gelöst gibt Komplikationen bei weiteren -> Fehlanpassungen addieren sich
Im Entwicklungsverlauf addieren sich „Fehlanpassungen“, so dass relativ unscheinbare Störungen in der Kindheit weitreichende Konsequenzen haben können
Um zu schauen wie genetische und umweltbedingte Faktoren interagieren macht man Assoziationsstudien und Kopplungsstudien. Das Ziel ist es nach genetischen Markern zu suchen.
Erkläre Assoziationsstudien und Kopplungsstudien
Assoziationsstudien: Vergleich der Häufigkeit bestimmter Allele (Ausprägungsform eines Gens) bei Menschen mit versus ohne psychische Störungen. Wenn ein bestimmtes Allel bei Menschen mit einer bestimmten psychischen Störung häufiger vorkommt, spricht man von einer genetischen Assoziation mit dem Allel
Kopplungsstudien: Untersuchung von Familien, bei denen mehrere Angehörige erkrankt sind. Suche nach genetischen Markern, die bei den Erkrankten häufig vorkommen (auch im Vergleich zu nicht erkrankten Familienmitgliedern). Wenn bestimmte genetische Merkmale signifikant häufiger mit einem Phänotyp vorkommen, spricht man von einem Kopplungssignal
Was ist der Unterschied zwischen einer Gen-Umwelt-Interaktion und einer Gen-Umwelt-Korrelation?
Gen-Umwelt-Interaktion: Genotypen beeinflussen die Vulnerabilität (Anfälligkeit) bzw. Resilienz (Widerstandsfähigkeit) gegenüber Umwelteinflüssen (z.B. traumatische Lebensereignisse). Es gibt signifikante interindividuelle Unterschiede in der Sensitivität gegenüber adversen Umwelteinflüssen.
Beispiel: Stressvolle und traumatische Lebensereignisse führen bei Menschen mit einem oder zwei s-Allelen am 5-HTTLPR-Gen (Serotonin-Transporter- Steuerregion) häufiger zu Depressionen (Caspi et al., 2003)
Gen-Umwelt-Korrelationen: Genotypen beeinflussen spezifische Verhaltensweisen (sich Risiko aussetzen. Genotypen beeinflussen über spezifische Verhaltensweisen (Einfluss der Genetik auf Persönlichkeitsvariablen) die Wahrscheinlichkeit der Exposition gegenüber Umwelteinflüssen. Hintergrund: Wahrscheinlichkeit von positiven und negativen Lebensereignissen ist in der Allgemeinbevölkerung nicht zufällig verteilt (wird z.B. von Persönlichkeitsvariablen beeinflusst)
Beispiel: Träger eines Polymorphismus am GABA-A-a2-Rezeptor sind seltener verheiratet, haben ein höheres Risiko für Alkoholabhängigkeit und für antisoziale Persönlichkeitszüge (Dick et al., 2006)
Was ist Epigenetik?
- Epigenetik beschäftigt sich mit Veränderungen in der Genexpression. Durch Umwelteinflüsse werden Gene „an“- oder „ab“-geschaltet
- Die genetische Wirkung auf die menschliche Entwicklung hängt also nicht einfach von der DNA ab, sondern von der epigenetisch bestimmten Aktivität von Genen
- Im Moment oft als revolutionärer Ansatz zur Erklärung der Transmission psychischer Störungen bezeichnet, weil sich die Epigenetik auch mit der Frage beschäftigt, ob erworbene Eigenschaften (Umwelteinflüsse) biologisch an zukünftige Generationen weitergegeben werden (transgenerationale Epigenetik)
- “Wie die Umwelt das Erbgut beeinflusst”
Was gibt es für epigentetische Studien?
Fische
Enkel
Beispiel Tierversuche: Die Nachkommen von Fischen, die gestresst wurden, verhalten sich gestresster (obwohl sie nicht gestresst werden), als die Nachkommen von Fischen, die nicht gestresst wurden
Schwedische Studie: Enkel von Männern, die vor ihrer Pubertät eine Hungersnot durchlebt hatten, litten nicht so häufig an Herzerkrankungen oder Diabetes wie die Enkel von Männern, die reichlich zu essen hatten