20 Kinderchirurgie Flashcards

1
Q

Beschreiben Sie die typische Symptomatik einer Ösophagusatresie beim Neugeborenen. Welche diagnostischen Maßnahmen halten Sie für notwendig?

A

Bei einer Ösophagusatresie handelt es sich um einen angeborenen Verschluss der Speiseröhre mit (> 90 %) oder ohne Fistel zur Trachea. Als Ursache liegt eine Fehlentwicklung des Septum ösophagotracheale in der 4.–5. Embryonalwoche vor. Typisch ist ein Hydramnion der Mutter, da der Fötus kein Fruchtwasser trinkt. Beim Neugeborenen wird eine Ösophagusatresie schon kurz nach der Geburt symptomatisch durch:
• Schluckunfähigkeit
• schaumigen Speichelfluss aus Mund und Nase
• Regurgitation der Nahrung
• Hustenanfälle, Erstickungsanfälle und Schreien während des Trinkens
• Reflux (durch die physiologische Kardiaachalasie) Aspiration, Pneumonie
• Unruhe, ständigen Hunger
• Gewichtsverlust
Die Inzidenz liegt bei 1 : 3.000–4.000 Geburten, wobei 1⁄3 davon Frühgeborene sind. Es treten gehäuft kombinierte Fehlbildungen auf, insbesondere kardiovaskulärer Art, Wirbelkörperanomalien, Nierenfehlbildungen und andere intestinale Atresien (Anorektum, Duodenum). Zur Diagnosesicherung wird die Speiseröhre vorsichtig sondiert (federnder Stopp!) und ein Röntgen-Babygramm ( Thorax/Abdomen im Hängen) mit Darstellung des oberen Blindsacks durch Insufflation von 1–2 ml Lu angefertigt. Eine Darstellung mit Kontrastmittel ist wegen der Gefahr der Aspiration nicht erlaubt und erübrigt sich. Ergänzend wird ein Echokardiogramm des Herzens und der absteigenden Aorta und gelegentlich eine Tracheoskopie durchgeführt. Bei Hinweisen auf weitere Fehlbildungen wird die Diagnostik individuell ergänzt.

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2
Q

Welche Typen einer Ösophagusatresie kennen Sie?

A

Ösophagusatresien werden nach Vogt in 4 verschiedene Formen unterteilt (› Abb. 16.1 und › Tab. 16.1). Bei den Typen I und II besteht eine komplette Atresie des Ösophagus ohne Fistel zum Tracheobronchialsystem. In 90 % der Fälle existiert jedoch wie beim Typ III und bei der H-Fistel zwischen Ösophagus und Trachealsystem eine Fistel.
Tab. 16.1 Klassifikation der Ösophagusatresien nach Vogt
Typ I : weitgehend fehlender Ösophagus (sehr selten)
Typ II : Atresie ohne Fistel (ca. 8 %)
Typ III
a. Atresie mit Fistel zwischen der Trachea und dem oberen Ösophagusblindsack
b. Atresie mit Fistel zwischen der Trachea und dem unteren Ösophagusblindsack (häufigste Form, ca. 87 %)
c. Atresie mit oberer und unterer Fistel (3 %)
H-Fistel : einfache distale Fistel zwischen Ösophagus und Trachea

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3
Q

Ösophagusatresie

Welche Therapie leiten Sie ein?

A

Bis zur Operation sollte das Neugeborene halb sitzend oder seitlich gelagert werden. In den oberen Blindsack wird eine Dauer-Absaugsonde gelegt. Die Indikation zur frühzeitigen Operation ist immer gegeben. Ösophagusatresien vom Typ III werden durch eine End-zu-End-Anastomose der beiden Ösophagusenden und einen Fistelverschluss versorgt. Ist die Distanz zwischen den Ösophagussegmenten sehr lang („long gap“, mehr als 3 Wirbelkörper), wird nur die Fistel verschlossen. Es wird eine Magenfistel angelegt und eine Longitudinalbougierung über einen gewissen Zeitraum durchgeführt. Dann ist eine End-zu-End-Anastomosierung häufig erreichbar. H-Fisteln werden durchtrennt und Ösophagus und Trachea werden seitlich verschlossen.

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4
Q

Worin liegen die primären Gefahren einer Ösophagusatresie, abgesehen von der Unfähigkeit, Nahrung aufzunehmen?

A

Besonders gefährlich sind die Folgen einer Fistelung zwischen Gastrointestinaltrakt und Trachealsystem. Ohne schnelle Therapie sind Aspiration, Pneumonie, respiratorische Insuffizienz mit Zyanose, Hustenanfälle sowie Atelektasen unausweichliche Komplikationen. Der Übertritt von Nahrung aus dem Magen in das Tracheobronchialsystem verursacht dort peptische Läsionen.

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5
Q

Ein 4 Wochen alter Säugling leidet seit etwa 1 Woche unter spastischem explosionsartigem Erbrechen sofort nach der Nahrungsaufnahme. Das sauer riechende Erbrochene enthält vom Aspekt her keine Gallenflüssigkeit. Im Oberbauch tastet man einen Tumor. Die Peristaltik des Magens ist sogar durch die Bauchdecke deutlich sichtbar. Das Kind hat innerhalb 1 Woche 1 kg abgenommen, wirkt exsikkiert und dystroph. Es besteht eine Bradypnoe mit zahlreichen Atempausen. Der Säugling ist apathisch, reagiert kaum auf Ansprache oder andere Reize. Sein greisenähnliches Aussehen wird durch ständiges Stirnrunzeln noch verstärkt. Der Muskeltonus ist insgesamt reduziert.
Welche Verdachtsdiagnose kommt Ihnen als Erstes in den Sinn?

A

Die Krankheitssymptome sind charakteristisch für eine Pylorusstenose durch Hypertrophie und Fibrosierung hautsächlich der Ringmuskulatur, weniger der Längsmuskulatur und der pylorusnahen Antrummuskulatur. Wegweisend für die Diagnose sind die typische Anamnese und Klinik und eine Sonografie des Oberbauchs. Laborchemisch findet man eine metabolische (hypochlorämische) Alkalose, eine Hypokaliämie und eine Hyponatriämie. Differenzialdiagnostisch müssen ein funktionelles Erbrechen (Infekt, zerebrale Reizung u.a.), eine Hiatushernie (Roviralta-Syndrom), eine hohe Duodenalstenose und ein adrenogenitales Salzverlustsyndrom (Labor!) ausgeschlossen werden.

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6
Q

Pylorusstenose

Beschreiben Sie kurz das operative Vorgehen.

A

Die Operation einer Pylorusstenose stellt keine Notfallindikation dar. Zunächst sollten der Säure-Basen-Haushalt und die Elektrolyte korrigiert sowie die Dehydratation behoben werden. Therapieziel ist ein operatives Wiederherstellen der ungehinderten Pyloruspassage. Präoperativ wird eine nasogastrale Ablaufsonde gelegt. Bei der Operation wird die Pylorusmuskulatur längs bis auf die Mukosa gespalten (Pyloromyotomie nach Weber- Ramstedt). Heutzutage wird in einigen Kliniken die Operation minimalinvasiv per Laparoskopie durchgeführt. Die Prognose der Erkrankung ist gut. Die OP-Letalität liegt unter 1 %.

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7
Q

Erzählen Sie uns etwas über die Pathogenese einer Invagination.

A

Bei einer Invagination handelt es sich um die Einstülpung eines Darmabschnitts in das Lumen des sich nach distal anschließenden Darmabschnitts. Es existieren ursächlich meist Leitgebilde, wie z.B. ein Meckel-Divertikel, eine ileale Darmduplikatur, ein ileales Rhabdomyosarkom, Polypen, Tumoren oder virale Lymphknotenverdickungen im Bereich des Ileozökalpols. Der häufigste Manifestationsort ist ileozökal. Durch Abschnüren der entsprechenden Mesenterialgefäße kommt es unbehandelt zu ischämischen Darmnekrosen, zum Ödem und zu Stauungsblutungen.
Typische Symptome sind:
• plötzlich einsetzende kolikartige Bauchschmerzen mit wellenartiger Schmerzcharakteristik, die im Schmerzgipfel bis zur Schocksymptomatik führen können
• galliges Erbrechen in den ersten Stunden
• palpable walzenförmige Resistenz
• Ileussymptomatik
• auskultatorisch: zunächst klingende Darmgeräusche wie beim Ileus, später Paralyse
• Spätsymptom: himbeergeleeartiges Sekret bei der rektalen Untersuchung, im Extremfall palpable Spitze des Invaginatkopfes

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8
Q

Wie stellen Sie die exakte Diagnose und wie behandeln Sie eine Invagination?

A

Sonografisch erkennt man:
• Target-Zeichen im Querscan: Die Darstellung der einzelnen anatomischen Schichten bzw. der ineinandergestülpten Darmanteile kann wie eine Zielscheibe (Target) aussehen.
• Pseudokidney-Zeichen im Längsscan: Die in einander gestülpten Darmanteile können sonografisch eine Niere imitieren.
Eventuell lassen sich freie Flüssigkeit und Pendelperistaltik nachweisen. Durch Röntgenaufnahmen nach Einnahme von Gastrografin zeigt sich ein Kontrastmittelabbruch im Bereich des Invaginatkopfes. Eine konservative Therapie mit einem rektalen Einlauf körperwarmer Ringer-Lösung unter Ultraschallkontrolle ist in 50 % erfolgreich, liefert jedoch keine Informationen über evtl. vorhandene Leitgebilde. Bei ausbleibendem Therapieerfolg, Peritonitiszeichen, massivem Blutabgang oder Rezidivinvaginationen erfolgt eine operative Devagination, d. h. der Darm wird von kaudal nach kranial ausgestrichen. Leitgebilde werden entfernt, nekrotische Darmareale müssen reseziert werden.

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9
Q

Ein 2-jähriges Mädchen schreckt nachts im Schlaf auf und erbricht. Es klagt über starke Bauchschmerzen. Das Kind wirkt schwer krank und liegt mit angezogenen Beinen im Bett. Bei der körperlichen Untersuchung tasten Sie eine feste Resistenz im rechten Unterbauch. Der Bauch ist schmerzhaft verhärtet. Es besteht eine massive Abwehrspannung. Bei einer rektodigitalen Untersuchung finden Sie Blut am Fingerling.
An was denken Sie und wie sichern Sie Ihre Diagnose?

A

Differenzialdiagnostisch kommen infrage:
• Appendizitis
• Invagination
• Gastroenteritis, Toxikose, Enterokolitis
• entzündetes Meckel-Divertikel
• Darmblutung (z. B. im Rahmen einer Purpura Schoenlein-Henoch)
• Tumor (z. B. Neuroblastom, Wilms-Tumor)
• Nabelkolik (spastische schmerzhafte Muskelkontraktionen)
Zur Sicherung der Diagnose werden folgende Untersuchungen erforderlich:
• Sonografie des Abdomens (freie Flüssigkeit? Kokardenphänomen? Verdickung der Appendixwand?)
• Labor (Leukozyten? CRP?)
• Abdomenübersicht (stark geblähte Darmschlingen, Verlagerung von Darmschlingen, evtl. Spiegelbildung)
• Temperaturmessung (Fieber? Unterschied Rektum – Ohr?)
Falls die Diagnose danach weiterhin unklar ist, muss eine explorative Laparoskopie erfolgen.

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10
Q

Wann verschließt sich im Normalfall der Processus vaginalis und welche Bedeutung hat es, wenn er offen bleibt?

A

Etwa 80–90% aller Neugeborenen werden mit einem offenen Processus vaginalis geboren. Am Ende des 1. Lebensjahres findet man nur noch bei ca. 30 % aller Kinder einen offenen Processus vaginalis. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Ein offener Processus vaginalis kann Eintrittspforte für eine Leistenhernie sein und tritt auch beim Kryptorchismus fast immer in Erscheinung. Er stellt bei Jungen eine persistierende Verbindung der Bauchhöhle zum Skrotum dar. Prädisponierend für einen offen bleibenden Processus vaginalis wirken intraabdominelle Drucksteigerungen wie sie im Rahmen einer chronischen Obstipation oder (bei Kindern sehr selten) durch Aszites und Tumoren auftreten. Ansonsten sind die Gründe für ein Offenbleiben unbekannt.

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11
Q

Beschreiben Sie das klinische Bild einer Hydrocele testis.

A

Eine Hydrocele testis imponiert als prall-elastischer Hodentumor. Im Gegensatz zur Orchitis ist sie nicht druckdolent. Eine Hydrocele testis ist bei Kindern meist Folge eines offenen Processus vaginalis, durch den es zu einem Flüssigkeitseinstrom von der Bauchhöhle in das Skrotum kommt. Di erenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden müssen eine Orchitis, eine Epididymitis und ein Hodentumor.

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12
Q

Erzählen Sie ein wenig über den Maldescensus testis!

A

Maldescensus testis gilt als Oberbegriff für alle Lageanomalien des Hodens. Er entsteht durch eine gestörte Wanderung des Hodens vom Retroperitoneum in das Skrotum. Hierbei kann es sich handeln um:
• Kryptorchismus: Der Hoden ist weder sicht- noch tastbar.
• Retentio testis inguinalis: Der Hoden befindet sich noch im Leistenkanal.
• Gleithoden (Sonderform): Der Hoden lässt sich aus dem Leistenkanal in das Skrotum platzieren, weicht nach Loslassen jedoch wieder in den Leistenkanal zurück.
• Hodenektopie: Der Hoden hat einen abnormalen Abstiegsweg benutzt und liegt an atypischer Stelle.
• Pendelhoden: Der Hoden pendelt zwischen Leistenkanal und Skrotum. Der Hoden sollte bis Ende des 1. Lebensjahres endgültig im Skrotum liegen. Etwa 2 % der Jungen haben danach immer noch einen Maldeszensus und benötigen eine hormonelle Therapie. Ektope Hoden bleiben in der Regel unterentwickelt. Dies führt zu Hormon- und Fertilitätsstörungen. Außerdem zeigt sich eine erhöhte Inzidenz von späteren Hodentumoren. Die hormonelle Therapie besteht aus Gonadorelin-Nasentropfen (1,2 mg/d) für 28 Tage und humanem Choriongonadotropin (= HCG: 500–2.000 IE/Woche) für 5 Wochen. Ist die hormonelle Therapie nicht erfolgreich, so ist eine Orchidopexie indiziert, wobei nicht erwiesen ist, dass die operative Therapie im Hinblick sowohl auf die Fertilität als auch auf die spätere Tendenz zur Entartung erfolgversprechend ist.

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13
Q

Was ist eine Phimose und wann ist sie korrekturbedürftig ?

A

Bei einer Phimose handelt es sich um ein Missverhältnis zwischen Größe der Glans penis und der dehnbaren Weite der Vorhautöffnung. Die Vorhaut kann entweder nicht über die Glans zurückgezogen werden oder es entsteht beim Zurückstreifen des Präputiums ein anämischer Schnürring. Bis zum Ende des 2. Lebensjahres ist dies bei ca. 20 %, bis zum Ende des 3. Lebensjahres noch etwa bei 10 % aller Jungen der Fall. Operationsindikationen für das Durchführen einer Zirkumzision sind:
• Entzündungen
• Schmerzen
• Miktionsstörungen
• Behinderung der Hygiene
• religiöse oder kosmetische Gründe
Mangelnde Hygiene des Penis begünstigt in höherem Alter das Auftreten von Peniskarzinomen. Außerdem treten nach Zirkumzision seltener Harnwegsinfekte auf. Deshalb wird die Indikation zur OP heutzutage großzügiger gestellt als in früheren Jahren. Die Operation sollte aus psychologischen Gründen am besten vor dem 3. Lebensjahr oder erst nach dem 5. Lebensjahr erfolgen (Kastrationsängste in der phallischen Phase im 4./5. Lebensjahr).

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14
Q

Erläutern Sie das klinische Bild einer Hodentorsion. Warum ist eine möglichst rasche Therapie essenziell?

A

Unter einer Hodentorsion versteht man eine intraskrotale Stieldrehung des Hodens durch eine Torsion des Samenstrangs. Zu- und abführende Hodengefäße werden abgeschnürt. Je nach Drehung kommt es zu einer kompletten Ischämie. Unbehandelt führt eine Hodentorsion zur Hodennekrose und zum Hodenverlust.
Die Ätiologie der Hodentorsion ist noch nicht endgültig geklärt. Man vermutet eine unzureichende intraskrotale Fixation des Hodens. Symptome setzen meist ohne Vorankündigung ein. Betroffene Jungen, Jugendliche, aber auch erwachsene Männer klagen über plötzliche Schmerzen im Hoden. Der Hoden ist druckdolent, evtl. bläulich verfärbt und verhärtet. Zur Diagnose führen Anamnese, Klinik und farbkodierte Duplexsonografie. Therapie der Wahl ist eine Hodenfreilegung und Drehung des Hodens entgegen der Torsionsachse. Der Operateur wartet, bis sich der Hoden wieder erholt hat und rosig wird. Erst danach erfolgt eine Fixation des Hodens im Skrotum (Orchidopexie). Im Allgemeinen wird auch die Gegenseite prophylaktisch pexiert.

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15
Q

An welche Erkrankung denken Sie beim Stichwort „Mekoniumileus“?

A

Bei Mukoviszidose tritt in 10–15% der erkrankten Kinder als Erstmanifestation ein Mekoniumileus auf. Es handelt sich um eine akute intestinale Obstruktion durch zähes und abnormales Mekonium. Zum einen werden Proteine aus intestinalen Sekreten und verschlucktem Fruchtwasser bei der Mukoviszidose durch die fehlenden Enzyme des Pankreas nicht abgebaut, zum anderen sezernieren die Becherzellen des Dünndarms einen zähen Schleim. Dies führt zu einer Verlegung des Darmlumens meist im Bereich des terminalen Ileums. Die proximalen Dünndarmanteile sind dilatiert. Klinisch imponiert das Krankheitsbild als mechanischer Ileus. Typische Symptome wie galliges Erbrechen, hochgestellte, klingende Peristaltik und ein aufgetriebenes Abdomen kennzeichnen den Mekoniumileus. Die für die Mukoviszidose typischen bronchopulmonalen Symptome treten demgegenüber o mit gewisser Latenz auf.
Beim Mekoniumileus kann man zuerst einen konservativen Therapieversuch unternehmen. Dabei wird vorsichtig ein Kontrasteinlauf mit verdünntem Gastrografin durchgeführt. Diese Methode dient zum einen der Darstellung des Darms, zum anderen der Therapie, indem es den zähen Darminhalt verdünnt und aufgrund seiner osmotischen Wirkung zusätzliche Flüssigkeit in das Darmlumen zieht. Dabei ist auf eine ausreichende Volumenzufuhr zu achten, da es ansonsten zu einer schweren Dehydration kommen kann. Beim Versagen der konservativen Therapie ist eine Operation unvermeidbar. Oft muss eine Resektion des veränderten Ileumabschnitts mit einer Ileostomie oder einer doppelläufigen Enterostomie erfolgen. Langfristig muss die Grunderkrankung durch eine Substitution von Pankreasenzymen sowie die Prophylaxe bronchopulmonaler Komplikationen therapiert werden.

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16
Q

Erläutern Sie die Ätiopathogenese des Morbus Hirschsprung.

A

Der Morbus Hirschsprung ist auf eine kurz- oder langstreckige Aplasie der parasympathischen Ganglienzellen der Darmwand (Aganglionose) zurückzuführen. Eine Enthemmung der extramuralen Plexus führt zu einer permanenten Ausschüttung von Acetylcholin. Dies verursacht einen erhöhten Ruhetonus und eine ungeordnete Peristaltik. Im Bereich der hyperperistaltischen Darmabschnitte kommt es zu funktionellen Stenosen. Durch proximalen Aufstau des Darminhalts kommt es in diesen Bereichen zu einer starken Dilatation der oral gelegenen Darmabschnitte. Es resultiert ein Megakolon. In 90 % der Fälle befällt der Morbus Hirschsprung das Rektum oder das Sigmoid. Jungen sind etwa 4-mal häufiger betroffen als Mädchen.

17
Q

Der Morbus Hirschsprung

Sehen Sie Alternativen zu einer operativen Therapie?

A

Konservative Therapieversuche mit Einläufen, Kurz- und Langzeitbougierungen bieten nur kurzfristige Erfolge. Im Akutstadium bei Peritonitis wird ggf. als primäre Therapie nur ein Anus praeter angelegt. Dauerhaften Erfolg liefert jedoch nur eine Resektion des aganglionären Darmabschnitts. Die Resektion kann via Laparotomie mit Darmresektion und tiefer kolorektaler End-zu-End-Anastomose (OP nach Rehbein) oder auf transanalem Weg (OP nach Duhamel) erfolgen. Beide Operationen liefern gute Langzeitergebnisse.

18
Q

Welche Neoplasien findet man bevorzugt im Kindesalter?

A
Maligne Tumoren im Kindesalter sind in 1⁄3 der Fälle embryonalen Ursprungs. Dabei handelt es sich um:
• Neuroblastome
• Nephroblastome (Wilms-Tumoren)
• Retinoblastome
• Medulloblastome
• Hepatoblastome
• Pulmoblastome
Bei etwa 35 % aller malignen Erkrankungen im Kindesalter handelt es sich um Leukämien. Hierbei überwiegen die akuten Formen (ALL, extrem selten AML). Circa 20% entfallen auf Tumoren des ZNS, 10–15% sind maligne Lymphome. Neuroblastome machen ungefähr 8%, Weichteiltumore etwa 7%, Wilms-Tumoren etwa 6%, Knochentumoren etwa 5% und Keimzelltumoren etwa 3 % aus. Nur ungefähr 2 % sind epitheliale Tumoren (Karzinome).
19
Q

Können Sie uns zum Wilms-Tumor etwas mehr erzählen?

A

Der Wilms-Tumor, auch Nephroblastom genannt, ist ein embryonales Adenosarkom der Niere mit rhabdomyoblastischen und heteroblastischen Anteilen. In 5–10 % der Fälle sind beide Nieren betroffen.
Familiäre Wilms-Tumoren, die mit einer Mutation des Chromosoms 11 einhergehen und autosomal-dominant vererbt werden, treten oft in Kombination mit Fehlbildungen wie z. B. Aniridie, Viszeromegalie oder Anomalien der Harn- und Geschlechtsorgane auf.
Klinisch apparent werden Wilms-Tumoren meist erst in fortgeschrittenen Stadien durch ein extrem aufgetriebenes Abdomen, Bauchschmerzen, Hämaturie und unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Obstipation, Hypertonie, Gewichtsabnahme und Fieber.

20
Q

Erläutern Sie die Stadieneinteilung des Wilms-Tumors.

A

Eine Stadieneinteilung erfolgt je nach Tumorausbreitung in die Stadien I–V (› Tab. 16.2). Die Stadieneinteilung ist maßgebend für die Therapiewahl.
Tab. 16.2 Wilms-Tumor: Stadieneinteilung der International Society of Paediatric Oncology
Stadium : Einteilung
I : Eine Niere ist befallen. Die Nierenkapsel ist intakt.
II : Eine Niere ist befallen. Die Nierenkapsel ist überschritten und der Tumor infiltriert Fettgewebe oder Blutgefäße. Der Tumor lässt sich durch das Ausbilden einer Pseudokapsel chirurgisch komplett resezieren.
III : Der Tumor ist peritoneal metastasiert und hat andere lebenswichtige Organe infiltriert. Er ist deshalb nicht komplett resezierbar.
IV : Es hat bereits eine hämatogene Fernmetastasierung stattgefunden (Lunge, Leber, Knochen, Gehirn usw.).
V : Beide Nieren sind befallen.

21
Q

Wilms-Tumor

Wie sieht die Therapie aus?

A

Die Therapie richtet sich nach dem Tumorstadium (› Tab. 16.3). In Deutschland wird immer eine Tumornephrektomie angestrebt. Je nach Tumorstadium wird primär operiert oder primär eine Chemotherapie und/oder eine Radiatio durchgeführt. Je nach Resektabilität und histologischem Befund des Tumors werden postoperativ eine Radiatio und Chemotherapie durchgeführt. Die Heilungsraten liegen im Stadium I bei fast 100 %, im Stadium II bei ca. 80–90 % und ab dem Stadium III bei immerhin 50– 60 %!
Tab. 16.3 Therapie der Wilms-Tumoren
Stadium : Therapie
I und II
1. primäre Nephrektomie evtl. gefolgt von Chemotherapie
2. primäre Chemotherapie gefolgt von Nephrektomie bei primär nicht in toto resezierbaren Tumoren
III
präoperative Chemotherapie und Radiatio (Down-Staging) mit anschließender Nephrektomie und Metastasenentfernung (so weit möglich)
IV
systemische Chemotherapie, gefolgt von Tumornephrektomie, postoperative Radiatio + Chemotherapie je nach OP-Verlauf und Histologie des Tumors
V primäre Chemotherapie, unilaterale Tumornephrektomie und kontralaterale Tumorenukleation

22
Q

Welches Gewebe bildet den Ausgangspunkt eines Neuroblastoms?

A

Das Neuroblastom hat seinen Ursprung in den sympathischen Neuroblasten des Nebennierenmarks oder den Ganglien des sympathischen Grenzstrangs. Im Kindesalter ist es der häufigste extrakranielle solide Tumor; gleichzeitig der dritthäufigste Tumor im Kindesalter überhaupt. Wie der Wilms-Tumor ist auch das Neuroblastom ein embryonaler Tumor. Er ist meist abdomino-paravertebral (in 60 % der Fälle!) oder in den Nebennieren lokalisiert, kann aber auch im Hals-, Brust- oder Beckenbereich liegen (› Abb. 16.2). Allgemeine Symptome werden durch die Hypersekretion von Katecholaminen aus dem Tumor verursacht. Blutdruckkrisen, Schwächegefühl, Inappetenz, Erbrechen und Stuhlunregelmäßigkeiten sind systemische Auswirkungen der Katecholamine. Die lokalen Auswirkungen variieren je nach Lokalisation des Tumors und können folgende Klinik bieten:
• derber, höckeriger Bauchtumor (bei intraabdomineller Lokalisation)
• Querschnittssymptomatik (selten, bei paravertebraler Lokalisation)
• Horner-Syndrom (selten, bei zervikaler Lage)
• Kompression des Bronchialsystems mit respiratorischer Insuffizienz (inspiratorischer Stridor) bei intrathorakaler Lokalisation
• obere Einflussstauung (bei intrathorakaler Lokalisation)

23
Q

Neuroblastom

Wann ist eine operative Therapie indiziert?

A

Eine operative Therapie ist wie beim Wilms-Tumor immer indiziert und ebenso stadienabhängig (› Tab. 16.4).
Die Prognose beim Neuroblastom ist insgesamt schlecht, da der Tumor bei Diagnosestellung oft weit fortgeschritten ist. Etwa 50 % der Kinder befinden sich zum Zeitpunkt der Diagnose schon im Stadium IV. In den Stadien I, II und IV-S liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei etwa 90 %, im Stadium IV nur noch bei 10–20 %. Die 5-Jahres-Überlebensrate über alle Stadien liegt bei 65 %.
Tab. 16.4 Stadieneinteilung und Therapie des Neuroblastoms
Stadium
Ausdehnung
Therapie
I : Tumor beschränkt auf das Ausgangsgewebe
Tumorexstirpation
II
a) Tumor überschreitet das Ausgangsgewebe, Lymphknoten frei
b) Tumor überschreitet das Ausgangsgewebe, ipsilaterale Lymphknotenmetastasen
Operation und postoperative Chemotherapie
III
Tumor überschreitet die Mittellinie, evtl. beidseitige Lymphkno- tenmetastasen
präop. Chemotherapie, Operation, postop. intensivierte Chemotherapie, evtl. Radiatio
IV
Fernmetastasen
wie Stadium III, evtl. Chemo-Dauertherapie, Hochdosistherapie, evtl. autologe Blutstammzelltransplantation, evtl. Immuntherapie, Radiatio und anschließende Knochenmarktransplantation
IV-S
existiert nur für Kinder < 12 Monate, Stadium I oder II mit Fernmetastasen (ohne Knochen- beteiligung)
Sonderstellung: oft Spontanremission, bei Bedrohung durch die Tumormassen bzw. die Lebermetastasierung ist eine milde Chemotherapie oft ausreichend

24
Q

Eine besorgte Mutter sucht Sie mit ihrem 6-jährigen Sohn auf. Der Junge sei im letzten Jahr nicht mehr gewachsen. Auch klage er häufig über Kopfschmerzen und Übelkeit. In der letzten Zeit sei ihr aufgefallen, dass der Junge extrem viel trinkt. Das Kind wirkt klein und adipös für sein Alter. Die Genitalien scheinen unterentwickelt.
Können Sie sich mit der Diagnose eines familiären Minderwuchses zufrieden geben?

A

Auf gar keinen Fall darf man sich mit dieser Diagnose begnügen. Die Symptome könnten auf das Vorliegen eines Hypophysentumors oder eines Kraniopharyngeoms hindeuten. Das klinische Bild könnte Folge einer Hypophysenvorderlappeninsu zienz und einer Kompression des Hypothalamus sein. Gesichtsfelddefekte und eine Stauungspapille könnten weitere Hinweise auf das Vorliegen eines Kraniopharyngeoms sein. Zur Diagnosestellung benötigt man eine Sella-Zielaufnahme, konventionelle Röntgenaufnahmen des Schädels, eine CT und Hormonuntersuchungen (ACTH + Kortison mit unzureichendem Anstieg nach CRH-Gabe; TSH, T3, T4 mit unzureichendem Anstieg nach TRH-Gabe, FSH + LH basal und nach LHRH- Gabe; GH nach GHRH-Gabe).
Die erhöhte Trinkneigung des Kindes könnte darauf hinweisen, dass die ADH-Sekretion des Hypophysenhinterlappens gestört ist. Um diesen Verdacht zu erhärten oder zu entschärfen, sollte eine ADH-Bestimmung vor und nach einem Durstversuch durchgeführt werden.