13. Gesundheitspolitik und Routinedaten Flashcards
Was sind die Akteure der Gesundheitspolitik?
- zahlreiche, fragmentierte Akteure mit unterschiedlichen Interessen
- Koordination aller Beteiligten nahezu unmöglich
- Gesundheitspolitik in Deutschland historisch bedingt dezentral, Grobeinteilung der Akteure in:
-> Staat (Erstellung von Rahmenvorgaben für das autonome Handeln der Selbstverwaltungspartner und Überwachungstätigkeiten)
-> Selbstverwaltung (Übernahme operativer Aufgaben; entlastet Ministerien, bündelt fachliches Know-How; aber Bundesministerien haben durch Selbstverwaltungspartner nur eingeschränkten Einfluss auf Gestaltung der Gesundheitspolitik)
-> Interessenvertretungen
Was sind die Zielebenen staatlicher Gesundheitspolitik?
- Gesellschaftliche Ebene: Solidaritätsprinzip von herausragender Bedeutung, jeder Bürger soll unabhängig von Einkommen und sozialem Status Anspruch auf notwendige Gesundheitsversorgung haben
- medizinische Ebene: Ziel ist Zurverfügungstellung bestmöglicher Qualität der Gesundheitsversorgung unter Wahrung der Menschenwürde und Freiheit
- ökonomische Ebene: rationale Mittelverwendung mit Ziel der Wohlfahrtsmaximierung aller Bürger im Vordergrund
Welche Rolle spielt der Staat im Gesundheitswesen?
- Gesundheitspolitik Aufgabe zahlreicher staatlicher Institutionen (“Health in all policies” - indirekte Gesundheitspolitik)
- Ausgangspunkt: Steuerung des Gesundheitswesens allein über Marktmechanismen führt zu unerwünschten Ergebnissen (Marktversagen)
- Sozialstaatsgebot: durch gesundheitspolitisches Handeln sollen alle Menschen in Deutschland bei Bedarf in den Genuss von Gesundheitsleistungen kommen
- Föderalismus: zahlreiche Akteure auf Bundes- und Landesebene
Inwiefern ist Gesundheitspolitik ein Staatseingriff?
- freier Markt nicht in der Lage, der ganzen Bevölkerung eine ausreichende Gesundheitsversorgung zu garantieren, Ärmere nicht in der Lage für diese Versorgung zu bezahlen
- potentielle Bedrohung der Verbraucher (z.B. gefährliche Arzneimittel)
- externe unerwünschte Effekte
- relativ preisunelastische Nachfrage
- objektive Qualitätsbeurteilung nur bedingt möglich
- Staatseingriffe in Marktsystem nur dann gerechtfertigt, wenn Markt versagt
Was macht das BMG?
- erarbeitet Gesetzesentwürfe, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften für die Bereiche Prävention, Gesundheitsschutz und Krankheitsbekämpfung
- zentrale Aufgaben des BGM:
-> Erhalt, die Sicherung und die Weiterentwicklung der gesetzlichen Kranken- und der gesetzlichen Pflegeversicherung
-> europäische und internationale Gesundheitspolitik (werden immer wichtiger) - 4 nachgeordnete Bundesbehörden:
-> PEI, RKI, BfArM, BZgA - Beauftragte der Bundesregierung für:
-> Drogen, Pflege, Patienten
Was macht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)?
- diesem untersteht das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS):
-> Aufsicht der Versicherungsträger (Sozialversicherungen), wenn sich deren Zuständigkeitsbereich über mehr als drei Bundesländer hinaus erstreckt (andernfalls sind Bundesländer für die Aufsicht zuständig)
-> Durchführung des Risikostrukturausgleichs in GKV
-> Verwaltung des Gesundheitsfonds und Zuschüsse als Folge der Covid-19 Pandemie
-> Zulassung der strukturierten Behandlungsprogramme (DMPs)
-> Finanzausgleich der sozialen Pflegeversicherung
-> Durchführung des Lastenausgleichs in gesetzlicher Unfallversicherung
-> Bewirtschaftung der Steuerzuschüsse zur Sozialversicherung
Was macht das Bundesministerium für Finanzen (BMF)?
- gesundheitspolitische Bedeutung:
-> einerseits durch erhebliche Steuerzuschüsse, die in Gesundheitssystem einfließen
-> andererseits ist Gesundheitswesen wichtiger Wirtschaftsfaktor für BMF durch die Generierung eines nicht unerheblichen Steueraufwands relevant
-> durch Vorgabe von Steuersätzen, wie z.B. Mehrwertsteuer, hat BMF Einfluss auf deutsche Gesundheitsausgaben
-> Aufsichtsbehörde über private Krankenversicherung ist Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die dem BMG untersteht
Was macht das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)?
- kann über Rahmenvorgaben für Bildung beispielsweise die Gesundheitserziehung gestalten (Einfluss auf Primärprävention)
- Einfluss auf medizinisch-technischen Fortschritt über die Gestaltung und Förderung von Forschungsvorhaben wird medizinisch-technischer Fortschritt gefördert
- Gestaltung von Ausbildungsbedingungen bei Gesundheitsberufen
Welche weiteren Ministerien haben Einfluss auf die Gesundheitspolitik?
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMSFJ):
-> z.B. Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) - Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL):
-> z.B. Rahmenbedingungen zur Erzeugung gesunder Nahrungsmittel und der Lebensmittelkennzeichnung (Nutri-Score) - Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)
-> z.B. Frühwarnsysteme wie Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes, Ozonwarnungen des Umweltbundesamtes oder UV-Index des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) - Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV)
-> Aufbau flächendeckender Versorgung mit schnellen Internetverbindungen als Basis für notwendige Digitalisierungsfortschritte im Gesundheitswesen - Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
-> regelt u.a. wirtschaftliche Rahmenbedingungen für den mit 425 Mrd. Euro Umsatz und 5,7 Mio. Beschäftigten größten und konjunkturstabilsten Wirtschaftsbereich in Deutschland
Welche Rolle spielt die Landesebene in der Gesundheitspolitik?
- verantwortlich für Umsetzung des Bundesgesetze in einzelnen Bundesländern
-> Krankenhausplanung und Finanzierung von Investitionskosten (Sicherstellung)
-> Krankheitsprävention und ÖGB
-> Aufsicht über regional agierende gesetzliche Krankenkassen
-> Organisation von Rettungsdienst, Zivil- und Katastrophenschutz
-> Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention (Infektions- und Umwelthygiene, Suchthilfe)
-> Überwachung von Betrieben zur Herstellung und zum Vertrieb von Arzneimitteln und Medizinprodukten
-> psychiatrische Versorgung
-> Prüfungen und Erteilung der Approbation bei medizinischen Fachberufen
Wie spielen die Landes- und die Bundesebene zusammen?
- Bundesrat ist Interessenvertretung der Länder auf Bundesebene
- für gesundheitspolitische Gesetze sind sowohl die Regierung, der Bundestag als auch der Bundesrat zuständig
- in Gesundheitsministerkonferenz (GMK) erfolgt Zusammenarbeit der Länder und Abstimmung zwischen den Bundesländern und dem BMG
- im Bundestag gibt es 25 Ausschüsse, u.a. der Ausschuss für Gesundheit, der Ausschuss für Arbeit und Soziales oder der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft (jeweils aus Mitgliedern der jeweiligen Fraktionen entsprechend der Sitzverteilung des Bundestags)
- Bundesrat muss bei Gesundheitsgesetzen zustimmen, die die Finanzen der Länder betreffen, bei Verweigerung muss der Vermittlungsausschuss (VA) angerufen werden; diese Situation wird von Gesundheitspolitikern gefürchtet, da meist keine inhaltliche Anpassung der Gesetze erfolgt, sondern wie bei einem »Kuhhandel« Zugeständnisse bezüglich anderer Gesetze errungen werden
Welche Schritte gibt es, bis ein Gesetz in Kraft tritt?
- “Gesetzesvorschlag” durch Bundestag, Bundesrat oder (meistens) Bundesregierung
- Bundesrat prüft Gesetzesvorschlag, meist Änderung -> “Gesetzesentwurf”
- Gesetzesentwurf geht zum Bundestag; Bundestag diskutiert Entwurf -> 1. Lesung
- Gesetzesentwurf geht an zuständigen Ausschuss im Bundestag; dieser diskutiert Entwurf und hört auf Meinung von Experten (Anhörung)
- Ausschuss verändert i.d.R. Gesetzesentwurf
- Gesetzesentwurf geht in Bundestag zurück und wird dort diskutiert -> 2. und 3. Lesung => Verabschiedung
- Gesetzentwurf geht an Bundesrat; wenn dieser nicht zustimmt, geht Gesetzesentwurf an Vermittlungsausschuss
- wenn Bundesrat zustimmt, unterzeichnet Bundeskanzler Gesetzentwurf
- nach Bundeskanzler muss Bundespräsident Gesetzentwurf unterzeichnen
- Gesetzentwurf wird dann in Bundesgesetzblatt veröffentlicht; jetzt tritt Gesetz in Kraft
Was ist die Selbstverwaltungsebene?
- ausgehandelte Gesetze regeln oft kleine Details, nur Rahmenbedingungen
- Staat delegiert konkrete Ausgestaltung an Verbände der KK und Leistungserbringer (Selbstverwaltung)
- wichtigstes Gremium ist G-BA: aber nicht demokratisch legitimiert (Ausnahme: Kassenvertreter über Sozialwahlen)
Welche Interessenverbände gibt es?
Leistungsfinanzierer:
- GKV-Spitzenverband
- PKV-Verband
- Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V.
Berufsgruppen
- Ärztekammern
- Marburger Bund (angestellte Ärzte)
- etc.
Leistungsempfänger
- Patientenvertretungen
- Abteilung für Patientenbelange in Verbraucherzentrale Bundesverband
- etc.
Leistungserbringer
- KV & KZV
- Deutsche Krankenhausgesellschaft
- etc.
Fachgesellschaften
- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaft (AWMF)
Zulieferindustrie
- ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA)
- Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker
- etc.
Wie sieht die Hierarchie der Rechtsvorschriften aus?
- Verfassung
-> Gesetz (werden vom Parlament, Legislative, gemacht; legen fest, was passieren soll)
-> Verordnung (wird durch Exekutive gemacht; legt fest, wie Gesetze umgesetzt werden sollen)
Welche Gesundheitsreformgesetze gab es bisher?
- 50er Jahre Scheitern des ersten Reformversuchs (Selbstbeteiligung)
- 60er Jahre Scheitern des zweiten Reformversuchs (Krankengeld durch AG)
. 1977 erstes Kostendämpfungsgesetz - 1982 Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz
- 1983 Haushaltsbegleitgesetz
- 1989 Gesundheitsreformgesetz
- 1993 Gesundheitsstrukturgesetz
- 1995 Pflegeversicherungsgesetz
- 1996 Beitragsentlastungsgesetz
- 1997 GKV-Neuordnungsgesetz
Was ist das Gesundheitsreformgesetz (GRG) von 1989?
- Übernahme der gesetzlichen Krankenversicherung aus Reichsversicherungsordnung (RVO) in das SGB V
- Einführung einer “Negativliste” für unwirtschaftliche Medikamente
- Einführung von Festbeträgen für Arzneimittel
- höhere Rezeptgebühr für Arzneimittel
- Selbstbeteiligung beim Zahnersatz
- Sterbegeld der Krankenversicherung wurde gekürzt