11- Schmerz Flashcards

1
Q

was ist schmerz?

A

Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher oder potentieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung umschrieben wird.

Schmerz hat immer eine emotionale Komponente: –> Antrieb zur Vermeidung

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2
Q

wie sieht die Prävalenz in Deutschland aus? Bzgl Kopfschmerzen

A
  • 25-30% der deutschen Bevölkerung leiden unter Spannungskopfschmerz
  • 10 % haben Migräne-Anfälle
  • 6-10% leiden unter chronischen Schmerzen
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3
Q

wie sieht das traditionelle und das heutige Schmerzmodell aus?

A

Traditionelles Verständnis:
• Schmerz als direkter Ausdruck einer organischen Schädigung
• Intensität proportional zum Grad der Schädigung

Heute:
• Schmerz als biopsychosoziales Gesamtereignis
bio: zentrale/periphere Sensibilisieren, Genexpression…
psycho: lernen, depression, ind. Schmerzbewältigungsstrategien…
sozial: Familiensystem, Isolation, Arbeitsplatzverlust…

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4
Q

welche Arten von Schmerz gibt es?

A
  • Somatischer vs. viszeraler Schmerz

* Akuter vs. chronischer Schmerz

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5
Q

vergleiche akuter und chronischer Schmerz!

A

Dauer

a: kurz
c: lang bzw. wiederkehrend (mind. 6 Monate)

Ort

a: begrenzt, gut lokalisierbar
c: diffus, schlecht lokalisierbar

Ausmaß

a: abhängig von Intensität des Reizes
c: unabhängig von Intensität des Reizes

Ursache

a: bekannt und ggf. therapierbar (z.B. Verletzung, Entzündung)
c: unbekannt, vielschichtig oder bekannt und nicht therapierbar

Funktion

a: Warnfunktion
c: physiologisch: keine; evtl. soziale Funktion

Intervention

a: Schonung, Behandlung der Schmerzursache, analgetische Behandlung
c: Abbau schmerzunterstützender Faktoren

Behandlungsziele

a: Schmerzfreiheit
c: Linderung der Schmerzen, besserer Umgang mit dem Schmerz, Minderung sekundärer Beeinträchtigungen

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6
Q

was ist eine chronische Schmerzstörung?

A

ICD-10: F45.41, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren

Dauer: mindestens 6 Monate
Reihe erfolgloser Behandlungsversuche
Deutliche Beeinträchtigung auf verschiedenen Ebenen des Verhaltens und Erlebens
physiologisch-organisch: z.B. Mobilitätsverlust
behavioral: verstärktes schmerzbezogenes Verhalten, Reduktion von Alternativverhalten
psychologisch: negativer Einfluss auf Befindlichkeit, Stimmung, Denken
sozial: Arbeitsunfähigkeit, Beeinträchtigungen der Interaktion mit Familie, Freunden und Bekannten

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7
Q

welche Komponenten gibt es bei der Schmerzwahrnehmung?

A
  1. Sensorisch-diskriminative Komponente
    (Info ü Ort, Dauer und Intensität)
  2. Affektive (emotionale) Komponente
    (subjektives Erleben, durch zentrales NS vermittelt, motiviert Handeln)
  3. Vegetative (autonome) Komponente
    (physiologische Reaktion, durch peripheres NS vermittelt z.B. Herzrate)
  4. Motorische Komponente
    (Schonhaltung, Mimik, Gestik, verbale Äußerung)
  5. Kognitive Komponente
    (Interpretation, Bewertung, Einordnung des Schmerzreizes, Abgleich mit Vorerfahrungen)
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8
Q

auf welchen Ebenen kommt es zu einer Schmerzverarbeitung?

A

Ebene 1: peripher (Nozizeptoren)
Ebene 2: Spinal (Hinterhornneurone)
Ebene 3: Supraspinal (Thalamus, Kortex)

für mehr Info Folie 22

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9
Q

was signalisieren Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren)?

A
  • werden nur durch gewebeschädigende oder bedrohende Reize aktiviert
  • signalisieren möglichen Schaden für den Körper
  • ABER: Aktivierung der Nozizeptoren 1 Schmerz
  • Nicht jede Aktivierung der Nozizeptoren von Schmerz gefolgt
  • Schmerz kann auch ohne Aktivierung der Nozizeptoren auftreten
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10
Q

wie kann die Schmerzmessung aufgeteilt werden?

A

Subjektiv
• Verhältnisschätzmethoden (visuelle Analogskala)
• Fragebögen
• Vergleich mit experimentell erzeugtem Schmerz

Behavioral
• Verhaltensbeobachtung

Physiologisch
• EMG
• bildgebende Verfahren (EEG, MRT, CT etc.)
• Laborwerte

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11
Q

was ist der Unterschied zwischen peripherer und zentraler Sensibilisierung?

A

Bei Gewebeschädigungen oder Entzündungen können nozizeptive Neurone übererregbar (sensibilisiert) werden

• Periphere Sensibilisierung
Verstärkung der Erregung der Nozizeptoren durch wiederholte Schmerzreize (Ebene 1 der Schmerzverarbeitung)

• Zentrale Sensibilisierung
Anhaltende Erregung der nozizeptiven Fasern/Neurone führt zu neuroplastischen Veränderungen im zentralen Nervensystem (Ebene 2 und 3 der Schmerzverarbeitung)

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12
Q

was ist die primäre und sekundäre Hyperalgesie?

A

periphere Sensibilisrung = primär Hyperalgesie
zentrale Sensibilisierung = sekundär Hyperalgesie

primär: Gewebsschaden, Entzündung, sympathische Aktivierung
Nozizeptoren sind leichter erregbar (erniedrigte Reizschwelle)
verstärkte Reizantwort
verlängerte Reizantwort
Spontanaktivität
Aktivierung „schlafender Nozizeptoren“

sekundär: Veränderungen auf Ebene der Hinterhornneurone im Rückenmark, sowie bestimmter Neurone im Thalamus und Kortex
• Spontanaktivität erhöht
• Reizschwelle erniedrigt
• Reizantwort verstärkt
• Rezeptive Felder expandiert

Bei einer primären Hyperalgesie kommt es zu einer verstärkten Antwort auf Reize durch Reduzierung der Reizschwelle für die Nozizeption. Ihr Kennzeichen ist vor allem die Überempfindlichkeit auf Hitzereize. Für eine sekundäre Hyperalgesie ist die Überempfindlichkeit auf mechanische Reize typisch.

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13
Q

was versteht man unter dem Schmerzgedächtnis?

A

„…erhöhte Empfindlichkeit des nozizeptiven Systems, die durch Schmerzreize wie z.B. Entzündungen, Traumata, operative Eingriffe ausgelöst wird und diese überdauert.“

  • Schmerzen führen zu funktionellen Veränderungen auf mehreren Ebenen
  • peripher: Nozizeptoren
  • spinal: Hinterhornneurone
  • supraspinal: Thalamus, Cortex
  • Strukturelle Veränderungen durch andauernde/starke Schmerzen v.a. supraspinal, daher Loslösung von akuter Gewebeschädigung
  • “Biochemische, funktionelle und morphologische Veränderung im Gehirn, die durch wiederholte Schmerzerfahrungen ensteht”
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14
Q

was ist die klassische und operante Konditionierung?

A

Bei der klassischen Konditionierung lernt ein Tier oder ein Mensch eine bestimmte Reaktion (Bedingte Reaktion / CR) auf einen gewissen Reiz (Bedingter Stimulus / CS). Dazu wird der zuvor noch neutrale Reiz (NS) mit einem Reiz, der die konditionierte Reaktion natürlich auslöst kombiniert.

Die operante Konditionierung ist ein 1913 von Thorndike postuliertes Lernprinzip, welches das Lernen am Erfolg beschreibt. Diese Methode wurde von Burrhus Frederic Skinner perfektioniert und ist eine wichtige Säule im Konzept des Behaviorismus.

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15
Q
Eine 28-jährige Beamtin mit Rückenschmerzen kommt zu Ihnen in die Praxis. Sie beobachten, dass sie beim Betreten des Sprechzimmers hinkt, sich vermehrt die schmerzende Stelle reibt und beim Sitzen eine Schonhaltung einnimmt. In der Schmerzanamnese berichtet sie u.a., dass ihr Mann ihr immer ansehen würde, dass sie Schmerzen habe und sie dann umsorge sowie den Haushalt mache. Mit welchem Lernprinzip ist das vermehrt gezeigte nonverbale Schmerzverhalten am ehesten zu erklären?
(A) klassische Konditionierung
(B) operante Konditionierung
(C) primäre Verstärkung 
(D) Prompting
(E) Reizgeneralisierung
A

Lösung B

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16
Q

In einer Schmerzklinik wird ein Patient einer Schmerzmittel- entwöhnungstherapie unterzogen. Welche der nachfolgenden Maßnahmen ist nach lerntheoretischen Prinzipien kontraproduktiv?
(A) Der Patient erhält ab seiner Aufnahme Schmerzmittel nicht in festgelegten Abständen, sondern nur bei Äußerung von Schmerzen.
(B) Das Pflegepersonal kümmert sich angemessen um den Patienten, „überhört“ aber, wenn er über Schmerzen klagt.
(C) Dem Patienten wird nahegelegt, sich auch bei Schmerzen physisch und intellektuell zu beschäftigen.
(D) Der Patient erhält nach und nach immer weniger Schmerzmittel.
(E) Dem Patienten wird mitgeteilt, dass er nach und nach weniger Schmerzmittel erhält. Man sagt ihm aber nicht, ab wann und wie wenig.
(A) Der Patient erhält ab seiner Aufnahme Schmerzmittel nicht in festgelegten Abständen, sondern nur bei Äußerung von Schmerzen.

A

Lösung A

17
Q

was ist der Zusammenhang zwischen der kortikale Reorganisation und Phantomschmerz?

A

Positive Korrelation zwischen dem Ausmaß der kortikalen Reorganisation und der Phantomschmerzintensität

Amputationspatienten, die Prothese tragen, zeigen keine kortikale Reorganisation und keinen Phantomschmerz

z.B. Spiegeltherapie bei Phantomschmerz

18
Q

was verändert die Schmerzwahrnehmung?

A

Schmerzwahrnehmung wird beeinflusst durch Situation, Umgebung, Vorerfahrungen, Kultur, Einstellung, Erwartung, Lernen, Selbstwirksamkeit etc.
Beispiele:
• Placeboeffekt (wirkt bei 1/3 der Patienten mit pathologischen Schmerzen)
• Stressanalgesie (kein Schmerzempfinden in extrem stressigen/traumatischen Situationen, z.B. Soldaten)
• Patienten,dieüberFolgeneinerOP aufgeklärt wurden und Entspannungs- techniken erlernten, verlangten nach OP weniger Schmerzmittel und konnten 3 Tage früher das Krankenhaus verlassen
–> Endorphin-Theorie

19
Q

welche Therapie Verfahren gibt es?

A
  • Pharmakologische Verfahren
    Analgetika, Narkotika, Psychopharmaka
    Verhinderung der Aufnahme und Weiterleitung noxischer Signale
    Hemmung der zentralen Verarbeitung
  • Psychologische Verfahren
    Entspannungsverfahren Biofeedback Hypnose/imaginative Verfahren Psychotherapie
  • Physikalische Verfahren
    Neurochirurgie
    elektrische Reizung (transkutane elektrische Nervenstimulation, TENS)
    Gymnastik und Massage
20
Q

welche psychologische Verfahren gibt es?

A
  • Erhöhung des Aktivitätsniveaus
  • Reduktion von Schmerzverhalten
  • Medikamentengabe nach Zufall/Zeit, nie wenn Schmerzen angegeben werden (um Konditionierung zu verhindern/zu löschen)
  • Aufbau „gesunden Verhaltens“, einschließlich Verbesserung sozialer Fertigkeiten und interpersoneller Kommunikationsfähigkeiten
  • Anweisung an Angehörige, auf Klagen nicht positiv zu reagieren (um sekundären Krankheitsgewinn, Verstärker zu reduzieren)
  • Hypnotherapie, Entspannungstechniken (z.B. progressive Muskelrelaxation, autogenes Training)
  • Kognitive Therapie (Gedankenlenkung, Aufmerksamkeitslenkung)
21
Q

was ermöglicht das Biofeedback bei chronischen Rückenschmerzen?

A
  • EMG-Biofeedback
  • Beobachtung der elektromyographisch am befallenen Rückenmuskel gemessenen Aktivierung am Bildschirm
  • Darbietung persönlicher Belastungssituationen
  • Anzeichen erhöhter Muskelaktivität können direkt beobachtet werden
  • Aufgabe: Rückführung der Muskelaktivität auf Ausgangsniveau
  • Ziel: Schnelle Wahrnehmung und Verhinderung des Anwachsens der Erregung in spezifischen Muskeln in Belastungssituationen
22
Q

was sind günstige und ungünstige Prognosen bei Schmerz?

A

günstig
intakte Familien
soziale Kompetenz
keine externen Verstärker für Krankheitsverhalten (Familie, Berentung)

ungünstig
Medikamentenmissbrauch
große Anzahl erfolgloser medizinischer und/oder psychologischer Therapien
komorbide psychische Störungen wie Angst, Depression

23
Q

Fragen von Prof. Schönauer:
• Wie kann man Schmerz definieren?
• Aus welchen Komponenten besteht Schmerz?
• Welche Arten von Schmerz gibt es?
• Wie unterscheiden sich akuter und chronischer Schmerz?
• Was versteht man unter dem biopsychosozialen Schmerzmodell?
• Auf welchen Ebenen findet Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung statt?
• Wie kann Schmerz gemessen werden?
• Was versteht man unter peripherer und zentraler Sensibilisierung?
• Was versteht man unter dem Schmerzgedächtnis?
• Wie können Entstehung und Aufrechterhaltung von chronischem Schmerz erklärt werden?
• Welche Lernmechanismen spielen bei chronischem Schmerz eine Rolle?
• Welchen Einfluss hat kortikale Reorganisation auf Schmerzen?
• Was sind Phantomschmerzen?
• Welche Therapiemethoden zur Behandlung von Schmerz kennen Sie?

A