VL 8&9: Bindung und Emotionale Bindung Flashcards
Bindung
= die besondere Beziehung des Kindes zu seinen primären Bezugspersonen
-> „Bindung ist ein im Gefühl verankertes Band, das eine Person zwischen sich und einer anderen besonderen Person entwickelt, das sie räumlich aneinander bindet und das zeitlichen Bestand hat“
Bindungssystem
= primäres, genetisch vorgeformtes, motivationales System, das zwischen der primären Bezugsperson und
dem Säugling nach der Geburt aktiviert wird und sich
dann weiter entwickelt
-> Bindungssystem erst aktiviert bei Trennung
Funktion von Bindung
= (Wieder-)Herstellung physischer und psychischer Sicherheit.
- bei Bedrohung der Sicherheit wird Bezugsperson aufgesucht -> sicherer Hafen
- Das Fürsorgeverhalten der Eltern -> intuitives Elternprogramm
Phasen der Bindungsentwicklung
- Vorphase der Bindung
- Phase der entstehenden Bindung
- Phase der ausgeprägten Bindung
- Phase reziproker (gegenseitiger) Beziehung
- Vorphase der Bindung
= Bindungsverhalten bei jeder Person, angeborene Signale zur Erreichung von Bedürfnisbefriedigung
- Alter: Zwischen Geburt und 6. Wochen
- Phase der entstehenden Bindung
= Zunehmend spezifische Reaktionen auf vertraute Personen; Entwicklung spezifischer Erwartungen an das
Verhalten der Bezugspersonen
- Alter: Zwischen 6 Wochen und 6-8 Monaten
- Phase der ausgeprägten Bindung
= Entstehen der spezifischen Bindung (aktive Kontaktaufnahme zur Bezugsperson, Unbehagen und
Protest bei Trennungen, Spannung in Anwesenheit von Fremden)
- Alter: Zwischen 6-8 Monaten und 1,5 - 2 Jahren
- Phase reziproker (gegenseitiger) Beziehungen
= Entstehen eines inneren Arbeitsmodells zur Bindungsrepräsentation, Akzeptieren von Trennungssituationen
- Alter: Ab 1,5 - 2 Jahren
- Beziehung verfeinert sich
Bindungstypen
- Sicher
- Unsicher-vermeidend
- Unsicher ambivalent
- Desorganisiert (Zusatzklassifikation)
- Sicher
= Können Nähe und Distanz zu Bezugpersonen angemessen regulieren
- Beobachtung: schnell irritiert, Trennungsschmerz, schnelle Beruhigung
- Ca. 65%
- Unsicher- Vermeidend
= “Pseudo-Unabhängigkeit”, auffälliges Kontakt- Vermeindungsverhalten - > durch fehlendes Eingehen auf Kontaktversuche des Kindes
- daher trotz Verlangen keine Reaktion
- Beobachtung: unbeeindruckt von der Trennung, ignorieren der Bezugsperson
- Ca. 21%
- Unsicher- ambivalent
= Widersprüchliche- anhänglichkeit
- durch nur manchmalReaktion von Bezugsperson - > Unkonsequentes Verhalten
- Beobachtung: massive Verunsicherung bei Trennung, anklammernd-aggressiv
- Ca. 14%
- Desorganisiert (Zusatzklassifikation)
= Desorientiertes, nicht auf die Bezugsperson bezogenes Verhalten -> Angst durch Bedrohung von Bezugsperson/ Miterleiden
- Beobachtung: Bizarre Verhlatensweisen wie Erstarren, stereotype Bewegungen
Emotion
= qualitativ beschreibbarer und zeitlich begrenzter
psychischer Zustand der mit gefühlsmäßigen, kognitiven,
körperlichen und motivationalen Besonderheiten
verknüpft ist und im offenen Verhalten seinen Ausdruck
finden kann.
Gefühl
= das subjektive Erleben einer Emotion
Stimmung
= zeitlich länger ausgedehnter, gefühlsgefärbter „Erlebnishintergrund“. Weniger intensiv und variabel als Emotionen, nicht so klar auf einen Auslöser rückführbar.
Basisemotionen
- Ärger : Zerstörungsfunktion
- Ekel: Zurückweisungsfunktion
- Freude: Einverleibensfunktion
- Angst: Schutzfunktion
- Traurigkeit: Verarbeitungs-, Hilfesuchfunktion
-> sind Unsiversell
Intrapersonale (innere emotionen) Funktion von Emotionen
- Emotionen helfen uns, schnell und mit minimaler Überlegung zu handeln.
- Emotionen bereiten den Körper auf akuten Handlungsbedarf vor.
- Emotionen organisieren unsere Gedanken.
- Emotionen motivieren uns zu zukünftigem Handeln.
Interpersonale (Außen Emotion) Funktion von Emotionen
- Der Ausdruck von Emotionen ruft spezifische Reaktionen im Gegenüber hervor.
- Emotionen drücken den Status einer Beziehung aus.
- Emotionen bieten Anreize für erwünschtes soziales Verhalten.
Emotionale Entwicklung: Säuglingsalter
• Freude schon nach kurzer Zeit nachweisbar
• Angst als spezifische Emotion ab etwa 7 Monaten nachweisbar
• erste Formen der intrapsychischen Emotionsregulation von Anfang an (Blickabwenden und Saugen an den Fingern als selbstberuhigende Maßnahmen)
• Dominanz der interpsychischen Emotionsregulation (Beruhigen durch Bezugspersonen)
• Ab 3. bis 6. Lebensmonat aktive Einforderung von Unterstützung in der Emotionsregulation durch die Bezugsperson (z.B. Einschlafen bei Wiegen durch die Eltern)
Emotionale Entwicklung: Kindesalter
• ab Alter 1 Jahr zunehmende Bedeutung von Kontextinformationen (z.B. Gesichtsausdruck der Mutter)
• im zweiten Lebensjahr „Trotzalter“: deutliche Zunahme von Ärgerreaktionen
• zwischen dem Alter von 2 und 4 Jahren zunehmende Fähigkeit zur Imagination (mit der Folge irrationaler Ängste)
• ab dem 3. Lebensjahr Abnahme von Ärger (durch Auftreten selbstbewusster Emotionen und Emotionsregulationsstrategien) und Zunahme der Empathiefähigkeit und der Fähigkeit zum Perspektivenwechsel
Emotionale Entwicklung: Kindesalter ab Vorschulalter
• Wechsel von der inter- zur intrapsychischen Emotionsregulation
• Fähigkeit, emotionales Erleben so zu regulieren, dass es für das Erreichen eigener Ziele nutzbar ist
• Fähigkeit, negative emotionale Folgen eines Handelns für sich und andere vorherzusehen (z.B. bei aggressiven Handlungen)
• Zunehmende Entkopplung von emotionalem Erleben und emotionalem Ausdruck
• Bis in die Pubertät hinein noch Probleme, mehrdeutige Gefühle zu erkennen und zu verbalisieren -> Überdenken
Emotionale Entwicklung: Pubertät/ Jungendalter
• Wachstumsschub des Gehirns in der Adoleszenz
• Einschneidende Veränderungen in der Organisation des Gehirns, Geschwindigkeit und Zeitpunkt der Entfaltung von Hirnregionen unterschiedlich
• Zusammenwirken schneller und langsamer heranreifender Hirnregionen erklärt viele typische Verhaltensweisen in der Adoleszenz
• während die für emotionale „Kicks“ zuständige Region (Amygdala) schon aktiv wird, entwickelt sich der Emotionen zügelnde Bereich noch (präfrontaler Kortex) – „Risikophase“
Affektspiegelung
= Bezugperson beschreibt Gefühl des Kindes
Kontigenz in der Entwicklung
= Kind realisiert, dass was Bezugsperson zeigt, das ist was sie fühlt
Emotionsregulation
= Individuen versuchen die Intesität oder Dauer von Emotionen in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen
- es ist offen inwieweit regulativen bemühungen Bewusste getätigt oder automatisiert ist
Ebenen des Emotionsregulation
- Verhaltensebene - Internalisierung von Affektmodulation
- Gefühlsebene - Positiver Affekt durch das Erkennen von Kontigenz
- Physiologische Ebene - Ausschüttung von Oxytocin über Körperkontakt und Bindung führt zu Abbau von Stresshormonen (Cortisol) im Blut
- Fähigkeit zur Emotionsregulation variiert mit der Feinfühligkeit der Bezugspersonen