VL 2 Forschungsdesigns & Veränderungsmessung Flashcards
Welche Gegenstandsbereiche können bei der Veränderungsmessung erfasst werden? Was sind jeweils Vor- und Nachteile?
- Symptombelastung (spezifisch/unspezifisch)
- functioning/Funktionsniveau (sozial, beruflich, gesundheitlich)
- Physiologie/Neurologie
- Persönlichkeit(sveränderung)
- (Lebens)Zufriedenheit
- Wirkfaktoren
Welche Datenquellen können bei der Veränderungsmessung erfasst werden? Was sind jeweils Vor- und Nachteile?
- Selbsteinschätzung
- Experten: Familie, Lehrer, Therapeut
- Peers: Mitpatienten bei Gruppen-PT
- Ausbildungs- und Berufserfolg
- experimental-psychologische Maße
- gesundheitsökonomische Daten
Welche Maße gibt es, um therapeutische Veränderung zu erfassen?
Welche Vor- und Nachteile bringen diese jeweils mit sich?
Wie sollte man sich letzendlich entscheiden?
- statistisch signifikante Veränderung
=Prä-Post-Vergleich eines Wertes auf Basis einer bestimmten Irrtumswahrscheinlichkeit
-Vorteil: objektives Maß
-Nachteile: bei großen Stichproben wird jeder Unterschied signifikant; keine Aussage über Einzelfall; eher statistische als inhaltliche Bedeutung - Effektstärken
=Werte, die das Ausmaße eines ZSH. beschreiben
-> Differenz der Mittelwerte zweier Gruppen gemessen an der gepoolten SD
->Bsp. d=1 bedeutet, dass der MW der Gruppe 1 (PT) bezüglich des Erfolgsmaßes um 1 SD höher ist als der MW der Gruppe 2 (alternative Behandlung)
-Bsp. Cohens d; SD-Einheiten -> Hedges g
-Vorteil: über Studien hinweg vergleichbar; objektiv
-Nachteile: abhängig von vielen Faktoren (z.B. Stichprobengröße); keine Aussage über Einzelfall; eher statistische als inhaltliche Bedeutung - Klinisch bedeutsame Veränderung
- Bsp. Depressionsscore im BDI vor vs. nach 2 Jahren PT (Diagnosekriterien!)
- Vorteil: Aussage über Einzellfall (auch gruppenbezogen möglich); inhaltliches Maß
- Nachteile: Problem des Normativen sowie der Diagnosekritien (z.B. BMI bei Essstörungen/AN), Stichprobeneffekte; welches Kriterium (Remission vs. Recovery?) - Reliable Change Index (RCI)
=kritische Differenz, mit der unter Berücksichtigung der Güte des Messinstruments (Reliabilität) von einer statistisch verlässlichen Veränderung ausgegangen werden kann
-> d.h. Unterschied lässt sich nicht auf Messungenauigkeit zurückführen
-Ziel: realer Veränderungswert > RCI; Bsp. laut RCI sind 15,8% reliabel verbessert
-Problem: basiert auf problematischen Verteilungsannahmen
Was sollte man nehmen?
- Methode in Abhängigkeit von der Fragestellung -> wie wird “Gesundung” definiert?
- optimal: alle gebräuchlichen Indizes berichten (open science-Forderung)
- in Praxis oft strategische Auswahl -> wo findet man die besten Ergebnisse im Sinne des Forschungsziels -> problematisch!
Erklären Sie am folgenden Beispiel die Problemstellung bei der Messung therapeutischer Veränderung:
“Patient erfüllt bestimmte DSM4-Kriterien für MD nur an 9 von 14 Tagen. Per Definition laut DSM4 hat dieser Patient keine MD mehr, trotzdem fühlt er sich an den meisten Tagen schlecht.”
Grundlegendes Problem:
- Wie wird Gesundung definiert? Welche Veränderung ist klinisch bedeutsam?
- > Remission: nach bestimmten Kriterien Nachlassen von Symptomen
- > Recovery: nach bestimmten Kriterien Gesundung/Wiedergesundung
Erläutern Sie die Evidenzstufen nach Chambless & Hollon (1998).
Evidenzgrad & Basis:
I a: Metaanalyse über mehrere RCTs
I b: mind. zwei RCTs aus unabhängigen Gruppen
II a: eine RCT
II b: Serie von gut angelegten quasi-exp. Studien (effectiveness-Studien; prospektive Kohortenstudien; exp. Einzelfallstudien)
III: nicht-exp. oder präskriptive Studien (Korrelationsstudien; 1-Gruppen prä-post-Vergleich)
IV: unsystematische Einzelfallstudien, Kasuistiken, Expertenurteil, klinische Erfahrung
Beurteilung:
I=wirksam
II=möglicherweise wirksam
III & IV= bislang ohne ausreichende Nachweise (zwar Evidenzgrad, aber reicht nicht aus, um auf Basis dessen PT durchzuführen)
Welche Möglichkeiten gibt es zur Wirksamkeitsprüfung innerhalb des Forschungsprogramms einer Therapieevaluation?
- RCT (Wirksamkeitsstudien)
- exp. Einzellfallstudien
- randomisierte Effektivitätsstudien
Was sind RCTs? Welche Vor- und Nachteile müssen beachtet werden? Wie könnte man das RCT-Konstrukt erweitern?
- > 3 pro & 4 contra
- > 3 Erweiterungen
- RCT= randomisiert-kontrollierte Trials
- Ursprung: biologische Psychiatrie -> Druck hinischtlich der methodisch-expeimentellen Weiterentwicklung der Psychologie
- Ziel: Sicherstellen von exp. Bedingungen zum Nachweis von Kausalität
pro:
- manualisierte, kontrollierte Therapie unter Laborbedingungen, in der die Wirksamkeit der Behandlung nur auf die Variation eines Treatments zurückzuführen ist (medical model)
- erlaubt die Begründung von kausalen ZSH.
- Aussagen über efficacy (Wirksamkeit unter Laborbdg.)
- berufspolitische Relevanz -> für Zulassung eines Verfahrens als Richtlinienverfahren (!)
contra:
- was ist das Placebo bei PT? -> bei psychologischen Placebos sind auch common factors enthalten
- wissen wir nicht schon, dass insgesamt PT wirksam ist? -> Relevanz von RCTs?
- keine Aussage über Wirkfaktoren einer PT
- keine Aussagen über effectiveness (Wirksamkeit im klinischen Alltag)
Erweiterung des RCTS-Konstrukts nach Philips & Falkenström (2021)
-> Forderung: folgende 3 Forschungsdesigns sollten eine gleichwertige Stellung einnehmen
A) RCTs: für Kurzzeit-PT & weniger schwere Störungen
B) Kohorten-Studien mit Messwiederholung und Benchmark-Vergleich: für Langzeit-PT & schwerere Störungen
C) Stringente Strategien zur Etablierung von kausalen ZSH. & passender stat. Analyse (besonders Kohortenstudien mit hochfrequenter Messung): zur Prüfung therapeutischer Prinzipien und störungsspezifischer Veränderungsmechanismen
Was sind mögliche Fallstricke/Probleme bei der Messung therapeutischer Veränderung und welche Lösungswege bieten einen Ausweg?
- baseline severity: bei homogener Gruppe mit hoher Symptombelastung (hoher MW) automatisch starker Effekt
- > Kovariate, Residuen - maßgeschneiderte Instrumente: Maße werden spezifisch für bestimmtes Design entwickelt (Selektivität)
- > Fairness; multidimensionales Erfassen zum Ausgleich des allegiance-Effekts - Strichprobenselektion: keine Zufallstichprobe/selektive Stichproben führt zur Überschätzung des Effekts
- >efficiacy- und effectiveness-Studien; Benchmarking (“übliche” Patienten vs. eigene Stichprobe); CONSORT-Flussdiagramm (RCTs) - Vergleich der Gesundheitssysteme
- Bsp. Was ist die Konsequenz eines Therapieabbruchs in USA vs. DE; Wem ist PT wie zugänglich
Welche 5 Stufen umfasst ein Forschungsprogramm zur Therapievaluation?
- Konzeptentwicklung: theoretische Grundlage
- Exploration/Pilot-Studien
- Wirksamkeitsprüfung: RCTs; exp. Einzelfallstudien; random. Effektivitätsstudien
- Anwendung unter Routinebdg.
- Praxisforschung; Patienten-fokussiert