VerwR AT 4: §§48, 49 Flashcards
- Kann bei einem privatrechtlich gewährten Darlehen die Darlehenssumme rückwirkend zurückgefordert werden oder ist eine solche Rückforderung durch VA rw?
(1) eA: Bewilligungsbescheid ist Wirksamkeitsvoraussetzung des Darlehensvertrags, sodass Vertrag bei Widerruf ungültig wird
(2) aA: Bewilligungsbescheid ist Rechtsgrund für den Darlehensvertrag. Aufhebung führt zum Wegfall des Rechtsgrundes, sodass Darlehensvertrag einredebehaftet wird und das Behalten des Darlehens nicht mehr rechtfertigt
- > kein Streitentscheid erforderlich, da nach beiden Ansichten Rückforderungsbescheid nicht rw ist
- § 48 II 1: Geldleistung/ teilbare Sachleistung/ hierfür Voraussetzung
= „hierfür Voraussetzung“ NUR wenn VA nicht selbständig bestehen kann. zB Reisegewerbekarte als Voraussetzung für zinsloses Darlehen ist NICHT Voraussetzung, da es sich um einen selbständigen unabhängig vom Darlehen bestehenden VA handelt
- Woraus ergibt sich der Geltungs- und Anwendungsvorrang des Unionsrechts ggü nationalen Recht?
= aus innerstaatlichen Rechtsanwendungsbefehl den innerstaatlichen Geltungs- und Anwendungsvorrang herbeizuführen. Art. 23 I GG ermöglicht es Verträgen, die Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen und dem von solchen Einrichtungen gesetzten Recht Geltungs- und Anwendungsvorrang vor dem innerstaatlichen Recht durch entsprechenden innerstaatlichen Anwendungsbefehl beizulegen
-> für EU-Verträge durch Zustimmungsgesetze zu den Verträgen gem. Art. 23 I, 59 II 1 GG
- Finden §§ 48, 49 VwVfG Anwendung, wenn ein VA rechtswidrig wegen Verstoß gg Unionsrecht ist?
= § 48 VwVfG wird durch Unionsrecht überlagert, sodass Rücknahme zwar nach nationalem Recht zu vollziehen ist, die Tragweite und Wirksamkeit des Unionsrechts aber nicht beeinträchtigt werden darf
= Geltung nationaler Vertrauensschutzregelungen wird vom EuGH ausdrücklich anerkannt, diese sind jedoch dahingehend auszulegen, dass eine Rückabwicklung praktisch nicht unmöglich gestellt und das Unionsinteresse voll berücksichtigt wird (effet utile)
- Was besagt der Grds des effet utile (praktische Wirksamkeit) verbunden mit dem Grds des Vorrangs des Unionsrechts?
= entgegenstehendes nationales Recht hat zurückzutreten, bzw ist entsprechend zu modifizieren, um dem Unionsrecht zu Geltung zu verhelfen Art. 4 III 2 EUV
- Findet der Vertrauensschutz des § 48 II 2 VwVfG (irreversibler Verbrauch) Anwendung bei einem europarechtswidrigen Subventionsbescheid?
= nationales Recht muss so angewendet werden, dass das Unionsrecht nicht praktisch unmöglich und voll berücksichtigt wird. Diesem Gebot würde nicht hinreichend Rechnung getragen werden, wenn bei unionswidrigen Beihilfen, über die der Begünstigte bereits verfügt hat, das öffentliche Rücknahmeinteresse nur bei Bösgläubigkeit durchgesetzt würde
-> Bösgläubigkeit ist vielfach nicht nachweisbar, sodass die unionsrechtliche Rückforderung weitestgehend unmöglich werden würde
(1) eA: Vertrauensschutz wird durch das Unionsrecht ausgeschlossen, soweit eine Bewilligung von Beihilfen ohne Notifizierungsverfahren stattfindet, da sonst eine Rückabwicklung der ausgezahlten Beihilfen nur bei Bösgläubigkeit des Empfängers
stattfinden kann (Empfänger hat sich dann über die RMK der Maßnahme aktiv zu informieren). Ausnahmsweise keine grob fl Unkenntnis, wenn ein Unionsorgan den VertrauensTB mitverursacht hat (Beihilfeempfänger kann sich dann auf Vertrauensgrds berufen)
(2) hM: Vertrauensschutz findet trotz Unionsrecht Anwendung, da der nationale Vertrauensschutz beim EuGH offiziell anerkannt wird. § 48 II 3 ist hierbei extensiv auszulegen, sodass Unionsrecht nicht eingeschränkt wird
> öffentlichen Rücknahmeinteresse kommt höheres Gewicht zu als bei Rücknahme von GeldleistungsVA die nur gg nationales Recht verstoßen
- Welche Interessen sind bei Rücknahme eines VA der gg Europarecht verstößt abzuwägen?
= Gesetzesmäßigkeit der Verwaltung UND Schutz der europäischen Wettbewerbsordnung Vertrauensschutz des Bürgers
-> deshalb hat öffentliches Rücknahmeinteresse bei GeldleistungsVA meist höheres Gewicht
- Findet bei der Rücknahme eines europarechtswidrigen VA auch die Frist von einem Jahr gem § 48 IV Anwendung?
= Verdrängung durch unionskonforme Auslegung, da Rücknahme praktisch unmöglich und Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen jede praktische Wirksamkeit verlieren (Verstoß gg Grds effet utile)
- Verstößt eine europarechtskonforme Auslegung der Jahresfrist des § 48 IV VwVfG gegen das Rechtsstaatsprinzip Art.20 III GG?
= europarechtskonforme Auslegung verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip Art. 20 III GG, denn das Unionsrecht genießt Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht
- Hat die Behörde bei einem bestandskräftigen Beschluss des EuGH Entscheidungsalternativen (Ermessensnichtgebrauch) oder ist sie an Beschluss gebunden?
= wegen Art. 288 IV AEUV handelt es sich um eine für DE verbindliche Entscheidung der Kommission, sodass Ermessensreduzierung auf Null
- Wirksamkeit eines VA, § 43 VwVfG
= VA wird mit Bekanntgabe wirksam (unabhängig von RMK!) -> durch Rechtsbehelf Suspensiveffekt und Ebene der RMK wird geprüft, nicht der Wirksamkeit
= Ein nichtiger VA ist unwirksam § 43 III
= hat eine Behörde einen wirksamen VA erlassen, so entfaltet dieser Tatbestandswirkung, sodass jede Behörde durch die Regelung gebunden wird (auch bei RWK)
- Nichtiger VA, § 44 VwVfG
= wenn VA an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet UND dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist
= ein nichtiger VA ist unwirksam § 43 III
- Kann eine fehlende Anhörung mit der Durchführung eines Widerspruchverfahrens geheilt werden?
= Heilung möglich, wenn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde kongruente Prüfungsbefugnis haben (zB nicht wenn Gemeinde nicht ordnungsgemäß anhört und LRA Widerspruchsbehörde ist)
- Kann eine fehlende Anhörung noch während einer anhängigen verwaltungsgerichtlichen Klage erfolgen?
= gem § 45 II VwVfG ist eine Heilung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich
(1) eA: § 45 II ist wegen Verstoß gg Art. 19 IV verfassungswidrig, da die zeitliche Erweiterung der Heilungsmöglichkeit zu einer wesentlichen zusätzlichen Minderung der Wirksamkeit des Anhörungsrechts führen würde
(2) hM: § 45 II ist verfassungskonform auszulegen
- Kann eine fehlende Anhörung durch Erhebung der Klage geheilt werden?
= Bürger hat mit der Klagebegründung die Möglichkeit, zu den entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung zu nehmen
(-) prozessuale Handlungen des Klägers können keine Nachholungshdl der Behörde darstellen, sondern die Nachholung muss durch die Behörde selbst erfolgen (-)Verstoß gg Rechtsstaatsprinzip
(-) Anhörung hat durch die Behörde und nicht durch ein Gericht zu erfolgen
(+) auch im Widerspruchsverfahren wird in der Erhebung des Widerspruchs und der Behandlung des Widerspruchs durch die Behörde eine Nachholung der Anhörung gesehen
-> Anhörung kann dann geheilt werden, wenn die Behörde dem Betroffenen außerhalb des prozessualen Schriftwechsels an das VG die Gelegenheit geben würde, zu den Tatsachen Stellung zu nehmen