Urkundsdelikte Flashcards
Schutzgut der Urkundsdelikte
- h.M.:* Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs mit Urkunden
- Hefendehl:* Vertrauen in die Echtheit und Unverfälschtheit der Urkunden in Hinblick auf ihre Herkunft
Aufbauschema Urkundenfälschung (§ 267)
I. Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt: Urkunde
b) unecht
c) Tathandlung: Herstellen, Verfälschen, Gebrauchen
- Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Täuschungsabsicht über Echtheit im Rechtsverkehr
II. RW
III. Schuld
Def.: Urkunde
jede
- dauerhaft verkörperte menschliche Gedankenerklärung,
- die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und
- ihren Aussteller erkennen lässt.
⇒ dient der:
- Perpetuierungsfunktion
- Beweisfunktion
- Garantiefunktion
Perpetuierungsfunktion der Urkunde
→ unterscheidet Urkunde von bloßen Augenscheinsobjekten (diese lassen lediglich Schlussfolgerungen auf menschliche Gedanken zu, z.B. ein Fingerabdruck)
⇒ erfordert Verkörperung von gewisser Dauer, bloße Einsehbarkeit (etwa einer Datei auf einem Bildschirm) genügt nicht
Beweiseignung der Beweisfunktion einer Urkunde
⇒ erfordert die objektive Eignung, zum Beweis einer rechtlich erheblichen Tatsache beitragen zu können
→ Beweiseignung fehlt, wenn die Urkunde offensichtlich unecht ist
Beweisbestimmung der Beweisfunktion einer Urkunde
→ Bestimmung zum Beweis durch subjektiven Willensakt
- von Anfang an durch ursprünglichen Aussteller (= Absichtsurkunde)
- zu späterem Zeitpunkt durch Aussteller oder Dritten (= Zufallsurkunde)
⇒ erfordert zumindest das Bewusstsein, die Urkunde könne zur Überzeugungsbildung über rechtlich erhebliche Tatsachen herangezogen werden (besteht oftmals bereits bei Erstellung der Urkunde; fehlt bei Entwürfen, Blanketten und nicht vollständig ausgefüllten Formularen)
→ Beweisbestimmung kann enden mit Aufhebung durch den Aussteller
Garantiefunktion der Urkunde
Aussteller ist
- nicht derjenige, der die Urkunde körperlich hergestellt hat (Körperlichkeitstheorie),
- sondern derjenige, der (scheinbar) hinter der Erklärung steht (Geistigskeitstheorie)!
→ muss nicht unmittelbar erkennbar sein, die Individualisierung durch den Gesamtzusammenhang genügt
Bsp.:
- kein Aussteller bei anonymen oder erkennbar unechten Namen (bspw. John Doe)
- beachte aber: auch Allerweltsnamen lassen Aussteller erkennen, wenn nicht offensichtlich ist, dass für die Erklärung niemand einstellen will und soll
- unleserliche Unterschriften können Erkennbarkeit entgegenstehen
- aber: Unterschrift mit “Dr. (unleserlich)” deutet auf erfundene Person mit Doktortitel, und damit dennoch auf Aussteller hin
Besondere Arten von Urkunden
- zusammengesetzte Urkunde
- Gesamturkunde
- Vervielfältigung (Durchschrift; beglaubigt)
- Beweiszeichen (abzugrenzen von bloßen Kennzeichen)
Def.: zusammengesetzte Urkunde
⇒ mit einem Bezugsobjekt räumlich fest zu einer Beweiseinheit verbundene Gedankenerklärung
→ entsteht zumeist durch die Verbindung mehrerer Teile, die für sich genommen keine Urkunden sind (z.B. Fahrzeugidentifikationsnummer auf Auto, Ware mit Preisschild)
Def.: Gesamturkunde
besteht aus mehreren Einzelurkunden,
die mit einer gewissen Festigkeit
so zu einem einheitlichen Ganzen verbunden wurden,
dass die Urkunde über ihre Einzelbestandteile hinaus einen selbstständigen Erklärungsgehalt aufweist
und nach Gesetz, Brauch oder Vereinbarung
dazu bestimmt ist, ein erschöpfendes Bild über einen bestimmten Kreis fortwährender Rechtsbeziehungen zu vermitteln
Bsp.: Personalakte enthält Erklärung, keine weiteren Dokumente existieren
Vervielfältigungen als Urkunde?
⇒ zu fragen ist, inwiefern das Mehrfachexemplar dazu geeignet oder bestimmt ist, im Rechtsverkehr neben oder anstelle des Originals dessen Beweisfunktion zu erfüllen
→ Durchschriften und beglaubigte Abschriften oder Kopien sind Urkunden (bei Beglaubigung ist Beglaubigungsvermerk die Erklärung, die iVm dem Schriftstück eine zusammengesetze Urkunde ergibt)
→ bloße Abschriften sind keine Urkunden
→ ob Fotokopien Urkundsqualität besitzen können, ist umstritten (vgl. Streit-KK dazu)
Streit: Können Fotokopien Urkunden darstellen?
h.M.: Kopien werden wie Abschriften behandelt und sind keine Urkunden
+ Kopien weisen lediglich auf das Vorhandensein eines Originals hin, ohne den Aussteller der Kopie erkennen zu lassen
- aber: hängt entscheidend davon ab, ob Kopie auch als Reproduktion erkennbar ist
m.E. vorzugswürdig: Kopien sind grds. keine Urkunden; Ausnahme: sie erwecken den Anschein einer Originalurkunde
+ ist eine Kopie als solche nicht erkennbar, nimmt sie die Rolle des Originals ein
Mm.: Kopien werden oftmals wie das Original ersetzende Duplikate behandelt, in diesen Fällen besitzen sie Urkundenqualität
- es ist den Beteiligten dennoch klar, dass es sich um Kopien handelt, von denen sie den Aussteller nicht kennen
- leichte Fälschbarkeit von Kopien
Def.: Beweiszeichen
⇒ Urkunde, die aus einem mit einem körperlichen Gegenstand fest verbundenen Zeichen (= Beweiszeichen) besteht
→ sind abzugrenzen von bloßen Kennzeichen:
- Kennzeichen erfüllen bloße Ordnungs- und Unterscheidungsfunktion
- Beweiszeichen beinhalten darüber hinaus Gedankenerklärung
Mögliches Abgrenzungskriterium: Beweiseignung und -bestimmung
Bsp.: Bierdeckel mit Strich, Stanzloch in Fahrkarte
keine Beweiszeichen dagegen Garderobenmarken, Namenszeichen auf Tieren
Def.: Unecht
eine Urkunde ist unecht, wenn
die Erklärung nicht von demjenigen herrührt,
der sich als Aussteller erkennen lässt
⇒ fraglich ist also, ob derjenige, der als Aussteller zu erkennen ist, tatsächlich die entsprechende Erklärung getätigt hat
→ die schriftliche Lüge wird nicht geschützt: keine Unechtheit, wenn der Aussteller zwar der richtige, doch der Inhalt der Urkunde unwahr ist
Bsp.:
- A besitzt Quittung von B und verliert diese. Er stellt die Quittung selbst erneut aus und unterzeichnet im Namen von B.
- unecht (+), da die Quittung von A geschrieben wurde, obwohl B als Aussteller zu erkennen ist
Streit: Wie wird der Aussteller einer Urkunde ermittelt?
- Körperlichkeitstheorie:* derjenige ist Aussteller, der die Urkunde körperlich verfasst hat
- Geistigskeitstheorie (heute ganz h.M.):* derjenige ist Aussteller, von dem die Urkunde geistig herrührt, weil er sich als Urheber zu ihr bekennt; der, dem sie zuzurechnen ist