Unmittelbare Ausführung oder Sofortvollzug als Rechtsgrundlage für einen Eingriff Flashcards
Anwendungsbereich
Fehlt es an der Grundverfügung, kann das polizeiliche Handeln nur auf Art. 9IPAG (unmittelbare Ausführung) oder Art. 70 II PAG (Sofortvollzug) gestützt werden.
-> Für beide Alternativen ist charakteristisch, dass kein Grundverwaltungsakt vorliegt und dass wegen zeitlicher Dringlichkeit die Polizei selbst unmittelbar handelt. -> Die Abgrenzung ist in 2 Schritten zu vollziehen.
Abgrenzung von Art. 9 I PAG (unmittelbare Ausführung) oder Art. 70II PAG (Sofortvollzug)
- Schritt Vertretbarkeit der Handlung:
-> unmittelbare Ausführung nach Art.9 I PAG setzt voraus, dass Maßnahme der Polizei oder des beauftragten Dritten eine vertretbare Handlung ist. (Vertretbar ist eine Handlung, wenn sie in identischer Form sowohl vom betroffenen Verantwortlichen als auch von anderen Personen, bsp. eben von der Polizei, ausgeführt werden kann. Unvertretbare Handlungen sind dagegen Handlungen, die ausschließlich der Verantwortliche in eigener Person erbringen kann. z.B. Duldungs- oder Unterlassungspflichten)
(Bei einer Wohnungsdurchsuchung bei der Abwesenheit der Mieter könnte man meinen dass sich die Wohnungsdurchsuchung in einer Duldungspflicht erschöpft-> jedoch steht Pflicht zur Öffnung der Tür im Vordergrund-> jeder kann Tür Öffnen (Tatsache dass dem Verantwortlichen auch Möglichkeit der regulären Öffnung zur Verfügung gestanden hätte ändert nichts daran dass die Maßnahme für dich genommen als vertretbar zu klassifizieren ist. Die Rechtsprechung beurteilt die Frage nach der Vertretbarkeit der Handlung weniger konsequent als die h.L. und verneint die Vertretbarkeit teilweise, wenn der Verantwortliche die Handlung „nicht auf diese Weise“ vorgenommen hätte, also z.B. die Türe nicht aufgebrochen sondern regulär geöffnet hätte. Auch diese Ansicht ist selbstverständlich vertretbar. ) - Abgrenzung: Unmittelbare Ausführung und Sofortvollzug vertretbarer Handlungen:
e. A.: Art.9 I PAG stets vorrangig
- dafür: Wortlaut des Art. 70 II PAG “weil Maßnahmen gegen Personen nach den Art. 7 bis 10 PAG nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind”
- dagegen: Anwendungsbereich des an strengere Voraussetzungen geknüpften Sofortvollzugs wird zu sehr eingeengt, denn die Vertretbarkeit der Handlung wird in der Praxis eher den Regelfall darstellen.
hM.: Abgrenzung nach dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen.
Widerspricht die Maßnahme dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen, bedarf es der Mittel der Zwangsvollstreckung, um den entgegenstehenden Willen zu überwinden-> Sofortvollzug
Entspricht die Maßnahme dem mutmaßlichen Willen, würde also der Betroffene die Maßnahme von sich aus durchführen, wenn er nur rechtzeitig erreichbar wäre -> unmittelbare Ausführung
-dafür: in grundrechtsensiblen Bereich ist eine einzelfallorientierte Lösung interessengerechter als generalisierendes Vorrangpostulat.