Sozialer Schmerz Flashcards

1
Q

Was ist sozialer Schmerz?

A
  • emotionale Reaktion im weitesten Sinn
  • verursacht durch Wahrnehmung von Zurückweisung oder Abwertung
  • verbunden mit Verletzt-Sein, Peinlichkeit, Scham, Schuld oder Eifersucht
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2
Q

Woher kommt der Ursprung der Idee?

A

Jaak Panksepp (Begründer der “affective neuro-science”)
* “Schaltkreise” im Gehirn, die anhand eines Endorphin-basierten Schmerz-Netzwerks Trennungsschmerz signalisieren
* Erste Arbeitshypothese: Deshalb tut sozialer Schmerz ähnlich “weh” wie körperlicher

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3
Q

Warum gibt es sozialen Schmerz?

A
  1. Soziale Ausgrenzung für viele Säugetiere tödlich
  2. Geeignete Reaktionen oder Gegenmaßnahmen nötig
  3. Auch (emotionale) “Belohnungen” für starke Bindung zu wichtigen Bezugspersonen
  4. Führt zu effektiver Regulation von Annäherung und Vermeidung

Bsp. der Autoren an der Stelle: Blickkontakt und andere non-verbale Zeichen der Zurückweisung im Gespräch werden mit großer Leichtigkeit erkannt und verarbeitet

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4
Q

Was sind nach Analysen von Vangelisti & Crumley (1998) drei Formen der Reaktionen/Regulation von Annäherung und Vermeidung?

Analysen zu Erinnerungen an soziale Ausgrenzung

A
  1. Geduld und Nachgiebigkeit (acquiescence): sich entschuldigen, nachgeben, auf Forderungen eingehen
  2. Unverletzlichkeit, Selbstbehauptung (invulnerability): Konfrontation nicht beachten, nicht auf Forderungen eingehen, sich zurückziehen
  3. Aktivität, Gegenangriff (oftmals mit weniger kontrollierten Handlungen verbunden)
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5
Q

Welche Funktion hat Schmerz?

A

Klassisches/operantes Konditionieren:
* Schmerzzunahme: Bestrafung Typ 1 sensu Skinner
* Schmerzabnahme: negative Verstärkung
* auch Stimuli, die sozialen Schmerz ankündigen, werden vermieden (Klassisch)
–> Schmerz ermöglicht Regulation des Annäherungs-Vermeidungs-Verhaltens, bspw. bei Bedrohungen oder Herausforderungen

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6
Q

Was waren die Befunde sprachlicher Analysen zur Evidenz?

A
  • Darstellung von Schmerz und Schmerzgefühlen in veschiedenen Sprachen weist hohe Schnittmengen auf für körperlichen und sozialen Schmerz
  • In allen untersuchten Sprachen
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7
Q

Was sind die Befunde zu Extraversion?

A
  • geringe Furcht vor Zurückweisung
  • höhere Schmerzschwellen für physischen Schmerz
  • neigen eher dazu, physische Schmerzen offen anzusprechen

Introvertierte Personen scheuen sich möglicherweise mehr, Schmerzen einzugestehen, während sie diesen aber andererseits in höherem Maße empfinden.

Insgesamt sollten Introvertierte also in sozialen Situationen sensibler reagieren, Extravertierte dagegen weniger sensibel (in Bezug auf mögliche Zurückweisungen).

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8
Q

Was sind die Befunde zu sozialer Unterstützung?

A
  • viele Befunde zur positiven Wirkung von soz. Unterstützung bei jeglicher Art von physischem Schmerz und chronischen Erkrankungen
  • bes. bei langfristigem Coping bzgl. Schmerz

Fazit: Es gibt einen langfristigen (stabilen) und deutlich negativen Zusammenhang zwischen physischen Schmerzen und sozialer Zuwendung.

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9
Q

Was sind die Befunde zu Angst und Furcht?

A
  • chronische Schmerzpatienten leiden eher unter Angst- und Panikstörungen
  • Personen mit hoher dispositioneller Ängstlichkeit und hohem Neurotizismus haben geringer Schwellen für physischen Schmerz

Fazit: „… both social exclusion and physical pain are related to the activation of emotional states related to cautious approach (anxiety) and avoidance (fear)”

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10
Q

Was sind die Befunde zu Aggression?

A
  • physischer Schmerz führt oft zu aggressivem Verhalten
  • v.a. bei unmittelbarer Bedrohung –> schnelles und hoch reaktives aggressives Verhalten
  • Analoge Befunde für sozialen Ausschluss
  • resultierende Aggressionen oft nicht allein auf Verursacher des sozialen Ausschlusses beschränkt

Fazit: „… both physical and social pain appear to induce a general defensive stance that can lead to defensive aggression“

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11
Q

Was sind Befunde zur Depression?

A
  • physischer und sozialer Schmerz führen zu höheren Werten bei Traurigkeit und Depression
  • bes. bei Trennung von einem Partner, die man selbst nicht herbeigeführt hat - Zurückweisung
  • Depressive haben niedrigere Schwelle für physischen wie sozialen Schmerz
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12
Q

Mit welchen neuronalen Mechanismen steht sozialer Schmerz in Verbindung?

A
  • Anteriorer Cortex
  • Peri-aquaeductales Grau (PAG)
  • Gehirneigene Opiate (neuroendokrines System)
  • Oxytocin
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13
Q

Woran ist der anteriore Cortex beteiligt?

Humandaten

A

Verarbeitung von Schmerzsignalen (v.a. Schmerzgefühlen), bei sozialer Ausgrenzung aktiviert

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14
Q

Was besagt die Studie von Rainville et al. (1997) zum anterioren Cortex?

A
  • PET-Studien zur hypnotischen Suggestion zur Unannehmlichkeit eines Schmerzreizes: Anteriorer Cortex aktiv, wenn Schmerzreiz als besonders aversiv bewertet wird
  • Gegensatz dazu: Andere Regionen (z.B. somatosensorischer Cortex) variieren in Aktivität in Abhängigkeit von objektiver Intensität des Schmerzes
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15
Q

Was besagt die Studie von Eisenberger et al. (2003) zum anterioren Cortex?

A
  • Anwendung des Cyberball-Paradigmas
  • Befund: Anteriorer Cortex sowohl bei explizitem wie bei implizitem sozialem Ausschluss aktiv
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16
Q

Was macht das PAG?

Humandaten?

A

Erhält Input von Schmerzrezeptoren des Körpers und kann auch Schmerzwahrnehmung lindern oder blockieren

17
Q

Was zeigen Tierdaten zum PAG?

A
  • Schädigung des PAG –> gestörtes Still- und Bindungsverhalten
  • Simulation des PAG kann Trennungs(schmerz-)Signale auslösen und löst Trennungsrufe bei Neugeborenen aus
18
Q

Was zeigen Tierdaten bei Kehoe & Blass (1986b) zu gehirneigenen Opiaten?

A
  • Trennung von der Mutter führt zu (kurzfristigen) analgetischen Reaktionen bei neugeborenen Ratten
  • Paradigma: Verhaltensbeobachtungen bei Vermeidung von Schmerzreizen nach Trennung
  • Eine solche analgetische Reaktion ist unmittelbar nach Trennung nicht zu beobachten, aber 5 Minuten später –> Reaktion braucht Zeit
19
Q

Was zeigen Tierdaten bei Carden, Hernandez & Hofer (1996) zu gehirneigenen Opiaten?

A

Geringe Dosen von Morphinen reduzieren Trennungsstress: Tierjunge zeigen weniger Anzeichen von Stress als Tiere, die kein Morphin erhielten

20
Q

Was zeigen Tierdaten bei Pedersen et al. (1982) und Kendrick et al. (1987) zu Oxytocin?

A

Reguliert mütterliches und kindliches Bindungsverhalten

21
Q

Was zeigen Tierdaten bei Lundeberg et al. (1993/94) zu Oxytocin?

A

Erhöht vmtl. Schwelle für physischen Schmerz (Paradigma: Latenz der Reaktion auf thermale Reize)

22
Q

Was zeigen Tierdaten bei Cho et al. (1999) zu Oxytocin?

A

Soziales Verhalten bei Tieren kovariiert mit Oxytocin-Niveau

23
Q

Was sind Implikationen für aggressives Verhalten?

A
  • Aggressionen, die auf sozialem Schmerz beruhen, entstehen v.a. dann, wenn Distanz/Abwehrmöglichkeiten zum jeweiligen Auslöser gering sind
  • Bewertungen, Attributionen, wahrgenommene Kontrolle, Feindseligkeit und die Erwartung von Schmerz beeinflussen aggressive Reaktionen auf physische wie soziale Schmerzreize gleichermaßen
  • Hier (auch) Reaktionen, die bei physischen Bedrohungen funktional sind, aber nicht bei sozialen Bedrohungen
  • Befunde bei physischem Schmerz allerdings experimentell, während Befunde zu sozialem Schmerz lediglich korrelativ sind
  • Bsp. für gute, aber nur korrelative Evidenz sind Befunde zu sozialem Schmerz und Extraversion
24
Q

Was sind Implikationen für Chronische Schmerzen und Schmerzpatienten?

A
  • Trennung zwischen physischen und sozialen Schmerzen irreführend und wirkt sich nachteilig auf Verständnis und Behandlung von Schmerzpatienten aus
  • Behandlung des sozialen Schmerzes sollte nicht ignoriert werden, sondern ist geeignet, auch physischen Schmerz zu reduzieren
  • Mglw. Ursache dafür, dass bei vielen dieser Patienten wie auch bei anderen Störungen (z.B. Sucht) Selbsthilfegruppen so erfolgreich sind
25
Q

Was sollte in der zukünftigen Forschung berücksichtigt werden?

A
  • Widersprüchliche Daten bzgl. analgetischer Wirkung bei Inklusion und Exklusion; Regelkreise noch nicht gut verstanden
  • zugrundeliegende biologische Prozesse, Daten noch sehr unvollständig
  • Bezug zu praxisorientierten Fragen wenig erforscht, z.B. warum es in fast allen Gruppen Außenseiter und Ausgestoßene gibt, was mit solchen Personen passiert v.a. bei Kindern