Poverty Flashcards

1
Q

Was ist der Hintergrund der Attributional Analysis of Reactions to Poverty?

A
  • Alltagsverständnis: Betonen der Rolle des Helfenden und dessen Merkmale, wenn es um Vorhersage von Hilfeleistungen geht –> Frage: Erweist eine Person sich als „guter Samariter“ oder reagiert sie „hartherzig“?
  • Vorliegender Ansatz konzentriert sich stattdessen auf Merkmale des Hilfsbedürftigen
  • Wahrgenommene Kontrollierbarkeit und Verantwortlichkeit spielen hier wichtige Rolle
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2
Q

Sind diese Kategorien eine gute Einteilung von Armut?

A

ntuitiv plausibel, aber es gibt gravierende Nachteile:

  • sehr verschiedenartige Ursachen fallen in die gleiche Kategorie, z.B. gelten Anstrengungsmangel und Krankheit beide als individuelle Ursachen
  • Wir werfen sehr verschiedene Dinge in den gleichen Topf
  • Stattdessen aus einer wissenschaftlichen und psychologischen Perspektive nötig: konzeptuelle Gliederung der Ursachen von Armut
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2
Q

Was sind zentrale Armutsursachen?

A

Drei zentrale Armutsursachen (Übereinstimmende Befunde aus Studien in Australien, Deutschland, Finnland, Irland, Kanada, Portugal, den USA, Südafrika, der Türkei):
* Individuell: Drogenabhängigkeit, mangelnde Anstrengung, mangelhafte Ausbildung, schlechter Umgang mit Geld
* Sozial: Mangel an guten Bildungschancen, hohe Steuern, geringe Löhne, Vorurteile und Diskriminierung, physische Handicaps
* Schicksal(sschläge): Persönliche Schichsalsschläge und Pech

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3
Q

Sind Wahrnehmungen der Ursachen von Armut universell und objektiv?

A

Solche Wahrnehmungen von Ursachen fallen kulturell und individuell sehr unterschiedlich aus. Unterschiede finden wir bei Befragungen in Bezug auf:
* Gruppen von Hilfsbedürftigen: Wir finden unterschiedliche Ursachen-Wahrnehmungen für die Armut von Älteren oder Immigranten, oder verschiedene Formen von Armut unterschiedlicher Gruppen in der Bevölkerung
* Gruppen von Helfenden: Wir finden unterschiedliche Ursachen-Wahrnehmungen seitens Europäern vs. Amerikanern, Frauen vs. Männern, jüngeren vs. älteren Menschen

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4
Q

Wie können wir diese Befunde besser ordnen?

A

Eine attributionale Analyse: Ursachen werden klassifiziert anhand der Merkmale von Ursachen:
* Lokation einer Ursache: internal - external
* Stabilität einer Ursache: stabil vs. vorübergehend
* Kontrollierbarkeit einer Ursache: kontrollierbar vs. Unkontrollierbar

Bei Vorliegen einer hohen Kontrollierbarkeit kommt es, wenn weitere Kriterien erfüllt sind, zu Zuschreibungen von Verantwortlichkeit.

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5
Q

Welche Rolle spielen politische Ideologien in der Wahrnehmung von Armut?

A
  • Liberale („Linke“) betonen eher strukturelle Ursachen von Armut –also Mangel an Bildungsgerechtigkeit, ungünstige politische Maßnahmen (welche Reiche bevorzugen) und Mängel in sozialen Systemen
  • Metaphorisch: Staat = fürsorgliche Mutter, die für Bürger sorgen soll
  • Konservative („Rechte“) betonen eher, dass Arme für ihre Armut selbst verantwortlich seien und schreiben diese individuellen Ursachen wie etwa mangelnder Anstrengungs-bereitschaft zu
  • Metaphorisch: Staat = strenger Vater, der seine Bürger besser erziehen soll
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6
Q

Welches Paradigma wurde in den Studien von Farwell & Weiner angewandt?

A

Sie sind Mitglied einer Jury eines Wohlfahrt-Ausschusses / einer Stiftung. Ihr Aufgabe ist es, Bedürftigen Hilfe zukommen zu lassen.
Variiert wird die Ursache der Hilfsbedürftigkeit – diese ist entweder eher kontrollierbaren oder unkontrollierbaren Ursachen zuzuschreiben.
Zusätzlich wird anhand einer sehr einfachen Skala die politische Ideologie der Probanden erhoben.

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7
Q

Was waren die Ergebnisse des Paradigmas?

A

Gleiches grundlegendes Datenmuster in allen Ländern:
Liberale sind eher freigiebig, konservative eher geizig; bei kontrollierbarer Armut sind liberale eher sentimental, bei unkontrollierbarer sind konservative mitfühlend

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8
Q

Wie hängen Kontrollierbarkeit und Verantwortlichkeit zusammen?

A
  • Kontrollierbarkeit = Merkmal einer Ursache
  • Verantwortlichkeit = Merkmal einer Person
  • –> Wenn Personen eingeschränktes moralisches Urteilsvermögen haben oder ihr Verhalten nicht organisieren können, kann die Ursache kontrollierbar sein, und doch können und sollten wir diese Person (nicht in vollem Ausmaß) verantwortlich machen
  • Juristische Konsequenzen, indem diese Personen vor dem Gesetz anders behandelt werden

Bsp.:
* Für Personen mit IQ unter bestimmtem Wert (IQ < 70) wird in den USA die Todesstrafe nicht vollstreckt, Gleiches gilt für nicht-volljährige Personen; Auch andere Strafmaße fallen geringer aus, wenn Personen aus genannten Gründen nicht in vollem Umfang verantwortlich gemacht werden
* Zudem finden wir solche Regelungen – welche sämtlich die Unterscheidung in Kontrollierbarkeit versus Verantwortlichkeit betreffen – in fast allen Rechtssystemen

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9
Q

Welche Rolle spielen (moralische) Emotionen?

vgl. Rudolph & Tscharaktschiew

A
  • Ärger = Signal an betreffende Person, ihr Verhalten zu ändern; Metaphorisch ist Ärger ein Schuldspruch: “Du sollst das anders machen!“
  • So reduziert Ärger Wahrscheinlichkeit, dass betreffender Person (auf die der Ärger sich richtet) geholfen wird
  • Mitleid = Signal an betreffende Person, dass wir mit-leiden; Metaphorisch ist Mitleid ein Freispruch: „Du kannst nichts dafür.“
  • So erhöht Mitleid die Wahrscheinlichkeit, dass betreffender Person (auf die das Mitleid sich richtet) geholfen wird
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10
Q

Wie lautet das empirisch gefundene Modell zur Vorhersage von Hilfe und Aggression auf der Basis einer Metaanalyse aller vorliegenden Daten?

(Rudolph, Roesch, Greitemeyer & Weiner, 2003)

A

Kontrollierbare Verantwortlichkeit (Kognition) hängt negativ mit Mitleid und positiv mit Ärger zusammen.
Diese mediieren Hilfeverhalten (positiver Zusammenhang mit Mitleid, schwach negativer mit Ärger).

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11
Q

Was sind Anwendungen und Implikationen für die Praxis?

Bewertungen in Erziehung und Unterricht

A

Urteile von LehrerInnen und ErzieherInnen variieren zu hohem Anteil in Abhängigkeit von wahrgenommener Kontrollierbarkeit und Verantwortlichkeit

Bsp.:
* Misserfolg –> kausale Information –> Fähigkeitsmangel –> nicht verantwortlich –> Mitleid –> unkontrollierbar für den Schüler –> Hilfe, positive Sanktionen
* Misserfolg –> kausale Information –> Anstrengungsmangel –> verantwortlich –> Ärger
–> kontrollierbar für den Schüler –> keine Hilfe, negative Sanktionen

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12
Q

Was sind Anwendungen und Implikationen für die Praxis?

Einstellungen gegenüber Abtreibung

A

Die Einstellungen gegenüber Schwangerschaftsabbruch variieren – über große Stichproben gesehen – in hohem Maße in Abhängigkeit von den Ursachen, die eine Person für einen Schwangerschaftsabbruch geltend macht

Bsp.:
* Schwangerschaftsabbruch –> traumatische Umstände –> nicht verantwortlich –> Mitleid –> unkontrollierbar für die Frau –> Befürwortung, Hilfe, Unterstützung
* Schwangerschaftsabbruch –> selbst gewählte Umstände –> verantwortlich –> Ärger
–> kontrollierbar für die Frau –> Zurückweisung, keine Unterstützung

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Perfectly
13
Q

Was sind Implikationen für politische Praxis und Leitlinien?

A
  • Wenn viele Menschen überzeugt sind, dass Armut moralisches Versagen seitens der Armen darstellt, wird Armut zu Stigma – und politische Entscheidungen in Zeiten knapper Ressourcen werden von dieser Überzeugung stark Maße beeinflusst
  • Auf der anderen Seite gibt es in zunehmendem Maße Evidenz, dass garantiertes Grund-Einkommen (für alle) positive Effekte haben kann, und zwar auch gesamtgesellschaftlich gesehen
  • Letzteres bedeutet, dass wir nicht länger die moralischen Merkmale derjenigen in den Fokus nehmen, die hilfsbedürftig sind, sondern von denjenigen, die über die Vergabe von Hilfe entscheiden bzw. helfen
  • Zudem stets utilitaristische Erwägungen, die zu Empfehlungen wie denen eines bedingungslosen Grundeinkommens führen
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