Sitzung 9 Flashcards
Theorien des Wahlverhaltens
- Soziologischer Ansatz (Lazarsfeld)
- > Weiterentwicklung: Cleavage-Theorie
- Sozialpsychologischer Ansatz (Campbell)
- Theorie des rationalen Wählens (Downs)
- > Weiterentwicklung: Reasoning Voter (Popkin, Lau & Redlawsk)
Soziologischer Ansatz (mikro)
wichtigstes Entscheidungskriterium: (soziale) Herkunft
- Stadt/Land
- Arbeiter/Kapital
- Gewerkschaftsmitglied ja / nein
- katholisch / evangelisch
- Kirchgänger ja / nein
- Alter
- Zusammen: Index der politischen Prädisposition
Soziologischer Ansatz (mikro) - The People's Choice -
- Panelbefragung von Wählern im US-Präsidentschaftswahlkampf 1940
- Index der politischen Prädisposition erklärt Wahlentscheidung gut
- man wählt so, wie die anderen in einer bestimmten sozialen Gruppe
- nur wenige ändern ihre Wahlabsicht
- Ausnahme: Wähler unter Cross-Pressure (widersprüchlich Prädisposition)
- Ursache von Meinungsänderungen i. d. R. interpersonale Kommunikation mit “Meinungsführern” (Two-Step-Flow of Communication)
Soziologischer Ansatz (makro)
wichtigstens Entscheidungskriterium: gesellschaftliche Konfliktlinien
sozialpsychologischer Ansatz
Parteiidentifikation
- langfristige, affektive Bindung an eine politische Partei
Kandidatenorientierung
- Kanzlerpräferenz, Gesamturteile in
- > 2 Dimensionen: Persönlichkeit, Sachkompetenz
- > 4 Dimensionen: Sachfragenkompetenz, Führungsstärke, Integrität, Persönliches
Themenorientierung
- Meinungen zu Sachthemen (Problemlösung); Problemlösungskompetenz der Parteien
Frage
- Was erklärt die Wahlentscheidung am besten?
- i. d. R. die Parteiidentifikation; ob deren Anteil zugunsten der Kandidatenorientierung abnimmt (Personalisierung des Wahlverhaltens) ist umstritten
Rational-Choice-Ansatz
-> wichtigstes Entscheidungskriterium: Vergleich der eigenen Präferenzen mit den Vorschlägen der Parteien
- setzt bei kurzfristigen Faktoren (v.a. Themen) an
- rationales Abwägen der Alternativen
- Beispiel Autokauf: Abwägen der Vor- und Nachteile nach verschiedenen Kriterien (PS, Geschwindigkeit, Verbrauch, Platz, Preis etc.)
- Hier: Entscheidung für die Partei, die den eigenen Präferenzen am nächsten kommt (Kriterien z.B.: Position zu Irak-Krieg, Arbeitslosigkeit, Innere Sicherheit, Renten usw.)
- Aus Sicht der Parteien ist es demnach sinnvoll, sich bei mittleren, allgemein akzeptierten Positionen einzupendeln (siehe auch: Theory of Political Ambiguity)
- Bedarf theoretisch eines immensen Informationsaufwandes der Wähler
Rational-Choice-Ansatz
-> wichtigstes Entscheidungskriterium: Information Shortcuts
- Wähler sind zu bequem, um sich umfassend über die Standpunkte der Parteien/Kandidaten zu informieren
- Selbst wenn sie wollten, könnten sie nicht wirklich alle Argumente für und gegen eine Partei rational gegeneinander abwägen
- Es ist deshalb rational, den Aufwand möglichst gering zu halten und Wahlentscheidungen anhand von Shortcuts (Heuristiken) zu treffen (Parteibindung, Kandidaten), statt sich über die Ziele der Kandidaten zu informieren
- Allerdings kann das unter bestimmten Bedingungen auch zu „falschen“ Wahlentscheidungen (also solchen, die die eigenen Präferenzen nicht abbilden) führen
Fazit politikwissenschaftliche Theorien des Wahlverhaltens
- in allen Theorien sind Medienwirkungen auf das Wahlverhalten prinzipiell nicht vorgesehen, ABER ..
- Werden Menschen tatsächlich eher von Meinungsführern beeinflusst und welche Information erhalten sie von diesen?
- Woher stammen die kurzfristigen Kandidaten- und Themenorientierungen der Wähler? Woher stammen die längerfristigen Parteibindungen?
- Woher erhalten die Menschen die Informationen über die Pläne oder Parteien? Woher erhalten die Parteien Informationen über die Präferenzen der Wähler?
- faktisch basieren die Theorien auf Überlegungen aus den 40er-50er Jahren
- Seitdem gab es Veränderungen in der Gesellschaft, im Mediensystem und im Mediennutzungsverhalten
Gesellschaftliche Veränderungen
- Auflösen traditioneller Gruppenbindungen
- Zunehmende (gesellschaftliche und räumliche) Mobilität
- Zunehmender Kontakt mit Menschen anderer sozialer Gruppen
- Zuname von (zum Teil widersprüchlichen) Cleavages
- Rolle soziologischer Prädispositionen für die Wahlentscheidung geht zurück - Rückgang der Parteiidentifikation
- Instabilität der Parteiindentifikation
- Zunahme der Spätentscheider
Weitere Veränderungen im Mediensystem
- nicht-journalistische Angebote wie Blogs
- Social Media-Angebote
- neue Fernsehformate wie politische Talkshows und TV-Duelle
- zeitversetztes Fernsehen
Massenmedien und Wahlen
- Fazit -
- meisten Menschen informieren sich direkt aus den Massenmedien
- viele sprechen überhaupt nicht mit anderen über Politik
- Meinungsführer geben meist nur Medieninformationen relativ ungefiltert wieder (daher fraglich, ob man sie als eigenständige Informationsquelle bezeichnen kann)
- traditionelle Modelle eignen sich immer schlechter zur Erklärung des Wahlverhaltens (Auflösung von sozialen Milieus, Rückgang der PI etc.)
- Immer mehr Wähler entscheiden sich spät und sind deshalb für politische Persuasionsversuche oder mediale Berichterstattung im Wahlkampf empfänglich
- Die Ausweitung des Medienangebots und die Tatsache, dass sich die meisten Menschen vor allem aus den Massenmedien über Politik informieren, bringt die Medien (Nachrichten; Politikerauftritte) in eine Schlüsselrolle in Wahlkämpfen