Rechtsschutz: Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts (Verwaltungsgerichtsbarkeit, Verfassungsgerichtsbarkeit), Rechnungshof und Volksanwaltschaft – Teil 1: Verwaltungsgerichtsbarkeit E6 Flashcards
Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts
= Verwaltungs- und Verfassungsgerichtsbarkeit
* Verwaltungsgerichtsbarkeit (Art 129 – 136 B-VG)
* Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Verwaltung
* Primär Instrument des Individualrechtsschutzes
* Seit 2014: Zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit
* Erste Stufe: Verwaltungsgerichte (VwG) – „9+2-Modell“
* Zweite Stufe: Verwaltungsgerichtshof (VwGH)
* Kompetenzen: Revisionen, Fristsetzungsanträge (Art 133 Abs 1 B-VG)
* VwG treten an die Stelle eines verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges
* Ausnahme: Angelegenheiten des eigenen WB der Gemeinde; gemeindlicher Instanzenzug kann
jedoch gesetzlich ausgeschlossen werden (Art 118 Abs 4, Art 132 Abs 5 B-VG)
* Verfassungsgerichtshof (VfGH) (Art 137 – 148 B-VG)
* Kontrolle der GG und Vollziehung
Verwaltungsgerichtsbarkeit
- Organisation
- (Ernannte) Richter; berufsmäßig angestellt (Berufsrichter); ergänzend sind
Laienrichter möglich - VwG erkennen durch Einzelrichter (Regelfall) bzw durch Senate
- VwGH erkennt grds in Senaten (in verschiedener Zusammensetzung)
- Grundsatz der festen Geschäftsverteilung
- VwG: Einsatz von Rechtspflegern möglich
- Verfahren der VwG (mit Ausnahme des BFG) durch ein besonderes BundesG
geregelt = VwGVG - Verfahren des VwGH geregelt im VwGG
VwG – Zuständigkeiten im Überblick
- Zuständigkeiten von Verfassung wegen; Art 130 Abs 1 B-VG
- Bescheidbeschwerde
- Maßnahmenbeschwerde
- Säumnisbeschwerde
- Anwendung von Zwangsmitteln im UA des NR (Art 130 Abs 1a B-VG)
- Beschwerde gem Art 130 Abs 2a B-VG: Datenschutzrechtliche Eigenkontrolle
- Sonstige – durch BG oder LG begründete – Zuständigkeiten; Art 130 Abs 2 B-VG
- Beschwerden gegen (sonstiges) verwaltungsbehördliches Verhalten
- Beschwerden in Vergabesachen
- Streitigkeiten in Dienstrechtsangelegenheiten
- Beschwerden, Streitigkeiten oder Anträge in sonstigen Angelegenheiten
- Ausschluss der Zuständigkeit
- Art 130 Abs 5 B-VG
- Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte oder des VfGH
- Ausnahme: Instanzenzug / sukzessive Kompetenz gem Art 94 Abs 2 B-VG
VwG - Zuständigkeitsabgrenzungen
- Subsidiäre Allzuständigkeit der LVwG (Art 131 Abs 1 B-VG)
- BVwG zuständig in Angelegenheiten der unmittelbaren
Bundesverwaltung (Art 131 Abs 2 B-VG) - Zuständigkeit des BFG (Art 131 Abs 3 B-VG)
- Zuständigkeitsverschiebungen möglich
Bescheidbeschwerde
- Beachte: im eigenen WB der Gemeinde erst nach Erschöpfung des innergemeindlichen
Instanzenzuges (Art 132 Abs 5 B-VG) - Dieser kann gesetzlich ausgeschlossen werden (Art 118 Abs 4 B-VG)
- Beschwerdegegenstand: Bescheid (Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG)
- Beschwerdelegitimation
- Parteibeschwerde wegen Verletzung subjektiver Rechte (Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG)
- Amtsbeschwerde zur Wahrung des objektiver Rechtmäßigkeit (Art 132 Abs 1 Z 2 sowie Abs 4 B-VG)
- Beschwerdefrist
- 4 Wochen ab Zustellung/Verkündung (§ 7 Abs 4 Z 1 VwGVG)
- Beschwerdevorentscheidung durch Behörde möglich→ dagegen Vorlageantrag (§§ 14, 15 VwGVG)
- Entscheidung der VwG
- Prinzipiell in der Sache selbst (Art 130 Abs 4 B-VG)
- Andernfalls: Aufhebung des Bescheides (Kassation) und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde →
Ersatzbescheid - Ermessensfälle (Art 130 Abs 3 B-VG)
Säumnisbeschwerde
- Beschwerdegegenstand: Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine
Behörde (Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG) - Säumnis bei Erlassung eines Bescheides
- Devolutionsantrag (an Berufungsbehörde) nur im eigenen WB der Gemeinde (§ 73 Abs
2 AVG) - Beschwerdelegitimation: wer im Verwaltungsverfahren zur Geltendmachung der
Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet (Art 132 Abs 3 B-VG) - Beschwerdefrist
- nach Ablauf der (gesetzlich eingeräumten) Entscheidungsfrist der Behörde = grds 6
Monate (§ 73 Abs 1 AVG, § 8 VwGVG) - Entscheidung der VwG
- Behörde kann binnen 3 Monaten säumigen Bescheid nachholen (§ 16 VwGVG)
- Andernfalls entscheidet das VwG selbst (§ 28 Abs 7 VwGVG)
Maßnahmenbeschwerde
- Beschwerdegegenstand: AuvBZ (Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG)
- Beschwerdelegitimation
- wegen Verletzung subjektiver Rechte (Art 132 Abs 2 B-VG)
- Beschwerdefrist
- 6 Wochen ab Kenntnis der Maßnahme (§ 7 Abs 4 Z 3 VGVwG)
- Entscheidung der VwG (Art 28 Abs 6 VwGVG)
- AuvBZ für rechtswidrig erklären und aufheben
- Dauert Verwaltungsakt noch an (zB Haft), hat die Behörde unverzüglich den
der Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen
VwGH – Zuständigkeiten im Überblick
- Zuständigkeiten von Verfassung wegen
- Art 133 Abs 1 B-VG
- Revisionen gegen das Erkenntnis eines VwG wegen Rechtswidrigkeit
- Anträge auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein VwG
- Kompetenzkonflikte zwischen VwG oder zwischen einem VwG und dem VwGH
- Sonstige Zuständigkeiten gem Art 133 Abs 2 B-VG durch BG oder LG
begründbar - Ausschluss der Zuständigkeit
- Art 133 Abs 5 B-VG
- Rechtssachen, die zur Zuständigkeit des VfGH gehören
Revision I
- Revisionsgegenstand: Erkenntnis eines VwG
- Zulässigkeit der Revision:
- Nur bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (Art 133 Abs 4 B-VG)
- Durch BG kann die Revision gegen Erkenntnisse mit nur geringer Geldstrafe für
unzulässig erklärt werden
→ vgl § 25a Abs 4 VwGG: Unzuständigkeit der Revision in Verwaltungs-
und Finanzstrafsachen - Ordentliche Revision – außerordentliche Revision
- Über die Zulässigkeit der Revision entscheidet das VwG im Erkenntnis
(ordentliche Revision) → VwGH ist daran nicht gebunden - VwGH kann trotz Unzulässigerklärung der Revision durch das VwG eine
Revision zulassen (außerordentliche Revision) - Revisionslegitimation (Art 133 Abs 6 B-VG)
- Parteirevision wegen Verletzung subjektiver Rechte (Z 1)
- Die belangte Behörde (Z 2)
- Amtsrevision zur Wahrung objektiver Rechtmäßigkeit (Z 3 sowie Abs 8)
- Frist: 6 Wochen ab Zustellung (§ 26 Abs 1 VwGG)
- Vorprüfungsverfahren vor VwG
- Zurückweisung der Revision wegen bestimmter formeller Mängel
→ dagegen Vorlageantrag an VwGH (§ 30a und b VwGG)
Revision II
- Entscheidung des VwGH
- Zurückweisung aus formellen Gründen (§ 34 VwGG)
- Ansonsten (§ 42 VwGG):
- Abweisung der Revision wegen Unbegründetheit
- Aufhebung des Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit (Kassation)
- Bei inhaltlicher Rechtswidrigkeit, Unzuständigkeit des VwG, wesentlichen
Verfahrensmängeln - Kassationswirkung: Rechtssache tritt in die Lage zurück, in der sie sich vor
Erkenntniserlassung befunden hat („ex tunc“-Wirkung) - VwG erlässt „Ersatzbescheid“ → dabei an Rechtsansichten des VwGH gebunden
- Entscheidung in der Sache selbst
- Voraussetzung: Die Sache ist entscheidungsreif und die Sachentscheidung
liegt im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis - Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch den VwGH
Fristsetzungsverfahren
- Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann Partei im Verfahren vor
VwG Antrag auf Fristsetzung stellen - Zulässig wenn VwG nicht innerhalb von 6 Monaten entschieden hat
- Beim säumigen VwG einzubringen
◦ Mängelbehebungsauftrag oder Zurückweisung
− Bei Zurückweisung ist ein Vorlageantrag an den VwGH möglich - VwGH kann, wenn er Entscheidungspflicht verletzt sieht, einen Auftrag
beschließen, dass VwG in 3 Monaten entscheiden muss (§ 38 VwGG) - Kommt VwG dem Auftrag nicht nach, spricht VwGH mit Erkenntnis neuen
Auftrag aus (§ 42a VwGG)