Handlungsformen der Verwaltung E4 Flashcards
Warum unterscheiden wir Handlungsformen?
- Bestandsaufnahme:
– Hoheitliches und nichthoheitliches Verwaltungshandeln
– hoheitlich: Verordnung, Bescheid, AuvBZ, schlicht-hoheitliches Handeln
– nichthoheitlich: Verwaltung handelt wie ein Privater, zB kauft PCs - Unterschiedliche Einsatzgebiete
– V: regelt Rechtsverhältnisse eines generell-abstrakten Adressatenkreises
– B: regelt nach einem Verfahren individuell-konkrete Rechtsverhältnisse
– AuvBZ: ermöglicht schnelles Eingreifen bei Gefahr im Verzug
– schlicht-hoheitliches Handeln: umgibt Hoheitsakte
– nichthoheitliches Handeln: ermöglicht konsensuales Vorgehen etc - Unterschiedliche Erzeugungsbedingungen
– ist eine gesetzliche Ermächtigung erforderlich?
– muss dem Rechtsakt ein förmliches Verfahren vorangehen?
– muss der Rechtsakt, um wirksam zu werden, Adressat*innen förmlich
bekanntgemacht werden? - Unterschiedliche Vernichtungs- bzw Rechtsschutzbedingungen
– kann die Behörde den Rechtsakt jederzeit rückgängig machen oder ist
sie an einmal gesetzte Rechtsakte gebunden?
– (wie) können die Bürger*innen den Rechtsakt bekämpfen?
Hoheitliches Verwaltungshandeln
a) Verordnung/ BEgriff
Verordnung / Begriff
– eine generell-abstrakte Norm
– einer Verwaltungsbehörde,
– die sich an die Bürger*innen (dh nach außen) richtet,
– und daher kundgemacht werden muss.
(Die irreführend sog „Verwaltungsverordnung“ ist
– eine generell-abstrakte Norm
– einer Verwaltungsbehörde,
– die sich nur an Organwalter *innen (also nach innen) richtet;
– wie sie mitgeteilt wird, bestimmt die Verwaltungsbehörde.
= generelle Weisung, „Dienstanweisung“, „Richtlinie“, „Erlass“.)
Hoheitliches Verwaltungshandeln
a) Verordnung / Erzeugung
V bedarf stets einer gesetzlichen Grundlage:
– DurchführungsV: führt ein einfaches Gesetz durch
Art 18 Abs 2 B-VG: „Jede Verwaltungsbehörde kann aufgrund der Gesetze
innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen.“
– verfassungsunmittelbare V: ergeht unmittelbar aufgrund der Verfassung
◦ gesetzesergänzende V
schließt Lücken, die Gesetze lassen, zB Art 118 Abs 6 B-VG (Einheit 4 Teil 1)
◦ gesetzesvertretende V
tritt an Stelle des Gesetzes, zB § 3 Abs 2 BVG Ämter d LReg (Einheit 3)
◦ gesetzesändernde V
ändert bestehende Gesetze, zB Art 18 Abs 3-5 B-VG (Einheit 3)
Hoheitliches Verwaltungshandeln
a) Verordnung / Erzeugung und Vernichtung
- Erzeugung
◦ keine allgemeinen Verfahrensregeln; Gesetz kann Regeln aber von Fall zu
Fall festlegen. Fehlen Verfahrensregeln, kann V schnell und unkompliziert
erlassen werden, insb von monokratischen Organen.
◦ V muss nach gesetzlichen Regeln kundgemacht werden; existent wird sie
nach Ansicht des VfGH aber schon bei einem „Mindestmaß an Publizität“. - Vernichtung und Rechtsschutz
◦ Behörde kann eine einmal erlassene V grundsätzlich jederzeit aufheben.
◦ Gesetzwidrige (auch gesetzwidrig kundgemachte) Ven hebt der VfGH von
Amts wegen oder auf Antrag auf, näher Einheit 6.
◦ in der Selbstverwaltung kann zT auch die Aufsichtsbehörde rechtswidrige
Ven aufheben, vgl schon Einheit 4 Teil 1.
Hoheitliches Verwaltungshandeln
b) Bescheid
- Begriff
– individuell-konkrete Norm
– einer Verwaltungsbehörde, die
– im Rahmen der Hoheitsverwaltung
– idR nach einem förmlichen Verfahren
– außenwirksam erlassen wird. - Arten
– Leistungsbescheid: erlegt Adressat*innen Pflichten auf
Bsp: Strafbescheid, Abbruchbescheid, Ausweisung
– Rechtsgestaltungsbescheid: räumt Rechte ein, modifiziert oder entzieht sie
Bsp: Zuerkennung von Asyl, Aberkennung der Gewerbeberechtigung
– Feststellungsbescheid: stellt die Rechtslage verbindlich fest
Bsp: Feststellung des Verlusts der Staatsbürgerschaft - Erzeugung
◦ Gesetzliche Grundlage ist wie für die V auch für Bescheide unerlässlich:
Art 18 Abs 1 B-VG: „Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf
Grund der Gesetze ausgeübt werden.“
◦ Verfahren: Anders als Ven werden Bescheide grundsätzlich aufgrund
eines Verwaltungsverfahrens erlassen; dieses ist einheitlich geregelt im
AVG und VStG; zusätzliche Regeln kann das MaterienG enthalten.
◦ Bekanntmachung: Wie die V muss auch der Bescheid Adressat*innen
förmlich bekanntgemacht werden: durch Zustellung oder mündliche
Verkündung.
- Erzeugung
- Vernichtung / Rechtsschutz
◦ Anders als Ven dürfen Bescheide nicht jederzeit geändert werden, sie
werden „rechtskräftig“.
Die Rechtskraft wird nur ausnahmsweise aus triftigen Gründen durchbrochen; liegen solche Gründe nicht vor, ist der Bescheid unabänderlich.
◦ Rechtswidrige Bescheide kann der Bescheidadressat innerhalb einer
bestimmten Frist bekämpfen
in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde mit
Berufung, idR an den Gemeinderat (Einheit 4 Teil 1)
sonst mit Beschwerde an ein Verwaltungsgericht, näher Einheit 6.
◦ Leidet der Bescheid an einem schweren Fehler, kann die Oberbehörde ihn
auch von Amts wegen aufheben (Rechtskraftdurchbrechnung)
Hoheitliches Verwaltungshandeln
- AuvBZ
- Begriff
– Ein Verwaltungsorgan erteilt
– im Rahmen der Hoheitsverwaltung
– individuell bestimmten Personen
– unmittelbar, dh ohne vorangehendes förmliches Verfahren
– einen Befehl (mit unverzüglichem Befolgungsanspruch) oder übt
physischen Zwang gegen sie aus.
Bsp Festnahme, Beschlagnahme, Sperrung eines Gebietes - Erzeugung
◦ Gesetzliche Grundlage ist wie bei Bescheid unerlässlich, Art 18 Abs 1 B-VG
◦ Verfahren: Anders als Bescheide werden AuvBZ verfahrensfrei erlassen;
allenfalls mit kleine Verfahrenselemente, zB die Belehrung vor Festnahme.
◦ Bekanntmachung: Förmliche Bekanntmachung ist idR nicht erforderlich.
Beendigung und Rechtsschutz
◦ Anders als Bescheide sind AuvBZ nicht rechtskraftfähig.
◦ AuvBZ muss beendet werden, wenn seine gesetzlichen Voraussetzungen wegfallen, zB Entlassung des Inhaftierten, wenn der
Tatverdacht sich auflöst.
◦ Ein gesetzwidriger AuvBZ kann mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht bekämpft werden;
dieses kann idR nur die Rechtswidrigkeit des AuvBZ feststellen; dauert
der AuvBZ noch an, kann es auch die Beendigung anordnen;
Feststellung der Rechtswidrigkeit verschafft Genugtuung und kann
Grundlage für Amtshaftungsansprüche sein, näher Einheit 6.
Hoheitliches Verwaltungshandeln
d) schlicht-hoheitliches Handeln
- Begriff
Verwaltungshandeln, das
– nicht normativ ist,
– aber auch nicht zur Privatwirtschaftsverwaltung gehört,
– weil es mit Hoheitsakten zusammenhängt, dh sie vorbereitet, begleitet
oder durchführt.
Bsp: Polizei fährt auf Streife, belehrt Passant*innen oder mahnt sie ab
Arbeitsinspektorin geht durch den Betrieb und schaut,
Behörde stellt eine Urkunde aus,
spricht eine Warnung oder eine Empfehlung aus,
zahlt eine bescheidförmig zuerkannte Geldsumme aus etc.
Erzeugung
◦ Gesetzliche Grundlage ist erforderlich, wenn das schlicht-hoheitliche
Handeln in Rechte eingreift, zB BMF warnt vor einem Finanzdienstleister.
◦ Verfahren kann vorgesehen sein (zB bei Warnungen), ist aber idR
entbehrlich.
◦ Förmliche Bekanntmachung ist idR nicht erforderlich.
* Beendigung und Rechtsschutz
◦ Schlicht-hoheitliches Handeln ist wie der AuVBZ nicht rechtskraftfähig,
◦ kann – anders als V, Bescheid, AuVBZ – nicht schon aufgrund des B-VG
bekämpft werden, sondern nur dann, wenn der einfache Gesetzgeber eine
Beschwerdemöglichkeit einräumt, näher Einheit 6.
Nichthoheitliches Verwaltungshandeln
Begriff
Verwaltung wird tätig wie ein Privater,
schließt zB Kauf-, Miet-, Dienstverträge etc ab,
gibt privatrechtliche Erklärung ab, zB Kündigung
bedient sich des Unternehmensrechts, gründet zB AG oder GmbH
beantragt zB Baubewilligung wie ein Privater.
* Erzeugung
– Keine Bindung an die Kompetenzverteilung
– Keine gesetzliche Ermächtigung; Privatrecht reicht, zusätzlich bestehen
Sonderregeln (VergabeR, BeihilfenR, AusschreibungsG etc)
– Bindung an die Grundrechte
* Rechtsschutz
vor den Zivilgerichten, zB Klage auf Vertragseinhaltung