Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe Flashcards
Notstandslage iSv § 34
Eine Notstandslage ist eine gegenwärtige Gefahr für ein Rechtsgut, die nicht anders abgewendet werden kann, als durch den Eingriff in ebenfalls rechtlich anerkannte Interessen.
Gegenwärtige Gefahr (§34)
Eine gegenwärtige Gefahr ist ein Zustand, dessen Weiterentwicklung den Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens ernstlich befürchten lässt, wenn nicht alsbald Abwehrmaßnahmen ergriffen werden.
Notwehrlage
Eine Notwehrlage liegt bei einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff vor.
Angriff
Ein Angriff ist jede unmittelbar durch menschliches Verhalten drohende Verletzung rechtlich geschützter Güter.
Notwehrhandlung
Die Notwehrhandlung muss geeignet und erforderlich sein.
Geeignet ist die Handlung die grundsätzlich dazu geeignet ist den Angriff zu beenden oder zu mildern.
Erforderlich ist die Verteidigung die geeignet ist und dabei das mildeste Mittel darstellt.
Außerdem muss die Handlung normativ geboten sein.
Geboten ist sie wenn der Angreifende nicht schuldlos handelt, provoziert wurde oder in einem engen familiären Verhältnis steht. Außerdem Verteidigungswille.
A wird ohnmächtig. Sein Auto rast auf B zu. Liegt ein Angriff iSv § 32 vor?
Nein! Angriff muss durch menschliches VERHALTEN drohen. Nur Handlungen, die strafrechtlich relevant sind, kommen in Frage.
A richtet ungeladene Waffe auf B. Angriff iSv § 32 (durch untauglichen Versuch)?
Nein! Der Angriff muss zu einer realen Bedrohung führen. Scheinangriff ist kein Angriff
A fährt rückwärts und bemerkt nicht, dass er auf B zufährt. Angriff iSv § 32 ?
Ja! Angreifer muss nicht gezielt handeln. Es reicht eine objektiv auf Verletzung gerichtete Tendenz.
Angriff iSv § 32 durch Unterlassen
(1) Unmöglich denn der Begriff Angriff inpliziere aktives Tun. - § 13 setzt Unterlassen mit Tun gleich.
(2) Jedes Unterlassen kann auch ein Angriff sein. - § 13 s.o.
(3) Ein Unterlassen ist dann einem Angriff durch aktives Tun gleichzustellen, wenn der Täter durch sein Unterlassen gegen seine Garantenstellung verstößt.
Erforderlichkeit der automatisierten Notwehrhandlung (z.B. Selbstschussanlage)
Die automatisierte Notwehrhandlung muss so eingerichtet sein, dass sie bei allen erdenklichen Angriffen nie das erforderliche Maß überschreitet. Es muss also eine Stufenweise schärfer werdende Einrichtung installiert werden.
Mildestes Mittel iSv § 32
Das Mildeste Mittel ist das, welches bei gleicher Wirksamkeit den geringsten Schaden anrichtet.
Ermittlung der Erforderlichkeit der Notwehrhandlung
Es kommt auf die ex ante betrachtete Kampfeslage an.
- Es muss nicht geflohen werden.
- Es muss sich nicht auf ungewisse Abwehrmaßnahmen zurückgegriffen werden.
- Wenn möglich, muss Polizei gerufen werden.
- Werden Lebensbedrohliche Abwehrmaßnahmen getroffen, Abgestufte Anwendung.
A schlägt B mit einer Pistole gem. § 32 erforderlicher weise gegen den Kopf. Dabei löst sich ein Schuss und B stirbt. Das Töten des B wäre nicht erforderlich gewesen. Ist A durch Notwehr gerechtfertigt?
Ja. Maßgeblich ist die Erforderlichkeit der Notwehrhandlung und nicht des Erfolgs. Das Risiko des ungewollten Erfolgs muss der Angreifer und nicht der Verteidiger tragen.
Gelähmter Mann erschießt Jungen der seine Kirschen isst. Gebotenheit der Notwehr ?
Gebotenheit entfällt bei extremem Missverhältnis zwischen angegriffenem Rechtsgut und Folge der Notwehrhandlung.
Gebotenheit der Notwehr bei Garantenbeziehung?
Notwehrrecht eingeschränkt, aber grundsätzlich gegeben. Nur bei leichten Eingriffen zu dulden.
Notwehrrecht bei Angriff erkennbar schuldunfähiger.
Grundsätzlich möglich, weil Schuldunfähigkeit nichts an der Rechtswidrigkeit ändert, aber engeschräkt. Erst ausweichen, dann Schutzwehr und dann erst Trutzwehr.
Absichtsprovokation. Notwehrrecht des provozierenden.
(1) H.m. kein Notwehrrecht, da Provokateur rechtsmissbräuchlich handelt und ihm Verteidigungswille fehlt. In Wirklichkeit ist er Angreifer.
(2) Eingeschränktes Notwehrrecht. Gar keins wäre unbillig, falls der Provozierte den Provokateur z.B. töten will.
(3) Actio illicita in causa. Notwehrhandlung selbst gerechtfertigt. Aber das Provozieren Kausal für die spätere Handlung und somit ist ihm die spätere Tat als rechtswidrige zuzurechnen. Unlogisch weil rechtmäßige Verteidigung nicht rechtswidrig sein kann.
Notwehrprovokation durch vorangegangenes rechtswidriges Verhalten
Eingeschränktes Notwehrrecht
Notwehrprovokation durch rechtmäßiges aber sozialwidriges Verhalten.
(1) rechtmäßiges Verhalten führt nie zu Einschränkungen des Notwehrrechts
(2) h.m. nur eingeschränktes Notwehrrecht. Provokationseffekt besteht unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Verhaltens.
Abwehrprovokation (A deckt sich in Erwartung eines Angriffes überproportional mit Waffen ein. Es kommt zum Angriff und er setzt sie erforderlicher weise zur Notwehr ein.)
h.m. erkennt diese Fallgruppe nicht an. Spielt keine Rolle, solange Notwehrhandlung erforderlich ist. Verteidiger trägt dann entweder das Risiko unzureichend bewaffnet zu sein oder sich strafbar zu machen.
Gefahr die erst in der Zukunft eintritt, jedoch nur durch unverzügliches Handeln abgewendet werden kann (Haustyrann). Rechtfertigungsgrund?
Gegenwärtige Gefahr iSv § 34. So genannte Dauergefahr.
Mildestes Mittel iSv § 34
Im Gegensatz zur Notwehr muss zwingend ausgewichen werden und bei Möglichkeit (behördliche) Hilfe angefordert werden.
Autonomieprinzip
Eingriff in Rechtsgüter eines Dritten. h.m. sehr streng. Ist das nicht § 904 BGB ?
Notstandsrecht bei Verschulden der Notwehrlage?
Grundsätzlich ja, findet aber Berücksichtigung in der Güterabwägung