Psychotherapeutische Behandlung von Opiat-/Heroinabhängigkeit I Flashcards
Kontrollierter Gebrauch
Konsum, …
… der nicht in nennenswerten Mass mit persönlichen Zielen kollidiert
… der durch Selbstkontrollregeln gesteuert wird
Auf Menge und Häufigkeit limitiert
Hinsichtlich Konsequenzen unproblematisch
Prävalenz: ca. 10‘000 Personen in der CH
Lediglich Schätzungen
Hierarchie der Therapieziele
- Kurzfristige Ziele Überleben Reduktion Heroinkonsum Reduktion kriminelle Aktivitäten Stabilisierung körperliche Gesundheit - Mittelgradige Ziele Beigebrauchsfreiheit Psychische Stabilisierung Soziale Reintegration - Langfristige Ziele Abstinenz beziehungsweise Entgiftung vom Substitut
Schwerpunkte in der Therapie
- Förderung der Therapiemotivation (Miller & Rollnick, 1991)
- Rückfallprävention (Marlatt & Gordon, 1985)
nächste Woche: Motivational Interviewing und Relapse Prevention - Behandlung komorbider emotionaler und sozialer Störungen (Scherbaum, 2007)
Psychotherapeutische Verfahren
- Psychoedukation
- Kognitive Verhaltenstherapie
- Systemische Ansätze
> Multidimensionale Familientherapie (MDFT)
> Community Reinforcement and Family Training (CRAFT) - Psychodynamische Ansätze
- (Biologische Ansätze)
Psychoedukation
- Systematische und strukturierte Wissensvermittlung
- Lerntheoretisch fundiertes Vorgehen
- Individuelle Vorerfahrungen berücksichtigt
Psychoedukation: Grundlagen
- Umfassende Aufklärung
- Wissen über Entstehungsbedingungen
- Erarbeitung eines akzeptablen Störungsbildes
- Förderung einer aktiven Krankheitsbewältigung
- Verbesserung der Beziehung
- Verbesserung des Selbstmanagements und der Problemlösefähigkeit
Primäres Ziel: Verhaltensmodifikation
Psychoedukation: Stages of Change
- Precontemplation: beginnendes Problembewusstsein, keine fundierte Motivation
- Contemplation: Entstehung eines Störungskonzepts, aber keine Therapiemotivation
- Preparation
- Action: Konkrete Planungen, Interesse an Behandlungen
- Maintenance: Stabilisierung
- Relapse: erneuter Konsum
Kognitive Verhaltenstherapie: Grundlagen
Kognition –> emotionales Befinden –> Verhalten
- Substanzabhängigkeit als Entwicklungsprozess
- Verstärkung bzw. Aufrechterhaltung
- Kognitive Interventionen in jeder Phase der Behandlung
KVT: Ziele
- Automatismen, Fehlattributionen und Verzerrungen erkennen, überprüfen und relativieren
- Automatische Verarbeitungsprozesse ins Bewusstsein
- Verzerrte Sichtweisen erkennen
Gedanken überprüfen - Neue Denk- und Verhaltensmöglichkeiten ausprobieren
–> Abnahme negativer Gefühle, Steigerung der Selbstkontrolle, Änderung des Problemverhaltens
KVT: Kontingenzmanagement
Prinzip des operanten Konditionierens
Erwünschtes Verhalten:
- Compliance
- Reduktion des Konsums
- Reduktion des Beikonsums
Verstärker:
- Ausgabe von Gutscheinen
- Erleichterter Zugang zu sozialen Hilfen
- Möglichkeit der Mitnahme (Take-Home-Dosis)
- Wohnungsvermittlung
KVT: Community Reinforcement Approach
Spezialform des Kontigenzmanagements
Soziale Verstärker
- Freizeitaktivitäten
- Unternehmungen mit Lebenspartner
- Sicherung des Arbeitsplatzes
Ziel: Verhaltensweisen, die mit dem Suchtmittelkonsum unvereinbar sind
KVT: ABC-Modell
Auslöser (A): Situation, Stimmung
Automatische Gedanken (B)
Empfinden, Verhalten, Folgen (C)
Psychodynamische Ansätze: Grundlagen
- Frage nach Entstehung der Abhängigkeit und Aufrechterhaltung der Konflikte
- Triebtheoretische, ich-, selbst- und objektpsychologische Aspekte
Psychodynamik:
- Triebbefriedigungsersatz
- Flucht vor Realität
- Schutz vor unerträglichen inneren Spannungen
- Narzisstische Ersatzbefriedigung
- Kompensation eines strukturellen Mangels
Psychodynamische Ansätze: Ziele
Identifikation und Aufarbeitung von (Beziehungs)-Konflikten
Realistische Selbst- und Fremdwahrnehmung
Nachreifung struktureller Defizite
Erhöhung der Toleranz für Affekte und Frustrationen
Systemische Ansätze: Grundlagen
- Schwerpunkt auf sozialem Kontext
- Fokus auf familiäre bzw. ausserfamiliäre Bezugspersonen
- Förderung der Kooperation aller Beteiligten
- Schaffung eines sozial verpflichtenden Rahmens
Multidimensionale Familientherapie: Anwendung
- Ziel- und Problemlösungsorientierte Gesamttherapie
- Zielgruppe: Delinquente, drogenmissbrauchende Jugendliche
- In den USA als „best-practice“ etabliert
- Setting: Ort, Zeitdauer und Frequenz nicht definiert
- Vier verschiedene Interventionsebenen:
Jugendlicher, Eltern, Familie, Ausserfamiliäres Umfeld
Multidimensionale Familientherapie: Anwendung: Jugendlicher
- Motivierung und Aufbau einer therapeutischen Arbeitsbeziehung
- Herausarbeiten von Ambivalenzen
- Konkrete Problemlösungsstrategien
- Kognitive und emotionale Selbstexploration des Jugendlichen fördern
Multidimensionale Familientherapie: Anwendung: Eltern
Zwei Ansatzpunkte:
- Eltern als erwachsene Einzelpersonen
- Erziehungsstil: Fähigkeiten und Selbstvertrauen stärken
Psychoedukation zu spezifischen Themen
Multidimensionale Familientherapie: Anwendung: Familie
- Wiederaufbau positiver emotionaler Beziehungen
- Aufbau neuer Formen der familiären Kommunikation
- Emotionale Klärung
- Vermittlung und Wechsel zwischen den Subsystemen
Multidimensionale Familientherapie: Anwendung: ausserfamiliäres Feld
- professionelle Bezugspersonen, Schule, Peers, …
- Soziales Umfeld als Risiko- und/oder Schutzfaktor
- Kompetenzförderung
Systemische Ansätze: Community Reinforcement and Family Training (CRAFT)
- Kurzzeit-Intervention
- Fokus auf Angehörige von Suchtkranken, die eine Behandlung ablehnen
- Vermittlung von lerntheoretischen und motivationalen Fertigkeiten
Ziele:
- Modifikation des Interaktionsverhalten zwischen Angehörigen und Suchtkranken
- Erhöhung der Behandlungsbereitschaft und Reduktion des Konsumverhaltens
- Lebensqualität der Angehörigen verbessern
Systemische Ansätze: Community Reinforcement and Family Training (CRAFT): Anwendung
- Angehörige motivieren
- Funktionale Verhaltensanalyse
- Strategien zum Umgang mit Gewalt
- Kommunikationstraining
- Positive Verstärkung
- Nutzung negativer Konsequenzen
- Verbesserung der Lebensqualität der Angehörigen
- Vorbereitung für eine Behandlung des Indexpatienten
Effektivität
Abstinenzorientierte Behandlungen:
- 70-80% brechen Therapie vorzeitig ab
- 20-30% zeigen nach 1-2 Jahren ein positives Ergebnis
Substitutionsbehandlung:
- Haltequote: 70-95% nach einem Jahr
- Nach Absetzen des Methadons: < 10% Abstinenz
Aktueller Forschungsstand zu Psychotherapie
Kaum Studien vorhanden; Wirksamkeit belegt