Entstehung der HeGeBe & HeGeBe Allgemein (Fokus Schweiz) Flashcards
Heroin und Geschichte der Behandlung
> Opioide als Schmerzmittel, dann Heroin als Ersatz
- Führte zu Sucht –> Weltweites Verbot, Ausnahme: Britische Regionen
- UK bereits 1926 (bis 1967)
- CH in 1924: Das erste schweizerische Betäubungsmittelgesetz (BetmG) verbietet Opium und Kokain
Erste Substitutionsbehandlung in Kanada und den USA in den 50ern
- Methadon (oral), Buprenorphin, Codein und Morphin
- Diskussion über abstinenzorientierte und Substitutionstherapien entfacht
Erste Entwicklungen in der Schweiz
> Hintergrund: 1970 – 1980 => Anstieg des Heroinkonsums, auch in der Schweiz
1975
— Revision des Betäubungsmittelgesetzes als Reaktion auf
steigende Zahlen
– Nun: Grösserer Fokus auf Abstinenz, Sanktionen für illegal Substanzen & spezielle Lizenz für Methadonbehandlung
1979 & 1985
— HeGeBe zugusten von Substitutionsbehandlung abgelehnt
1986
— 500/1’000’000 HIV Fälle
Gegenmassnahmen in der Schweiz
> 1987
— Toleranzzone (Platzspitz) wurde geschaffen
1988
— bereits 20’000 Konsumenten & Start ZIPP-AIDS Projekt in
Platzspitz (bis 1992) > 1989
— 50% aller neuen HIV-Erkrankungen in Verbindung mit Drogeninjektion
1990
— HIV-Prävalenz bei 40% (> 10 Jahren Konsum)
Anfänge der HeGeBe I
> 1991
— Vier-Säulen-Politik (Prävention, Therapie,
Schadensverminderung und Repression) als Zwischenweg
— Ziel: Schliessung offener Drogenszenen und kontrollierte Heroinabgabe
1992
— 30’000 Konsumenten (1% der 1968 Geborenen abhängig)
— Platzspitz wird geschlossen, Abhängige wechseln Standort
— Neue (HeGeBe) und bewährte (Substitutionsbehandlungen & Spritzenprogramm) Methoden eingeführt / erwägt
— Gesetzesrevision ermöglicht HeGeBe (PROVE)
Anfänge der HeGeBe II
> 1994
— Erste HeGeBe-Kliniken (als 30 Monatsversuch)
— Vorgehen
– 1035 schwerstabhängige Patienten für 18 Monate in Behandlung nach gescheiterter Substitutionsbehandlung
– Vorwiegend Heroin, auch Methadon und Morphin > 1997
— 15% der 30’000 Konsumenten können betreut werden — Positive Resultate fanden international Anklang
CH und Heroin ab 1997 I
>
- Sept. 1997
— «Jugend ohne Drogen» (für repressivere Drogengesetze, nur Abstinenz) verworfen
Aber: 1998
— «Droleg» wird abgelehnt - Juni 1999
— Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin wird angenommen
2002 / 2006
— Krankenkasse muss sich stärker beteiligen / übernimmt HeGeBe
CH und Heroin ab 1997 II
> Abstimmungen 2008
— Viersäulen-Politik (Betäubungsmittelgesetz) und die heroingestützte Behandlung verankert
– «Ein erheblicher Rückgang der Drogentodesfälle und der Beschaffungskriminalität, die Verbesserung der Gesundheit der Abhängigen und das Verschwinden der offenen Drogenszenen können als wichtigste Erfolge genannt werden»
–> Medizinalisierung der Drogenabhängigkeit
2010
— Definitive Zulassung der Diaphin-Tabletten
PROVE
> Studie erst als RCT gedacht, dann Hauptstudie als Kohortenstudie
Substudien als RCT’s in Basel, Bern und Genf
WHO:
— Studie konnte keine Kausalität zwischen den Verbesserungen des gesundheitlichen und sozialen Funktionsniveaus und der Verschreibung von Heroin aufzeigen
— Es ist medizinisch praktikabel ein intravenöses Heroinprogramm durchzuführen unter stark kontrollierten Bedingungen (Droge wird vor Ort injiziert, in einer sicheren Art und Weise, die klinisch verantwortbar und gesellschaftlich akzeptabel ist)
— Teilnehmer berichteten Verbesserungen im gesundheitlichen und sozialen Funktionsniveau und eine Reduktion des kriminellen Verhaltens und dem illegalen Heroingebrauchs
Bedenken gegenüber HeGeBe
> Steigende Dosierung des Heroins > Permanente HeGeBe > Erhöhte Mortalität > Gesundheitsgefährdung > Missbrauch / Handel mit erhaltenem Heroin > Gefährdung der öffentlichen Sicherheit > Negativer Einfluss auf andere Therapiemethoden > Sending the wrong message > Ökonomie, steigende Kosten
Kostenanalyse PROVE
> Ökonomischer Nutzen pro Patient und Tag: — Gesundheit: 17.11 CHF — Legalverhalten: 72.08 CHF — Arbeiten: 3.90 CHF — Wohnen: 2.41 CHF
— Gesamtnutzen: 95.50 CHF
— Gesamtkosten: 51.17 CHF
Resultate und Schlussfolgerungen PROVE
> Resultate:
— Mit HeGeBe wird Patientengruppe mit schweren psychischen
Störungen erreicht
— Behandlungsverlauf über 18 Monate: deutliche Verbesserung des psychischen Zustandes (subjektiv/objektiv)
— Rückgang der Hospitalisationen
> Schlussfolgerungen:
— Optimierung der psychiatrischen Behandlung wichtig
— Dafür standardisierte, psychiatrische Diagnostik
— Basierend auf Daten Aufbau eines Behandlungs- und Forschungsverbundes
–> Günstige Effekte der HeGeBe auf Gesundheit der Teilnehmer weiter verstärken!
Umsetzbarkeit, Sicherheit und Wirksamkeit der HeGeBe (follow-up)
> Verweildauer im Programm relativ lang > Teilnehmer die aus Programm austraten, waren erst für kurze Zeit in Behandlung (je länger im Programm, desto eher Verbleib im Programm) > Hauptgründe für Ausstieg: — Behandlungswechsel (60%) — Fehlende Compliance (15% total, 30% in ersten 4 Monaten)
Kriminalität (PROVE)
> Substanzielle Reduktion krimineller Aktivitäten (Inzidenz & Prävalenz)
Grösste Reduktion (50-90%) bei Einbrüchen, Überfällen, Raub und Drogenhandel.
Veränderung in allen Indikatoren beobachtet (Selbstbericht, Polizeitberichte, Strafanzeigen etc.)
Programm richtet sich an Schwersüchtige mit starken Heroingewohnheiten. Population die stark im Drogenhandel oder anderen kriminellen Aktivitäten involviert sind.
— (Illegaler) Konsum bei dieser Population sank und reduzierte damit die Nachfrage und griff die Überlebensfähigkeit des Drogenmarkts an.
— Kriminelle Aktivität im Zusammenhang mit dem Drogenmarkt wurde reduziert.
— Lokale Süchtige und Dealer wurden aus dem Verkehr gezogen, was es für gelegentliche Konsumenten schwierig machte in Kontakt mit Verkäufern zu kommen.

Mortalität (PROVE)
> Rohe Mortalitätsrate von 1.1% in HeGeBe im Vergleich zu Mortalitätsrate von 2.5 & 3% der Schweizer Opioidkonsumenten in den 1990er Jahren
Allgemein:
Mortalität der HeGeBe Patienten ist tief im Vergleich zu anderen Behandlungsstudien und zur Kohorte der Opioidkonsumenten
Dosierung (PROVE)
> Allgemein:
Dosen verringerten sich, sogar wenn der Patient die Möglichkeit hatte die Dosis selbst zu bestimmen (Innerhalb Maximaldosis)
> Mögliche Interpretation:
— Motivation der Patienten langfristig ihre Opioid Dosis zu senken. –> Würde zu Ergebnissen passen, dass je länger Teilnehmer in HeGeBe bleiben, desto eher wechseln sie zur Abstinzenzorientierten Behandlung
— Patienten mit strengen Dosierungsgrenzen bekommen nicht den maximalen Flash und reduzieren deshalb die Dosis
Follow up 6 Jahre (PROVE)
> Teilnehmer die immer noch im Programm sind und solche die ausgetreten sind
Reduktion des illegalen Konsums von Heroin, Kokain, Benzodiazepine
Reduktion Obdachlosigkeit
Leichter Anstieg Arbeitslosigkeit & Sozialbezüge
Reduktion mehrheitlich illegalen Einkommens
Weniger Kontakt zu derzeit abhängigen Freunden
Bedenken gegenüber HeGeBe haltbar?
> Steigende Dosierung des Heroins NEIN
Permanente HeGeBe NEIN
Erhöhte Mortalität NEIN
Gesundheitsgefährdung NEIN
Missbrauch / Handel mit erhaltenem Heroin NEIN
Gefährdung der öffentlichen Sicherheit NEIN
Negativer Einfluss auf andere Therapiemethoden NEIN
Sending the wrong message NEIN
Ökonomie, steigende Kosten NEIN
HeGeBe Schweiz heute
> Empirische Erfolge international und in der Schweiz
Ausbau der Institutionen in CH
2016 wurden mehr als 1’600 Abhängige in 21 ambulanten Fachzentren und 1 Strafvollzugsanstalt behandelt
Komorbidität
Prävalenz psychischer Komorbidität unter Opiatabhängigen N=3’754:
> 78% besteht eine komorbide psychische Störung
— 42% Persönlichkeitsstörungen
— 31% affektive Störungen
— 8% Angststörungen
Aufnahmekriterien HeGeBe
Art. 8 Abs. 7 BetmG (DBB)
Der Bundesrat regelt die Voraussetzungen für die Behandlung von Menschen mit Stoffen nach Absatz 1 Buchstabe b. Er sorgt insbesondere dafür, dass diese Stoffe nur bei Personen angewendet werden, die
a. mindestens 18 Jahre alt sind;;
b. seit mindestens zwei Jahren heroinabhängig sind;;
c. mindestens zwei Behandlungsversuche mit einer anderen anerkannten ambulanten oder stationären Behandlungsmethode abgebrochen haben, oder deren Gesundheitszustand andere Behandlungsformen nicht zulässt;; und
d. Defizite im medizinischen, psychologischen oder sozialen Bereich aufweisen, die auf den Drogenkonsum zurückzuführen sind.
Behandlungsziele
> Anhaltende therapeutische Einbindung > Verbesserung des psychischen oder physischen Gesundheitszustandes > Verbesserung der sozialen Integration > Dauerhafte Verzicht auf Opiatkonsum