Prüfung HS17 Flashcards

1
Q

Was ist unter Selbstregulierung zu verstehen? Worin liegen die Vorteile der Selbstregulierung?

A
  • Selbstregulierung = privatautonome Regelbildung durch die materiell von ihr Betroffenen;
  • staatlich noch nicht regulierter Bereich wird von Betroffenen zur Verfolgung überindividueller Interessen mit privatrechtlichen Gestaltungsmitteln selbst objektiv verbindlich geregelt;
  • Vorteile: in Bereichen, die stark technisch und international ausgerichtet sind und Spezialwissen sowie erhöhte Flexibilität voraussetzen
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2
Q

Auf welche beiden Arten kann der Staat die Selbstregulierung im Wesentlichen steuern? Nennen Sie dazu Beispiele.

A
  • der Staat kann die Selbstregulierung steuern, indem er eine regulatorische Grundlage** für die **Selbstregulierung in einem Gesetz schafft und insoweit die Regulierung nach bestimmten gesetzlichen Vorgaben an die materiell von der Regelung Betroffenen delegiert (staatlich initiierte oder regulatorische Selbstregulierung)
    Bsp.: Art. 37h BankG (betreffend die Einlagensicherung)
  • der Staat kann eine ursprünglich autonom den Betroffenen erlassene Selbstregulierung nachträglich** als **Mindeststandard anerkennen
    Bsp.: Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken (VSB20)
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3
Q

Wie sind Rundschreiben der FINMA rechtlich zu qualifizieren? Was kann die FINMA tun, wenn sie feststellt, dass eine Bank von den Vorgaben eines Rundschreibens abweicht und wie kann sich eine betroffene Bank gegen eine solche Massnahme wehren?

A
  • FINMA Rundschreiben sind als Verwaltungsverordnungen ohne rechtsetzenden Charakter zu qualifizieren; sie dienen der Schaffung einer einheitlichen Verwaltungspraxis;
  • bei einem abweichenden Verhalten kann die FINMA eine Feststellungsverfügung erlassen (Art. 32 FINMAG);
  • die Feststellungsverfügung der FINMA unterliegt der Beschwerde ans BVGer (Art. 54 Abs. 1 FINMAG)
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4
Q

Unter welchen VSS darf und soll die FINMA mittells einer Verordnung regulieren?

A
  • Art. 7 Abs. 1 FINMAG: die FINMA reguliert durch eine Verordnung, wo dies in der Finanzmarktgesetzgebung vorgesehen ist, d.h. es bedarf einer Rechtsgrundlage in einem Finanzmarktgesetz;
  • Art. 7 Abs. 2 FINMAG: die FINMA reguliert nur, soweit dies mit Blick auf die Aufsichtsziele nötig ist
    • wenn immer möglich reguliert die FINMA prinzipienbasiert;
    • insb. berücksichtigt die FINMA dabei das übergeordnete Bundesrecht sowie Aufzählung in Art. 7 Abs. 2 lit. a - d FINMAG (= Kosten, Auswirkung auf Wettbewerb, Grössen/Komplexitäten/Strukturen/Geschäftstätigkeiten der Beaufsichtigten, internationale Mindeststandards)
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5
Q

Inwiefern unterscheidet sich die bankengesetzliche Revisionsstelle von der aktienrechtlichen Revisionsstelle?

A
  • Banken haben neben einer aktienrechtlichen Revisionsstelle auch eine _bankengesetzliche Prüfgesellschaf_t zu bestellen (es kann ein und dieselbe Revisionsstelle beide Funktionen übernehmen);
  • im Gegensatz zur aktienrechtlichen Revisionsstelle war die bankengesetzliche Prüfgesellschaft bis Ende 2014 durch die FINMA zu genehmigen (aArt. 25 Abs. 2 FINMAG);
    • seit 1.1.2015: Beaufsichtigte ist lediglich verpflichtet, die FINMA gem. Art. 25 Abs. 2 FINMAG (vgl. Art. 13 Abs. 1 FINMA-PV) über die Beauftragung einer Prüfgesellschaft (resp. den Wechsel der Prüfgesellschaft) zu informieren;
    • Bestellung der Prüfgesellschaft ist eine privatrechtliche Mandatierung;
    • FINMA kann ggf. von ihrem Recht gem. Art. 28a Abs. 2 FINMAG Gebrauch machen und einen Wechsel der Prüfgesellschaft anordnen
      (wenn beauftragte Prüfgesellschaft nicht Gewähr für Ordnungsgemässe Prüfung bietet)
  • die bankengesetzliche Revisionsstelle nimmt im Gegensatz zur aktienrechtlichen Revisionsstelle nicht nur eine Rechnungsprüfung vor, sondern hat auch zu prüfen, ob die Bank die aufsichtsrechtlichen Vorschriften einhält (= Aufsichtsprüfung); daher wird sie als verlängerter Arm der FINMA bezeichnet
    → Prüfgesellschaften müssen der FINMA die Feststellungen ihrer Prüfung mitteilen
    → unter besonderen Umständen kann FINMA einen Prüfungsbeauftragten einsetzen
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6
Q

Welches sind die Ziele des Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG)?

A

Das FIDLEG bezweckt:

  • eine Verbesserung des Kundenschutzes;
  • die Schaffung vergleichbarer Bedingungen für das Erbringen von Finanzdienstleistungen duch die Finanzdienstleister;
  • die Sicherstellung des Zugangs zu ausländischen Märkten (insb. der EU)
  • die Sicherung der Funktionsfähigkeit des schweizerischen Finanzmarktes bzw. die Stabilität des Finanzsystems
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7
Q

Welche spezifischen Erkundigungspflichten treffen den Finanzdienstleister gem. FIDLEG, wenn er einem Kunden eine Finanzdienstleistung oder ein Finanzinstrument anbietet? Unter welchen VSS treffen den Finanzdienstleister nur beschränkte Erkundigungspflichten?

A
  • erbringt der Finanzdienstleister einem Kunden ggü. Dienstleistungegn im Bereich der Vermögensverwaltung* oder *Anlageberatung, so muss er eine Eignungsprüfung vornehmen (“sustainability”), indem er sich erkundigt über
    • a.) die finanziellen Verhältnisse
    • b.) Anlageziele und Kenntnisse sowie
    • c.) Erfahrungen des Kunden hinsichtlich der angebotenen Finanzdienstleistungen oder des angebotenen Finanzinstruments;
  • bei Geschäften mit Finanzprodukten ohne Beratung* oder mit *eingeschränkter Beratung, muss der Finanzdienstleister eine Angemessenheitsprüfung vornehmen, indem er sich über die
    • Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden hinsichtlich des angebotenen Produkts erkundigt und
    • prüft, ob dieses angegmessen ist (“appropriateness”)
  • keine Angemessenheitsprüfung muss durchgeführt werden, wenn die Dienstleistung des Finanzdienstleisters auf Veranlassung des Kunden* erfolgt und sich in der *Konto*- oder *Depotführung erschöpft oder execution only darstellt
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8
Q

Nennen Sie zwei Arten, auf welche sich eine Bank refinanzieren kann:

A
  • Refinanzierung durch Kundeneinlagen
  • Refinanzierung über den Kapitalmarkt, bspw. durch
    • Ausgabe von Anleihen oder Bonds oder
    • durch Eigenkapital
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9
Q

Wann ist eine Bank “too big to fail”? Wer nimmt diese Einstufung gestützt auf welche Bestimmung rechtlich verbindlich vor?

A
  • systemrelevante Banken, deren Ausfall die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem erheblich schädigen würde, werden gem. Art. 7 Abs. 1 BankG als “too big to fail” eingestuft;
  • gem. Art. 8 Abs. 3 BankG bezeichnet die SNB nach Anhörung der FINMA durch Verfügung die s_ystemrelevanten Banken_ und deren systemrelevante Funktionen
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10
Q

In welchen vier Kernbereichen muss eine systemrelevante Bank (die als “too big to fail” eingestuft wird) besondere Anforderungen erfüllen?

A
  • systemrelevante Banken müssen höhere Eigenmittelanforderungen** und **erhöhte Liquiditätsanforderungen erfüllen;
  • durch Risikoverteilungsvorschriften wird die Verflechtung innerhalb des Bankensektors verringert;
  • systemrelevante Banken müssen zudem so organisiert sein, dass im Insolvenzfall die systemrelevanten Funktionen von anderen Bereichen abgesondert und weitergeführt werden können
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11
Q

Wann besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts aufsichtsrechtlich ein “faktischer Beistandszwang” im Bankkonzern?

A
  • ein faktischer Beistandszwang einer Bank ggü. einem anderen Unternehmen des Bank- und Finanzbereichs besteht, wenn
  • aufgrund öffentlich zugänglicher Information eine
  • derart enge Verbindung zwischen beiden Gesellschaften hergestellt wird,
  • dass sie als Bestandteile derselben wirtschaftlichen Einheit** bzw. Unternehmung **erscheinen
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12
Q

Welche hoheitlichen Instrumente stehen der Schweizerischen Nationalbank zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung? Welche Verfahrensregeln sind auf diese Instrumente anwendbar?

A
  • Art. 14 ff. NBG ermächtigt die Nationalbank, mit statistischen Mitteln, Beobachtungen und Prognosen die Konjunktur zu begleiten;
  • gem. Art. 17 f. NBG legt die Nationalbank die Höhe der von den Banken bei der Nationalbank zu haltenden Mindestreserven fest;
  • Art. 19 ff. NBG erlauben der Nationalbank, die Zahlungs**- und **Effektenabwicklungssysteme, die für die Abwicklung von Repo-Geschäften systemrelevant sind, zu überwachen;
  • entsprechend dem hoheitlichen Charakter dieser Instrumente ergehen Entscheide in diesen Sachbereichen als Verfügungen; Verfahren unterstehen dem VwVG und es steht die Beschwerde ans BVGer offen (Art. 53 NBG)
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13
Q

Wann gilt eine Bank als Kantonalbank?

A
  • als Kantonalbank gilt gem. Art. 3a Abs. 1 BankG eine Bank, die aufgrund eines kantonalen gesetzlichen Erlasses als Anstalt oder Aktiengesellschaft errichtet wird;
  • der Kanton muss an der Bank eine Beteiligung von mehr als einem Drittel des Kapitals halten und
  • über mehr als einen Drittel der Stimmen verfügen
  • der Kanton kann für die Verbindlichkeiten der Kantonalbanken vollumfängliche oder teilweise Haftnung übernehmen
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14
Q

Welche spezifischen Rechtsformen stehen der Kantonalbank zur Verfügung, die sich als Aktiengesellschaft konstituieren und organisieren möchte? Umschreiben Sie kurz, welche gesetzlichen Bestimmungen auf die betreffenden unterschiedlichen Rechtsformen zur Anwendung gelangen:

A
  • die Kantonalbank kann sich gem. Art. 763 OR als spezialgesetzliche AG;
    → es gehen die spezifischen Bestimmungen des Spezialerlasses, i.d.R. des Kantonalbankgesetzes, vor
  • gem. Art. 762 OR als gemischt-wirtschaftliche AG oder
    → es gelten die Regeln des OR, allerdings kann der Kanton die Vertreter in den VR oder die Revisionsstelle direkt abordnen und übernimmt für diese die Haftung
  • gem. den allgemeinen Regeln nach Art. 620 ff. OR als rein privatrechtilche AG konstituieren und organisieren
    → es gelten die allg. Regeln gem. Art. 620 ff. OR
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15
Q

Welche Ausschüsse muss eine systemrelevante Bank aus der Mitte ihres Verwaltungsrates mindestens bilden? In welchen dieser Ausschüsse darf auch der Verwaltungsratspräsident Mitglied sein?

A
  • gem. RZ 31 FINMA Rundschreiben 2017/1 “Corporate Governance - Banken” muss eine systemrelevante Bank einen
    • Prüfungs- und einen Risikoausschuss sowie
    • einen Vergütungs- und Nominationsausschuss bilden
  • der VR-Präsident darf nicht:
    • Mitglied im Prüfungsausschuss sein sowie
    • nicht Vorsitzender des Risikoausschusses sein
  • der VR-Präsident darf allerdings:
    • Mitglied des Risikoausschusses sein
    • Mitglied des Vergütungs- und Nominationsausschusses sein
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16
Q

Definieren Sie die interne Revision einer Bank. Wem ist die interne Revision unterstellt bzw. von wem nimmt die interne Revision Instruktionen entgegen?

A
  • die interne Revision ist eine vom Management der Bank unabhängige Instanz
  • sie nimmt Prüfungen** und **Beurteilungen bezüglich
    • der Angemessenheit und Wirksamkeit der Unternehmensorganisation und Geschäftsprozesse sowie
    • insbesondere bezüglich des IKS und des Risikomanagements der Bank wahr
  • die interne Revision ist dem Oberleitungsorgan der Bank** (i.d.R. Verwaltungs- der Bankrat) und dem **Prüfungsausschuss unterstellt und nimmt von diesen Instruktionen entgegen (Ziff. 87 und 95 FINMA RS 2017/1)
17
Q

Was ist unter dem Gewährserfordernis zu verstehen? Wo ist es geregelt?

A
  • das Erfordernis der einwandfreien Geschäftstätigkeit gem. Art. 3 Abs. 2 lit. c BankG setzt als BewilligungsVSS für den Betrieb einer Bank die
  • fachliche Komopetenz und
  • ein korrektes Verhalten der Bankorgane im Geschäftsverkehr voraus
18
Q

Inwiefern kann sich ein Spannungsfeld zu den rechtsstaatlichen Anforderungen ergeben, wenn die FINMA unter Berufung auf das Gewährserfordernis gegenüber den Banken allgemeinverbindliche Anordnungen trifft?

A
  • die FINMA verfügt nicht über eine selbständige Rechtsetzungskompetenz;
  • in Art. 7 Abs. 1 lit. a FINMAG wird die FINMA nur zum Erlass von Verordnungen ermächtigt, wo dies in der Finanzmarktgesetzgebung vorgesehen ist;
  • trifft die FINMA unter Berufung auf das allg. Gewährserfordernis gem. Art. 3 Abs. 2 lit. c BankG allgemeinverbindliche Anordnungen, so liegt wegen des offenen Rechtsbegriffs “Gewährserfordernisses” keine hinreichend bestimmte Gesetzesnorm vor und die Grenze zwischen Rechtsetzung und Rechtsanwendung wird verwischt;
    • ⇒ die Anordnung genügt dann weder den für Rechtsetzungsakte vorgesehenen Verfahren
    • noch dem bei Rechtsanwendungsakten zu gewährenden Anspruch auf rechtlliches Gehör
    • ⇒ es liegt keine anfechtbare individuell-konkrete Verfügung vor
19
Q

Was ist unter dem “Netting” zu verstehen und inwiefern wirkt sich dieses für die Bank auf die Anforderungen zur Unterlegung der risikogewichteten Aktiva mit Eigenmitteln aus?

A
  • das “Netting” (= Verrechnung gegenseitiger Positionen) stellt eine Massnahme zur Abdeckung der Kreditrisiken derivativer Finanzinstrumente bei Banken dar, indem aufgrund bestehender gesetzlicher Vorschriften oder vertraglicher Bestimmungen angestrebt wird, möglichst viele Forderungen zur Verrechnung zu bringen;
  • das Netting bewirt damit indirekt eine Senkung der Eigenmittelanforderungen
20
Q

Definieren Sie die Verlustabsorptionsfähigkeit bzw. “Total Loss-Absorbing Capacity” (TLAC) im Kontext der neuen Eigenmittelanforderungen gemäss FSB Standard an global systemrelevante Banken:

A
  • systemrelevante Banken müssen über ausreichend Kapital verfügen, um Verluste aus laufender Geschäftstätigkeit** decken zu können (**going concern-Anforderungen)
  • für den Fall, dass ein systemrelevantes Institut in finanziellle Schieflage gegrät, so dass die Fortführung der normalen Geschäftstätigkeit nicht mehr möglich ist, müssen global systemrelevante Banken vorsorglich zur Sanierung** oder **geordneten Abwicklung** zusätzliches **verlusttragendes Kapitall bereitstellen** (**gone concern-Anforderungen)
  • going concern-Anforderungen** und **gone concern-Anforderngen ergeben zusammen das Total des verlusttragenden Kapitals (sog. “Total Loss-Absorbing Capacity”)

FSB Standard

→ Standards/Leitlinien des FSB (Financial Stability Board oder Finanzstabilitätsrat = internationales Gremium das die Arbeiten zur Aufsicht und Regulierung der internationalen Finanzmärkte koordiniert und fördert)

→ FSB wurde 2009 aus Anlass der internationalen Finanzkrise als Nachfolger des Forums für Finanzstabilität durch die Gruppe der 20 bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer (G20) gegründet;

→ FSB-Mitglieder sind Notenbanken, Aufsichtsbehörden und Finanzministerien der G20 Länder und Sonderverwaltungsregionen (Hongkonog, Niederlande, Schweiz, Singapur und Spanien)

21
Q

Muss eine Schweizer Bank auf Anfrage der Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) im Rahmen eines Veranlagungsverfahrens bei Verdacht auf Hinterziehung direkter Steuern Informationen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse eines Schweizer Bankkunden mit Wohnsitz in der Schweiz herausgeben?

A
  • im Grundsatz gilt, dass auf nationaler Ebene für direkte Steuern weder im Veranlagunsgverfahren noch im Rekursverfahren eine direkte Auskunftspflicht der Bank ggü. den Steuerbehörden besteht;
  • die Bank ist gestützt auf Art. 47 Abs. 1 BankG vielmehr verpflichtet, das Bankgeheimnis zu wahren;
  • nur bei einem begründeten Verdacht auf schwere Steuerwiderhandlung (vgl. Art. 190 DBG) oder eines Steuerbetrugs (Verwendung gefälschter, verfälschter oder inhaltlich unwahrer Urkunden zum Zwecke der Steuerhinterziehung gem. Art. 186 DBG) ist die Bank im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens oder eines ordentlichen Strafprozesses zur Auskunft verpflichtet
22
Q

Was sind Retrozessionen? Welche vier Leitentscheidungen hat das Bundesgericht seit 2006 in Bezug auf den Umgang mit Retrozessionen gefällt?

A
  • der Begriff Retrozessionen ist eine Sammelbezeichnung für Zahlungen oder sonstige geldwerte Leistungen, welche externen Vermögensverwaltern, Banken oder Anbietern von Finanzprodukten von Dritten zufliessen;
  • BGE 132 III 460: BGer hat festgehalten, dass Retrozessionen, die Banken an Vermögensverwalter ausrichten, den ursprünglichen Auftraggebern weiterzugeben sind;
  • BGE 137 III 393: ein Verzicht auf die Herausgabe von Retrozessionen setzt voraus, dass der Kunde den Umfang sowie die Berechnungsgrundlagen der Retrozession kennt, wobei die Angabe von Prozentbandbreiten genügt;
  • 4A_127/2012 bzw. 4A_141/2012 vom 30. Oktober 2012:
    • die Grundsätze zur Herausgabepflicht für Retrozessionen gelten auch für Banken, die als Vermögensverwalterinnen für ihre Kunden tätig sind;
    • von der auftragsrechtlichen Herausgabepflicht sind auch Vertriebsentschädigungen betroffen, die der Bank von ihren Konzerngesellschaften zufliessen;
  • 4A_508/2016 vom 16. Juni 2017: die Herausgabepflicht für Retrozessionen unterliegt der zehnjährigen Verjährungsfrist (nicht der fünfjährigen)

→ es sollen grds. nurnoch retrozessionsfreie Produkte angeboten werden oder dem Kunden muss klar sein, was der Umfang der Retrozession ist