HS 2016 – Bankrecht Flashcards
Welche konzeptionelle Änderung wurde durch Basel II (im Verhältnis zu Basel I) eingeführt und nun auch in Basel III grundsätzlich beibehalten? Was beinhaltet dieses Konzept im Wesentlichen?
- Mit Basel II wurde das sog. «Drei-Säulen-Konzept» eingeführt
- Unter Säule 1 werden die anrechenbaren Eigenmittel sowie die Ansätze zur Bestimmung der erforderlichen Eigenmittel für Kredit- und Marktrisiken sowie für operationelle Risiken definiert
- Säule 2 beinhaltet den Überwachungsprozess hinsichtlich der Eigenmittelunterlegung und das Risikomanagement
- Unter Säule 3 werden Offenlegungspflichten der Banken definiert
Was bezweckt die «Net Stable Funding Ratio» und wie ist diese definiert?
- Die Net Stable Funding Ratio (NSFR, dt. auch strukturelle Liquiditätsquote) ist eine Kennzahl, die der Optimierung der strukturellen Liquidität von Kreditinstituten dienen soll, wobei ein Zeithorizont von einem Jahr betrachtet wird
- Die NSFR ist definiert als das Verhältnis zwischen dem verfügbaren stabil refinanzierten Betrag und dem Betrag, für den eine stabile Refinanzierung erforderlich ist
- Dabei soll der verfügbare den erforderlichen Betrag übersteigen, der Zähler des Bruchs also größer als der Nenner sein
- Gute Flashcard: HS 2015 – Bankrecht, #12
Grenzen Sie die Zuständigkeiten der verschiedenen Behörden zur Sanktionierung und Strafverfolgung im Bereich der Finanzmarktaufsicht ab. Welche Sanktionen und Strafen können von den entsprechenden Behörden in den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen verhängt werden?
- Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) ist zuständig für die Strafverfolgung aus der Verletzung des Nebenstrafrechts** in den Finanzmarktgesetzen**, wie z.B. die Verletzung der Offenlegung von Beteiligungen oder der Angebotspflicht oder die unerlaubte Entgegenahme von Publikumsgeldern
- Vgl. z.B. BankG 46 ff. und FinfraG 147 ff.
- Es gilt dasVerwaltungsstrafrecht gem. FINMAG 50
- Das EFD kann gem. FinfraG 147 ff. Geld- oder Freiheitsstrafen (Verletzung des Berufsgeheimnisses) oder Bussen (z.B. Verletzung der Melde- oder Angebotspflichten) verhängen
- Die Bundesanwaltschaft und das Bundesstrafgericht sind demgegenüber gestützt auf FinfraG 156 zuständig zur Strafverfolgung im Bereich des Insiderhandels und der Kursmanipulation gem. FinfraG 154 bzw. 155
- Vgl. auch FINMAG 50 I und II
- Es können Freiheits- oder Geldstrafen verhängt werden
- Die FINMA schliesslich kann die aufsichtsrechtlichen Sanktionen gemäss FINMAG 31 ff. verhängen sowie bei Verletzung der Meldepflichten auch die Suspendierung der Stimmrechte verfügen FinfraG 144
Welche verfahrensrechtliche Besonderheit besteht in Bezug auf den Rechtsschutz im Bereich des Übernahmerechts und wie wird diese begründet?
- Die UEK hat Verfügungskompetenz
- Gegen die Verfügung der UEK kann innert fünf Börsentagen bei der FINMA, gegen den Entscheid der FINMA innert zehn Börsentagen beim BVGer Beschwerde geführt werden
- BVGer urteilt abschliessend als zweite Instanz
- Im Bereich des Übernahmerechts wäre durch die Schaffung des BVGer ein vierstufiger Instanzenzug entstanden Instanzenzuges (UEK, FINMA, BVGer, BGer)
- Verfahren in Übernahmesachen sind oft unter hohem zeitlichem Druck abzuwickeln und erfordern spezifisches Fachwissen
- Da die volle Ausschöpfung des Instanzenzuges eine faktische Blockade von Übernahmen bewirkt hätte, wurde die UEK mit Verfügungskompetenz ausgestattet und dem BVGer abschliessende Entscheidungskompetenz eingeräumt
- BGG 83 lit. u
Unter welchen VSS liegt eine bewilligungspflichtige Bankentätigkeit vor? Nennen Sie die einschlägigen Rechtsgrundlagen. Wann liegt Gewerbsmässigkeit vor?
- Gem. BankG 3 I bedarf eine Bank zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit einer Bewilligung der FINMA
- Gem. BankG 1a gilt als Bank, wer hauptsächlich im Finanzbereich tätig ist und:
-
Hautpsächlich im Finanzbereich tätig
- BankV 4
-
Aktiv- oder Passivgeschäft, BankG 1a:
- lit. a (Passivgeschäft)
- lit. b (Passivgeschäft)
- lit. c (Aktivgeschäft)
-
Gewerbsmässigkeit (i.B. auf Publikumseinlagen BankV 5)
- BankV 6 (Sandbox Eigenheiten beachten)
-
Hautpsächlich im Finanzbereich tätig
Nennen Sie die vier wichtigsten organisatorischen Anforderungen, welche das Aufsichtsrecht im Bereich der Corporate Governance an die Bank stellt, und legen sie dar, wo diese geregelt sind
- Funktionstrennung zw. Oberleitungs-, Aufsichts- und Kontrollfunktion einerseits und Geschäftsführung andererseits gem. BankG 3 II lit. a und BankV 11 II
- Risikomanagement gem. BankV 12 II: Bank muss die Grundzüge des Risikomanagements sowie die Zuständigkeit und das Verfahren für die Bewilligung von mit Risiken verbundenen Geschäften in einem Reglement oder in internen Richtlinien regeln
- In organisatorischer Hinsicht muss die Bank mindestens ein Audit Committee und – je nach Kategorie – auch einen Risikoausschuss haben
- Internes Kontrollsystem gem. BankV IV: Bank muss für ein wirksames internes Kontrollsystem sorgen
Was ist unter dem Gewährserfordernis zu verstehen und was beinhaltet dieses?
- Gem. BankG 3 II lit.c wird eine Bewilligung an eine Bank nur erteilt (also BewilligungsVSS), wenn die mit der Verwaltung und der Geschäftsführung der Bank betrauten Personen einen guten Ruf geniessen und Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten
- Guter Ruf (Reputation)
- Fachlich Kompetent
- Korrektes Verhalten im Geschäftsverkehr (Beachtung der Rechtsordnung)
Was ist unter «nachrichtenlosen Vermögen» zu verstehen und wie hat die Bank diesbezüglich zu verfahren?
- Gem. BankV 45 I gelten Vermögenswerte als nachrichtenlos, wenn die Bank während 10 Jahren ab dem letzten Kontakt zum Bankkunde oder zu deren Rechtsnachfolgern (berechtigte Personen) oder zu einer von diesen bevollmächtigten Person keinen Kontakt mehr herstellen konnte
- Gem. BankG 37m und BankV 49 ff. sind Vermögenswerte von mehr als CHF 500.-, welche seit 50 Jahren nachrichtenlos sind – also 60 Jahre nach dem letzten Kontakt – zu publizieren
- Werden auf diese Publikation keine berechtigten Ansprüche geltend gemacht, sind die Werte zu liquidieren und die Nettoerlöse dem Bund zu überweisen
Wie sind die Rundschreiben der FINMA rechtlich zu qualifizieren? Inwieweit und unter welchen VSS darf die FINMA sonst noch regulatorisch tätig werden? Nennen Sie die einschlägigen Rechtsgrundlagen
- Die FINMA erlässt Rundschreiben gestützt auf FINMAG 7 I lit. b
- Diese sind als Verwaltungsverordnungen ohne rechtsetzenden Charakter zu qualifizieren, welche der Schaffung einer einheitlichen Verwaltungspraxis dienen
- Gem. FINMAG 7 lit. a reguliert die FINMA im Weiteren durch Verordnungen, wo dies in der Finanzmarktgesetzgebung vorgesehen ist
- Sie darf gemäss Art. 7 Abs. 2 FINMAG nur regulieren, soweit dies mit Blick auf die Aufsichtsziele nötig ist
- Dabei hat sie insbesondere, die Kosten für die Beaufsichtigten, die Auswirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes, die unterschiedlichen Geschäftstätigkeiten und Risiken der Beaufsichtigten sowie die internationalen Mindeststandards zu berücksichtigen
Welche Rechtsform für eine Kantonalbank würden Sie einem Kanton empfehlen, der sich möglichst weitgehende Einflussmöglichkeiten auf «seine» Kantonalbank vorbehalten will?
-
Selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt oder spezialgesetzliche AG gem. OR 763, weil diese Rechtsformen es dem Kanton erlauben, in einem öffentlich-rechtlichen Spezialgesetz (Kantonalbankgesetz) weitgehende Abweichungen von der ansonsten zwingenden aktienrechtlichen Grundordnung gem. OR 620 ff. vorzusehen
- Nicht so bei der privatrechtlichen AG gem. OR 620 ff. und bei der gemischtwirtschaftlichen AG gem. OR 762
Weshalb erwägt die FINMA derzeit eine Anpassung der bisher geltenden Regelung für die bankengesetzliche Prüfgesellschaft als «verlängerter Arm» der Aufsicht durch die FINMA?
- Die bankengesetzliche Prüfgesellschaft ist in der Praxis regelmässig gleichzeitig externe Revisionsstelle der Bank und als solche auch Beauftragte der Bank; sie wird von dieser auch entschädigt
- Daraus kann aus Sicht der Prüfgesellschaft ein Spannungsfeld gegenläufiger Interessen entstehen
- Was steht in den Folien dazu? Gab es eine Anpassung? Ggf. ergänzen
Wie kann sich eine Bank gegen eine Anordnung eines UB, der durch die FINMA eingesetzt worden ist, rechtlich zur Wehr setzen, wenn sie mit dieser Anordnung nicht einverstanden ist?
- Als blosses Privatrechtssubjekt hat der UB keine Verfügungsbefugnis; er trifft lediglich faktische Anordnungen im Bereich des verfügungsfreien Staatshandelns
- Es liegt somit kein taugliches Anfechtungsobjekt vor
- Gem. VwVG Art. 25a kann die Bank jedoch von der FINMA eine anfechtbare Verfügung beantragen, die gemäss FINMAG 54 I ans BVGer weitergezogen werden kann
Welche beiden Prinzipien sind bei der Leistung internationaler Amtshilfe seitens der FINMA zu beachten und wo sind diese geregelt?
- Gem. FINMAG 42 II darf die FINMA ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörden nicht öffentlich zugängliche Informationen nur übermitteln, sofern diese Informationen ausschliesslich zum Vollzug des Finanzmarktrechts verwendet oder zu diesem Zweck an andere Behörden, Gerichte oder Organe weitergeleitet werden (Spezialitätsprinzip) und die ersuchende Behörde an eine Amts- oder Berufsgeheimnis gebunden sind (Vertraulichkeits- prinzip)
Was ist unter einer sogenannten «informellen Sanierung» zu verstehen und weshalb wird diese so bezeichnet?
- Gem. BankG 26 kann die FINMA bei einer finanziellen Schieflage einer Bank Schutzmassnahmen anordnen
- Da diese Schutzmassnahmen oft eine Vorstufe zu einem formellen Sanierungsverfahren bilden, werden sie auch als «informelle Sanierung» bezeichnet
Was ist unter der Lehre vom allgemeinen Bankvertrag zu verstehen? Hat sich diese in der Schweizer Lehre und Praxis durchgesetzt?
- Die in Deutschland begründete Lehre vom allgemeinen Bankvertrag geht davon aus, dass mit der Aufnahme von rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen Kunde und Bank ein beiseitiger Wille bestünde, eine vertragliche Grundbeziehung zu begründen
- Die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag stellt die von den konkret zwischen Bank und Kunde abgeschlossenen Einzelverträge isoliert betrachteten allgemeinen Rechtsbeziehungen zwischen Bank und Kunde auf eine eigenständige rechtsgeschäftliche Grundlage und betrachtet diese als einen Rahmenvertrag zu dessen Inhalt neben den AGB die bestehenden und künftigen Einzelverträge gehöre
- Die h.L. in der Schweiz lehnt die Figur des allgemeinen Bankvertrages mehrheitlich ab; sie geht davon aus, dass sich sowohl der Wille des Kunden als auch derjenige der Bank einzig auf die konkret abgeschlossenen Einzelverträge und nicht auf eine «vertragliche Grundbeziehung» richten, die über die konkreten Verträge hinausgeht