Pharmakotherapie, Psycho-Pharmakotherapie Flashcards

1
Q

Arzneimittelverbrauch in Deutschland

A
  • Rund 40 % der Frauen und 29 % aller Männer nehmen täglich mindestens ein Medikament ein.
  • Durchschnittlich werden jährlich 730 Millionen Rezepte ausgestellt.

TOP 10

  1. Ibuprofen: NSAR zur Behandlung von mittelschweren Schmerzen
  2. Levothyroxin: Schilddrüsenhormon
  3. Pantoprazol: Magensäurehemmendes Präparat (PPI)
  4. Metamizol: Analgetikum zur Linderung starker Schmerzen
  5. Ramipril: ACE-Hemmer
  6. Metoprolol: Betablocker
  7. Bisoprolol: Betablocker
  8. Simvastatin: Cholesterinsenker
  9. Amlodipin: zur Therapie von erhöhtem Blutdruck und von Angina pectoris 10.Diclofenac: zur Behandlung leichter bis mittlerer Schmerzen und Entzündungen
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2
Q

Wie viele Wirkstoffe gibt es?

A

Die >50.000 Arzneimittel basieren auf ca. 3000 Wirkstoffen

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3
Q

Pharmakologie (ganz allgemein):

A

Wissenschaft von den Wechselwirkungen zwischen Stoffen und Lebewesen

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4
Q

Pharmakon:

A

Wertneutrale Bezeichnung für einen Stoff (Zubereitungen aus Stoffen), der mit Lebewesen in Wechselwirkung tritt. (englisch: „drug“)

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5
Q

Gift:

A

Pharmakon, welches dem Menschen schadet.

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6
Q

Arzneistoff / Arzneimittel:

A

-Pharmakon, welches - bei richtiger Dosierung - dem Menschen nützt, indem es zur Verhütung, Erkennung, Linderung oder Heilung von Krankheiten dient.
-Arzneimittel werden eingeteilt in:
Therapeutika (heilen, lindern)
Prophylaktika (verhüten) Diagnostika (erkennen)

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7
Q

Agonisten und Antagonisten

A

Agonisten: Wirkstoff, der Rezeptor stimuliert

Antagonisten: Wirkstoff, der Rezeptor hemmt

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8
Q

Zelluläre Angriffspunkte für Wirkstoffe

A
• Neben DNA binden Wirkstoffe häufig an Proteine, die sich in der Zellmembran oder im Zellinneren befinden
„Alle Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift - allein die Dosis macht, das ein Ding' kein Gift ist“ (Paracelsus)
• Dazu gehören: – Enzyme
– Transportproteine
– Ionenkanäle
– Membranrezeptoren
– Intrazelluläre Rezeptoren
– DNA-regulierende Proteine
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9
Q

Die richtige Dosis

A

MERKE: Als therapeutische Breite eines Arzneimittels bezeichnet man den Abstand zwischen seiner therapeutischen Dosis und einer Dosis, die zu einer toxischen Wirkung führt. Ein Arzneimittel ist umso sicherer, je größer die therapeutische Breite ist.

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10
Q

Effekt von Dosis & Dosisintervall

A

• Wirkstoffkumulation: Wenn eine weitere Dosis verabreicht wird, bevor die erste Dosis komplett aus- geschieden ist, steigt die Wirkstoff- konzentration im Blut
• Ziel: Wirkstoffkonzentration im Blut: 1. therapeutischeEffekthoch
2. KeinetoxischeWirkung
-> Viele Medikamente müssen mehrmals am Tag genommen werden

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11
Q

Unerwünschte Arzneimittelwirkung

A

Arzneistoffspezifisch, dosisabhängig :
• Nebenwirkungsspektrum erklärbar und vorhersehbar
• bei bestimmter hoher Dosierung bei jedem Menschen
• Stärke ist dosisabhängig
– z.B. Atemdepression bei Opioiden oder Übelkeit bei Krebsmedikamenten

Sekundäre unerwünschte Wirkungen:
Folgen der Hauptwirkung
z.B. Schädigung der Bakterienflora durch Antibiotika

Allergie gegen einen bestimmten Wirkstoff:

  • weitgehend dosisunabhängig
  • nicht charakteristisch für den Arzneistoff
  • nicht bei allen Menschen / Patienten ausgeprägt
    z. B. Antibiotikum wie Penicillin führt zu Hautausschlag
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12
Q

Wieso kommt es zu Nebenwirkungen?

A

Medikamente ähneln häufig nicht nur den körpereigenen Stoffen, die sie z.B. verdrängen oder nachahmen sondern auch nahen Verwandten dieser Stoffe

(a) die Strukturen von endorphin und morphin. Der umrandete teil des endorphinmoleküls (links) bindet an rezeptrot Moleküle auf Zielzellen im Gehirn. der umrandete teil des morphin Moleküls (rechts) sieht sehr ähnlich aus.
(b) Bindung an endorphin rezeptoren. sowohl das endorphin als auch das morphin können an endorphinerezeptoren (opiatrezeptoren) in der Zellmembran von Neuronen im zentralen nervensystem binden.

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13
Q

Glukokortikoide als Hormon

A

Glukokortikoide sind Steroidhormone, die bei längerfristigem Stress ausgeschüttet werden

Glukokortikoide (z.B. Kortisol)
-Bereitstellung von Energieträgern
– Steigerung der Glukoneogenese aus Aminosäuren
– Eiweißabbau in Muskulatur, Haut und Fettgewebe
– Fettabbau (Lipolyse) => Erhöhung von Fettsäuren im Blut
-Hemmung der Abwehrzellen und Entzündungsreaktionen

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14
Q

Unterschied zwischen Cortison, Cortisol, Hydrocortison und Glucocorticoiden

A

-Cortison: das biologisch inaktive, in der NNR produziertes Steroidhormon
Glukokortikoide
-Cortisol (Hydrocortison): die biologische aktive Variante des Hormons. Wird bei Bedarf im Körper durch Enzyme aus Cortison hergestellt

  • Glucocorticoid
    1. Gesamtheit aller Steroidhormone, die innerhalb der Nebennierenrinde produziert werden und den Blutzuckerkreislauf (anteilig) regulieren.
    2. Bezeichnung für Medikamente, die auf diesen Hormonen basieren.
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15
Q

Wirkmechanismus von Glukokortikoiden

A

Glukokortikoide

  • Erhöhen die Expression von anti- entzündlichen Proteinen
  • Vermindern die Expression von Entzündungsgenen
  • > Glukokortikoide hemmen Entzündungsprozesse und die (Über-)Aktivität des Immunsystems
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16
Q

Glukokortikoide als Medikamente

A

• Glukokortikoide werden häufig als Immunsuppressivum eingesetzt
• Anwendungsgebiete sind allergische Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen und chronische
Entzündungen (z.B. rheumatoide Arthritis, Asthma bronchiale, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) sowie die
Prophylaxe einer Transplantatabstoßung.
• Cortison hat stabilisierenden Effekt auf Zellwände und Gefäße und reduziert Wasser austritt in das Gewebe

Beispiele für Wirkstoffe und zugehörige Handelsnamen
• Hydrocortison (Hydrokortison Hoechst)
• Hydrocortisonacetat (Ebenol)
• Prednison (Decortin)
• Prednisolon (Decortin H, Linola H, Solu-Decortin)
• Methylprednisolon (Urbason, Metysolon)
• Fluocortolon (Ultralan)
• Triamcinolon (Volon)
• Betamethason (Celestan)
• Dexamethason (Fortecortin)
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17
Q

Nebenwirkungen von Cortison

A
  • > Dosis und Dauer einer Kortisontherapie müssen für jeden Patienten individuell eingestellt werden
  • > Durch lokale Anwendungsformen wie Cremes, Salben, Augentropfen, Nasensprays und Inhalatoren wirkt das Kortison nur noch dort, wo man es braucht, nicht mehr im ganzen Körper.
  • > Bei längerer Einnahme muss Kortison ausgeschlichen werden, da der Körper die eigene Produktion eingestellt hat
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18
Q

Pharmakodynamik

A

Pharmakodynamik erklärt den Wirkungsmechanismus eines Arzneistoffs am Wirkungsort (was macht die Substanz mit dem Körper).

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19
Q

Pharmakokinetik

A

Pharmakokinetik erklärt, wie und wo sich ein Arzneistoff im Körper verteilt, verändert und ausgeschieden wird (was macht der Körper mit der Substanz).

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20
Q

Applikationsformen

A

Pillen / Tabletten Säfte / Sirup Spritzen Inhalatoren / Sprays Zäpfchen
Cremes / Pflaster

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21
Q

Orale Verabreichung (p.o.: per os)

A

• „durch den Mund einnehmen“
• auch: „peroral“
• 80 % der Arzneimittel werden oral verabreicht
Vorteile:
• praktisch und wirtschaftlich
• das Arzneimittel wird geschluckt (= natürlicher Vorgang)
• Schmerzlos
-> Geringste Belastung für Patienten
Nachteile:
• wird über den Magen/Darm absorbiert
• gelangt zunächst über Pfortader in die Leber
• wird möglicherweise in der Leber verstoffwechselt
• geht erst danach in den Körperkreislauf über
• langsamer Wirkungseintritt

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22
Q

Der Weg eines oral verabreichten Wirkstoffs durch den Körper

A
  1. Aufnahme
  2. Absorption
  3. Transport
  4. Metabolisierung
  5. Transport
    - > Systemisch / Wirkort
  6. Distribution
    - > Systemisch / Wirkort
  7. Ausscheidung
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23
Q

First-Pass-Effekt

A

Der First-Pass-Effekt beschreibt die Umwandlung eines oral verbareichten Arzneistoffes während dessen erster Passage (engl. first pass) durch die Leber. Dies reduziert die Menge des Arzneistoffs, welche den systemischen Kreislauf und den Wirkort erreicht.

Durch die biochemische Umwandlung (Metabolisierung) kann ein wirksamer oder unwirksamer Metabolit entstehen. So-genannte Pro-Drugs erhalten erst durch die Leberpassage ihre Wirksamkeit

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24
Q

Parenteral vs. enteral

A
„parenteral“: unter Umgehung des
Verdauungstraktes
– Injektionen, Topisch, Inhalation
– Meist schneller am Wirkort
– Medikamente werden dabei nicht von der Leber
verstoffwechselt

„enteral“: in Zusammenhang mit dem Magen und Darmtrakt
– Orale Verabreichung (Tabletten, Dragees, Kapseln, Säfte, Tropfen ect.)
– AUCH: sublingual (unter der Zunge) oder bukkal (in der Wangentasche) bzw. rektale (Zäpfchen) Applikation. Hier erfolgt die Resorption z.B. über die Mundschleimhaut ( = rascher Wirkungseintritt z.B. Nitrokapseln bei Angina pectoris)

25
Q

Vor- und Nachteile von Injektionen

A

Vorteile
• Schneller Wirkungseintritt und exakte Dosierbarkeit
• Kein Wirkstoffverlust. Bei oraler Gabe evtl. Inaktivierung durch Verdauungsenzyme
• Steuerung des Wirkungseintritt und Wirkungsdauer durch die Auswahl von Injektionsart
„in
die Vene spritzen“
und Auswahl der Injektionslösung (z. Bsp. Depot-Präparate)
• Vermeiden von Magen-Darm-Beschwerden durch lokale Reizung der Magen- Darmschleimhaut
• Nutzbar bei bewusstlosen Patienten

Nachteile
• Injektion verletzt Gewebe: Haut und evtl. Nerven, Gefäße etc.
• Komplikationen treten schnell und gravierend auf
• Durchführung ist teilweise technisch anspruchsvoll
• Teurer als andere Verabreichungswege

26
Q

Intravenös (i.v.)

A

„in die Vene spritzen“

  • schnelle Verteilung im Körper,
  • kürzeste Zeit bis zum Wirkungseintritt
  • aber auch rasches Abklingen der Wirkung
  • genaue Kontrolle der Dosis
  • größere Flüssigkeitsmengen applizierbar
27
Q

Intramuskulär (i.m.)

A

„in den Muskel spritzen“
-Lokal irritierende Lösungen werden eher toleriert
-Resorption etwas schneller als subkutan aber langsamer als i.v.
Beispiel: Viele Impfungen

28
Q

Subkutan (s.c.)

A

„unter die Haut zu spritzen“

  • Lösungen können durch s.c. Applikation als Arzneimittel-Depot injiziert werden
  • Beispiele: Heparine, Insuline
29
Q

Inhalativ

A
„durch Einatmen“
• große Fläche der Lunge (ca. 70 m2)
-> schnelle Resorption von Gasen und Aerosolen 
-> Meist lokal wirksam
-Schleimhautabschwellung 
-Spasmolyse
-Befeuchtung

Beispiele:
– Narkosemittel
– Lungenkrankheiten (Asthma, Allergien)
– Systemisch bei Herzrhythmusstörungen

30
Q

Eher im Rettungsdienst gebräuchlich

A
  • MAD (Mucosal Atomization Device)

- z.B. Midazolam (kurzwirksames Benzodiazepin) bei schwerem epileptischen Anfall

31
Q

Lokal, topisch

A

„äußerlich anzuwenden“
• Gute Resorbtion von lipophilen Wirkstoffen

• Beispiele:
– Nikotinpflaster
– Wundsalben

32
Q

Therapietreue = Compliance

A
  • Compliance = kooperatives Verhalten des Patienten im Rahmen der Therapie.
  • Gute Compliance bedeutet konsequentes Befolgen der therapeutischen Ratschläge.
  • Laut WHO haben im Durchschnitt nur 50 % der Patienten eine gute Compliance.
  • Besonders wichtig ist die Compliance bei chronisch Kranken in Bezug auf die Einnahme von Medikamenten, das Befolgen einer Diät oder die Veränderung des Lebensstils.
33
Q

Polypharmazie

A

Polypharmazie = gleichzeitige Einnahme mehrerer Arzneimittel

Je mehr Arzneimittel mit einander kombiniert werden, desto wahrscheinlicher wird allerdings auch das Auftreten von unerwünschten Wechselwirkungen.

34
Q

Möglichkeiten zur Erhöhung der Compliance

A

-Wenn möglich bei Dauertherapie Kombinationspräparate verordnen, die nur einmal täglich eingenommen werden müssen, statt mehrmals täglicher Gabe halber oder gar geviertelter Tabletten.
-Bei Medikamenten auf leicht zu öffnende Verpackung achten.
-Bei Polymedikation das Einsortieren in eine Pillenbox vorschlagen
-Wo sinnvoll, auf elektronische Systeme zur Überwachung der Tablettenentnahme und zur
akustischen oder optischen Erinnerung an die Arzneimitteleinnahme setzen

35
Q

Placebo(-effekt)

A

-Bei einem Placebo handelt es sich um eine Scheinsubstanz oder –behandlung
-die positiven Wirkungen eines Arzneimittels oder einer Intervention wird nachgeahmt, ohne aber dabei das spezifische Arzneimittel oder die Behandlungsmethode zu beinhalten.
-Unter dem Begriff Placeboeffekt wird
akustischen oder optischen Erinnerung an die Arzneimitteleinnahme setzen
jegliche Verbesserungen des Gesundheitszustandes einer Person nach einer Placebo-Therapie zusammengefasst.

36
Q

Placeboeffekt

A

Erwartungseffekt verstärkt pharmakologischen Effekt. Das Medikament wird in dentischer Dosierung in der „verdeckten“ Bedingung durch einen Computer oder in der „offenen“ Bedingung durch eine Ärztin/einen Arzt appliziert.

37
Q

Nocebo

A

• Noceboeffekt ist das Gegenstück zum Placeboeffekt.
• Als wichtige Nocebomechanismen wurden sowohl die Erwartungshaltung eines Individuums bezüglich der Therapie als
auch Konditionierungsprozesse identifiziert.
• Placebo- und Noceboeffekte sind keine rein psychologischen Erscheinungen.
• Es sind komplexe psychoneurobiologische Phänomene, die sowohl Einfluss auf die Aktivität bestimmter Hirnregionen nehmen, als auch auf periphere physiologische Prozesse.

38
Q

Wie lassen sich Nocebo-Effekte vermeiden?

A

Positiv formulieren
• “Die meisten Patienten vertragen das Medikament gut” statt “Manche Patienten haben starke unerwünschte Reaktionen

Verständlich erklären
• “Wir haben keine Zeichen einer bakteriellen Infektion gefunden” statt “Der Test für bakterielle Infektion war negativ”

Möglichen Effekt von Kosten berücksichtigen
• ein preisgünstigeres Medikament (Generikum) = minderer Qualität?
• Kosten der Behandlung = kann ich mir das leisten? Steigt mein Versicherungsbeitrag?

Erste Erfahrungen mit dem Medikament
• “die Nebenwirkung zeigt an, dass das Medikament nun zu wirken begonnen hat”, “die
Nebenwirkung tritt oft kurz am Anfang auf und lässt dann nach” und kontrollierbar “die
Nebenwirkung kann sich durch XY reduzieren”

39
Q

Psychopharmaka – Herausforderungen für den Therapeuten

A

Patienten:

  • Viele Patienten leiden nicht nur an einer psychischen Störung sondern an zwei oder mehr Erkrankungen.
  • Die Einsicht bezüglich der Krankheit und damit die Therapietreue schwanken stark – oft Einzelfallabhängig

Medikamente
-Viele Psychopharmaka haben vergleichsweise niedrige Ansprechraten und müssen über langen Zeitraum (Wochen) genommen werden, bevor sie ihre Wirkung zeigen

40
Q

Psychopharmakon - Definition

A
  • Ein Psychopharmakon (von griech. ψυχή „Seele“ und φάρμακον „Arzneimittel“) ist ein Arzneistoff, das auf die Psyche des Menschen symptomatisch einwirkt und vorwiegend der Behandlung psychischer Störungen und neurologischer Krankheiten dient.
  • Psychopharmaka weisen als gemeinsames Merkmal eine agonistische (stimulierende) oder antagonistische (hemmende) Wirkung auf den zentralnervösen Neurotransmitter-Stoffwechsel (u.a. Synthese, Exozytose, Metabolisierung) bzw. deren Rezeptoren
41
Q

Es gibt 3 Mechanismen um die synaptische Transmission zu beenden

A
  1. Wiederaufnahme in das präsynaptische Neuron
  2. Abbau durch Enzyme
  3. diffusion aus dem syntaktischen spalt
  4. NT können zur erneuten Nutzung wieder in das axonterminale aufgenommen oder in Gliazellen transportiert werden
  5. spezifische Enzyme können NT inaktivieren
  6. NT können auch aus dem synaptischen spalt herausdiffundieren.
42
Q

Zusammenfassung NT & Rezeptoren

A

MERKE: Eine Neurotransmitter-Art kann an verschiedene Rezeptoren in unterschiedlichen Geweben binden und verschiedene Antworten auslösen

43
Q

Einteilung von Psychopharmaka nach WHO und EMA

A

Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) wird die sog. ATC-Klassifikation (Anatomisch – Therapeutisch – Chemisch) verwendet

Psycholeptika
• Mittel mit vorwiegend dämpfender Wirkung auf die Psyche
– Antipsychotika, Tranquilizer /Anxiolytika sowie Hypnotika/Sedativa

Psychoanaleptika
• Mittel mit vorwiegend anregender Wirkung auf die Psyche
– Antidepressiva, Stimmungsstabilisierer, Psychostimulanzien und Antidementiva.

44
Q

Einteilung von Psychopharmaka

A

Antidepressiva:
wirken stimmungsaufhellend und antriebssteigernd
Bsp: MAO-Hemmer, SSRI

Antipsychotika / Neuroleptika:
wirken bei Halluzinationen und Wahn antipsychotisch (den Realitätsverlust bekämpfend)
Bsp: Haloperidol

Phasenprophylaktika / Stimmungsstabilisierer
Reduzieren das Wiederauftreten von Krankheitsphasen bei affektiven und schizoaffektiven Psychosen
Bsp: Lithium

Anxiolytika, Sedativa & Hypnotika
wirken angstlösend, beruhigend bzw. schlaffördernd
Bsp. Lorazepam, Diazepam

Psychostimmulantien
steigern Aufmerksamkeitsspanne und Wachheit
Bsp. Methylphenidat (Ritalin)

Antidementiva / Nootropika
wirken altersbedingtem geistigen Abbau und Demenz entgegen
Bsp. Memantine

Medikamente bei Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Bsp. Clomethiazol

45
Q

Wirkmechanismus von Antidepressiva

A

Antidepressiva erhöhen die Neurotransmitterkonzentration im synaptischen Spalt entweder durch
• Wiederaufnahmehemmung von Noradrenalin und/oder Serotonin • Blockade des Abbaus von Noradrenalin und/oder Serotonin

Bei Depressiven sind z.T. die Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin ungleich verteilt („Dysbalance”) oder erniedrigt.

Bei längerfristiger Applikation von Antidepressiva kommt es zu Veränderungen der Rezeptorempfindlichkeit.
Depression

Die präsynaptische Wiederaufnahme-Hemmung (z.B. von Serotonin) führt zu adaptiven Veränderungen auf Rezeptorebene. So könnte die Wirklatenz erklärt werden

-> stimmungsaufhellende und antriebsnormalisierende Wirkung mit der auch ein Abklingen der körperlichen Depressionssymptome einhergeht

46
Q

Johanniskrautextrakt

A
  • Schwache Hemmung der Wiederaufnahme von Noradrenalin, Serotonin und Dopamin aus dem synaptischen Spalt
  • Nebenwirkungen (selten): Magen-Darmbeschwerden, Müdigkeit, Unruhe oder allergische (Haut-) Reaktionen. Hellhäutige Menschen: erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Sonneneinstrahlung (Photosensibilisierung).
  • Senkt den Plasmaspiegel verschiedener Wirkstoffe (Antibabypille, vielen Psychopharmaka, Cumarinen und Ciclosporin etc.)

Hinweis zu frei verkäuflichen (Drogerie / Supermarkt) Varianten:
• Typischerweise sehr gering dosiert (1/4 der empfohlenen Tagesdosis)
• Basieren oftmals auf nicht standardisierten Johanniskrautextrakten aus China
• Wirkstoffe häufig erheblich niedriger, als bei klinisch geprüften Präparaten

47
Q

Was sollte man zur Therapie mit Antidepressiva wissen?

A
  • Antidepressiva entfalten ihre Wirkung erst nach 1-3 Wochen (sog. Wirklatenz). -Nebenwirkungen und antriebssteigernde Wirkung treten schon zu Beginn der Therapie auf!
  • > kann bei suizidgefährdeten Patienten das Suizidrisiko erhöhen: Die Stimmung ist weiterhin verzweifelt, der Antrieb aber gesteigert

Antidepressiva machen nicht abhängig! Antidepressiva verändern nicht die Psyche! Antidepressiva müssen ausreichend lange, mindestens sechs bis acht Monate gegeben werden&raquo_space; ansonsten Rückfallgefahr!

48
Q

Anxiolytika & Hypnotika

A
  • Substanzen mit angstlösender (anxiolytisch) bzw. beruhigender (sedierender) Wirkung werden als Anxiolytika bzw. Sedativa bezeichnet
  • Früher war auch der Begriff „Tranquilizer“ (Beruhigungsmittel) gebräuchlich.
  • Oft verfügen sie zusätzlich über einen schlafanstoßenden Effekt und werden deshalb auch als Hypnotika bezeichnet.
  • Häufig ist es nur eine Frage der Dosierung, wann ein Sedativum zum Hypnotikum, bzw. ein Hypnotikum zum Sedativum wird

Klinische Effekte:

Anxiolytika (Sedativa):
Angstlösung
Beruhigung
Emotionale Entspannung

Hypnotika:
Schlafförderung Schlafinduktion Schlafverlängerung

49
Q

Wirkmechanismus von Benzodiazepinen

A

-GABA (= Gamma-aminobuttersäure) ist der wichtigste inhibitorische (hemmende) Neurotransmitter im zentralen Nervensystem

-GABA öffnet Chlorid-Ionenkanäle, in der postsynaptischen Nervenzelle
Einschlafmittel bzw. für ältere Patienten
-> Nervenzelle wird hyperpolarisiert und ist vermindert erregbar

-Benzodiazepine verstärken die hemmenden Funktion GABAerger Neurone

50
Q

Was sollte man zur Therapie mit Benzodiazepinen wissen?

A
  • Benzodiazepine machen rasch abhängig, vor allem die kurzwirksamen wie Midazolam (schon nach 1–2 Wochen).
  • Wenn Benzodiazepine über einen längeren Zeitraum hin eingesetzt wurden, sollten sie schrittweise abgesetzt werden, um Entzugssymptome wie Schlaflosigkeit, Verwirrtheit (besonders bei älteren Menschen!) oder Angstzustände zu vermeiden. -Benzodiazepine haben sedierende (beruhigende) Wirkung und hemmen das Atemzentrum. Diese wird durch gleichzeitigen Alkoholkonsum bzw. gleichzeitige Opioideinnahme verstärkt CAVE Atemdepression!
  • Durch die Einnahme von Benzodiazepinen ist die Leistungsfähigkeit im Beruf, z.B. die Aufmerksamkeit beim Bedienen von Maschinen (Gefahrenquelle!) und die Teilnahme im Straßenverkehr beeinträchtigt.
51
Q

Antipsychotika (Neuroleptika) – allgemeine Information

A

-Neuroleptika (etwa „Nervendämpfungsmittel“) oder Antipsychotika wirken, indem sie z. B. das Auftreten von Halluzinationen oder Wahnvorstellungen und Angstzuständen vermindern

  • Zu den Positiv-Symptomen zählen:
  • Wahnvorstellungen (häufig sind Vergiftungswahn oder Verfolgungswahn)
  • Halluzinationen (häufig Stimmenhören, seltener optische Halluzinationen)
  • Bewegungsstörungen: Wiederholen von gleichförmigen Bewegungen (z.B. Händeklatschen, hin und her laufen) oder stark verlangsamte Bewegungen; der Patient spricht nicht mehr (sogenannter Stupor).
  • Neuroleptika können nicht heilen, aber die Häufigkeit der Symptome reduzieren
  • Neuroleptika machen nicht abhängig!
  • Neuroleptika beeinflussen nicht das Bewusstsein und die intellektuellen Fähigkeiten.
52
Q

Wirkmechanismus von Neuroleptika

A

• Neuroleptika besetzen (»blockieren«) die postsynaptischen Dopaminrezeptoren und antagonisieren dadurch die Wirksamkeit von Dopamin.
• Man unterscheidet
– Typische Antipsychotika („Typika“, 1. Generation), blockieren nur Dopaminrezeptoren
– Atypische Antipsychotika („Atypika“, 2. Generation) blockieren Dopamin- und Serotoninrezeptoren.

53
Q

Extrapyramidal-motorische Störungen (EPS, Bewegungsstörungen)

A

EPS: häufige NW bei typischen Antipsychotika

Frühdyskinesie:

  • Unwillkürliche Bewegungen bis hin zu krampfartigen Anspannungen von Muskeln und Muskelgruppen, typischerweise im Gesicht und an den Händen.
  • Frühdyskinesien sind üblicherweise reversibel
  • Gegenmedikament: Biperiden (Akineton®)

Parkinsonoid:

  • Parkinsonähnliches Erscheinungsbild
  • Rigor (Muskelsteifheit), Tremor (Zittern), Akinese (Unbeweglichkeit)

Spätdyskinesie:
-auch Tardive Dyskinesien genannt
-Bewegungsstörungen im Gesichtsbereich
(Zuckungen, Schmatz- und Kaubewegungen) oder Hyperkinesen (unwillkürliche Bewegungsabläufe) der Extremitäten.
-treten eher nach längerer Behandlung auf
-häufig nicht reversibel, schlechte Ansprache auf
Biperiden

Akathisie:
-quälende Sitzunruhe, die die Patienten dazu bringt ständig umherzulaufen. spricht nur mäßig auf Biperiden an

MERKE: EPS sind bei atypischen Antipsychotika meist weniger ausgeprägt

54
Q

Was sollte man zur Therapie mit Antipsychotika wissen?

A
  • Viele Patienten, die an einer Psychose leiden, haben keine Krankheitseinsicht und setzen die medikamentöse Therapie daher eigenmächtig ab. Dies kann akut zu einer starken Verschlechterung der Symptome führen.
  • Alkohol verstärkt die Wirkung der Antipsychotika und ist unbedingt zu meiden. Kaffee, Tee und vor allem Nikotin vermindern die Wirkung.
  • Die Teilnahme am Straßenverkehr ist beeinträchtigt, auch die Leistungsfähigkeit im Beruf, z. B. die Aufmerksamkeit beim Bedienen von Maschinen (Gefahrenquelle!).
55
Q

Phasenprophylaktika (Stimmungsstabilisierer)

A
  • Phasenprophylaktika (auch Mood Stabilizer) ermöglichen es, das Wiederauftreten zukünftiger Krankheitsphasen affektiver Psychosen zu verhindern oder zumindest in Ausmaß und/oder Dauer zu reduzieren.
  • Indikation: Epilepsie, Prophylaxe Cluster-Kopfschmerz, Manie (Akutbehandlung), Prophylaxe bipolare Störungen
56
Q

Lithium (Quilonum®, Hypnorex®)

A

Lithiumsalze:
Standardsubstanz zur Prophylaxe manisch-depressiver Erkrankungen; zur Therapie von Manien; regelmäßige Blutspiegelbestimmung obligatorisch

Pharmakologische Eigenschaften

  • Wirkungsweise: Weitgehend unbekannt, da es auf zahllose Prozesse im menschlichen Körper einwirkt.
  • Es wird vermutet, dass Lithium bei manischen Episoden einen Noradrenalinüberschuss senkt und bei depressiven Episoden die Serotoninproduktion aktiviert.

Nebenwirkungen:
-Tremor, Polyurie/Polydipsie, Übelkeit, Diarrhoe, Müdigkeit, Muskelschwäche, Ödeme, Gewichtszunahme, Hypothyreose, Euthyreote Struma Nierenfunktionsstörungen (cave: Diuretika, Natriumarme Diät)

Intoxikation:

  • Geringe therapeutische Breite – das heißt der Bereich zw. „nicht ausreichend wirksam und gefährlicher Überdosierung“ ist sehr eng!!
  • Tremor, Erbrechen, Ataxie, Dysarthrie (Sprechstörungen), Bewusstseinstrübung – Koma
  • Lebensbedrohlich! Therapie: Hämodialyse (Blutwäsche)
57
Q

Antiepileptika (Antikonvulsiva)

A

Allgemeine Regeln der Behandlung mit Antiepileptika
• Antiepileptika wirken nicht kausal gegen die eine Epilepsie, sondern „nur“ symptomatisch.
• Sie unterdrücken epileptische Anfälle, weshalb der Begriff „Antikonvulsiva“ korrekter ist.
• Therapie des Status epilepticus: kurzwirksame Benzodiazepine bei Anfall > 3-5 min

Carbamazepin (Tegretal®, Timonil®)
Antiepileptikum; auch zugelassen zur Phasenprophylaxe manisch-depressiver Erkrankungen, wenn die Therapie mit Lithium versagt hat bzw. wenn Lithium kontraindiziert ist & Trigeminusneuralgie
Nebenwirkungen -> Müdigkeit, Schwindel, Ataxie, Hautausschläge, Leukopenie
Wechselwirkungen -> beschleunigterAbbauvonanderenMedikamenten(z.B.Antibabypille,Antidepressiva,Neuroleptika)

Valproinsäure / Valproat (Ergenyl®, Orfiril®)
Antiepileptikum; zugelassen zur Phasenprophylaxe manisch-depressiver Erkrankungen und zur Akuttherapie der Manie (wenn Lithium kontraindziert ist oder nicht vertragen wird)
-> Lebensbedrohlich! Therapie: Hämodialyse (Blutwäsche)
Prof. Dr. Jürgen Kupper 31
Nebenwirkungen Wechselwirkungen / Intoxikationen
-> Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel, Zittern, Gewichtszunahme etc.  Geringe Gefahr

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Wirkmechanismus Antikonvulsiva

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-Für die therapeutische Wirkung der Antikonvulsiva werden verschiedene Wirkmechanismen diskutiert, so etwa die Blockierung spannungsabhängiger Natrium-, Kalzium- und Kaliumkanäle, antagonistische Wirkungen an Glutamatrezeptoren und eine Steigerung der GABA-Aktivität.