Ökonomische Theorie der Moral (ÖTM) Flashcards
Verhältnis von Ethik und Ökonomie?
- Ethik als „Gegengift“ gegen zu viel ökonomische Realität (z.B. Moralische Appelle)
- Ethik als „Schmiermittel“ für mehr ökonomische Rationalität (z.B. ÖTM)
- Ethik als „Werteboden“ für eine andere, wertvolle ökonomische Vernunft (z.B. Integrative Wirtschaftsethik)
Grundkategorien wirtschaftsethischer Ansätze
- Individualethischer Ansatz
- Gesinnungsethik, Ethik von Kant, individuelle Tugendethik - Anwendbar von jedem Wirtschaftsakteur: Konsument, Kapitalanleger, Unternehmer, Arbeitnehmer usw. - Institutionenethischer Ansatz: Moral in ökonomische Institutionen implementiert (z.B. ÖTM)
- Kombinierte Ansätze von Individual- und Institutionenethik (u. Diskursethik), z.B. Integrative Wirtschaftsethik,
Befähigungsansatz von Sen
Einführung in ÖTM
Teildisziplin der Ökonomik: ausgehend von rationalen, eigeninteressierten, nutzenmaximierenden Wirtschaftsakteuern
Kernthese: Moralisches Verhalten erzielbar, wenn durch Institutionen („Regeln“) Anreize und Sanktionen gesetzt, so dass individuelles Vorteilsstreben den Gesamtnutzen erhöht → Ausnahmen möglich, da Regulierung nötig
(HO Verhalten führt zu max. Gesamtnutzen -> Anreizformulierung)
Ziel: Implementierung moralischer Normen durch Anreizsysteme → Wirtschaftsethik als angewandte Ökonomik
Axiome der ÖTM
(1) Menschenbild: Homo oeconomicus (HO)→ Moralische Normen nur dann befolgt, wenn individuelle Vorteile erwartet - Rational, i.S. des Eigeninteresses handelnd (Alternative mit höchstem Nutzen, unter Nebenbedingungen)
(2) Man kann von Menschen nicht verlangen, dass sie moralisch handeln, wenn sie damit systematisch eigenen Interessen
widersprechen → Begründung: Kritik an Gesinnungs- und Individualethik
- Entspricht traditionellen Moral- und Lebensvorstellungen (moderne Gesellschaften: Verweigerung,
Überforderung)
- Verkennt Funktionsweise moderner Marktwirtschaft
- Verkennt, dass Menschen neigungsorientiert sind
- Gefühl der Ausbeutung/Ungerechtigkeit → erzeugt amoralisches Verhalten
→ Gesinnungsethische Ansätze: unrealistisch, weil unzumutbar → erfolglos
(3) Marktwirtschaft/Wettbewerb moralisch geboten i.S. einer gesamtnutzenmaximierenden Ethik, da sie zu
„Besserstellung breiter Bevölkerungskreise“ führen
- These: Zentrale Ursache der Leistungsfähigkeit einer Marktwirtschaft (Wohlstand) ist individuelles
Vorteilsstreben und Wettbewerb - Ausnahme: Gefangenendilemma → Regulierung, Änderung der Institutionen notwendig
→ Wirtschaftsordnung „Marktwirtschaft“ normativ gesetzt
Grundschema und Akteuere
“Solange ich mich an die Rahmenbedingungen (=Gesetze) halte, darf ich versuchen meine Gewinne zu maximieren)
Zu lösende Aufgaben der Rahmordnung/Institutionelle Ausgestaltung der Marktwirtschaft
→ Aufgabe der Politiker:
1. Aufrechterhaltung des Wettbewerbs (Konkurrenz hat moralische Qualität), z.B. Kartellamt
2. Internalisierung externer Effekte (sonst Marktversagen), z.B. Verfügungsrechte bei Umweltverschmutzung
3. Institutionelle Anreizsteuerung → moralische Verhalten individuell lohnend, z.B. Bekämpfung Korruption
- Sanktionsinstanz „Staat“ macht unmoralisches Verhalten unattraktiv (umfassende Regelsysteme, Kontroll- und
Sanktionsmechanismen)
Bedeutung des sozialen Dilemmata
Aus Sicht der ÖTM sollten über Institutionen …
- soziale Dilemmata etabliert werden (Gefangenendilemma im Duopol)
- soziale Dilemmata überwunden werden (Moralisches Problem der Steuerhinterziehung) um moralisches Verhalten über Anreize zu erzeugen
Interpretation des Gefangenendilemmas nach ÖTM
- Jemand stellt sich besser, wenn er sich unmoralisch verhält
- Amoralisches Verhalten aus Selbstschutz, einzige Möglichkeit Ausbeutung zu verhindern (präventive Gegendefektion)
Individuelle Nutzenmaximierung führt zu Nash-GG → Konsequenz: Für jeden nur das drittbeste Ergebnis
- Kollektives Ergebnis ein von allen nicht gewolltes/beabsichtigtes Ergebnis, aber folge individuell rationalen Handelns
- Verbot der Steuerhinterziehung: Individuell rational (eigennutzenmaximierend), sich moralisch zu verhalten
(Lösung: Bestrafung i.H.v. -2, sodass Nash GG auf Pareto-effizient)
Ziel der ÖTM
Moralisches Verhalten = individuelles Vorteilsstreben zum “wechselseitigen Vorteil” -> garantiert durch Staat & Anreiz
Hauptansätze der ÖTM
- Hauptsatz der Wirtschaftsethik: Systematische Ort der Moral in Marktwirtschaft ist Rahmenordnung 2. Hauptsatz der Wirtschaftsethik: Im Fall einer (moralisch) defizitären wirtschaftlichen Rahmenordnung fällt Teil der moralischen Verantwortung auch Unternehmen zu → Unternehmensethik
Wenn Marktwirtschaft optimal ausgestaltet/reguliert wäre:
- Wirtschaftsakteure sollten Normen/Gesetze der Rahmenordnung und Institutionen der Marktwirtschaft befolgen
- Wirtschaftsakteure sollten eigenen Nutzen maximieren → Gewinnmaximierung (Unternehmen)/Nutzenmaximierung
(Konsumenten) = moralische Pflicht
→ Marktwirtschaft zurzeit suboptimal gestaltet
Unternehmensethik der ÖTM
- Meist positiver Zusammenhang zwischen Moral und Gewinn angenommen („Business Case“)
- Moral für Gewinnerzielung instrumentalisiert
- Moralische Verhaltensweisen nur zumutbar, wenn Finanzkraft und Wettbewerbspotential es erlauben
- Kann von Unternehmen verlangt werden, dass sie (nur) zusammen mit Politikern nach Lösungen suchen, die zu höherer
Wohlfahrt führen → Unternehmen sollen Politiker bei Regulierung beraten
Fazit ÖTM
- Teleologische Ethik, da implizit utilitaristisch
- Keine Gesinnungsethik (Tugendethik, Kant): „Gewissen des Einzelnen kann Versagen der Institutionen nicht
kompensieren.“ - Anreiz- und Institutionenethik, d.h. Implementierungsaufgabe auf wirtschaftspolitische Ebene verlegt → Ökonomische
Institutionen ausgestaltet, dass moralisches Verhalten individuell lohnend ist/unmoralisches Verhalten bestraft wird
(Normative Institutionenökonomik) → Handlungsbedingungen entscheidend für moralisches Handeln