Der Befähigungsansatz von Amartya Sen Flashcards

1
Q

Kritik Sens and anderen Ansätzen

A

Utilitarismus

  • Problem: Erfassung Nutzenfunktion/Nutzenaggregation (kardinale Nutzenmessung, interpersoneller Nutzenvergleich)
  • Betont physische Zufriedenheit, vernachlässigt kreatives Potential aus Unzufriedenheit
  • Vernachlässigung von Freiheitsrechten
  • Verteilung von Einkommen/Vermögen irrelevant

Liberalismus

  • Betont formale Freiheitsrechte zu stark
  • Vernachlässigt, dass rein formale Rechte Mangel an Chancen aufgrund tatsächlicher Verhältnisse nicht abbilden

Ansatz von Rawls

  • Nicht nur ein vernünftiges Prinzipienset der Verfassung
  • Einschränkung von Freiheitsrechten kann zugunsten anderer Chancen von Menschen gewollt sein
  • Differenzprinzip garantiert nicht gleiche Mindestchancen auf Lebensqualität

BIP als Wohlfahrtsindikator

  • Kritisch, weil Reichtum nur Mittel zum Zweck
  • Lebensqualität umfasst auch andere Faktoren (z.B. Lebenserwartung, Gesundheit, Bildung, soziale Beziehung usw.)
  • Verschiedene Vorstellungen von Lebensqualität sollten berücksichtigt werden

am Glück als Wohlfahrtsindikator:
- Glück vernachlässigt moralische Pflichten (≠ Aristotelische Glücksverständnis)
- Glück wird nur subjektiv gemessen (Befragungen), Lebensqualität ist auch objektiv messbar,
Beispiele: BIP, Lebenserwartung, Alphabetisierungsquote etc.
- Gefahr „adaptiver Präferenzen“: trotz objektiv schlechter Lebensqualität sagen Menschen,
sie sind glücklich, weil sie sich an schlechtes Leben gewöhnt haben und nichts besseres kennen

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2
Q

Sens Theorie der Freiheit

A
  • Nicht nur formale Rechte (negative Freiheitskonzeption), sondern echte Freiheit der Selbstbestimmung des Lebens/der
    Ziele (positive Freiheitskonzeption, Befähigung = Verwirklichungschancen)
  • Zwei Freiheitskonzeptionen (siehe oben)
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3
Q

Verwirklichungschancen

A

Verwirklichungschancen = Befähigungen = Freiheit: individuell gewünschte, realisierbare Zustände/Tätigkeiten aufgrund tatsächlicher Verhältnisse → dienen Bestimmung der Lebensqualität

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4
Q

Warum reicht Orientierung an Ergebnissen nicht aus?

A

Warum reicht alleinige Orientierung an Ergebnissen nicht aus?
- Gleiche Ergebnisse können mit
unterschiedlichen Befähigungen verbunden
sein (z.B. aus wirtschaftlicher Not keine
Nahrung essen vs. Fasten als politisches
Mittel → Unterernährung)

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5
Q

Sens Befähigungsansatz als ethischer Ansatz

A
  • Geht nicht darum, was einzelne Individuen wollen, sondern auch, was sie richtigerweise wollen sollen
    → Verantwortung eigene Verwirklichungschancen zu nutzen (Vernunftansatz)
  • Freiheit des einzelnen auch soziale Verpflichtung: Verantwortung, individuell und kollektiv Befähigung anderer
    Gesellschaftsmitglieder zu erhöhen
  • Individuell mit Methode des „unparteiischen Beobachters“ (Smith) - Kollektiv über demokratische Prozesse (Teilnahme = Bürgerpflicht)
  • Persönliche Verantwortung nicht durch Institutionen ersetzbar
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6
Q

Methode des „unparteiischen Beobachters“

A
  • Fähigkeiten Motive/Handlungen anderer zu verstehen/beurteilen durch Perspektivenübernahme (wie würde ich mich
    verhalten?) → Distanz zu eigenen Gefühlen, Objektivität
  • Unparteilichkeit impliziert: Jeder Mensch weltweit als politisch relevant und moralisch begriffen → Allgemeingültigkeit
    politischer/moralischer Werte
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7
Q

Zusammenhang Freiheit und Gerechtigkeit

A

Gesellschaft umso gerechter, je mehr Mitglieder über Befähigung verfügen (freier)

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8
Q

Sens Ansatz als komparativer Ansatz (auch im Hinblick auf Ziele d. Politik)

A

Zwei Situationen unterschiedlicher Höhe/Verteilung an Befähigungen verglichen → Ziele der Politik

  • Gleichmäßige Zunahme an Befähigungen über alle Individuen
  • Gleichheit der Befähigung → Einschränkung negativer Freiheitsrechte nicht erlaubt
  • Zunahme von Befähigungen einer (z.B. stark benachteiligten) gesellschaftlichen Gruppe
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9
Q

Sens Verständnis von ökonomischer Entwicklung

A

Ziel: Ermittlung der Lebensqualität eines Landes als Kenngröße für gutes Leben → Multidimensionaler Ansatz: BIP, Alphabetisierungsquote, Lebenserwartung/Schulbildung, Anteil Menschen unter Armutsgrenze

Aufgaben der (Wirtschafts-)politik:

  • Umsetzung der positiven Freiheitsrechte
    1. Welche Funktionsweisen zentral für höhere Lebensqualität? Welche Missstände beheben?
    2. Welchen Menschen fehlen welche Befähigungen? → Förderung dieser Befähigungen
  • Fünf Bereiche instrumenteller Freiheit (d.h. Freiheit nur als Mittel)
    1. Politische Freiheiten: Freiheitsrechte, Menschenrechte, demokratische Strukturen (Wahlen/Diskussionen)
    2. Ökonomische Verhältnisse (z.B. Einkommen, Arbeitsplatz, Abwesenheit von Armut)
    3. Soziale Chancen (z.B. Gesundheits- und Bildungssystem)
    4. Soziales Sicherungssystem (z.B. Arbeitslosenhilfe, Krankenversicherung)
    5. Transparenzgarantien (z.B. Informationen über Regierungspolitik, Pressefreiheit)
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10
Q

Würdigung

A

Deontologisch

  • Beachtung Menschenrechte und sonstige Freiheits- und Bürgerrechte
  • Befähigungen verpflichten auch zu moralischem Handeln Teleologisch
  • Ergebnisse relevant, aber nicht gemessen in Gesamtnutzen, sondern in Lebensqualität (pluralistisch zu messen)
  • Entscheidungen und Handlungen, die zu den Ergebnissen führen, mitberücksichtigt Gerechtigkeit und Freiheit sind sowohl Fragen der Verfahren als auch der Ergebnisse Freiheit sowohl Mittel als auch Zweck ökonomischer Entwicklung Individualethik
  • Forderung, nach vernünftigen Funktionsweisen/Lebensstilen zu streben
  • Forderung, aktiv an Entwicklung besserer Befähigung/Lebensqualität für alle Gesellschaftsmitglieder beizutragen
  • Methode: „unparteiischer Beobachter“ Institutionenethik
  • Befähigungen, Freiheit und Gerechtigkeit auch institutionell implementieren
  • Methode: Demokratische Prozesse national/international
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11
Q

Zwei grundlegende Arten des Verständnisses der Entwicklung von Ländern:

A
  1. Grimmiger Prozess, in dem viel Schweiß und Tränen fließt, Klugheit gebietet es, hart zu sein, d.h. keine sozialen Netze, keine Sozialleistungen, alle Arten von Milde und Rücksicht werden zurückgewiesen, minimale Bürgerrechte („austerity“)
    => Neoliberalismus, Washington Consensus.
  2. Freundlicher Prozess, d.h. funktionierende soziale Netze, Partizipation an politischen Prozessen, Beachtung anderer Bereiche der Lebensqualität außer dem Einkommen
    => Verständnis von Entwicklung als einem Prozess der Erweiterung realer Freiheiten, d.h. von Befähigungen unter Beachtung negativer Freiheitsrechte
    Anwendung vor allem, aber nicht nur auf Entwicklungs- und Schwellenländer.
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