Ethik des Mitgefühls Flashcards
Rolle von Gefühlen in bisherigen Ansätzen
(1) Aristoteles: Vernunft und Emotion schließen sich nicht aus
(2) Ethik von Kant: Handlung aus Vernunft schließt Handlung durch Neigung/Triebfelder aus (Ausnahmen: Nächstenliebe
kann Guten Willen aktivieren, Achtung vor moralischen Gesetz = Gefühl)
(3) Klassischer Utilitarismus: Glück und Leid = mögliche Ergebnisse, moralische Entscheidungen sollten nicht an Gefühlen,
sondern rational-wissenschaftlichen Überlegungen ausgerichtet sein (Gesamtnutzen?)
(4) Utilitarismus nach Singer: Präferenzutilitarismus (Interessen abgewogen), Effektiver Altruismus (moralisch wichtig,
effektiv/effizient zu helfen) → Rationalität gefordert → unreflektiertes Mitgefühl utilitaristisch falsch
(5) Diskursethik (Vernunftethik): Gefühle können/sollen im Diskurs vernünftig eingehegt werden
-> Vernunft im Vordergrund, Gefahr: Moralische Fehlleitung durch Gefühle (Mitgefühl nur bei Nahestehenden?), Gefühle
kaum formbar
Kritik an westlichen ethischen Theorien aus Sicht einer globalen/praktischen Ethik
- Abstrakt
- Einseitig (Realität: Motive, Verfahren und Ergebnis moralisch relevant)
- Theoretisch/elitär („Elfenbeinturm“-Argument)
- Unpersönlich (soziale Beziehung vernachlässigt, Ausnahme: Diskursethik)
- Vernunft zu stark im Vordergrund, Empathie/Mitgefühl vernachlässigt
- Imperialistisch (Ausnahme: Diskurs- und Tugendethik)
Grundidee der Ethik des Mitgefühls (Thesen)
Mitgefühl = vernachlässigte, aber wünschenswerte moralische Eigenschaft
- Mitgefühl führt zu prosozialeren = moralischeren Entscheidungen
- Mitgefühl für sich selbst/universelles Mitgefühl erlernbar
- Mitgefühl sollte gefördert werden (lernen Gefühle zu steuern, negative Emotionen vermeiden, mitfühlend werden)
Begriffliche Abgrenzung
Emotionale Ansteckung. Unbewusste Auslösung derselben Emotion wie beobachtete Emotion -> ohne Selbst-Andere-Unterscheidung
Empathie: Fähigkeit, Emotionen anderer Menschen zu teilen (verstehen/nachempfinden); Bewusstsein darüber, dass es sich nicht um eigene Emotionen handelt → mit Selbst-Andere Unterscheidung
Kognitive Perspektivenübernahme: Kognitive Fähigkeit: Schlussfolgerungen über geistigen Zustand anderer Menschen ziehen („Theory of Mind“) → mit Selbst-Andere-Unterscheidung
Mitgefühl: Fähigkeit, Emotionen anderer Menschen zu verstehen + Gefühl der Fürsorge und Motivation, Wohlergehen des anderen zu erhöhen → mit Selbst-Andere-Unterscheidung
Mitgefühl (Neurogrundlage)
Mitgefühl ist gefühlsregulierende Strategie, die negative Gefühle abdämpft durch aktive Generierung positiver Gefühle, basierend auf Gehirnarealen, die bei Belohnung/positiven Bindungsgefühlen aktiviert werden.
Ethischer Ansatz und praktische Umsetzung
Moralische Ausrichtung: Leid auf der Welt verringern Moralisches Vorgehen: Mitgefühl für sich entwickeln (Selbstmitgefühl) UND Mitgefühl für andere entwickeln
- Ideal: universelles Mitgefühl (alle Menschen (Freund/Feind) weltweit und in Zukunft)
- Gleichvorstellung aller Menschen
Zentrales Motiv: Durch Mitgefühl mit allen leidensfähigen Wesen (heute/zukünftig) global Leid verhindern/minimieren
- Individualethik, z.B. Mitgefühlsmeditation, Nachhaltigkeit/fairer Konsum, Vermeidung negativer externer Effekte
- Unternehmensethik, z.B. Nachhaltige/faire Produktion, Vermeidung negativer externer Effekte
- Institutionsethik, z.B. Möglichkeiten zur individuellen Mitgefühlsschulung (Integration ins Bildungssystem)
Einordnung
- Globales Leid verringern → Ergebnis relevant (utilitaristischer Grundgedanke)
- Motiv: Besserer Mensch werden, Leid reduzieren → Motiv relevant (deontologischer Grundgedanke)
- Änderung Gehirn/systematisches Verhalten nach Schulung → Tugendethischer Grundgedanke
→ Mischtechnik