Kriminalistik > Die STRAFANZEIGE Flashcards
(!) Die Strafanzeige
Ist die Mitteilung eines strafrechtlich relevanten Sachverhalts, die Mitteilung des Verdachts eines solchen, die Beschuldigung einer bestimmten Person
an die in der StPO genannten Strafverfolgungsbehörden
a) Staatsanwaltschaft
b) Polizei
c) Amtsgericht
Die Strafanzeige ist des Weiteren das Ergebnis der durch die Strafverfolgungsbehörden von Amts wegen vorgenommenen Prüfung eines Verdachts, der auf die Strafbarkeit eines Sachverhaltes und/ oder die Täterschaft einer Person hinweist. (Anzeige von Amts wegen)
Sonderfälle
Vermisstenanzeige
- Vermisstenanzeige
Mitteilung über das Vermisstsein einer Person, ohne dass ein Straftatverdacht besteht (PDV 389)
• keine Straftat, kein Verdacht i.S.v. 152 II StPO (also ohne, nicht notwendig)
• bei Kindern regelmäßig Straftatvermutung
• gesonderte Methodik der Anzeigenaufnahme u. Bearbeitung
Sonderfälle
Nichtnatürlicher Tod/ unbekannter Toter ohne Straftatverdacht
Bei Auffinden nichtnatürlicher Tod/ unbekannter Toter = Anzeigepflicht ggü. STA gem. 159 StPO
Beachte:
Bei konkretem Straftatverdacht (Mord, Totschlag usw.) ist die Straftat zu beanzeigen (lex spezialis), hier greift 159 StPO nicht.
Der Bürger (Jeder)
Hat das Recht zur Anzeigeerstattung aber keine generelle Anzeigepflicht.
Ausnahme: 138 StGB (Nichtanzeige geplanter Straftaten) 323c StGB (Unterlassene Hilfeleistung (kann strafbar sein!))
Polizeibeamter - innerdienstliche Kenntnisnahme
- ANZEIGEPFLICHT dienstlich zur Kenntnis gelangter Straftaten (Legalitätsprinzip)
- bei Vorliegen vager Versachtsgründe= rechtliche VERDACHTSAUFKLÄRUNGSPFLICHT
Beachte: Strafvereitelung im Amt (258 a StGB)
Voraussetzung
a. Unterlassung der Anzeige
b. wissentlich/absichtlich wird jemand der Strafverfolgung entzogen (Verfolgungsvereitelung)
Zu Verfolgungsvereitelung= liegt auch vor, wenn Vorlage einer Strafanzeige für längere Zeit unterlassen wird, damit Täter sich einen nicht unerheblichen Zeitraum (~14 Tage) der Strafverfolgung entziehen kann.
Polizeibeamter - außerdienstliche, private Kenntnisnahme
• keine uneingeschränkte Verpflichtung, außerdienstlich und privat bekannt gewordene Straftaten anzuzeigen
- Anzeigepflicht - wenn nach Art und Schwere der Tat “die Belange der Öffentlichkeit und der Volksgesamtheit in besonderem Maße berührt sind”
- Verbrechenstatbestände > immer
- Vergehenstatbestände > Einzelfallprüfung
- im Zweifel ist eine Anzeige zu schreiben
Anzeigeerstattung
Jeder Bürger kann Strafanzeige erstatten.
- gesetzl. Grundlage 158 StPO (!)
- Anzeigerecht hat jedermann
- Alter und Anzeigetüchtigkeit sind unwichtig
- z.B. Kinder, Jugendliche
- z.B. geistig Behinderte
- Anzeigeerstattung setzt keine Prozessfähigkeit voraus
- Anzeigeerstatter muss nicht unmittelbar betroffen bzw. in seinen Rechten verletzt sein
Beispiele:
• Verletzte oder Geschädigte
• Behörden der öff. Verwaltung
• StA oder Polizei (Anzeige von Amts wegen)
• Täter (Selbstanzeige)
• jede beliebige unbeteiligte Person (Zeugen der Tat)
Formen der Strafanzeige
(Formfreiheit)
- Mündlich (telefonisch (fernmündlich), persönliches Gespräch)
- Schriftlich (Brief, Bericht, Fax, Internetwache, E-Mail)
- Zu Protokoll (beim Amtsgericht oder der Staatsanwaltschaft)
Arten der Strafanzeige
- Strafanzeige
• durch den Geschädigten oder Dritte - Pseudoanzeige/ Fingierte Anzeige
• Vortäuschen einer Straftat gem. 145d StGB - Pseudonyme Anzeige
• Strafanzeige wird unter erfundenen/ fremden Personalien erstattet - Anonyme Anzeige
• Anzeigender ist namentlich nicht bekannt - Anzeige mit frisiertem Sachverhalt
• wahrer Kern, vom Geschädigten zu seinem Vorteil modifiziert (z.B. für Versicherungsbetrug) - vertrauliche Anzeige
• Personaldaten des Anzeigenden sind nir Ermittlungsbeamten bekannt, aber nicht dem Gericht (steht dem Gericht nicht als Zeuge zur Verfügung) - Selbstanzeuge
• der wirkliche Täter oder jemand, der behauptet der Täter zu sein
Grundsätze bei der Anzeigenaufnahme
- Hilfsbereites u. bürgernahes Verhalten bei Anzeigenaufnahme prägt das Bild der Polizei in der Öffentlichkeit
- Bürger hat Problem und erwartet Hilfe/ Verständnis
- Bürger hat Anspruch auf höfliche und respektvolle Behandlung
- Schlechte Erfahrungen oder Stress im Dienst rechtfertigen keinen oberflächlichen oder herablassenden Umgang
- Ehr- und Schamgefühl berücksichtigen
- Rechte des Betroffenen wahren
- Ruhig und sicher auftreten, beruhigend einwirken, nicht provozieren oder irritieren lassen
- Gleichheitsgrundsatz beachten!
> > Dies hat unmittelbaren Einfluss auf das Anzeigeverhalten der Bevölkerung. Der Bürger muss merken, dass es richtig war eine Anzeige zu erstatten. (Minderung der Latenz)
Chronologie der Anzeigenaufnahme (!!!)
- Begrüßung, Vorstellung
- Kurze Sachverhaltsschilderung
- Prüfen, ob für Anzeigenaufnahme Spezialdienststellen von Nöten sind (Fachkenntnisse) - Aufnahme u. Überprüfung der Personalien
- Prüfung auf Gültigkeit des Personaldokumentes (Datun/Behörde) u. Nachfrage zur Aktualität (Anschrift)
- Lichtbild auf Übereinstimmung mit AE prüfen
- Personalien vollständig notieren (u.U. Kontrollfragen)
- anlassbezogen unauffällige Überprüfung der Person/ Personalpapiere in Informationssystemen
- Sichtprüfung auf Fälschungsmerkmale
- RUFNUMMER u. E-MAIL erfragen!!! - Belehrung
- AE ist i.d.R. Zeuge (163 III StPO)
- ggf. Hinweis auf Notwendigkeit eines Strafantrags oder den Privatklageweg - Entgegennahme des angezeigten Sachverhaltes
- zunächst freie Sachverhaltsschilderung (Erzählphase! Keine Zwischenfragen!)
- Notizen fertigen!
- Notwendigkeit von Sofortmaßnahmen prüfen
- Auskunfts-, Aussage und/ oder Zeugnisverweigerungsrechte beachten!
- Nachfragen zur Klärung u. Ergänzung, dabei Orientierung an den W-Fragen! - Niederschrift/ Protokoll
PROTOKOLLFORM (Ich-Form)
- bei Anwesenheit des AE
- Ausdrucksweise des AE beachten und in Protokoll aufnehmen (nicht beschönigen)
- mussverständliche Worte klären
- ggf. wörtliche Wiedergabe
- AE kann auch diktieren, dann Formulierung “nach Diktat…” verwenden
BERICHTSFORM
- in allen anderen Fällen der mündlichen Anzeige
- bei eignenen Feststellungen
- Schlussgespräch
- Hinweis auf weiteren Verfahrensgang, ggf. Opferhilfe/ Opferschutz, Gewaltschutzgesetz usw.
- auf eventuelle Fragen eingehen
Das Antragsdelikt
StGB unterscheidet in:
- absolutes Antragsdelikt
- liegt vor, wenn die Tat NUR auf Antrag verfolgt wird - relatives Antragsdelikt
- liegt vor, wenn ein fehlender Strafantrag wegen des besonderen öff. Interesses an der Verfolgung der Tat kompensiert werden kann (also nur auf Antrag, oder wenn öff. Interesse besteht)
- Aufnahme Strafantrag gem. 158 II StPO
- Formerfordernis: schriftlich bei der Polizei !
- Antragsfrist ist 3 Monate nach Bekanntgabe der Straftat durch einen Berechtigten gem. 77b StGB
- Antragsberechtigt sind Verletzte gem. 77-77e StGB
- einmalige Rücknahme ist möglich, Kosten trägt Antragsteller
- schriftlicher Verzicht, kann nicht rückgängig gemacht werden
Beispiele für absoulute u. relative Antragsdelikte
Absoulute Antragsdelikte:
- Hausfriedensbruch gem. 123 StGB
- üble Nachrede gem. 186 i.V.m. 194 StGB
- Beleidigung gem. 185 i.V.m. 194 StGB
Relative Antragsdelikte:
- Diebstahl u. Unterschlagung geringwertiger Sachen gem. 248a StGB
- Sachbeschädigung gem. 303 i.V.m. 303c StGB
- Hehlerei gem. 259 StGB
Das Privatklagedelikt
> > umfasst sowohl absolute als auch relative Antragsdelikte!!!
- Katalog gem. 374 I StPO
- Anzeige aufnehmen, StA entscheidet über Verweisung auf den Privatklageweg
- bei öff. Interesse kann StA ein Ermittlungsverfahren einleiten
- keine Privatklage gegen Jugendliche und bei im Vollrausch begangenen Delikten
- in diesen Fällen Anzeige aufnehmen, StA entscheidet
- öff. Klage möglich gem. 376 StPO, wenn öff. Interesse besteht
- können vom Gericht verfolgt werden, ohne dass es einer Anrufung der StA bedarf
- Vielzahl der Privatklagedelikte sind gleichzeitig Antragsdelikte (Strafantrag aufnehmen!)
> > > ALSO: StA gibt Betroffenen den Hinweis aufgrund der geringen Schwere des Delikts den Privatklageweg einzuschlagen, um dennoch seine Rechte zu erhalten. (Meist Antragsdelikte wie Hausfriedensbruch etc.)
