BT II - Körperverletzungsdelikte (§§ 223, 224, 225, 226, 227, 229, 231, 340) Flashcards
Schema: Körperverletzung (§ 223)
-> Erfolgsdelikt
I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) körperliche Misshandlung b) Gesundheitsschädigung c) Kausalität und objektive Zurechnung 2. Subjektiver Tatbestand - mind. dolus eventualis II. Rechtswidrigkeit und Schuld III. Prozessvoraussetzungen - § 230 I 1: rechtzeitiger (§ 77b) Strafantrag (§ 158 II StPO) des Verletzten (§ 77 I) nötig - oder öffentliches Interesse
körperliche Misshandlung (Körperverletzung, § 223)
= jede üble, unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt
Gesundheitsschädigung (Körperverletzung, § 223)
= Hervorrufen oder Steigern eines vom Normalzustand der körperlichen Funktionen des Opfers nachteilig abweichenden, krankhaften Zustandes körperlicher oder seelischer Art
Meinungsstreit: Ärztlicher Heileingriff = Körperverletzung?
Tatbestandslösung: Tatbestand der KV (-)
Erfolgstheorie: wenn RG beeinträchtigt KV (+), wenn Arzt Verbesserung herbeiführt/keine Verschlechterung obj TB (+)
eA: KV (-) wenn Verbesserung/neutral ohne wesentliche Substanzverluste
Lex-Artis-Theorie: KV (+) nur bei fehlerhaftem Heileingriff
-> TB (+), Selbstbestimmungsrecht des Patienten muss geschützt werden
Gift (Gefährliche Körperverletzung, § 224)
= jeder organische oder anorganischer Stoff, der unter bestimmten Bedingungen durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit zu schädigen vermag
Andere gesundheitsschädliche Stoffe (Gefährliche Körperverletzung, § 224)
wirken mechanisch oder thermisch
Beibringen (Gefährliche Körperverletzung, § 224)
= wenn der Täter das Gift/den Stoff derart mit dem Körper des Opfers in Verbindung gebracht hat, dass er seine gesundheitsschädliche Wirkung entfalten kann
Waffe (Gefährliche Körperverletzung, § 224)
= Gegenstand, der nach der Art seiner Anfertigung geeignet und hiernach oder nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu bestimmt ist, durch seinen üblichen gebrauch, Menschen körperlich zu verletzen
- Waffe muss funktionsfähig sein (Mitführen von Munition genügt)
Andere gefährliche Werkzeuge (Gefährliche Körperverletzung, § 224)
= Gegenstände, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit oder der Art ihrer Verwendung im konkreten Fall dazu geeignet sind, erhebliche Verletzungen herbeizuführen
- hM: nur bewegliche Gegenstände
Hinterlistiger Überfall (Gefährliche Körperverletzung, § 224)
Überfall = jeder plötzliche, unerwartete Angriff auf einen Ahnungslosen
Hinterlistig = wenn der Täter seine wahre Absicht planmäßig berechnend verdeckt, um gerade dadurch dem Angegriffenen die Abwehr zu erschweren
Mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Gefährliche Körperverletzung, § 224)
= wenn bei der KV mind. zwei Personen durch einverständliches, aktives Handeln derart zusammenwirken, dass sie dem Opfer am Tatort unmittelbar gegenüberstehen
- Teilnahme genügt
- (-), wenn 2. Person keine Bereitschaft zum verletzenden Eingriff erkennen lässt
Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Gefährliche Körperverletzung, § 224)
= wenn die Handlung im konkreten Fall abstrakt geeignet war, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen
Schema: Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225)
I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Tatobjekt (§ 225 I) b) besonderes Schutzverhältnis (Nr. 1-4) c) Tathandlung 2. Subjektiver Tatbestand - mind. dolls eventualis II. Rechtswidrigkeit und Schuld III. Qualifikationen (§ 225 III)
Wehrlos (Misshandlung von Schutzbefohlenen, § 225)
= wer sich gegen eine Beeinträchtigung seiner psychischen oder psychischen Integrität nicht zur Wehr setzen kann
- muss auf Gebrechlichkeit oder Krankheit beruhen
Gebrechlichkeit (Misshandlung von Schutzbefohlenen, § 225)
= eingeschränkte körperliche Bewegungsfähigkeit infolge von hohem Alter, Krankheit oder Behinderung
Krankheit (Misshandlung von Schutzbefohlenen, § 225)
= jeder, auch vorübergehender, pathologischer Zustand, unabhängig von seiner Entstehungsursache
Quälen (Misshandlung von Schutzbefohlenen, § 225)
= Zufügen länger andauernder oder sich wiederholender erheblicher Schmerzen oder Leiden körperlicher oder seelischer Art
Roh (Misshandlung von Schutzbefohlenen, § 225)
= Misshandlung, die einer gefühllosen, fremden Leiden missachtenden Gesinnung entspringt und sich in Handlungsfolgen von erheblichen Gewicht für das körperliche Wohlbefinden des Opfers äußert
Böswillig (Misshandlung von Schutzbefohlenen, § 225)
handelt, wer die ihm obliegende Sorgfaltspflicht aus besonders verwerflichen Gründen verletzt
Verlust des Sehvermögens (Schwere Körperverletzung, § 226)
= Aufhebung der Fähigkeit, Gegenstände visuell wahrzunehmen
- ca. 5-10% bleibendes Sehvermögen genügt
Verlust des Gehörs (Schwere Körperverletzung, § 226)
= Aufhebung der Fähigkeit artikulierte Laute zu verstehen
- ein Ohr genügt nur, wenn anderes vorher schon taub
Verlust des Sprechvermögens (Schwere Körperverletzung, § 226)
= Aufhebung der Fähigkeit zu artikuliertem Reden
- völlige Stimmlosigkeit ist nicht nötig
- bloßes stottern genügt nicht
Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit (Schwere Körperverletzung, § 226)
= Aufhebung der Fähigkeit sich zu reproduzieren
- Abstellen auf potenzielle Fortpflanzungsfähigkeit
Verlust {eines wichtigen Glieds} (Schwere Körperverletzung, § 226)
= völlige Abtrennung vom Körper
dauernde Unbrauchbarkeit {eines wichtigen Glieds} (Schwere Körperverletzung, § 226)
= Glied ist als teil des Körpers zwar weiterhin vorhanden, aber fortwährend funktionsunfähig
Meinungsstreit: was ist ein “Körperglied” iSd § 226
hM: in sich geschlossene Existenz mit besonderer Funktion im Organismus und mit dem Körper durch Gelenk verbunden
aA: nach außen in Erscheinung tretende Körperteile mit in sich geschlossener Existenz und besondereFunktion im Gesamtorganismus
aA: in sich abgeschlossene Körperteile mit Aufgaben im Organismus (auch Organe)
Meinungsstreit: Kriterien für Wichtigkeit des Glieds (§ 226)
hM: generelle Bedeutung für den Gesamtorganismus
aA: auch individuelle Körpereigenschaften (zB nur eine Hand)
aA: auch individuelle Verhältnisse (zB Pianist)
Dauernd erheblich entstellt (Schwere Körperverletzung, § 226)
Entstellt ist eine Person, wenn ihr äußerliches Erscheinungsbild durch eine körperliche Verunstaltung beeinträchtigt wird
Erheblich, wenn sie ihrem Gewicht nach mit den anderen aus § 226 I vergleichbar ist
- muss nicht ständig sichtbar sein (zB am Bauch)
Dauernd = bleibende oder unbestimmt langwierige Beeinträchtigung
- (-), wenn zumutbare Schönheits-OP üblich
Siechtum (Schwere Körperverletzung, § 226)
= chronischer Krankheitszustand von nicht absehbarer Dauer, der den Gesamtorganismus in Mitleidenschaft zieht und ein Schwinden der geistigen und körperlichen Kräfte zur Folge hat
Lähmung (Schwere Körperverletzung, § 226)
= erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit zumindest eines Körperteils, die den gesamten Körper in Mitleidenschaft zieht
Geistige Krankheiten (Schwere Körperverletzung, § 226)
= seelische Störungen, d.h.
alle nicht mehr im Rahmen eines verstehbaren Erlebniszusammenhangs liegende psychischen Anomalien, die somatisch-pathologisch bedingt sind
geistige Behinderungen (Schwere Körperverletzung, § 226)
= jede nicht nur unerhebliche, nicht nur vorübergehende Störung der Gehirntätigkeit, die nicht schon geistige Krankheit ist
Verfallen (Schwere Körperverletzung, § 226)
= Körper wird insgesamt und chronisch beeinträchtigt und es ist nicht sicher ob Beseitigung möglich ist
Schema: Schwere Körperverletzung (§ 226)
-> erfolgsqualifiziertes Delikt
I. Tatbestand 1. Grunddelikt (§ 223) 2. Eintritt der schweren Folge 3. Kausalität zw. Grunddelikt und Folge 4. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung 5. Objektive Vorhersehbarkeit 6. Objektive Zurechnung 7. Unmittelbarkeitszusammenhang (§ 18) II. Rechtswidrigkeit III. Schuld 1. Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung 2. Subjektive Vorhersehbarkeit
Schema: Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227)
-> erfolgsqualifiziertes Delikt
I. Tatbestand 1. Grunddelikt (§ 223) 2. Eintritt der schweren Folge 3. Kausalität zw. Grunddelikt und Folge 4. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung 5. Objektive Vorhersehbarkeit 6. Objektive Zurechnung 7. Unmittelbarkeitszusammenhang (§ 18) II. Rechtswidrigkeit III. Schuld 1. Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung 2. Subjektive Vorhersehbarkeit
Meinungsstreit: Anknüpfungspunkt des Unmittelbarkeitszusammenhangs bei § 227
hM: Körperverletzungshandlung
- bewirkende und begleitende Ausführungshandlungen
- besondere Wahrscheinlichkeit für die Todesfolge und/oder (aA) typische Verknüpfung nötig
Letalitätslehre: Körperverletzungserfolg
- im Tod hat sich die Gefahr realisiert, die von Art und Schwere der Verletzungen herrührt
- > kein Ausschluss durch mutursächliche Vorschädigungen des Opfers
- > greifen Dritte ein nur (-) bei mind. grober Fahrlässigkeit
- > selbstschädigendes Verhalten erfasst, wenn Reaktionen dem Selbsterhaltungstrieb entspringen und der vom Täter geschaffenen psychischen Ausnahmesituation zuzuordnen sind
- > (-) bei eigenverantwortlicher Gefährdung oder Angriff beendet
Schema: Fahrlässige Körperverletzung (§ 229)
I. Tatbestand
1. Körperverletzungserfolg
= körperliche Misshandlung und/oder
Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen
2. Kausalität
3. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
4. Objektive Vorhersehbarkeit
5. Objektive Zurechnung
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
1. Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung
2. Subjetive Vorhersehbarkeit
Schema: Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231)
I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Schlägerei oder von mehreren geübter Angriff b) Beteiligung 2. Subjektiver Tatbestand - mind. dolus eventualis 3. Objektive Strafbarkeitsbedingung = Tod oder schwere Körperverletzung - Kausalität der Schlägerei/Angriff von mehreren genügt II. Rechtswidrigkeit und Schuld
Schlägerei (Beteiligung an einer Schlägerei, § 231)
= Streit mit gegenseitiger Körperverletzung zwischen mindestens drei Personen
von mehreren verübter Angriff (Beteiligung an einer Schlägerei, § 231)
= unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung in feindliche Willensrichtung durch mindestens zwei Personen
Beteiligung (Beteiligung an einer Schlägerei, § 231)
Beteiligt ist, wer am Tatort anwesend ist und durch physische oder psychische Mitwirkung aktiv an den gegen andere gerichtete Tätlichkeiten teilnimmt
- hM: irrelevant wann Tod/Schwere Körperverletzung eintritt
Schema: Körperverletzung im Amt (§ 340)
-> Qualifikation zu § 223
I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Tatsubjekt = Amtsträger (§ 11 I Nr. 2) oder Offiziere b) Tathandlung = Begehen/Begehenlassen einer KV c) Zusammenhang mit dem Dienst 2. Subjektiver Tatbestand - mind. dolus eventualis II. Rechtswidrigkeit und Schuld III. Qualifikation (§ 340 III)
Begehen (Körperverletzung im Amt, § 340)
Eine KV begeht, wer sie als Allein- oder Mittäter verübt
Begehenlassen Körperverletzung im Amt, § 340)
durch mittelbare Täterschaft, Anstiftung, Beihilfe oder pflichtwidriges Unterlassen
Während der Dienstausübung (Körperverletzung im Amt, § 340)
= wenn zwischen der KV und der Dienstausübung ein sachlicher Zusammenhang besteht
- KV muss gerade missbrauch der Amtsgewalt sein
- nicht zB Kollegen Ohrfeigen
- Amtsträger muss nicht nach außen als solcher auftreten ( zB verdeckter Ermittler)
In Beziehung auf einen Dienst (Körperverletzung im Amt, § 340)
= wenn die Tat zwar nicht äußerlich einen Teil der Diensthandlung darstellt, aber dennoch durch diese in erkennbarer Weise veranlasst ist
- sachlicher Zusammenhang mit Diensthandlung nötig