08 Gruppen II Flashcards

1
Q

Wie werden Entscheidungen in Gruppen getroffen?

A
  • Wenn Meinungen (bzw. Kräfteverhältnisse) über verschiedene Positionen ca. gleich verteilt sind, kommt es zu Kompromissen (z.B. in Politik bei gleich „starken“ Parteien)
  • Wenn aber eine Majorität anfänglich eher in Richtung einer Position geht, dann kann es zu Polarisierung kommen (gesamte Gruppenmeinung geht in bestimmte Richtung)
  • Beispiele:
    o Risikoschub (Gruppen neigen zu riskanteren Entscheidungen)
    o Gruppenpolarisierung
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2
Q

Risikoschub in Gruppen

A

= Nach Gruppendiskussion ist man meist risikofreudiger als vorher

Aber: Auch Schub Richtung „vorsichtiger“ möglich
-> Entscheidend, in welche Richtung Meinungen der Gruppenmitglieder vor Diskussion tendieren (Extremisierung der Ausgangsposition: Gruppenpolarisierung)

Risikoschub also eine Ausprägung der Gruppenpolarisierung (für speziellen Fall, dass Gruppenmitglieder bereits vor Gruppendiskussion zu Risiko tendieren)

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3
Q

Gruppenpolarisierung

A

Gruppen treffen Entscheidungen, die in der Richtung extremer (risikoreicher oder vorsichtiger) werden, die von einzelnen Mitgliedern anfänglich bevorzugt werden

=> Im Verlauf der Diskussion extremisieren sich die Einzelmeinungen der Gruppenmitglieder

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4
Q

Studie Myers & Kaplan (1976): Geschworenenverhandlung bzgl. eines Verkehrsdelikts

A
  • Eine Person hat Verkehrsdelikt begangen, Vpn soll über Verurteilung entscheiden
  • 2 UVs: Gruppe bekommt etwas mehr Argumente pro vs. contra Verurteilung
  • Präferenzmessung vor und nach der Gruppendiskussion
  • Ergebnis: Polarisierung nach der Gruppendiskussion: Meinungen gehen auseinander: Vpn mit mehr pro Argumenten sind nach Gruppendiskussion noch stärker für Verurteilung (analog für andere Gruppe)
  • Fazit: Polarisierung nicht automatisch: Meinungsbildung abhängig, welche Informationen man bekommt und anfängliche Einstellung der Einzelmitglieder weniger wichtig
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5
Q

Studie Moscovici & Zavalloni (1969): Polarisierung der Einstellungen zu De Gaulle und Amis

A
  • Franzosen: Positive Einstellung zu De Gaulle und negative ggü. den Amerikanern
  • 3 Messungen:
    o Präkonsens: Einzelmitglieder getrennt befragt
    o Konsens: Nach Diskussion einzeln befragt
    o Postkonsens: Messung nochmal etwas länger nach Gruppendiskussion
  • Ergebnisse: Polarisierung
    o Einstellung zu De Gaulle wurde nach Austausch immer positiver
    o Einstellung zu Amerikanern wurde immer negativer (auch wenn nicht so linear)

=> Anfänglich +/- Einstellungsobjekt, immer extreme Einstellung nach Gruppendiskussion

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6
Q

Gründe für Gruppenpolarisierung

A

Sozialer Vergleich und normativer Einfluss:

  • Streben, eigene Meinung zu bewerten, mit anderen zu vergleichen und im Vergleich positiv abzuschneiden
  • Umso höher Identifikation mit Gruppe, desto stärkere Polarisierung
  • Gegenseitige Bestätigung, dass man Recht hat (andere Meinungen als Maßstab)

Selektive Informationssuche

Eigengruppe ist einflussreicher als Fremdgruppe

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7
Q

Warum ist die Eigengruppe überzeugender als die Fremdgruppe?

A

Mitglieder der Eigengruppe ähneln sich in Eigenschaften, die wichtig für das Urteil sind, aber unterscheiden sich ansonsten -> Zuhörer behält Überblick über einzelne Personen und ihre Argumente -> Argumente erscheinen verschieden und unabhängig -> mehr Einfluss der Eigengruppe

Mitglieder der Fremdgruppe scheinen alle gleich -> Zuhörer kann nicht unterscheiden, wer was gesagt hat -> Argumente der Fremdgruppe erscheinen alle gleich -> Zuhörer vermutet Ansteckung -> Argumente sind nicht überzeugend -> Fremdgruppe hat weniger Einfluss

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8
Q

Gruppendenken

A

Gruppe trifft falsche Entscheidungen, weil Gruppendruck mentale Problemlösefähigkeiten reduziert, den Realitätstest verschlechtert und die Moral einschränkt (Irving Janis, 1972)

=> Zeitdruck: Ungesundes Streben nach Konsens, Uneinigkeit wird als bedrohlich empfunden

Oft Erklärung für fatale Fehlentscheidungen in Gruppen:

  • Fiasko in der Schweinebucht 1961 (Kuba)
  • USA: Eskalation des Vietnamkriegs
  • USA: Invasion des Irak
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9
Q

Voraussetzungen für Gruppendenken (Janis & Mann, 1977)

A
  • Hohe Kohäsion (Gruppenzusammenhalt)
  • Abgeschirmte Gruppe (z.B. Politik: Geheimhaltung, wenig Kontakt nach außen)
  • Direkte Führung (Anführer sagt klar, was er will und durchsetzen, z.B. Bush)
  • Fehlen von Such- und Bewertungskriterien (meist erst Wissen im Nachhinein)
  • Starker Stress (hoher Zeitdruck)
  • Geringe Hoffnung, etwas Besseres zu finden, als die vom Leiter vorgeschlagene Lösung
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10
Q

Symptome des Gruppendenkens

A
  • Illusion der Unverwundbarkeit (Gruppe fühlt sich mächtig und einflussreich)
  • Kollektive Rationalisierung (gegenseitige Bestätigung)
  • Unkritischer Glaube an Integrität der Gruppe (nimmt keine kritische Haltung ein)
  • Stereotypisierte Sichtweise anderer Gruppen („Die haben keine Ahnung“)
  • Konformitätsdruck
    o Informational: Keine eindeutige Situation
    o Normativ: Konform, weil man weiterregieren möchte
  • Selbst-Zensur (sich selbst verbieten, andere Gedanken zuzulassen)
  • Selbst ernannte „Meinungswächter“ (schauen, dass alle konform und keine Abweichler)
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11
Q

Symptome defekter Entscheidungsfindung

A
  • Unvollständige Suche nach Alternativen
  • Unvollständige Zielanalyse (Man macht 1. Schritt und weiß nicht, was danach passieren soll)
  • Unvermögen, Risiken der präferierten Entscheidung abzuwägen (Risiken ausblenden)
  • Zuerst abgelehnte Entscheidungen nicht nochmal bewertet (Zeitdruck, direktive Führung)
  • Unvollständige Informationssuche (Dissonanz: Nach Entscheidung konsonante Elemente)
  • Selektive Informationsverarbeitung
  • Unvermögen, Folgen zu bedenken (Kein Nachdenken über langfristige Folgen)
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12
Q

Zu untersuchende Hypothesen bzgl. Gruppendenken

A
  1. Informationen zum „Gruppendenken“-Phänomen begünstigen dessen Nichtauftreten
  2. Leiter einer Planungsgruppe sollte zu Anfang seine Präferenzen nicht vollständig mitteilen
  3. Leiter sollte anfangs jeden auffordern, Einwände und Zweifel kontinuierlich mitzuteilen
  4. Bei jedem Treffen sollte es einen „advocatus diaboli“ (kritischen Beobachter) geben
  5. Es sollten immer mal wieder Untergruppen gebildet werden
  6. Bezüglich Beziehungen zu Außengruppen sollte Zeit nehmen, ihre Perspektive zu diskutieren
  7. Wenn vorläufige Entscheidung gefällt wurde, sollten in nächsten Sitzung alle verbliebenen Zweifel diskutiert werden
  8. Bei jeder Sitzung sollte ein externer Experte anwesend sein
  9. Jeder sollte Entscheidungsschritte mit Personen, die nicht Gruppenmitglied sind, besprechen
  10. Von Zeit zu Zeit sollten mehrere Gruppen am selben Thema arbeiten und ihre Entscheidungen dann koordinieren
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13
Q

Mittel gegen Gruppendenken

A
  • Gruppenleiter soll jedem Mitglied auch Rolle des kritischen Bewerters geben:
    Gruppendiskussionen beobachten und bewerten, Annahmen und Pläne infrage stellen
  • Leiter soll vermeiden, zu Beginn Präferenzen und Vorentscheidungen kundzutun
  • Jedes Mitglied sollte Gruppenentscheidungen routinemäßig mit Vertrauen besprechen und Reaktionen des Vertrauten außerhalb der Gruppe zurückmelden (schwierig umzusetzen, v.a. bei stark kohäsiven, abgeschirmten Gruppen)
  • Einer oder mehrere Experten sollten abwechselnd zu jedem Treffen eingeladen und ermutigt werden, die Meinungen der Mitglieder zu hinterfragen
  • Leiter soll sicherstellen, dass in jeder Sitzung genügend Zeit zur Verfügung steht, um Warnsignale zu beobachten und besprechen (z.B. Person wird immer ruhiger -> ansprechen)
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14
Q

Was sind Prozessverluste?

A

Jeder Aspekt der Gruppeninteraktion, der gutes Problemlöseverhalten hemmt:

  • Kommunikationsprobleme
  • Mangelnde Anstrengung (Motivationsprobleme)
  • Angst (Ablehnung, Außenstehender, Isolation)
  • Versäumnis, Information zu teilen
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15
Q

„Biased sampling“-Modell von Strasser & Titus (1985)

A

Beispiel für einen Prozessverlust

  • Aufgabe: 4-Personen-Gruppe soll entscheiden, wer von 3 Bewerbern um eine Stelle der Beste ist (4 Gutachter und 3 Bewerber: A, B, C)
  • Wahl zuerst alleine und nochmal nach Gruppendiskussion
  • Pro Bewerber gibt es 16 Informationen, jeder Gutachter hat aber nur 10 davon
  • Ergebnisse:
    o Hatten alle alle Informationen, dann entschieden sich 67% der Teilnehmer (nach Gruppendiskussion sogar 83%) für „richtigen“ Kandidat A
    o Wenn Informationen unvollständig: Entscheidung auch nach Gruppendiskussion nur 24% für Bewerber A -> „ungeteilte Informationen“ wurden nicht diskutiert!
  • Gründe: Angst vor negativer Bewertung, Unsicherheit (stimmt es, wenn einzige Meinung?), ungeteilte Informationen werden nicht so oft wiederholt -> schnelleres Vergessen
  • Fazit: Probleme
    o Tendenz, ungeteilte Informationen in Gruppen nicht auszutauschen, eher Fakten einbeziehen, die alle kennen -> verzerrte Entscheidungen
    o Problem: Manche Informationen sehr relevant, aber wird nicht mitgeteilt
    -> Deutlich geringeres Gesamtwissen
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16
Q

Maßnahmen gegen Versäumnis, Informationen zu teilen

A
  • Genug Zeit für Diskussion lassen (ungeteilte Informationen oft spät mitgeteilt)
  • Rollenverteilung: Jedes Mitglied für bestimmte Art von Information zuständig
    Besser: Aufteilung in positive, neutrale und negative Informationen als Bewerber A, B und C
  • Kritischer Beobachter: Einer nimmt Rolle des „Abweichlers“ ein -> Minoritätseinfluss
  • Aufgabenstellung: Nicht nur beste Lösung, auch einige Entscheidungsalternativen
    -> Zur Differenzierung viel Information nötig
  • Hinweis, dass es ungeteilte Information geben könnte
    Dazusagen, dass Informationsaustausch wichtig ist, da nicht jeder dieselben hat
  • Produktiven „Konflikt“ provozieren: Informationen werden genauer ausgetauscht
    Bsp.: 2 Gutachter eindeutig für A und 2 eindeutig für B (jeweils mehr positive Informationen)
    => Bessere Entscheidungsfindung