07 Gruppen Flashcards

1
Q

Definition Gruppe

A

Eine Gruppe besteht aus zwei oder mehr Menschen, die miteinander interagieren und interdependent in dem Sinne sind, dass ihre Bedürfnisse sowie ihre Ziele eine gegenseitige Beeinflussung bewirken.

Folgende Kriterien:

  • Interaktion
  • Gemeinsame Ziele oder Interessen: Gemeinsame Ziele werden verfolgt – das führt zu Interdependenz
  • Wir-Gefühl: Die Mitglieder nehmen sich als Gruppe wahr und grenzen sich von anderen ab
  • Zeitliche Stabilität: Interaktion dauert länger als nur ein paar Augenblicke
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2
Q

Arten von Gruppen

A

Primär- vs. Sekundärgruppen
= Familie, Freunde, Nachbarschaft (emotional, intim, gegenseitige Beeinflussung bzgl. Normen und Werten)
vs. Arbeitsgruppen, Schulklassen, Vereine, Organisationen (oberflächlich, festgelegte Ziele)

Formelle vs. informelle Gruppen
= Cliquen, Freundeskreis, Skatrunde (spontane Bildung, keine formalen Strukturen oder festgelegten Ziele)
vs. Arbeitsgruppen, Schulklassen, Vereine, Organisationen (vorgegebene Ziele, Normen und Rollen)

Eigengruppe vs. Fremdgruppe
Kleingruppe vs. Großgruppe
Gruppe vs. Ansammlung, Menge, Masse (andauernd, Interaktion vs. nicht andauernd, keine Interaktion)

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3
Q

Nutzen von Gruppen

A

Materieller Nutzen:

  • Gemeinsame Ziele
  • Sicherheit, Schutz, Macht

Psychologischer Nutzen:

  • Kontaktbedürfnis (vgl. Affiliationsmotiv)
  • Selbstdefinition („soziales“ Selbst)
  • Selbstwertgefühl erhöhen
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4
Q

Kriterien für die Gruppenauswahl

A
  • frühere Erfahrungen mit ähnlichen Gruppen
  • Ähnlichkeit/Passung der eigenen Person zu den bestehenden Gruppenmitgliedern (“Bin ich ein typisches Mitglied?”) => psychologischer Nutzen: Übereinstimmungen führe zu Anerkennung
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5
Q

Kriterien für die Gruppenbildung

A
  • Sympathie
  • Ähnlichkeit/Passung potenzieller Mitglieder zur eigenen Person
  • räumliche Nähe/Kontakthäufigkeit
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6
Q

Phasen des Gruppenlebens (Tuckman, 1965)

A

● Formierungsphase (forming):
- Unsicherheit, Angst
- gegenseitiges Abtasten
- Ausprobieren, welches Verhalten akzeptabel ist
- In formellen Gruppen: Abhängigkeit von einem Leiter
● Konfliktphase (storming):
- Auseinandersetzung mit anderen Gruppenmitgliedern
- Kampf um Macht und Einfluss (eigenen Platz finden)
- Widerstand gegen Gruppenziele
- In formellen Gruppen: Rebellion gegen den Leiter
● Normierungsphase (norming):
- Ausbildung von Gruppennormen (Regeln und Werte)
- Entwicklung von Gruppenzusammenhalt
- Übernahme bestimmter Rollen
- Gegenseitige Akzeptanz und Unterstützung, Kooperation
● Arbeits- und Ausführungsphase (performing):
- interpersonelle Probleme sind gelöst
- funktionale Aufgabenverteilung ist vorhanden
- flexibles und kongruentes Rollenverhalten
- effektive Arbeit (Problemlösen)
● Beendigungsphase (adjourning):
- Schleichende Ablösung der Mitglieder von der Gruppe angesichts des bevorstehenden Endes der Gruppe.

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7
Q

Gruppenkohäsion

A

Zusammenhalt einer Gruppe, der aus allen Kräften resultiert, die die Mitglieder motivieren, in der Gruppe zu bleiben

  • Messbar z.B. über „Soziometrie“ (Moreno; Wahlen und
    Ablehnungen hinsichtlich eines bestimmten Kriteriums)

Strukturmerkmale:

  • Sympathiestruktur (wer ist wem besonders sympathisch?)
  • Machtstruktur (wer übt in welchem Maße Einfluß auf wen aus)
  • Kommunikationsstruktur (wer spricht wie oft zu wem?)
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8
Q

Normen, Rollen und Status in Gruppen

A

Gruppen haben soziale Normen, von denen erwartet wird, dass die Gruppenmitglieder sie befolgen.

  • > Soziale Normen bestimmen das akzeptable bzw. nicht akzeptable Verhalten in einer Gruppe, sie sind mehr oder weniger explizit
  • > Personen, die sich nicht normkonform verhalten, werden unter Druck gesetzt, ihr Verhalten zu ändern oder die Gruppe zu verlassen

Gruppen weisen mehr oder weniger klar definierte soziale Rollen auf.
-> Soziale Rollen beziehen sich auf gemeinsame Erwartungen innerhalb der Gruppe, wie einzelne sich zu verhalten haben

Status: sozial bewertete Stellung einer Person aus Sicht der übrigen Gruppenmitglieder

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9
Q

Gruppenpositionen

A

Leiter - Mitglieder

Alpha-Position
Der Führer der Gruppe repräsentiert die Gruppe in ihrer Dynamik nach außen. Es lässt sich oft nach Alpha 1, der Beliebteste und Alpha 2, der Tüchtigste differenzieren.

Beta-Position
Der Fachmann der Gruppe ist neutral, oft unabhängiger als Alpha und legitimiert seine Stellung eher durch Leistung als durch Persönlichkeit. Er versteht sich oft gut mit Alpha, kann aber auch schnell sein Konkurrent werden.

Gamma Position
Der Mitläufer taucht in der Kollektivität der Gruppe unter. Gammas identifizieren sich kompromisslos mit Alpha, da aus ihnen das Alpha entwachsen ist.

Omega Position
Der Sündenbock oder Querulant vereint die negativen Projektionen der Gruppe auf sich. Es kann aber auch derjenige sein, der gegen Alpha revoltiert und dessen Platz einnehmen möchte, auch kann er mit den Gegnern der Gruppe sympathisieren.

Der Gegner
Die äußere Macht, die das System bedroht, zumindest sind sich alle im System einig, das man gemeinsam gegen diesen Gegner auftreten muss. Auch der äußere Gegner kann wechseln. Dies können an der Schule die Eltern sein, das Schulamt, oder die externe Evaluation.

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10
Q

Studien zu Leistung in Anwesenheit Anderer

A

Zajonc et al. (1969):

  • Bei einfacher Aufgabe waren Küchenschaben vor „Publikum“ besser als alleine
  • Bei einer schwierigen Aufgabe schnitten die Küchenschaben in Anwesenheit anderer Artgenossen schlechter ab
  • > Replikation der Befunde bei anderen Spezies, auch beim Menschen

Triplett (1897):
Radrennfahrer sind schneller, wenn sie in Begleitung fahren – „Soziale Erleichterung“ (bei einfachen Aufgaben)

ABER: Dashiell (1930):
Fehlerhäufigkeit bei Multiplikationsaufgaben steigt, wenn andere Personen zuschauen – “Soziale Hemmung“ (bei schweren Aufgaben)

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11
Q

Erklärungen für Leistung in Anwesenheit Anderer

A

Grundannahme: Erregung führt zu besserer Ausführung von einfachen und schlechterer Ausführung von komplexeren Aufgaben.
-> Woher kommt Erregung?

„Drive theory of social facilitation“ (Zajonc, 1965)
Anwesenheit anderer führt zu physiologischer Erregung (-> um aufmerksam und reaktionsbereit zu sein)

„Distraction-conflict theory“ (Baron, 1986) Konfliktsituation zwischen Person und Aufgabe führt zu Erregung -> wird von neueren Befunden gestützt.

Metaanalytische Befunde zu sozialer Erleichterung/ Hemmung (Bond & Titus, 1983):

  • Anwesenheit Anderer erhöht Erregung in erster Linie bei komplexen Aufgaben
  • Anwesenheit Anderer erhöht die Lösungsgeschwindigkeit bei einfachen und senkt sie leicht bei komplexen Aufgaben
  • Leistung wird bei Gegenwart Anderer leicht verbessert im Fall einfacher und verschlechtert im Fall komplexer Aufgaben
  • Effekte sind erstaunlich wenig mit Bewertungsangst korreliert
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12
Q

Leistung interagierender Gruppen

A

Potenzielle Produktivität:
Was könnte die Gruppe leisten, wenn jedes
Gruppenmitglied seine Ressourcen optimal einsetzt?

Prozessgewinne:
Leistungszuwachs, der sich aus der Gruppensituation gegenüber der Einzelarbeit ergeben kann, v.a. Motivationsgewinne durch soziale Kompensation und Unverzichtbarkeit. Auch: wechselseitiges Lernen und Inspiration

Prozessverluste:
Leistungsverminderung, die sich aus der Gruppensituation gegenüber der Einzelarbeit ergeben kann
• Motivationsverluste
• Koordinationsverluste

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13
Q

Group Performance Model (nach Driskell, Hogan, & Salas, 1987)

A

Potenzial -> Prozess -> Ergebnis

Potenzial

  • Individuelle Faktoren: Fähigkeit, Status, Persönlichkeit
  • Gruppale Faktoren: Struktur, Normen, Größe
  • Umweltfaktoren: Aufgabencharakteristika, Belohnungsstruktur, Stressniveau

Prozess
- Gruppeninteraktionsprozess

Ergebnis
- Prozessgewinne
- Prozessverluste
=> Gruppenleistung

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14
Q

Aufgabentypologie Steiner (1972)

A

In Subkomponenten teilbar?

  • ja -> Aufgabentyp: unterteilbar -> Bsp. Fußballspiel
  • nein -> AT: nicht teilbar -> Seil ziehen

Quantität oder Qualität?

  • Quantität -> AT: Maximierung -> Bsp. Möglichst viele Ideen
  • Qualität -> AT: Optimierung -> Bsp. Möglichst gute Ideen

Verhältnis Einzelleistung - Gruppenprodukt?

  • Einzelleistung aufaddiert -> AT: Addition -> Seil ziehen
  • Durchschnittsbildung -> AT: Kompensatorisch -> Mittlere Schätzgenauigkeit
  • Gruppe wählt Antwort aus -> AT: Dusjunktiv -> Rätsel
  • Alle tragen bei -> AT: Konjunktiv -> Kammermusik
  • Gruppe kann entscheiden -> AT: Mit Ermessens-Spielraum -> Entscheidungsaufgabe
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15
Q

Prozessgewinne: Soziale Kompensation

A
  • Leistungssteigerung von fähigeren Mitgliedern, um eine erwartete geringe Leistung von weniger fähigen bzw. unmotivierten Mitgliedern auszugleichen
  • Voraussetzungen:
    • Nicht-Identifizierbarkeit der Einzelbeiträge
    • Individuelle Bedeutsamkeit des Gruppenergebnisses
  • Beispielstudie: Williams & Karau (1991)
  • Erklärung: Motivationsgewinn
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16
Q

Prozessgewinne: Unverzichtbarkeit

A
  • Leistungssteigerung schwächerer Mitglieder, um die Gruppe nicht „auszubremsen“
  • Tritt auf, wenn eigener Beitrag als für das (individuell bedeutsame) Gruppenergebnis als wesentlich wahrgenommen wird
  • „Köhler“-Effekt:
    • Zwei Personen können gemeinsam mehr heben als die Summe beider Einzelleistungen, wenn die beiden Personen in ihrer Leistungsfähigkeit abgestimmt sind
  • Erklärung: Motivationsgewinn
17
Q

Prozessverluste: Motivationsverluste

A

Leistungsverlust durch bewusste oder unbewusste Anstrengungsreduktion von Gruppenmitgliedern

Drei Varianten:

  • (Klassisches) Soziales Faulenzen
  • Trittbrettfahren
  • Gimpel-Effekt
18
Q

(Klassisches) Soziales Faulenzen (engl. social loafing)

A
  • Leistungsreduktion, wenn der persönliche Beitrag nicht identifizierbar ist bzw. zumindest nicht bewertet wird
  • Latané et al. (1979)
    • Vpn sollen so laut schreien, wie sie können; dies entweder allein oder in einer 2-er Gruppe oder in einer 6-er Gruppe (mit verbundenen Augen und Kopfhörern)
    • 2-er Gruppe: 66% der Laustärke von „allein“
    • 6-er Gruppe: 36% der Lautstärke von „allein“
  • Jackson & Williams (1985)
    • Leichtes Labyrinth: Studenten, die glaubten, nicht bewertet zu werden, schnitten schlechter ab
    • Schweres Labyrinth: Studenten, die glaubten, nicht bewertet zu werden, schnitten besser ab.
    => Anwesenheit anderer
19
Q

Trittbrettfahren (engl. free riding)

A
  • Leistungsreduktion, wenn der persönliche Beitrag als für das Gruppenergebnis nicht wichtig wahrgenommen wird
  • Verantwortungsdiffusion mit steigender Gruppengröße
20
Q

Gimpel-Effekt (engl. sucker effect; „nicht der Dumme sein wollen“)

A
  • Leistungsreduktion, wenn man den Eindruck hat, dass die anderen sich nicht oder nicht so sehr wie man selbst anstrengen
21
Q

Vermeidung von Motivationsverlusten

A

Soziales Faulenzen kann reduziert werden durch:

  • Identifizierbarkeit/vermutete Bewertung der Einzelleistung (z.B. regelmäßiges Feedback durch Vorgesetzten)
  • Große persönliche Bedeutung der Aufgabe
  • Der Einzelne glaubt an seine eigene Bedeutung beim Bearbeiten der Aufgabe
  • Starke Identifikation mit der Gruppe
  • Gruppe nicht zu groß
  • Gruppenkohäsion

Vermeidung des Trittbrettfahrens:

  • Bessere Rollenverteilung durch Gruppenleiter
  • Wahrnehmung, dass Beitrag des Einzelnen für Erfolg entscheidend ist
22
Q

Prozessverluste: Koordinationsverluste

A

Leistungsverlust durch organisatorische Überlagerung der Aktivitäten einzelner Gruppenmitglieder, z.B.

  • Mangelnde Abstimmung
  • Falsche Zeiteinteilung
  • Suboptimaler Informationsfluss
  • Sich widersprechende Ziele

„Ringelmann“-Effekt:
- Beim Seil ziehen nimmt die Durchschnittsleistung pro
Gruppenmitglied mit wachsender Personenzahl ab
- Erklärung: Koordinations- und eventuell auch Motivationsverlust

23
Q

Brainstorming (Shaw, 1971; Osborn, 1957)

A

Gruppen-Problemlösetechnik, bei der alle Ideen eingebracht werden sollen, ohne dass diese sofort einer Wertung unterzogen werden

  • Jeder soll seine Idee ohne Angst vor negativer Bewertung vortragen können
  • Bevor die Ideensammlung nicht abgeschlossen ist, wird keine davon kommentiert
  • Jeder hat die Möglichkeit, die Ideen anderer Personen zu elaborieren

=> Ziel: Erhöhung von Qualität und Quantität der Ideenproduktion

24
Q

Empirische Befunde zu Brainstorming

A

Sowohl quantitativ als auch qualitativ meist schlechtere Ergebnisse von Realgruppen als von Nominalgruppen

Erklärungsmöglichkeiten:

  • Koordinationsverluste (Produktionsblockierung)
  • Motivationsverluste/ Soziales Faulenzen
  • Bewertungsangst

Mögliche Lösung: Step-ladder-Methode (Rogelberg et al., 1992; West, 1994)

  • Mitglieder bringen zunächst getrennt voneinander ihre Ideen zu Papier
  • Diese werden später in der Gruppe gesammelt, diskutiert und bewertet