04 Aggression Flashcards
Was ist Aggression?
- Aggressive Handlung = ein intendiertes Verhalten mit dem Ziel, anderen Menschen physischen oder psychischen Schmerz zuzufügen.
- Feindselige Aggression erfolgt aus Ärger oder Wut und hat das Zufügen von Schmerzen zum Ziel; der andere soll geschädigt werden („heiße“ Aggression).
- Instrumentelle Aggression verfolgt ein darüber hinausgehendes Ziel, wobei auf dem Weg dahin jemandem Schmerzen zugefügt werden („kalte“ Aggression).
- Andere Unterscheidung: Ärger- vs. Anreiz-induzierte Aggression
- Physische vs. psychische Aggression
Biologische Basis von Aggression
• Da Aggressivität einen Überlebenswert hat, ist sie sicher Teil unseres Erbgutes.
Agressionsneigung als Fortpflanzungsvorteil?
– Schädigung von Konkurrenten um das Überleben der eigenen Gene zu begünstigen
- Kulturübergreifendes Auftreten von Aggression
- Vererbung von Aggressionsbereitschaft
- Neurobiologische Basis von Aggression
• Gleichzeitig aber wissen wir, dass der Mensch zur Kontrolle seiner aggressiven Impulse Mechanismen entwickelt hat und auch, dass menschliches Verhalten
flexibel ist und sich der Umwelt anpassen kann.
• Einfluss von Serotonin, Testosteron und Alkohol auf Aggression. Aber: die biologische Basis ist nur eine Seite — situative Bedingungen sind die andere!
Serotonin und Aggression
Neurotransmitter Serotonin hemmt aggressives Verhalten.
Wenn natürliche Produktion von Serotonin gestört ist => vermehrter Aggression.
Aber: Serotoninmangel gibt es auch bei Depressiven!
Testosteron und Aggression
Männliches Sexualhormon Testosteron korreliert positiv mit aggressivem Verhalten
• Folgt daraus, dass Männer aggressiver sind als Frauen?
• Einerseits ja — Männer zeigen mehr offene, Frauen eher versteckte Aggression
• Andererseits verringern sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede, wenn eine
Provokation vorliegt
• Kulturunspezifisch zeigen Männer eine höhere Tendenz zu gewaltbereiter Konfliktlösung als
Frauen
• Häusliche Gewalt ist wesentlich häufiger von Männern gegenüber Frauen als umgekehrt
• Möglicherweise fördert Testosteron indirekt Aggressivität, da Testosteron das
Dominanzverhalten erhöht; umgekehrt erhöht auch Dominanzverhalten das Testosteron Niveau!
Alkohol und Aggression
• Alkohol erhöht die Aggressionsbereitschaft (eventuell über verschlechterte Informationsverarbeitungsprozesse)
Situative Einflüsse auf Aggression ,Anderson et al. 1996
- Provokation, soziale Zurückweisung und Frustration
- Situative Bedingungen (Lärm, Hitze etc.)
- Individuelle Unterschiede (Empathie, Feindseligkeit)
beeinflussen
-> Gedanken, Gefühle, Erregung
beeinflussen
-> komplexere Denkprozesse
beeinflussen
-> Aggressionsbereitschaft
Provokation und Zurückweisung als Auslöser von Aggression
– Beispiel: Gewalttaten an Schulen (soziale Zurückweisung als eine(!) Ursache)
– Beispiel: Studie Twenge (2001, Exp. 5)
• Vpn unterhalten sich eine Viertelstunde lang in einer Gruppe
• Anschließend sollen sie angeben, mit welcher der eben kennen gelernten Personen sie am
liebsten zusammenarbeiten würden
–> Rückmeldung: entweder alle genannten oder kein genannter wolle mit Vp zusammenarbeiten
• Anschließend: Vp soll in einer Computerspielaufgabe mit einer noch unbekannten anderen Person (simuliert) zusammenarbeiten; jeweiliger Verlierer (über mehrere Runden gespielt) erhält unangenehmes Geräusch; Vp kann entscheiden, wie lange dieses unangenehme Geräusch ertönen soll
• Personen, die Zurückweisung erlebt hatten, verteilten längere und intensivere unangenehme Geräusche
– Beispiel: Selbstwertbedrohung – mehr Aggression
– Wichtig: wird Absicht unterstellt; falls ja, mehr Aggression.
Aversive Bedingungen/negative Gefühle und Aggression
• Z.B. Schmerz
• Z.B. Hitze: bei großer Hitze mehr gewalttätige
Straftaten, mehr aggressive Gedankeninhalte
-> Carlsmith & Anderson, 1979: höhere Temperaturen begünstigen Wahrscheinlichkeit von Unruhen und anderen aggressiven Handlungen
• Lärm: kann Aggressionsbereitschaft erhöhen
Situationale Einflüsse auf Aggression: Bsp. Krieg
Direkt nach Krieg zeigt sich bei beteiligten Ländern eher Anstieg in Gewaltverbrechen als bei nichtbeteiligten Ländern.
Erklärung: Verrohung, Ausnahmezustand -> Ressourcenknappheit => wieder Überleben des Stärksten
Frustration – Aggression Hypothese (Dollard et al., 1939)
Viele Ursachen von Aggression sind sozialer Natur, wobei die Frustration eine der hervorstechendsten ist. Die Frustrations-Aggressions-Hypothese besagt, dass beim Erleben von Frustration ( = Zielbehinderung) die Wahrscheinlichkeit einer aggressiven Reaktion steigt.
Frustrierende Bedingungen -> Zustand der Person -> Aggressive Reaktion
• Frustration wird eher Aggression produzieren, wenn
der Betreffende auf illegitime oder unerwartete Art
und Weise davon abgehalten wird, sein Ziel zu
erreichen.
• Frustration ist Ergebnis von “relativer Deprivation”
– dem Gefühl, man hätte weniger als man eigentlich
verdient,
– weniger als das, was man erwarten könnte,
– oder weniger als andere Menschen in ähnlicher Situation haben.
• Empirisch gute Bestätigung, dass Frustration
Aggression auslösen “kann”.
Katharsishypothese
Die Katharsishypothese besagt, dass Aggression zu einer Katharsis (Reinigung) führen kann.
Vorläufer:
• Sigmund Freud:
– Triebe Eros vs. Thanatos
– Aggression entsteht aus der Blockierung libidinöser Impulse, bzw. Aggression ist der nach außen gerichtete Todestrieb
– Katharsishypothese
• Ethologische Perspektive
– Konrad Lorenz: „Dampfkesselmodell“: nimmt angeborenen Aggressionsinstinkt/-trieb an, der beim Menschen die gleichen Funktionen wie bei den Tieren innerhalb einer Art erfüllt (Verteilung des Lebensraumes) und der Arterhaltung dient (u.a. durch Rivalität um Paarungspartner, Verteidigung der Nachkommen, Bildung einer sozialen Rangordnung). Nach diesem Modell entstehen kontinuierlich aggressive Impulse aus einer inneren Triebquelle und bedürfen periodisch der Ausführung durch einen äußeren Reiz oder der spontanen Entladung zur Spannungsreduktion.
Frustration -> Negative Befindlichkeit -> Aggression -> Katharsis
Empirie zur Katharsishypothese
Trifft eher nicht zu, wenn die Aggression nicht zielführend ist
Beispiel Studie Bushman (2002)
• Vpn bekommen – angeblich von einem anderen Teilnehmer - negative (und provozierende) Rückmeldung über einen Aufsatz, den sie geschrieben haben.
• Anschließend sollen sie auf einen Sandsack boxen
– Und dabei an den „Provokateur“ denken (A)
– Oder dabei an ihre Fitness denken (B)
• Oder sie sollen 2 Minuten ruhig dasitzen (C)
Am meisten Ärger bei A; am meisten spätere Agression gegenüber einer unbeteiligten Person ebenfalls bei A
Kann zutreffen, wenn die Aggression zielführend ist.
Aggression: Lerntheoretische Perspektive
- Aggression ist lern- und verlernbar
- Ein Mensch kann in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich aggressiv sein
- Form und Häufigkeit aggressiver Verhaltensweisen hängen in erster Linie von früher erlebten Verstärkerbedingungen ab
- Beispiel: Modell-Lernen
Bandura, Ross & Ross, 1961: Modell-Lernen
• Kinder beobachten einen Erwachsenen, der sich mit einer lebensgroßen Gummipuppe beschäftigt
– Entweder spielt der Erwachsene friedlich mit der Puppe
– Oder er schlägt auf die Puppe ein
• anschließend wird der Erwachsene für sein Verhalten
– Entweder belohnt
– Oder bestraft
• Dann können die Kinder selbst mit der Gummipuppe spielen
• schließlich werden die Kinder noch gefragt, was der Erwachsene mit der Gummipuppe gemacht hat
Ergebnis: War Rocky zuvor gelobt worden, wurde sein Verhalten von vielen Kindern imitiert.
War Rocky zuvor bestraft worden, wurde sein Verhalten von wenigen Kindern imitiert.
Bandura schloss daraus, dass die Kinder das Vorbild-Verhalten gleichermaßen erlernten, aber je nach Folgen unterschiedlich reproduziert haben. Es besteht also ein Unterschied zwischen Erwerb (Kompetenz) und Ausführung (Performanz) des beobachteten Verhaltens (sogenanntes latentes Lernen).
Aggression: Wichtige Quellen der Sozialisationserfahrung
• Eltern – Erziehungsstil hinsichtlich z.B. körperlicher Gewalt – Streitigkeiten zwischen den Eltern und die Art der Bewältigung – Missbrauch • Gleichaltrige – Kinder mit hohem Status prägen Normen – Mitgliedschaft in einer Jugend“bande“ • Kultur – Beispiel „Kultur der Ehre“