Vorlesung 9 - Biopsychologische Theorien I & II Flashcards
Beschreiben Sie die neuroanatomische Grundlage der Extraversion nach Eysencks Psychophysiologischer Aktivierungstheorie!
Ansprechbarkeit des aufsteigenden retikulären Aktivierungssystems (ARAS) als neuroanatomische Basis der Extraversion
ARAS reguliert die Erregung (Arousal) des Gehirns, bzw. den Grad der Wachheit vom Tiefschlaf bis zur starken kortikalen Erregung
ARAS wird erregt durch sensorische Reize, kognitive Aktivität
Introvertierte weisen ein höheres Arousal im ARAS als Extravertierte auf und sind daher bereits bei niedriger Stimulation stärker aktiviert
Wie lassen sich die Verhaltensunterschiede zwischen Extra- und Introvertierten im Sinner der psychophysiologischen Aktivierungstheorie nach Eysenck erklären?
Menschen fühlen sich am wohlsten und zeigen die beste Leistung bei einem mittleren Erregungsniveau (Hedonistischer Tonus)
optimales Arousal (“keine Langeweile, keine Überstimulation”) ist bei Introvertierten schon bei einem geringeren Aktivierungsgrad als bei Extrovertierten erreicht
Transmarginale Hemmung setzt bei Introvertierten früher ein
neurobiologischer Unterschied zwischen Extra- und Introvertierten liegt weniger im basalen kortikalen Arousal, sondern in der kortikalen Erregbarkeit (Arousability)
Was versteht Eysenck und “Transmarginaler Hemmung”? Welchen Bezug hat der Mechanismus zur Extraversion?
Bei stark erregenden Situationen greift ein Schutzmechanismus, der das Arousal wieder sinken lässt (Schutz vor Überregung bei starker Stimulation)
Transmarginale Hemmung setzt bei Introvertierten früher ein
Was versteht Eysenck unter “Optimal Level of Arousal”? Wie unterscheidet sich dieses zwischen Intro- und Extravertierten?
Das optimale Arousal (“keine Langeweile, keine Überstimulation”) ist bei Introvertierten schon bei einem geringeren Aktivierungsgrad als bei Extrovertierten erreicht
Folge: Introvertierte bevorzugen ein geringes Ausmaß an Stimulation
Beschreiben Sie die neurobiologische Grundlage des Neurotizismus nach Eysenck Psychophysiologischer Aktivierungstheorie!
Ansprechbarkeit des visceral brain systems (VBS) als neuroanatomische Grundlage des Neurotizismus
Personen mit hohen Werten in Neurotizismus zeigen bereits bei niedriger Reizintensität eine Aktivierung des visceral brain systems (= limbisches System)
- niedrige Aktivierungsschwelle, starke Reagibilität
Amygdala kontrolliert autonome Reaktionen (z.B. Sympathikus), reguliert emotionale Zustände
Limbisches System u.a. erregt durch emotional belastende, bedrohliche Reize
es gibt Hinweise, dass sich erhöhte Amygdala-Reaktivität auf negative Reize bei Menschen mit hohen N insb. unter Stress zeigt
Erklären Sie die Grundannahmen der Reinforcement Sensitivity Theory nach Gray!
Übernahme des Psychotizismus unverändert aus Eysencks Modell
andere Rotation und Benennung der Persönlichkeitsfaktoren:
- Ängstlichkeit & Impulsivität
ängstliche Personen: stark neurotisch und bisschen introvertiert
impulsive Personen: bisschen neurotisch und sehr extravertiert
Fokus nicht auf kortikaler Erregung (Eysenck), sondern auf Sensitivität für Verstärker (= Reinforcement Sensitivity)
- Belohnungs- / Bestrafungssensitivität
Beschreiben Sie BIS, BAS und FFFS in Grays RST & deren Bezüge zur Persönlichkeit!
Behavioral Inhibition System (BIS): Bestrafungssensitivität
- biologisches Basis: septohippocampales System
- spricht auf Reize an, die unangenehme Ereignisse ankündigen
- konditionierte Hinweisreize für Bestrafung (& Nicht-Belohnung) und
neuartige Reize
- bei Aktivierung: Verhaltenshemmung, Erregungssteigerung,
verstärkte Aufmerksamkeit, v.a. für bedrohliche Reize
- Emotion: Angst (BIS kann durch Anxiolytika gedämpft werden)
Behavioral Activation System (BAS): Belohnungssensitivität
- biologische Basis: Basalganglien
- BAS spricht auf Reize an, die positive Konsequenzen ankündigen
- konditionierte Hinweisreize für Belohnung (& Nicht-Bestrafung)
- bei Aktivierung: Verhaltensaktivierung, Annäherungsverhalten
- positive Emotionen: Freude, Glücksgefühle, Erleichterung
Fight Flight Freeze System (FFFS)
- biologische Basis: u.a. medialer Hypothalamus und Höhlengrau
- sensitiv für unkonditionierte Bestrafungsreize (existenz. Bedrohung)
- Aktivierung resultiert in Kampf (falls Distanz gering) oder Flucht /
Erstarrung (falls Distanz größer)
- Emotion: Furcht, Panik (Reaktion nicht gedämpft durch Anxiolytika)
- biologische Basis des Psychotizismus
BIS und BAS sind keine unabhängigen Systeme: ist das eine aktiviert, wird das andere gehemmt
chronisches Ungleichgewicht der beiden Systeme als Grundlage für Ängstlichkeit und Impulsivität
Welche Veränderungen ergeben sich in Grays revidierte Fassung seiner RST?
zentrale Änderungen in der revidierten Fassung:
FFFS:
- reagiert auf unkonditionierte und konditionierte Hinweisreize für Bestrafung
–> Vermeidung
BAS:
- reagiert auf unkonditionierte und konditionierte Hinweisreize für
Belohnung
- Annäherung
neue Reize aktivieren FFFS und BAS simultan
BIS:
- nicht mehr direkt durch aversive Reize aktivierbar
- registriert Aktivierung im FFFS & BAS
- übernimmt Funktion eines Konfliktdetektors
–> approach-approach, avoidance-avoidance, approach-avoidance
- Reaktion: Angst, Rumination, Aufmerksamkeit, Erregung
Erläutern Sie die Grundannahmen der biopsychologischen Persönlichkeitstheorie von Cloninger?
unterteilt Persönlichkeit in zwei Teilsysteme:
Temperament: weitgehend angeboren, genetisch bedingt
- Harm Avoidance
- Novelty Seeking
- Reward Dependance
- Persistence
Charakter: im Zuge der Entwicklung durch soziale Lernprozesse
- Self-directiveness
- Cooperativeness
- Self-transcendence
Welche Temperamentseigenschaften beschreibt Cloninger in seiner biosozialen Persönlichkeitstheorie?
Harm Avoidance: Serotonin (verhaltenshemmend)
- Tendenz, intensiv auf Hinweisreize für aversive Stimulation zu
reagieren
- Vermeidung von Bestrafung, Nichtbelohnung, neuen Situationen
- hoch HA: vorsichtig, angespannt, besorgt, ängstlich, schüchtern
Novelty Seeking: Dopamin (verhaltensaktivierend)
- Tendenz, auf neue Reize & Hinweisreize für potentielle Belohnung mit starkem Annäherungsverhalten zu reagieren
- zielgerichtete Aktivität zur Erlangung von Belohnungen (aktive
Vermeidung von Monotonie und Bestrafung)
- hoch NS: impulsiv, neugierig, erregbar, extravagant
Reward Dependance: Noradrenalin (verhaltensfortführend)
- Tendenz, intensiv auf Hinweisreize für Belohnung zu reagieren
(insbesosondere sozialer Art, z.B. Anerkennung)
- Wie stark ist die Aufrechterhaltung eines Verhaltens von positiven
Konsequenzen abhängig?
- hohe RD Werte: bemüht zu gefallen, gebunden, abhängig, fleißig,
hilfsbereit, ausdauernd, mitfühlend, sentimental
Persistence: Noradrenalin (verhaltensfortführend)
- Tendenz, Handlungen trotz Frustration und Ermüdung beharrlich
fortzuführen (“nicht leicht aufgeben”)
- zunächst zugehörig zu Reward Dependance, später eigenständig
- hohe Werte: ambitioniert, fleißig, perfektionistisch
Welche Methoden / Ansätze kennen Sie, um den von Cloninger postulierten Zusammenhang zwischen Neurotransmittersystemen und Temperament experimentell zu überprüfen?
durch akuten Mangel der AS Tryptophan (Serotonin) werden Serotoninspiegel im ZNS kurzfristig reduziert
- führt nur bei Frauen zu Verschlechterung der Stimmung (POMS), mit
depressiver Stimmung assoziiert
- ähnl. Effekt bei vulnerablen Personen (Depression in der
Vergangenheit oder in der Familie / Verwandschaft)
- Tryptophandepletion verbessert Vorhersageleistung für Bestrafung
–> erhöhte Sensitivität für Reize, die Bestrafung signalisieren
Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen zwischen den biopsychologischen Persönlichkeitstheorien von Gray und Cloninger?
Harm Avoidance - Ängstlichkeit (BIS)
Novelty Seeking - Impulsivität (BAS)
Reward Dependance
Persistence
Was versteht Zuckerman unter Sensation Seeking?
“Bedürfnis nach wechselnden, neuen, intensiven und komplexen Erregungen und der Bereitschaft, um dieser Erregung Willen, physische, finanzielle und soziale Risiken auf sich zu nehmen”
Integration des Konzepts “Sensation Seeking” in ein “alternatives Fünf-Faktoren Modell”
Thrill and Adventure Seeking:
- Neigung oder Wunsch, Spannung & Abenteuer durch riskante,
aufregende Aktivitäten wie schnelles Fahren, riskante Sportarten,
etc. zu erleben
Experience Seeking:
- Neigung, neue Eindrücke zu bekommen & neue Erfahrungen zu
machen (z.B. Reisen, Kunst, nonkonformistische Lebensweisen, etc.)
Disinhibition:
- Tendenz, sich Stimulation durch soziale Aktivitäten zu verschaffen
(Partys, soziales Trinken, sexuelle Kontakte)
Boredom Susceptibility:
- Intoleranz gegenüber sich wiederholenden Erfahrungen (Routine,
langweilige Menschen), Anfälligkeit für Langeweile, Abneigung
gegenüber monotonen Situationen (lösen Ruhelosigkeit aus)
Kennen Sie neurobiologische Auffälligkeiten, durch die Personen mit hohen Sensation Seeking Werten gekennzeichnet sind?
Unterschiede im Sensation Seeking (P-ImpUss) werden durch Monoamine (Serotonin, Noradrenalin, Dopamin) moduliert
Dopamin assoziiert mit Belohnungserleben / Annäherungsverhalten
Serotonin assoziiert mit (Verhaltensent-)Hemmung
Noradrenalin assoziiert mit Arousal / Aktivierung
Monoaminerge Modulation im Sensation Seeking akzeptiert, aber:
- gerichtete Annahmen problematisch
- Differenzierung in Neurotransmitteraktivität und -ansprechbarkeit
Erläutern Sie das Konzept des Augmenting / Reducing im Zusammenhang mit Sensation Seeking!
Menschen mit starkem Sensation Seeking: Augmenting
Menschen mit niedrigem Sensation Seeking: Reducing
Ab gewisser Reizintensität interindividuelle Unterschiede der frühen EEG-Komponenten (EKP)
- Reducer: Abnahme der Amplitude (Reducing als kortikale
Schutzhemmung)
- Augmenter: Zunahme der Amplitude, auch bei stärkerer Intensität
positiver Zusammenhang zwischen kortikalem Augmenting und Sensation Seeking gut belegt