VL2: Temperament Flashcards

1
Q

Beschreibe die Definition von Temperamentseigenschaften (2)

A

> Verhaltensstile, die relativ konsistent über verschiedene Situationen hinweg gezeigt werden und die biologisch basiert sind (Kail, 2016)
Biologisch basierte, früh zutage tretende individuelle Disposition im Hinblick auf Reaktivität und Selbstregulation, beeinflusst durch Gene, Reifung und Erfahrung (Rothbart & Derryberry, 1981)
- Reaktivität: Dispositionen bei Affekt, Aktivität (Motorik) und Aufmerksamkeit
- Selbstregulation: Prozesse, welche die Reaktivität regulieren

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2
Q

Beschreibe die Einschlusskriterien für Temperamentsmerkmale nach Zentner und Bates, 2008 (6)

A
  1. Individuelle Unterschiede im normalen Verhalten bei Affekt, Aktivität, Aufmerksamkeit und Wahrnehmungssensitivität
  2. Formal beschreibbar durch Intensität, Latenz, Dauer, Schwelle und Erholungszeit von Reaktionen
  3. Merkmal tritt bereits in den ersten Lebensjahren auf
  4. Entsprechung auch bei Primaten und ggf. anderen sozialen Säugetieren beobachtbar
  5. Merkmal ist eng verbunden mit biologischen Mechanismen (unter Umständen allerdings auf komplexe Weise)
  6. Merkmal ist relativ stabil und prädiktiv für konzeptuell zusammenhängende Outcomes
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3
Q

Beschreibe die New York Longitudinal Study (NYLS) -> hauptauroren, Zeitpunkt, Stickprobe, Ziel

A

> Hauptautoren: Alexander Thomas und Stella Chess
ab 1956
bahnbrechende Längsschnittstudie vom Säuglingsalter bis ins Erwachsenenalter
Ursprüngliche Stichprobe: 22 Säuglinge im Alter von 3-6 Monaten (später auf 141 Kinder ausgeweitet)
Interviews mit Eltern und Verhaltensbeobachtung
zeigt, dass Temperament des Säuglings das Auftreten von psychischen Problemen bzw. emotionaler Stabilität im Erwachsenenalter vorhersagt

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4
Q

Welche 9 Temperamentsdimensionen werden nach der New York Longitudinal Study vorgeschlagen?

A
  1. Aktivitätsniveau
  2. Annäherung vs. Rückzug
  3. Anpassungsfähigkeit
  4. Affekt (Positivität vs. Negativität)
  5. Reaktionsschwelle
  6. Intensität der Reaktion
  7. Ablenkbarkeit
  8. Regelmässigkeit (bzw. Vorhersagbarkeit des Verhaltens)
  9. Aufmerksamkeitsspanne/Ausdauer
    - > empirisch jedoch nicht nachweisbar
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5
Q

Beschreibe den Vorschlag eines typologischen Modells nach der New York Longitudinal Study (4)

A

> Das problemlose/einfache Kind (40%): reagiert mit Interesse auf neue Reize, meist fröhlich, hat stabile biologische Rhythmen, leicht zu beruhigen, anpassungsfähig
Das schwierige Kind (10%): neigt zu Irritation und intensiven Reaktionenauf neue Reize, wenig Gewohnheiten, schwer zu beruhigen, wenig anpassungsfähig
Das “langsam auftauende” (slow-to-warm-up) Kind (15%): zeigt allgemein wenig Aktivität, zurückhaltend (benötigt Zeit, um sich neuen Reizen zuzuwenden), eher negative Stimmung, wenig anpassungsfähig
35% der Kinder passten in keine der Kategorien

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6
Q

Beschreibe die Vorteile und Nachteile von typologischen Modellen

A

> Vorteil von typologischen Modellen:
- typologische Beschreibung einfacher zu verstehen als dimensionale Beschreibung
- leichter kommunizierbar gegenüber fachfremden Wissenschaftlern, Journalisten und Laien
Nachteil von typologischen Modellen
- erlauben keine feinere, graduell abgestufte Beschreibung des Temperaments (wie die dimensionale Beschreibung)
- vereinfachen zu stark und bergen die Gefahr von Schubladendenken

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7
Q

Beschreibe das Dimensionale Temperamentsmodell

A

Bei dimensionalen Modellen gibt es verschiedene Variablen, in denen das Kind jeweils positive oder negative Werte haben kann (Zahlenstrahl)
-> bsp. Temperamentsmodell von Mary Rothbart

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8
Q

Welche Dimensionen beinhaltet Mary Rothbarts Modell?

A
> Reaktivität
- Aktivitätsniveau
- Aufmerksamkeitsspanne
- ängstliches Unbehagen
- reizbares Unbehagen
- positive Gestimmtheit
> Selbstregulation
- aktive Selbstregulation
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9
Q

Auf welche drei übergeordneten Faktoren wurde Mary Rothbarts Modell reduziert?

A
  1. Begeisterungsfähigkeit (surgency)
    - Positiver Affekt, Aktivität, Suche nach Stimulation
  2. Negative Affektivität (negative affect)
    - Ärgerneigung, Ängstlichkeit, Schüchternheit, geringe Tröstbarkeit
  3. Intentionale Kontrolle (effortful control)
    - Hohe Aufmerksamkeitsspanne, geringe Ablenkbarkeit, Impulskontrolle
    -> Faktorenstruktur
    relativ gut bestätigt in verschiedenen Altersgruppen
    und kulturellen Kontexten
    - Rothbart postuliert, dass gute Passung von Temperament und Umwelt/Erziehungsbedingungen entscheidend ist
    (Auch Kinder mit “schwierigem” Temperament können sich gut entwickeln)
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10
Q

Beschreibe die Heritabilität und deren Einfluss

A

> Heritabilität (Erblichkeitsgrad): relativer Anteil der genetisch erklärten Varianz an der Gesamtvarianz bei einem Merkmal
Genetische und Umwelteinflüsse erklären ungefähr je 50% der interindividuellen Unterschiede beim Temperament
Beispiele für Umwelteinflüsse
- Schwangerschaftsverlauf, Ernährung
- Verhalten der Eltern: emotionale - Zuwendung, Erziehungsstil
- Soziale Schicht, Wohnumgebung
- Verhalten von anderen Personen, Peers
- Unfälle, Krankheiten

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11
Q

Beschreibe das differentielle-Suszeptibilitäts-Modell nach Ellis

A

Orchideenmodell
Beispiel:
- Dopaminbezogene Gene (z.B. DRD4) hängen mit den Temperamentsmerkmalen Suche nach Anregung und geringe Ängstlichkeit zusammen
- moderieren die Effekte von Erziehungsbedingungen
> Untersucht wurden:
- Effekte negativer Erziehungsumwelten (z.B. pränataler Stress, Vernachlässigung) auf externalisierendes Verhalten und ADHD
- Effekte positiver Erziehungsumwelten (z.B. Responsivitität, gute Betreuung in Kindertagesstätte) auf positive Outcomes wie prosoziales Verhalten und intentionale Kontrolle
> Ergebnis der Metaanalyse
- Kinder mit einer bestimmten Variante des Gens werden durch die Umwelt stärker beeinflusst als die anderen Kinder, im Guten wie im Schlechten
- Der positive Suszeptibilitätseffekt (förderlicher Effekt positiver Erziehungsumwelten) war genauso gross wie der negative Suszeptibilitätseffekt (Vulnerabilitätseffekt negativer Erziehungsumwelten)

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12
Q

Beschreibe die Stabilität des Temperaments

A

> Temperament im Kleinkindalter ist ein Prädiktor für das Temperament in der mittleren Kindheit, im Jugendalter und im Erwachsenenalter (z.B. Caspi et al., 2003, Journal of Personality)
Allerdings ist das Ausmass der Stabilität des Temperaments im Kleinkindalter noch gering

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13
Q

Beschreibe die Metaanalyse von Robbertsund DelVecchio

A

> Metaanalyse von Roberts und DelVecchio (2000, Psychological Bulletin): Daten aus 152 Längsschnitt-Studien mit Altersrange 0 bis 73 Jahre
-> Über die Zeit werden Persönlichkeitstraits immer wie stabiler

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14
Q

Beschreibe die Ursachen der mit dem Alter grösser werdenden Stabilität des Temperaments

A

> Stabilisierung des Selbstkonzepts
- Selbstwissen nimmt in Kindheit und Jugend zu; Selbstkonzept trägt zu Aufrechterhaltung von Temperamentseigenschaften bei
Wechselseitiger Einfluss zwischen Temperament und Umwelt (sogenannte Person-Umwelt-Transaktionen)
Beispiel 1: Auswahl passender Umwelten (“Nischen”), welche die bestehenden Eigenschaftenverstärken
Beispiel 2: Individuum ruft Reaktionen anderer hervor, die bestehende Eigenschaften verstärken

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15
Q

Beschreibe das Temperament als Vorläufer der Persönlichkeit

A

> Persönlichkeit des späteren Jugendlichen/Erwachsenen entsteht aus Temperamentsmerkmalen des Kindes

  • Extraversion: entsteht aus positiver Emotionalität, Aktivität
  • Neurotizismus: entsteht aus negativer Emotionalität
  • Gewissenhaftigkeit: entsteht aus intentionaler Kontrolle
  • Verträglichkeit: ?? (entsteht möglicherweise aus intentionaler Kontrolle und geringer negativer Emotionalität)
  • Offenheit für Erfahrungen: ?? (entsteht möglicherweise aus Sensitivität für interne und externe sensorische Reize)
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16
Q

Nenne Beispiele für Konsequenzen von Temperament

A

> Intentionale Kontrolle/Selbstregulationsfähigkeiten
- Schulerfolg
- Weniger Abhängigkeiten und Süchte
Positive Affektivität
- grössere Beliebtheit, grösseres soziales Netz
- Schutzfaktor vor Depressivität
Schüchternheit/Verhaltenshemmung
- Mehr Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen
- Schlechteres Bewältigungsverhalten

17
Q

Beschreibe die Studie von Moffitt et al. 2011

A

> Effekte von Selbstkontrolle im Kindesalter auf die Anpassung als Jugendlicher bzw. Erwachsener (mit Daten der Dunedin-Studie)
Resultate:
- Kinder mit geringsten
Selbstkontrolle haben die
stärksten Gesundheits-
und abhängigkeitsprobleme
- Kinder mit geringer Selbstkontrolle haben ein tiefes einkommen und sozioökonomischen Status, zudem viele finanzielle Schwierigkeiten
- Kinder mit tiefer Selbstkontrolle sind öfter alleinerziehend und begehen öfter Straftaten

18
Q

Beschreibe das Beispiel Schüchternheit

A
  • Forschung von Jerome Kagan zu Verhaltenshemmung (behavioral inhibition)
  • Im 2. Lebensjahr ist ein Teil der Kinder schüchtern, ängstlich und vermeidend, wenn sie mit unvertrauten Personen, Orten oder Objekten bzw. mit unerwarteten Situationen konfrontiert sind
    Viele dieser Kinder reagierten bereits mit 4 Monaten auf unerwartete oder unvertraute Ereignisse, die keine objektive Bedrohung darstellen, mit heftiger motorischer Aktivität und Unbehagen (von Kagan als hoch-reaktiv bezeichnet)
    > Hypothese zu biologischer Grundlage: Bei Kindern mit Verhaltensinhibition besteht eine Übererregbarkeit der Amygdala und der damit verbundenen Hirnstrukturen
  • Normale Funktion: Amygdala wird durch unerwartete Ereignisse aktiviert
    z.B. unerwartete visuelle, auditive, somatosensorische, Geschmacks-und Geruchsreize
    löst Reglosigkeit und/oder defensives Verhalten aus
    notwendig für Erwerb von Konditionierungen
    > Auch bei anderen Säugetieren zeigt ein Teil der Jungen jeweils Verhalten, welches Verhaltensinhibition ähnelt
19
Q

Beschreibe die Prognose für die Entwicklung bei Schüchternheit

A

> Vorschulalter
- 80% der Kinder, die als Säuglinge hoch-reaktiv waren, sind schüchtern und vermeidend
- jedoch nur 20-30% sind extrem schüchtern und ängstlich
Erwachsenenalter
- Die meisten der ehemals hoch-reaktiven Säuglinge sind als Erwachsene in ihrem Sozialverhalten relativ gut angepasst
- Sie berichten jedoch subjektiv von mehr Ängsten, Anspannung und Sorgen bei Konfrontation mit unvertrauten Situationen

20
Q

Beschreibe die Evolutionäre Grundlage von Temperamentsunterschieden

A

> Temperamentsmerkmale sind individuelle Unterschiede in Verhaltenssystemen, die sich evolutionär entwickelt haben
Welche Verhaltenssysteme liegen den Big Five Persönlichkeitsfaktoren zugrunde?
- Extraversion: Entdecken von Belohnungen; Gewinn sozialer Dominanz
- Neurotizismus: Entdecken von Bedrohungen
- Gewissenhaftigkeit: Verfolgen langfristiger Ziele
- Verträglichkeit: Kümmern um Schwächere/Nachwuchs; geringe Verträglichkeit: Aggression gegen Andere
- Offenheit für Erfahrungen: Exploration neuer Umwelten