VL 5: Selbstkonzept und Identität Flashcards
Beschreibe das Selbst
> William James’ (1842-1910) fundamentale Unterscheidung zwischen zwei Aspekten des Selbst
- Das Selbst als handelndes, wahrnehmendes Subjekt: “I” (ich)
- Das Selbst als wahrgenommenes Objekt: “Me” (mich)
Beschreibe die Entstehung des Ich-Bewusstseins
> William James: Ich-Bewusstsein (= sich selbst als eigenständige, permanente Person erkennen) ist Voraussetzung für die Entwicklung des Selbstkonzepts
Entsprechende kognitive Entwicklung ist Voraussetzung für Entstehung des Ich-Bewusstseins
- Permanenz von Objekten und Personen
- Erkennen von Personen
Ab ca. 4 Monaten: beim Vorspielen von Videos mehr Aufmerksamkeit auf Aufnahmen von Anderen als auf Aufnahmen von sich selbst
Meilenstein mit ca. 18-24 Monaten: Erkennen der eigenen Person im Spiegel
(”Rouge-Test”)
Verwenden von eigenem Namen und Personalpronomen (“ich”, “mich”, etc.) ab ca. 24 Monaten
Mit ca. 3 Jahren beginnen Kinder die Kontinuität des Selbst zu erkennen (z.B. dass sie beim 3. Geburtstag dieselbe Person sind wie beim 2. Geburtstag, nur älter)
Selbstbezogen Emotionen wie Scham, Schuld und Stolz setzen Ich-Bewusstsein voraus
Beschreibe die Entwicklung des Selbstkonzepts ab 2-3 Jahren
> Ab 2-3 Jahren beginnen Kinder ein Selbstkonzept zu entwickeln (zu Beginn konkrete und beobachtbare Attribute)
- Name, Geschlecht,Körperliche Merkmale, Besitztümer, Fähigkeiten
Zu Beginn kategoriales Selbst: Verwendung von Kategorien für sich selbst und andere, z.B. nach Alter (Baby, Mädchen, Frau) oder körperlichen Eigenschaften (gross, klein)
Beschreibe die Entwicklung des Selbstkonzepts ab 5-7 Jahren
> Ab 5-7 Jahren beginnen Kinder auch abstraktere Attribute in ihr Selbstkonzept aufzunehmen
- Einfachere psychologische Merkmale wie Neigung zu bestimmten Emotionen
- Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen
- Fähigkeiten werden differenzierter eingeschätzt (Fähigkeitslevel relativ zu anderen)
Beschreibe die Entwicklung des Selbstkonzepts ab der Adoleszenz (ca. 12 Jahre)
> Ab der Adoleszenz (Beginn ca. 12 Jahre) enthält das Selbstkonzept noch abstraktere Attribute
- Einstellungen, Persönlichkeitseigenschaften, Religiöse und politische Überzeugungen, Werthaltungen, Kontextabhängige Merkmale
- Enthält mehr qualifizierende Aussagen (“manchmal”, “eher”, “nicht immer”, etc.)
Annahmen zum zukünftigen Selbst
Enthält neben dem Realselbst (Annahmen zu den tatsächlichen Eigenschaften des Selbst) auch ein Idealselbst (von der Person als wünschenswert angesehene Eigenschaften; internalisierte Standards)
Entdeckung von Inkonsistenzen im Selbstkonzept (z.B. das Selbst mit Eltern ist anders als das Selbst mit Freunden) führt zu Fragen nach dem wahren Selbst (Identitätssuche)
Beschreibe die Definition des Selbstkonzepts
> Kombination aus Eigenschaften, Fähigkeiten, Einstellungen und Wertvorstellungen, über die sich eine Person definiert
Teil des Gedächtnisses, in dem Wissen über die eigene Person in geordneter Weise gespeichert ist
Das Selbstkonzept bezieht sich vor allem auf dispositionale (zeitlich relativ stabile) Attribute des Selbst
Enthält Anteile, in denen alle Menschen bzw. viele Menschen derselben Kultur übereinstimmen (z.B. das Wissen, ein Mensch zu sein, einer bestimmten Religion anzugehören)
Enthält individuell verschiedene Anteile (z.B. Name, Herkunft, körperliche Eigenschaften, Persönlichkeitseigenschaften)
Beschreibe das Selbstkonzept als kognitives Schema
> Selbstkonzept enthält nicht nur Fakten, sondern auch ungetestete Annahmen
Kognitive Schemata beeinflussen Informationsverarbeitung
Das Selbstkonzept beeinflusst die Verarbeitung von Informationen über die eigene Person (z.B. Markus, 1977)
Beispiel: “Ich bin ein unabhängiger Mensch”
Beschreibe die universellen Aspekte der Konzeption des Selbst
> Physische Einheit des Individuums
Zuordnung der eigenen Präsenz und eigener Handlungen im Raum-Zeit-Koordinatensystem
Bewusstsein für innere psychische Prozesse: Träume, Gedanken, Gefühle
Bewusstsein für die fehlende Beobachtbarkeit innerer Prozesse: privates Selbst
Beschreibe die Independente Konzeption des Selbst (individualistische Kultur)
> Wertschätzung von
- Unabhängigkeit, Autonomie
- Individualität, Einzigartigkeit einer Person
- Selbstbehauptung
- Selbstverwirklichung, Persönlichkeitsausdruck
Kulturelle Aufgabe
- Autonomes und effektives Funktionieren in sozialen Interaktionen
- Erfolg und Glück
Selbstkonzept: unabhängig
Beschreibe die Interdependente Konzeption des Selbst (kollektivistische Kultur)
> Wertschätzung von:
- harmonische gegenseitige Abhängigkeit und Anpassung
- Verbundenheit und Zugehörigkeit
- Empathie und Fürsorge
- Interpersonale Pflichten und Verantwortlichkeiten
> Kulturelle Aufgabe
- Aktiver Teil eines Netzwerks aus sozialen Beziehungen sein
- Selbstkritik, Selbstkontrolle, Beharrlichkeit
> Selbstkonzept: vernetzt
Beschreibe den Begriff der Identität
> Dem “Selbst” verwandter Begriff
Der Begriff Identität verweist auf die Vorstellung von der Einzigartigkeit von Personen
- Äussere Merkmale: Name, Alter, Geschlecht, Beruf, etc.
- Innere Merkmale: einzigartige Persönlichkeit
Vorstellung von zeitlicher Stabilität und situativer Konsistenz zentraler Eigenschaften, Werte und Ziele einer Person
Beschreibe die Identitätsfindung
> Psychosoziale Entwicklungstheorie von Erik Erikson
- Identitätsfindung als zentrale Herausforderung in der Adoleszenz
- Wenn der Konflikt nicht gelöst wird, ist die/der Jugendliche oberflächlich, ziellos und nicht bereit für die Herausforderungen des erwachsenen Lebens
Lange vorherrschende Meinung: Jugendliche durchleben “Identitätskrisen”
Nach heutigem Wissen ist in Bezug auf die Adoleszenz der Begriff “Krise” jedoch stark übertrieben
Die meisten Jugendlichen haben gutes Wohlbefinden und keine schwerwiegenden Konflikte mit ihren Eltern
Beschreibe die Selbstaufmerksamkeit und den Egozentrismus
> In der Adoleszenz erfolgt eine starke Zunahme von Selbstreflexion und gedanklicher Beschäftigung mit der eigenen Person (Selbstaufmerksamkeit)
Jugendlicher Egozentrismus: Neigung von Jugendlichen, sich in übertriebener Weise als Objekt der Aufmerksamkeit und Bewertung durch andere wahrzunehmen
Beschreibe die Identitätszustände nach James Marcia (1980)
> Abgeleitet aus Eriksons psychosozialer Entwicklungstheorie
Vierfelderschema auf der Basis zweier Kriterien: Exploration und innere Verpflichtung (Commitment)
- Diffuse Identität: fehlende Exploration, fehlende innere Verpflichtung
- Übernommene Identität: innere Verpflichtung ohne vorhergehende Exploration (Identität ist in der Regel von den Eltern oder anderen Erwachsenen übernommen)
- Identitätsmoratorium: Exploration, die noch nicht zur inneren Verpflichtung geführt hat
- Erarbeitete Identität: innere Verpflichtung nach erfolgter Exploration
Identitätszustände können sich in Abhängigkeit vom Identitätsbereich unterscheiden (z.B. berufliche Interessen, politische Einstellung)
Die meisten Jugendlichen/jungen Erwachsenen entwickeln sich von einem “niedrigeren” Status (diffuse Identität, übernommene Identität) zu einem “höheren” Status (Identitätsmoratorium, erarbeitete Identität)
Die Entwicklung erfolgt jedoch nicht notwendigerweise in einer festen Abfolge
Welche Einflussfaktoren auf die Identitätsfindung gibt es?
> Eltern/Bezugspersonen:
- Bereitschaft zur Diskussion von Identitätsaspekten (Werte, Einstellungen, Moral, berufliche Interessen, Lebensstil, sexuelle Orientierung, etc.)
- Akzeptanz der Autonomie/Selbstbestimmung des Jugendlichen
- Ermutigung zur Exploration von Alternativen
Gleichaltrige: Vertrauensvolle Freundschaften
Materielle/zeitliche Ressourcen: Armut ist negativer Prädiktor
Persönlichkeit: Offenheit für Erfahrung