VL 3: Bindung Flashcards

1
Q

Beschreibe die Entstehung der Bindungstheorie

A

> Bindungstheorie in Psychoanalyse entstanden
- Emotionale Bindung des Säuglings an Mutter Grundlage für alle späteren Beziehungen
- Füttern als primärer Kontext, in dem Bindung zwischen Säugling und Bezugsperson entsteht
Soziale Lerntheorie
Nahm ebenfalls an, dass Beziehung zur Mutter aufgrund des Stillens/Fütterns wichtig ist (angenehme Gefühle aufgrund der Befriedigung von Hunger werden mit der Anwesenheit der Mutter assoziiert)
Ethologische Forschung
- Konrad Lorenz
- Harlow (1958): Versuche mit Rhesusaffen widerspricht der These, dass Entstehung von Bindung abhängig ist von Füttern bzw. Befriedigung von Hunger
John Bowlby (1907-1990)
- verknüpfte psychoanalytisches Konzept mit evolutionsbiologischen Ideen
- Innovative Annahme: Nähesuchen durch Säugling/Kleinkind ist evolutionär entstandenes Verhaltensmuster

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2
Q

Beschreibe die Perspektive mehrerer Verhaltenssysteme

A

> Wichtige Verhaltenssysteme in der frühen Kindheit:
- Bindung
- Exploration
- Furcht
- Geselligkeit
Bei jedem Verhaltenssystem
- Set aus Verhaltensweisen, die funktional äquivalent sind
- Auswahl, Aktivierung und Beendigung von Verhaltensweisen als Funktion des internen Zustands und der Umwelt/Situation (externe Zustände)
- Kann als Kontrollsystem (Regelkreis) beschrieben werden

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3
Q

Beschreibe das Bindungs-Verhaltenssystem

A

> Unmittelbares Ziel des Bindungs-Verhaltenssystems: Ausreichend Nähe zur Bezugsperson herstellen bzw. aufrechterhalten
Säuglinge verfügen über eine Reihe relevanter Verhaltensweisen
- Annähern/Folgen (Robben, Krabbeln, Gehen, Rennen, etc.)
- Rufen, Weinen
Funktionen der Nähe zur Bezugsperson:
- Schutz vor Gefahr
- Unterstützung im Explorationsverhalten
- Bewältigung von Anforderungen

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4
Q

Beschreibe den Evolutionstheoretischen Hintergrund des Bindungs-Verhaltenssystem

A

> Individuen, die aufgrund zufälliger genetischer Variation Bindungsverhalten häufiger zeigten, hatten höhere Überlebenschancen
Angeborene
Verhaltensweisen bei Säugling (und Eltern) sichern Überleben und Reproduktion der Spezies
Kinder binden sich an die Mutter/Bezugsperson, mehr oder weniger unabhängig davon, ob sie ihre Bedürfnisse befriedigt oder nicht

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5
Q

Welches sind die Einflussfaktoren auf das Bindungs-verhaltenssystem

A

> Situative interne Einflussfaktoren:
- Krankheit, Müdigkeit, Hunger, Schmerz, etc.
Situative externe Einflussfaktoren:
- Bedrohliche Reize, unvertrauter Aufenthaltsort, etc.
Verhaltensweisen unterscheiden sich in Abhängigkeit vom Alter des Kindes und von der Situation
- Funktionale Gleichwertigkeit entscheidend
- Ermöglicht Flexibilität und Effizienz beim Aufsuchen von Nähe
- Erklärt Stabilität in der Bindungsbeziehung trotz grosser Entwicklungs-und Kontextveränderungen

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6
Q

Beschreibe die Regelkreis-Perspektive und die Emotionen im Bindungs-Verhaltenssystem

A

> Regelkreis-Perspektive
- Wenn Distanz zur Bezugsperson zu gross wird (im räumlichen oder zeitlichen Sinn) wird die Aktivität des Bindungssystems erhöht
- Wenn ausreichend Nähe hergestellt ist, wird die Aktivität des Bindungssystems verringert
- Homöostase besteht, wenn Zustand innerhalb von bestimmten Grenzwerten ist
Emotionen
- Steuern Verhalten des Kindes durch Aufmerksamkeitslenkung, physiologische Komponente, Ausdrucksverhalten und motivationale Komponente

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7
Q

Welche Phasen der Bindungsentwicklung gibt es?

A

> Vorphase (Geburt bis 6.-8. Woche)
Beginnende Bindungsphase (6.-8. Woche bis 6.-8. Monat)
Eindeutige Bindung (-18.Mte)
Reziproke Bindung (ab 18 Mte)

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8
Q

Beschreibe die Vorphase

A

> Geburt bis 6.-8. Woche
Angeborene Verhaltensweisen fördern Kontakt mit potentiellen Bezugspersonen: Greifen, Lächeln, Weinen, Blick in die Augen
Säuglinge erkennen Mutter an Geruch und Stimme
Jedoch noch keine Bindung: Säuglingen macht es nichts aus, bei unbekannten Erwachsenen zu sein (Plastizität)

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9
Q

Beschreibe die Beginnende Bindungsphase

A

> 6.-8. Woche bis 6.-8. Monat
Säugling reagiert anders auf bekannte Person (Aufbau von Präferenz für Bezugspersonen)
Gefühl des Vertrauens entwickelt sich
Jedoch noch kein Protest bei Trennung von Bezugsperson

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10
Q

Beschreibe die Eindeutige Bindung

A

> 6.-8. Monat bis 18. Monat

  • Die meisten Kinder haben eine Bindung zu einer Bezugsperson entwickelt und zeigen Trennungsangst
  • Funktion 1: Aufrechterhaltung von Nähe
  • Funktion 2: “Sicherer Hafen” (safe haven)
  • Funktion 3: “Sichere Ausgangsbasis” (secure base)
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11
Q

Beschreibe die Reziproke Beziehung

A

> ab 18. Monat

  • Kognitive Entwicklung bewirkt zunehmendes Verständnis der Gefühle und Ziele der Bezugsperson
  • Verständnis von Kommen und Gehen der Bezugsperson
  • Initiative und Mitgestaltung der Interaktion
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12
Q

Beschriebe die mehrfachen Bindungen

A

> Bowlby ging zunächst davon aus, dass ein Kleinkind danach strebt, Bindung nur zu einer Person aufzubauen
Kleinkinder können jedoch zu mehreren Personen Bindungen aufbauen (Mutter, Vater, Grosseltern, ErzieherInnen, etc.)
Bindungshierarchie: Tendenz zur Bevorzugung einer Hauptbezugsperson
Durch inneres Arbeitsmodell

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13
Q

Beschreibe das innere Arbeitsmodell

A

> Kind entwickelt inneres Arbeitsmodell (internal working model) der Beziehung zur Bezugsperson
Bei sicherer Bindung: mentale Repräsentation, dass die Bezugsperson bei Bedarf verfügbar und fürsorglich/responsiv ist
Insbesondere Bindungserfahrungen in bedrohlichen Situationen prägen das innere Arbeitsmodell
Dient in Abwesenheit der Bezugsperson als sichere Basis
Im Laufe der Entwicklung wird das innere Arbeitsmodell komplexer und wird anhand weiterer Erfahrungen revidiert
Wird zu einem zentralen Bestandteil der Persönlichkeit des Kindes bzw. späteren Erwachsenen
Dient als Modell für zukünftige enge Beziehungen

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14
Q

Beschreibe die Stabilität der Bindungssicherheit von der frühen Kindheit bis zum jungen Erwachsenenalter

A

> man erlernt Prototypen, welche uns beeinflussen

> stabiler teil bei der bindungssicherheit= das was in allerfrühster Kindheit erlernt, besteht bis ins erwachsenenalter

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15
Q

Wie wurde die Bindungssicherheit gemessen?

A

> Fremde-Situation-Test (“Strange Situation”)

  • Entwickelt von Mary Ainsworth et al. (1978)
  • Verbreitetes Laborverfahren zur Beurteilung der Bindungssicherheit zwischen dem 1. und 2. Lebensjahr
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16
Q

Beschreibe den Fremde-Situation-Test

A

> Kinder werden zusammen mit der primären Bezugsperson (i.d.R. die Mutter) in eine Sequenz von Situationen gebracht
Beobachtung der Balance zwischen Bindungsverhalten und Explorationsverhalten bei mittlerem Stress
Standardisierte Vorgehensweise: Acht kurze Episoden mit Trennungen von der Bezugsperson und Wiedervereinigungen (die meisten Episoden dauern etwa 3 Minuten)
Ainsworth et al. (1978) nahmen z.B. an, dass sich sicher gebundene Kinder freuen, wenn die Mutter wiederkommt
Die für die Klassifikation zentralen Situationen sind die Wiedervereinigungen mit der Mutter

17
Q

Welche Bindungsstile unterschiedet Ainsworth und welche Prävalenzen liegen vor?

A

> Sicher
Unsicher-vermeidend (“avoidant”)
Unsicher-ambivalent (“resistant”)
Unsicher-desorganisiert/desorientiert
->In normalen, nicht-selektiven U.S.-Stichproben sind ca. 60-65% der Kinder sicher gebunden
- Auch in anderen Ländern ist die Prävalenz ähnlich (Prävalenzwerte liegen bei 55-70%)
- Bindung bei Kindern aus Familien mit mittlerem bis hohem sozioökonomischen Status in der Regel sicher und stabil

18
Q

Beschreibe den sicheren Bindunsstil

A

> Kind nutzt Bezugsperson als sichere Ausgangsbasis
Kind weint möglicherweise bei Trennung
Bei Rückkehr der Bezugsperson sucht Kind Körperkontakt und will getröstet werden
Kind beruhigt sich relativ schnell, wendet sich wieder Spiel zu

19
Q

Beschreibe den unsicher-vermeidenden Bindunsstil

A

> Kind reagiert auf Trennung meist nicht bekümmert
Bei Rückkehr der Bezugsperson reagiert es mit Ignorieren der Mutter (bzw. Abwendung) und begrüsst diese nur zögerlich
Kind reagiert auf fremde Person ähnlich wie auf Bezugsperson

20
Q

Beschreibe den unsicher-ambivalenten Bindunsstil

A

> Vor Trennung sucht Kind oft die Nähe der Bezugsperson
Bei Wiedervereinigung einerseits Wunsch nach Nähe, andererseits auch Wut, Strampeln, Schlagen, Abwendung
Annäherungs-Vermeidungskonflikt gegenüber Mutter
Nicht leicht zu beruhigen

21
Q

Beschreibe den unsicher-desorganisierten Bindunsstil

A

> Kind zeigt konfuse, widersprüchliche Verhaltensweisen
Z.B. benommener Gesichtsausdruck, starre Körperhaltung
Dieser Bindungsstil bedeutet die grösste Unsicherheit

22
Q

Beschreibe die Faktoren von Bindungssicherheit

A

> Gelegenheit, eine enge Bindung einzugehen (bsp. Waisenhäuser)
Qualität der Fürsorge
Persönlichkeitseigenschaften des Kinds
Ausserfamiliäre Betreuung des Kinder

23
Q

Beschreibe die Faktoren von Bindungssicherheit genauer (Gelegenheit und Qualität der Fürsorge)

A

> Gelegenheit, eine enge Bindung einzugehen
- Z.B. bei Kindern in Waisenhäusern, wenn Betreuungsschlüssel ungünstig ist oder bei häufigem Wechsel der BetreuerInnen
- Unproblematische Entwicklung nur dann, wenn schon früh im Leben enge Bindungen aufgebaut werden können
Qualität der Fürsorge
- Einfühlsame Fürsorge (Responsivitität, Sensitivität): rasches, verlässliches und passendes Reagieren auf die Bedürfnisse des Kindes, sowie liebevoller, sorgsamer Körperkontakt
- Synchrone Interaktion: Bezugsperson reagiert in zeitlich und rhythmisch abgestimmter Weise auf Kind (“emotionaler Tanz”)
- Abweisendes Verhalten bzw. nicht auf Grenzen achtende Fürsorge: kann zu unsicher-vermeidender Bindung führen
- Inkonsistente Fürsorge: kann zu unsicher-ambivalenter Bindung führen
- Besonders schwerwiegend: Kindesmisshandlung und Vernachlässigung, schwere Depression der Bezugsperson

24
Q

Beschreibe die Faktoren von Bindungssicherheit genauer (Persönlichkeitseigenschaften und ausserfamiliäre Betreuung)

A

> Persönlichkeitseigenschaften des Kinds
- Ungünstiges Temperament Prädiktor für unsichere Bindung
- Wichtiger ist jedoch Passung zwischen Temperament des Kindes und Verhalten der Bezugsperson
Ausserfamiliäre Betreuung des Kindes
- Wirkt sich nicht negativ auf Bindungssicherheit des Kindes aus
- Auch nicht bei frühem Beginn der ausserfamiliären Betreuung

25
Q

Beschreibe die Folgen von Bindungssicherheit (7)

A

> Bessere Eltern-Kind-Beziehung in der mittleren Kindheit und im Jugendalter
- Dyadische Wechselwirkung zwischen sicherer Bindung des Kindes und einfühlsamer Fürsorge der Eltern
Bessere andere soziale Beziehungen
Beziehungen mit Gleichaltrigen (insbesondere Freundschaften)
- Weniger interpersonelle Konflikte
- Grössere und unterstützendere soziale Netzwerke
- Befriedigendere romantische Beziehungen in Adoleszenz und jungem Erwachsenenalter
Adaptivere Persönlichkeitseigenschaften
- Handlungsorientierung
- Mehr positive Affektivität
- Weniger negative Affektivität (Ängstlichkeit, Ärgerneigung, etc.)
- Soziale Kompetenz
Höhere emotionale Kompetenz
- Erkennen, verstehen, Ausdruck und Regulation von Emotionen
Positiveres Selbstkonzept
- Selbstwertgefühl
- Zugeben und Akzeptanz eigener Schwächen
Soziale Kognition
- Positivere Attribution von Motiven in unklaren Situationen
- Höheres soziales Vertrauen
Gewissen/Moral
- Stärkeres Befolgen der Regeln der Eltern
- Kooperation
Weniger Psychopathologie