VL 4: Geschlecht Flashcards
Unterschiede die Begriffe
> Geschlecht als biologisches Faktum (Geschlechtsorgane, chromosomales Geschlecht XX oder XY)
Geschlecht aber auch kulturell geprägt
In der englischen Sprache Unterschied zwischen „sex“ (biologisches Geschlecht) und „gender“ (kulturell geprägtes Geschlecht, Geschlechterrolle)
Was ist ein Geschlechtsstereotyp?
> Definition: kulturell geprägtes System an Überzeugungen, wie sich Frauen und Männer in Persönlichkeitseigenschaften, Interessen und Verhalten unterscheiden
Beeinflusst Erwartungen an Personen
Beeinflusst Wahrnehmung von Personen
Geschlechtsstereotyp über Persönlichkeitseigenschaften
> Stereotyp über Männer
- Beispiele: unabhängig, aggressiv, ehrgeizig, selbstbewusst
- Zusammenfassend als instrumentelle Eigenschaften bezeichnet (handlungsorientiert)
Stereotyp über Frauen
- Beispiele: emotional, freundlich, rücksichtsvoll, nervös
- Zusammenfassend als expressive Eigenschaften bezeichnet (emotions-und beziehungsorientiert)
Beschreibe die Entwicklung von Geschlechtsstereotypen bei Kindern
> Bereits in der frühen Kindheit übernehmen Kinder geschlechtsbezogene Vorstellungen
Mit 18 Monaten schauen Mädchen vs. Jungen Bilder von Puppen vs. Lastwagen unterschiedlich lange an
Mit 4 Jahren haben Kinder bereits ausgeprägte Vorstellungen zu typischen Aktivitäten von Mädchen vs. Jungen
In der frühen Kindheit rigide Beachtung von Geschlechtsstereotypen (aufgrund kognitiver Grenzen)
Ab der mittleren Kindheit beginnen Kinder jedoch zu verstehen, dass Geschlechtsstereotypen nicht immer richtig sind und nicht auf jede Person zutreffen
Bei älteren Kindern grössere Vertrautheit mit Geschlechtsstereotypen, aber grösseres Verständnis, dass Geschlechtsstereotypen nicht verbindlich für alle sind
Beschreibe das Genetische Geschlecht
> Geschlecht des Menschen durch ein einziges Gen bestimmt
SRY-Gen (sex determining region Y): ein Abschnitt auf dem Y-Chromosom
Die anderen Gene auf dem Y-Chromosom sind nach heutigem Wissensstand nicht relevant für das Geschlecht
Da das SRY-Gen fast ausschliesslich auf dem Y-Chromosom vorkommt, ist das genetische Geschlecht in der Regel identisch mit dem chromosomalen Geschlecht
In der Regel hängt das genetische Geschlecht also davon ab, ob vom Vater ein X oder Y-Chromosom weitergegeben wird (die Mutter gibt in jedem Fall ein X-Chromosom weiter)
Beschreibe das Hormonelle Geschlecht
> SRY-Gen aktiviert ca. 7 Wochen nach der Zeugung die Anlage männlicher Geschlechtsdrüsen, die Androgene produzieren (z.B. Testosteron)
Abwesenheit des SRY-Gens führt zur Ausbildung der Eierstöcke, die primär Östrogen und Progesteron produzieren
Jedoch produzieren auch weibliche Föten Androgene und männliche Föten Östrogen und Progesteron
Entscheidend für das hormonelle Geschlecht ist das quantitative Verhältnis zwischen den Hormonen
Das pränatale hormonelle Geschlecht beeinflusst die Entwicklung des späteren psychologischen Geschlechts
Es gibt nachgewiesene Wirkungen bestimmter Hormongaben in der Schwangerschaft (z.B. als Teil von Medikamenten)
- Beispielsweise auf bestimmte geschlechtstypische Fähigkeiten (räumliche Wahrnehmung) und geschlechtstypisches Spielverhalten in der Kindheit
- Wirkungen sind jedoch sehr spezifisch (nur wenige geschlechtstypische Merkmale werden beeinflusst)
- Wirkungen sind zudem nichtlinear/komplex
Beschreibe den Geschlechtsunterschied bei motorischer Aktivität
> Metaanalyse mit 127 Studien (Eaton & Enns, 1986)
Aktivität bei Jungen höher als bei Mädchen
> Geschlechtsunterschied besteht bereits pränatal (kann also nicht nur durch Sozialisation bedingt sein)
Geschlechtsunterschied wird allerdings mit dem Alter grösser
Bei Jungen grössere Häufigkeit von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
Beschreibe die kognitiven Geschlechtsunterschiede (verbal, räumlich, mathematisch)
> Verbal:
Mädchen/Frauen haben etwas bessere verbale Fähigkeiten
Räumlich:
- Bei mentaler Rotation besteht ein grosser Unterschied zugunsten von Jungen/Männern
- Bei anderen räumlichen Fähigkeiten wie z.B. räumliche Visualisierung und räumliche Wahrnehmung sind Unterschiede jedoch klein -
- Geschlechtsunterschied bei räumlichen Fähigkeiten entwickelt sich erst im Verlauf von Kindheit/Jugend
- Unklar welcher Anteil genetisch oder Umwelteinflüsse
mathematisch:
- Vor einigen Jahrzehnten gab es noch bedeutsame Unterschiede in den mathematischen Fähigkeiten zugunsten von Jungen/Männern
- Unterschied hat sich jedoch inzwischen verringert
- Möglicher Grund: Bemühungen, die Mathematikfähigkeiten von Mädchen zu fördern
Beschreibe die Befunde zu den Geschlechterunterschieden bei Aggressivität und deren Ursachen
> Metaanalyse mit 110 Studien (Knight et al., 1996)
- Mehr offene Aggression bei Jungen
Ursachen:
- Genetische Einflüsse als Ursache: Geschlechtsunterschied bei höheren Levels von Androgenen (insbesondere Testosteron)
- Umwelteinflüsse als Ursache: Einfluss des kulturellen Geschlechtsstereotyps, wie es durch Eltern, ErzieherInnen und Medien vermittelt wird und
Geschlechtsunterschied im Erziehungsverhalten von Eltern (z.B. mehr physische Bestrafung von Jungen als von Mädchen; mehr Toleranz von aggressivem Verhalten bei Jungen als bei Mädchen)
Vermutlich genetische und Umwelteinflüsse wirksam
Beschreibe die Befunde zu den Geschlechterunterschieden bei Depressivität und deren Gründe
> In der Adoleszenz mehr depressive Symptome und Störungen bei Mädchen als bei Jungen
Gründe
- Geschlechtsunterschied bei Stressoren (z.B. negative Lebensereignisse)
- Geschlechtsunterschied bei affektiven Einflussfaktoren (z.B. emotionale Reaktivität)
- Geschlechtsunterschied bei kognitiven Einflussfaktoren (z.B. depressogener Attributionsstil, Ruminationsneigung)
- Geschlechtsunterschied bei biologischen Einflussfaktoren (z.B. hormonelle Veränderungen in der Pubertät)
Beschreibe die Gender Similarities Hypothesis
> Hyde (2005): Review auf der Basis von 46 Metaanalysen
Ergebnis: Männer und Frauen sind sich bei den meisten psychologischen Merkmalen relativ ähnlich
Wenige Ausnahmen: z.B. physische Aggressivität, Einstellungen im Bereich Sexualität
Falsche Annahmen zu Geschlechtsunter-schieden verursachen Probleme in den Lebensbereichen Beziehungen und Arbeit
Innerhalb der Geschlechter ist die Variabilität höher als zwischen den Gruppen
In den Extremen können jedoch kleine Unterschiede bedeutsam werden -> durch das entstehen Stereotypen
Man trifft im Extrembereich zb mehr jungen an -> Jungen haben eine höhere Variabilität = Merkmale streuen stärker als bei Mädchen
Beschreibe die Entwicklung der Geschlechtskonstanz
> Definition von Geschlechtskonstanz: Gefestigte Erkenntnis, dass das Geschlecht von Personen biologisch festgelegt und permanent ist
Entwickelt sich mit ca. 4-6 Jahren
Faktoren der Entwicklung: vor allem kognitive Entwicklung, jedoch nicht fehlende soziale Erfahrung
> Geschlechtstypisches Verhalten wird bereits vor der Entwicklung von Geschlechtskonstanz gezeigt
Welche Umwelteinflüsse auf die Entwicklung der Geschlechtsidentität gibt es?
> Eltern > Verwandte, Freunde, Nachbarn > ErzieherInnen > LehrerInnen > Peers > Kulturelles Umfeld > Medien, Bücher, etc.
Welchen Einfluss haben die Eltern auf die Entwicklung der Geschlechtsidentität?
> Eltern behandeln Töchter und Söhne in vieler Hinsicht ähnlich (z.B. Responsivität, Wärme)
In Bezug auf geschlechtstypisches Verhalten fördern Eltern jedoch in der Regel Verhalten, welches dem kulturell geprägten Stereotyp entspricht
Väter fördern geschlechtstypisches Verhalten stärker als Mütter
Modellverhalten: Kinder erwerben Geschlechtsstereotypen auch durch die Beobachtung des Verhaltens der Eltern in Situationen, in denen die Eltern nicht mit den Kindern interagieren
Welchen Einfluss haben die Peers und Geschlechtstypischen Aktivitäten auf die Entwicklung der Geschlechtsidentität?
> Peer:s
- Gleichaltrige verstärken geschlechtstypisches Verhalten durch negative Bewertung von geschlechtsuntypischem Verhalten
Geschlechtstypische Aktivitäten:
- Mädchen: Präferenz für ruhigere Aktivitäten, kooperative Rollenverteilung, in Paaren spielen
- Jungen: Präferenz für Aktivitäten mit mehr körperlicher Bewegung, kompetitive Situationen, grössere Gruppen
- Allerdings zu beachten: dies sind Verhaltenstendenzen, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind fliessend