VL11 _Gedächtnis 3 Flashcards
Mehrspeichermodell (Gedächtnis - LZG)
▪ Modales Modell von Atkinson & Shiffrin (1968) postuliert drei Speicher-
systeme, in Abhängigkeit von Inhalt, Menge & Dauer der Speicherung
▪ Modell kann nicht alle Daten gut erklären, aber der Modellrahmen ist nach wie vor nützlich
Kurzzeit- & Langzeitgedächtnis
▪ Laut systemtheoretischer Perspektive unterscheiden sich Kurzzeit- (KZG)
und Langzeitgedächtnis (LZG) u.a. bezüglich Speicherdauer & Kapazität
▪ KZG bzw. Arbeitsgedächtnis: kurze Speicherdauer; begrenzte Kapazität (ca. 7 ±2 Chunks)
▪ Langzeitgedächtnis (LZG): langfristige Speicherung; möglicherweise unbegrenzte Kapazität
▪ Format/Code: Modalitätsspezifische Subsysteme im KZG; multimodale Speicherung im LZG
▪ Vergessen: Interferenz & Zerfall im KZG (VL AP2, Termin 10); weitere Mechanismen im LZG
▪ Funktionale Dissoziationen gelten als weiterer empirischer Beleg für separates KZG & LZG
Funktionale Dissoziation (LZG)
▪ Funktionale Dissoziation bezeichnet den unterschiedlichen Einfluss einer
unabhängigen Variable auf die Leistung in zwei verschiedenen Aufgaben
▪ Dissoziation: Manipulation einer unabhängigen Variable (UV1); Leistung in zwei Aufgaben
unterschiedlichen Typs (hier: KZG & LZG); Effekt auf eine Aufgabe, nicht auf die andere
▪ Doppeldissoziation: spiegelbildliche Dissoziation für zweite unabhängige Variable (UV2)
▪ Doppelte Dissoziationen sind ein Hinweis auf getrennte kognitive & neurologische Systeme
(z.B. beim Zusammenhang zwischen Läsionsort & Defizit in der klinischen Neuropsychologie)
Dissoziationen KZG & LZG
▪ Glanzer & Cunitz (1966) untersuchten Dissoziationen mit Hilfe des
seriellen Positionseffekts bei der freien Reproduktion von Wortlisten
▪ Vpn lernen Wortlisten mit 20 Wörtern; anschließend freie Reproduktion der Wörter
▪ Exp.1: Präsentationsrate der Wörter (UV1) beeinflusst frühe & mittlere Positionen (LZG),
nicht aber die späten Positionen (Recency-Effekt, KZG)
▪ Exp.2: Distraktor-Aufgabe nach Wortdarbietung (UV2) eliminiert Recency-Effekt (KZG),
hat aber keinen Einfluss auf die frühen & mittleren Positionen (LZG)
▪ Hypothese: Doppelte Dissoziation ist Evidenz für kognitive Trennung von KZG & LZG
Konsolidierung (LZG)
▪ Konsolidierung bezeichnet die Festigung von Gedächtnisinhalten, also
den Übergang von einem labilen in einen relativ stabilen Zustand
▪ Standard-Modell der Konsolidierung (Squire et al., 1984): für jedes Engramm beginnt &
endet die Konsolidierung genau 1x; Abruf (engl. retrieval) = Zugriff auf Information
▪ Modell beschreibt Übergang vom Kurzzeitgedächtnis (engl. short-term memory, STM)
ins Langzeitgedächtnis (engl. long-term memory, LTM)
Verweildauer im KZG (LZG/KZG)
▪ Welche Rolle spielt die absolute Verweildauer im KZG beim Transfer von
Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis?
▪ Nickerson & Adams (1979): US-amerikanische Vpn sollen aus dem Gedächtnis beide Seiten
eines Pennys zeichnen; nur 3 von 8 kritischen Merkmalen wurden erinnert, oft falsch platziert
▪ Glenberg et al. (1977): Vpn lernen 4-stellige Zahlen; danach Wiederholen von Worten für 2,6,18s;
kein Einfluss der Wiederholungsdauer auf Leistung in unerwartetem Behaltenstest für die Worte
▪ Wahrscheinlichkeit der Reproduktion aus dem LZG (d.h. die Behaltensleistung) hängt nicht allein
von der absoluten Verweildauer der Information im Kurzzeitgedächtnis (KZG) ab
KZG: Apple-Logo-Studie
▪ Studie von Blake, Nazarian & Castel (2015) zum Logo der Firma Apple
▪ Definition: Lernen ohne Lernintention = inzidentelles Lernen; mit = intentionales Lernen
▪ Annahme: US Studierende sehen das Apple Logo häufig „so nebenbei“ in ihrem Alltag
▪ 84 von 85 UCLA Studierenden konnten das richtige Apple-Logo nicht identifizieren
▪ Absolute Verweildauer im KZG allein entscheidet nicht über längerfristige Speicherung
Verarbeitungstiefe (LZG)
▪ Laut Levels-of-Processing-Theorie (Craik & Lockhart, 1972) hängt die
Speicherung ins LZG von Verarbeitungsprozessen beim Enkodieren ab
▪ Craik & Tulving (1975): Worte sollen gelernt werden; unterschiedliche Frage zu jedem Wort
verändert die Art der Verarbeitung (visuell, akustisch, semantisch) bzw. „Verarbeitungstiefe“
▪ Ergebnis (Reproduktion & Wiedererkennen): Behaltensleistung besser für „tiefe“ (semantische)
als „flache“ (nicht-semantische) Enkodierung, bei (fast) konstanter Bearbeitungszeit
▪ Zwei Arten von Rehearsal: reine Wiederholung (engl. maintenance rehearsal); bedeutungs-
haltige Verarbeitung & Verknüpfung mit anderen Inhalten (engl. elaborative rehearsal)
Elaboration (LZG)
▪ Elaboration bezeichnet das Anreichern & Verknüpfen von Lernmaterial
mit zusätzlicher Information
▪ Bower & Clark (1969): Vpn lernen 12 Listen mit je 10 Substantiven; Experimentalgruppe:
Einbetten der Substantive in erfundene Geschichten; Kontrollgruppe: keine Geschichten
▪ Ergebnis: Behaltensleistung deutlich höher in Experimentalgruppe als in Kontrollgruppe
▪ Elaboration (z.B. semantische Organisation) als wirkungsvolle Methode zur Aneignung
von Lernmaterial (siehe Loci-Methode & andere Lernstrategien bzw. Mnemotechniken)
-> Loci-Methode
(Routenmethode):
neues Material wird
mit räuml. Sequenz
verknüpft
Memory-Palace-Methode (Joshua Foer) (LZG)
https://www.youtube.com/watch?v=mI96Ph-yHcA
Transferangemessene Verarbeitung (LZG)
▪ Theorie der transferangemessenen Verarbeitung (Morris et al., 1977)
kann Interaktionen zwischen Enkodier- & Abrufbedingungen erklären
▪ Morris et al. 1977: Vpn lernen Worte unter zwei Enkodierungsbedingungen: a) „Passt das
einzuprägende Wort in Satz xy?“; b) „Reimt sich das einzuprägende Wort mit Wort xy?“
▪ Testphase mit zwei Abrufbedingungen: a) „War das Testwort xy in der Liste?“ (Free Recall);
b) „Reimt sich Testwort xy mit einem Wort in der Liste?“ (Rhyme Task)
▪ Hypothese: Grad der Überlappung von kognitiven Prozessen bei Enkodierung und Abruf
entscheidet über die Gedächtnisleistung; je größer die Übereinstimmung, desto besser
Kontexteffekte (LZG)
▪ Kontexteffekte folgen dem Prinzip der Enkodierspezifität: Abruf aus LZG
ist i.d.R. besser für ähnliche Umstände bei Enkodierung und Abruf
▪ Effekte sind vielfältig: situativ (räumlich-zeitlich, a), zustandsabhängig (physiologisch, b),
stimmungsabhängig (bzw. emotional, c), kognitiv (z.B. bei Mehrsprachigkeit), …
▪ Kontexteffekte sind i.d.R. stärker bei der freien Reproduktion als bei Tests mit spezifischen
Abrufhinweisen (z.B. bei cued recall oder beim Wiedererkennen/Rekognition)
▪ Kontexteffekte sind häufig relativ klein, obwohl signifikant (stat. Signifikanz ≠ Effektgröße)
Langzeitgedächtnis (LZG)
▪ Dauerhafte Speicherung erfolgt in unterschiedlichen Systemen für
unterschiedliche Arten von Informationen (z.B. Squire et al., 1993)
▪ Deklaratives LZG: Inhalt „deklarativ“ (gut verbalisierbar), Abrufprozess explizit (bewusst)
▪ Episodisch: Gedächtnis für Ereignisse in einem raum-zeitlichen Kontext (z.B. Tag am Meer)
▪ Semantisch: Welt- und Faktenwissen ohne raum-zeitlichen Kontext (z.B. Vokabeln)
▪ Nicht-deklaratives LZG: Inhalt „nicht-deklarativ“, Abrufprozess implizit (unbewusst)
▪ Heterogene Phänomene: prozedural (z.B. Radfahren), Bahnung/Priming (z.B. sensorische oder
konzeptuelle Assoziationen), klassisches Konditionieren (z.B. Pawlow‘scherHund)
Deklaratives Gedächtnis (LZG)
▪ Laut Tulving (1972) kann das deklarative Langzeitgedächtnis unterteilt
werden in episodisches & semantisches Gedächtnis
▪ Episodisch: Gedächtnis für Ereignisse in einem raum-zeitlichen Kontext (z.B. Tag am Meer)
▪ Semantisch: Welt- & Faktenwissen ohne Selbstbezug (z.B. Vokabeln einer Fremdsprache)
▪ Episodische Qualität kann ggf. mit der Zeit „verloren gehen“; Erinnerung an ein vergangenes
Ereignis kann dem Faktenwissen ähnlicher werden (d.h. Trennung nicht immer 100% möglich)
Nicht-deklaratives Gedächtnis (LZG)
▪ Nicht-deklaratives Gedächtnis umfasst Inhalte, die der Verbalisierung nur
schwer zugänglich sind und sich vor allem im Verhalten ausdrücken
▪ Nicht-deklaratives Gedächtnis: Vielzahl von sehr heterogenen Phänomenen
▪ #1 Prozedurales Wissen: manifestiert sich im Verhalten, ohne notwendigerweise mit bewussten
Erinnerungen verbunden zu sein (“Wissen, wie man etwas macht“; z.B. Spiegelzeichnen)
▪ #2 Implizites Sequenzlernen: Implizites Lernen von Regelhaftigkeiten (Nissen & Bullemer, 1987)
▪ #3 Priming-Phänomene (d.h. Reaktion auf Reiz B wird von „Reiz-A-Nachwirkungen“ beeinflusst)