VL 01: Historie, Energierecht im Überblick, Normenhierarchie, Aufbau EnWG, Verordnungen, Festlegungen Flashcards
Erkläre den Unterschied zwischen Deutschen Gesetzen, Verordnungen und Festlegungen.
Deutsche Gesetze
- Werden vom Bundestag und ggf. Bundesrat (Zustimmungs- und Einspruchsgesetze) verabschiedet
Deutsche Verordnungen
- Werden von Ministerien ggf. mit Zustimmung des Bundesrat erlassen
- Ob der Bundesrat zustimmen muss, davon ab wie es der Gesetzgeber in der jeweiligen Verordungsermächtigung vorgesehen hat
- Verordungnen sind also immer auf eine bestimmte Verordungsermächtigung zurückzuführen
Deutsche Festlegungen
- Verwaltungsakt mit Wirkung für eine Vielzahl von Marktakteuren, sog. Marktregeln
- Z. B. die BNetzA kann Festlegungen erlassen, Bsp. Netznutzungs- und Lieferantenrahmenvertrag Strom
- Festlegungen sind immer auf bestimmte Festlegungsermächtigungen in Gesetzen oder Verordnungen zurückzuführen
- Wenn Festlegungen rechtswidrig sind, müssen Betroffenen Rechtsmittel einlegen, weil diese sonst bestandskräftig werden
(“Selbst wenn eine Festlegung fehlerhaft ist, bleibt sie gültig, wenn niemand rechtzeitig dagegen vorgeht. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass Betroffene ihre Rechte aktiv verteidigen müssen, um rechtliche Fehler zu korrigieren.”)
Erkläre den Unterschied zwischen EU-Richtlinien und EU-Verordnungen.
EU-Richtlinien
- Gelten nur mittelbar, weil sie erst in deutsches Recht umgesetzt werden müssen
- Die resultierende deutsche Norm wird danach grundsätzlich “richtlinienkonform” ausgelegt
(Historie: Stützen die Materialen aus dem Gesetzgebungsverfahren meine Auslegung?)
EU-Verordnungen
- Gelten ummittelbar, wie deutsche Gesetze
Beschreibe die zeitliche Entwicklung der Energiewirtschaft anhand von wichtigen Meilensteinen bis 1998.
1885: Gründung erster staatlicher und privater EVU
1935: Verabschiedung des ersten EnWG: “Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft”
- Ziele
–> Verhinderung von “volkswirtschaftlich schädlichen Auswirkungen des Wettbewerbs”
–> “Die Energieversorung so sicher und billig wie möglich zu gestalten”
–> Enthielt auch kriegsvorbereitende Zwecke - Energiewirtschaftliches Monopol (Netze und Vertrieb)
–> Säule 1: Netze als natürliches Monopol
–> Säule 2: Energiewirtschaft als kartellrechtlicher Ausnahmebereich; Bsp. Zulässigkeit von Gebietsabsprachen/Demarkationsverträgen bei Versorgung
–> Säule 3: Exklusive Konzession/Genehmigung für Netzbetrieb und Versorgung (i. d. R. 10 Jahre) - Resultate
–> Dezentrale vertikal integrierte Energieversorgung mit regionaler Monopolstellung (Netze und Vertrieb)
–> Langfristige vertikale Lieferverträge für i. d. R. 20 Jahre
1996 (Strom) bzw. 1998 (Gas): 1. Binnenmarktpaket (EU-Richtlinien)
- Anstoß der Liberalisierung von Strom- und Gassektor
- Umsetzung 1998 im EnWG; Aufhebung des EnWG 1935
- Nachher: Wettbewerbs- (Erzeugung, Handel, Vertrieb) und Monopolbereiche (Netze)
Beschreibe den Charakter der Energiewirtschaft und den des Energierechts vor 1998.
Vor 1998
–> Energiewirtschaftliches Monopol (Netze und Vertrieb)
- Säule 1: Netze als natürliches Monopol
- Säule 2: Energiewirtschaft als kartellrechtlicher Ausnahmebereich; Bsp. Zulässigkeit von Gebietsabsprachen/Demarkationsverträgen bei Versorgung
- Säule 3: Exklusive Konzession/Genehmigung für Netzbetrieb und Versorgung (i. d. R. 10 Jahre)
- Resultat: dezentrale vertikal integrierte Energieversorgung mit regionaler Monopolstellung
- Resultat: Langfristige vertikale Lieferverträge für i. d. R. 20 Jahre
Energierecht
- Kaum energierechtliche Normen (EnWG mit 19 Paragraphen), Streitigkeiten und Energierechtsanwälte
- Technische Fragen waren dominierend
Beschreibe den Charakter des Energierechts nach 1998.
Nach 1998
Energierecht
- Ausgangspunkt: EU-Richtlinien zur Liberalisierung der Energiemärkte (Strom und Gas) von 1996/1998
- Allgemeine Charakteristika der Liberalisierung
–> Entflechtung (Trennung von Monopol- und Wettbewerbsbereichen)
–> Wettbewerb/Deregulierung in den Wettbewerbsbereichen (Erzeugung, Handel und Vertrieb)
–> Schaffung eines EU-Energiebinnemarktes
–> Privatisierung
- Ziele: Energiepolitisches Zieldreieck bzw. -fünfeck (Preisgünstige, sichere, umweltverträgliche Energieversorgung + seit 2005 außerdem: Verbraucherfreundliche, Effiziente Energieversorgung)
- Wettbewerb statt Monopol
- Säule 1: Diskrimminierungsfreier Zugang zu den Netzen
- Säule 2: Unzulässigkeit von Gebietsabsprachen/Demarkation
- Säule 3: Unzulässigkeit exklusiver Konzessionen (Nutzungsrechte an Gemeingut Netz)
- Erhöhte Komplexität: Vorher 19 nun über 200 Normen
Beschreibe die zeitliche Entwicklung der Energiewirtschaft sowie der Liberalisierung der Energiewirtschaft in der EU und Deutschland anhand von wichtigen Meilensteinen ab 1998.
1996 (Strom) bzw. 1998 (Gas): 1. Binnenmarktpaket
- Anstoß der Liberalisierung von Strom- und Gassektor
- Erste gemeinsame, europäischen
Vorschriften
–> Umsetzung in DE: 1998 EnWG
2003: 2. Binnenmarktpaket (“Beschleunigungsrichtlinie”)
- Beschleunigung der Liberalisierung
- Netzzugang reguliert
- Gründung nationaler Regulierungsbehörden
- Weitere Entflechtungsanforderungen (rechtliche und organisatorische)
(- Marktzugang der Verbraucher und
Stärkung des Wettbewerbs
- Weitergehende Marktöffnung in den Wettbewerbsbereichen Vertrieb und Erzeugung)
–> Umsetzung in DE: 2005 EnWG
2009: 3. Binnenmarktpaket
- Umsetzungsdefizite bei der bisherigen
Umsetzung der Liberalisierung und Entflechtung
- Heute gültigen Rahmenbedingungen für Netzzugang und der Netzregulierung –> Ablösung teilweise durch Neuregelungen aus „Winterpaket“ (!)
(- Schwerpunkte u. A.: Zertifizierung, Gleichbehandlungsprogramme und
Eigentumsentflechtung für Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber)
–> Umsetzung in DE: 2011 Novellierung EnWG
2019: 4. Binnenmarktpaket (“Winterpaket”)
- Europäische Klimastrategie
- Marktintegration der EE
- Strommarktrichtlinie
–> Grundsätzlich marktbedingte Beschaffung Systemdienstleistungen
–> Kooperation ÜNB und VNB gestärkt
(–> Digitalisierung der (Übertragungs-)Netze und Datenschutz verankert)
- Strommarktverordnung
–> Vorgaben zu Stromhandel
–> Vorgaben zu Netzregulierung und –entgelten
–> Umsetzung in deutsches Recht größtenteils bereits erfolgt, aber noch nicht vollständig
2022/23: Energiekrise – Energie-/Wärmebremsen; Erlösabschöpfung; Gebäudeenergiegesetz
2024: Wasserstoffkernnetz
Wie haben sich die Kompetenzen der EU im Zeitverlauf verändert?
EU-Kompetenz
Früher: Binnenmarkt
Heute: Energie inkl. Klimaschutz
Zwischen welchen Netzen wird grundsätzlich beim deutschen und europäischen Stromversorgungssystems unterschieden?
Welche Spannung liegt in diesen Netzen an?
Wie sind diese Netze mit einander verknüpft?
(Demnächst) Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetz
- Spannung von 525 kV
- Transport über sehr weite Distanzen
Übertragungsnetz
- Höchstspannung: 220 oder 380 kV
- Einspeisung von Kraftwerke
mit: 200 bis 1.600 MW Leistung
–> Atom-KW, Kohle-KW, Gas-KW
–> Offshore Windparks
- Verbraucher: Benachbarte Netze (PL, RE, Stromhandel)
Überregionales Verteilnetz
- Hochspannung: 60 bis 110 kV
- Einspeisung von Kraftwerke mit: ~ 20 bis 200 MW Leistung
–> Kohle-KW, Gas-KW
–> PV- und Windparks
- Verbraucher: Bsp. Großindustrie
Regionales Verteilnetz
- Mittelspannung: 1 bis 60 kV
- Einspeisung von Kraftwerke mit: ~ 0,5 bis 20 MW Leistung
–> Gas-KW
–> Solar- und Windkraft
- Verbraucher: Bsp. Mittlere Industrie
Lokales Verteilnetz
- Niederspannung: 230 oder 400 V
- Einspeisungung < 0,5 MW
–> Nur EE: Solar- und Windkraft, Biomasse
- Verbraucher: Bsp. HH, GHD
Über Transformatoren/Umspannwerke
Erkläre bei Strom und Gas die Trennung beim Handel von der Physik.
Netzbetrieb (Physik)
1) Erzeugung
2) Transport
3) Verteilung
4) Kunde
- Zuständigkeit/Verantwortlichkeit
–> Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber
–> Systemdienstleistungen (Bsp. Frequenzhaltung durch Regelleistung/-energie) + Redispatch 2.0 (= Einspeisemanagement + Engpassmanagement)
Handel + Vertrieb
1) Erzeugung
2) Großhandel
3) Einzelhandel
4) Kunden
- Zuständigkeit/Verantwortlichkeit
–> Bilanzkreiskoordinatoren (ÜNB) und Bilanzkreisverantwortlichen
- Bilanzkreismanagement:
–>Stromseemodell Netznutzung (Stromsee, Einspeisung KW, Ausspeisung Verbrauchern, Abwicklung Bilanzierung über Bilanzkreismanagement) + Ausgleichenergie(-kosten)
Was bedeutet Dispatch?
Was bedeutet Redispatch?
Beschreibe den Aufbau des Markts/Betriebs für Redispatch (institutionell).
Dispatch
- Einsatzplanung von KW
- Wird von den Bilanzkreisverantwortlichen in Form von Fahrplänen an den Bilanzkreiskoordinator (ÜNB) gemeldet
- Revisionsplannung (langfristig), Tageseinsatzplannung (kurzfristig)
Redispatch
- Kurzfristige Änderung der Einsatzplanung aufgrund von Engpässen im Netz
- Redispatch 2.0: Einspeise- und Netzengpassmanagement
- Counter-Trading; Eingriffe in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken durch ÜNB, um Leitungsabschnitte vor einer Überlastung zu schützen
- Bsp. Vor einem Netzengpass wird die Erzeugung runter geregelt und hinter einem Netzengpass hochgeregelt
Markt/Betrieb
- ÜNB und KW-betreiber einigen sich welche Kapazitäten zum Ausgleich des Netzes vorgehalten werden
- Betrieb: Kostenbasierte Vergütung
- Eher Betrieb als Markt, kann auch als Markt ausgestaltet werden: Betreiber bieten Kapazitäten an
Was ist Ausgleichsenergie?
Beschreibe wie Ausgleichsenergiekosten umgelegt und berechnet werden.
Inanspruchnahme von Ausgleichsenergie („Ausgleichsenergiemarkt“)
Ausgleichsenergiesystem
- Tech. irrelevant, Abrechungkenngröße
- Bilanzkreisverantwortlichen (BK-V) übermitteln am Vortag die Fahrpläne (Fahrpläne der Last + Fahrpläne der KW (= Dispatch)) ihrer Bilanzkreise an die Bilanzkreiskoordinatoren (BK-K)(ÜNB)
- Wenn die Fahrpläne dann von der tatschlichen Einspeise-/Nachfragemenge abweichen, müssen die BK-K (ÜNB) Regelenergie einsetzen
- Die Kosten für die eingesetzte Regelenergie legen die BK-K auf die BK-V in Form von Ausgleichsenergiekosten um (“Die Regelenergie regelt den Stromfluss – die Ausgleichsenergie den Geldfluss”)
- Für die Bestimmung der Ausgleichsenergiekosten ermitteln die BK-K die Bilanzkreisabweichungen (= Ausgleichenergiebedarf) und den regelzonenübergreifenden Ausgleichsenergiepreis (reBAP)
Bilanzkreis:
EE + Konv. Kraftwerke + Händler + große Verbraucher
–> Fahrpläne
–> Tatsächliche Lieferung
<– Ausgleichsenergiekosten
Was ist ein Bilanzkreis?
- Bilanzkreiswesen ist ein zentraler Organisationsgrundsatz des deutschen und europäischen Stromsystems
- Virtuelles Energiemengenkonto
–> Bilanzierung über alle Erzeuger und Verbraucher einer bestimmte Region + Import und Export
–> Ist stets ausgeglichen zu führen - Bilanzkreisverantwortliche (BK-V)
–> Übermittelt die Fahrpläne (Fahrpläne der Last + Fahrpläne der KW (= Dispatch)) seines Bilanzkreises an den Bilanzkreiskoordinator (BiKo; ÜNB)
–> Bsp. Lieferant, Stromhändler, großer Industriebetrieb - Wenn übermittelten Fahrpläne von den realen Einspeise-/Verbrauchsflüssen abweichen, muss der BiKo (ÜNB) Regelenergie einsetzen
- Die Kosten für die eingesetze Regeleinergie (= Ausgleichsenergiekosten) stellt der BiKo dem BK-V in Rechnung
- Für die Berechung der Ausgleichsenergiekosten wird der regelzonenübergreifende Ausgleichsenergiepreis (reBAP) und vom BiKo die Bilanzkreisabweichungen (= Ausgleichsenergiebedarf) bestimmt
1) Was ist Regelleistung?
2) Was ist Regelenergie?
3) Beschreibe die Bereitstellung von Regelleistung.
4) Beschreibe die Funktionsweise und den Aufbau des Regelenergiemarkt.
1) Regelleistung
- Wird vorgehalten um die Stabilität des Netzbetriebs zu gewährleisten (Frequenz = konst. = 50 Hz)
- Nachfrage und Angebot nach/von Strom müssen zu jeder Zeit ausgeglichen sein; Wenn ausgeglichen gilt: Frequenz = 50 Hz
- Positive RL: Erhöhung Erzeugungsleistung / Absenkung Verbrauchsleistung (Für den Fall: Frequenz < 50 Hz)
Negative RL: Absenkung Erzeugungsleistung / Erhöhung Verbrauchsleistung (Für den Fall: Frequenz > 50 Hz)
2) Regelenergie
- Kurzfristig und physisch vom ÜNB eingesetzte Regelleistung
- Pos. Regelenergie: Erhöhung Erzeugung / Absenkung Verbrauch (Einsatz bei Frequenz < 50 Hz)
- Neg. Regelenergie: Absenkung Erzeugung / Erhöhung Verbrauch (Einsatz bei Frequenz > 50 Hz)
3) Bereitstellung von Regelleistung (Regelenergiemarkt)
Regelzone:
EE + Konv. Kraftwerke + Händler + große Verbraucher
–> Bieten Regelleistung oder bieten die Nutzung von Regelleistung (pos./neg. Regelleistung)
<– Vergütung f. Bereitstellung u./o. Nutzung von Regelleistung
4) Regelenergiemarkt
Funktionsweise
- Systembetreiber (ÜNBs) beschaffen Regelleistung über transparente, diskriminierungsfreie Ausschreibungen (www.regelleistung.net)
- Primärregelung (FCR) wird von den ÜNB regelzonenübergreifen eingesetzt
- Sekundär- und Tertiärregelung wird durch den ÜNB der Regelzone eingesetzt
Aufbau
Primärregelung (FCR: Frequency Containment Reserve)
- Aktivierung innerhalb von 30 Sekunden
- Abzudeckender Zeitraum pro Störung: 0 < t < 15 min
–> Frequenz wird stabilisiert
Sekundärregelung (aFRR: Frequency Restoration Reserve with automatic activation)
- Vollständige Aktivierung innerhalb von max. 5 min
–> Frequenz wird angehoben/abgesenkt
Tertiärregelung/Minutenreserve (mFRR: Frequency Restoration Reserve with manual activation)
- Vollständige Aktivierung von max. 15 Minuten
- Abzudeckender Zeitraum pro Störung 60 min > t > 15 min bzw. bis zu mehreren Stunden bei mehreren Störungen
–> Frequenz wird angehoben/abgesenkt
ÜNB sind für die “…” zuständig.
VNB sind für die “…” zuständig.
“Netzstabilität”
“sichere Versorgung vor Ort”
Beschreibe das Grundschema zum Aufbau von Rechtsnormen und erkläre was Subsumtion ist.
Jede Rechtsnorm enthält die abstrakte Bestimmung, dass
1) bei Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts (Tatbestand)
2) eine bestimmte Rechstlage bestehen soll (Rechtsfolge)
In jeder Rechtsnorm besteht ein “Wenn-Dann-Schema”
- Möglicherweise ergibt sich das “Wenn-Dann-Schema” nur mit anderen Rechtsnormen zusammen
- Es kann mehrere Rechtsfolgen geben
Subsumtion
- Methode, zu prüfen, ob ein Sachverhalt unter den Tatbestand fällt