u2: Problemlösen: Methoden, Experten/Novizen Flashcards
Verbale Protokolle
VP sollen Gedanken zur Aufgabenbearbeitung laut äußern (Ericsson und Simon, 1993)
- Gedanken sollen nicht beschrieben oder analysiert werden, sondern es soll frei geäußert werden was durch den Kopf geht
- Während Bearbeitung vs. retrospektiv
- sollte eingeübt werden
—> Einblicke in Denk- und Problemlöseprozesse
Blickbewegungsstudien
Ziel: Welche Informationen eines Problems beachtet werden
AV: Blickdauer, Ort auf denen die Augen fixieren, Scanpath
Blickbewegungsmuster von erfolgreichen Problemlösern unterscheiden sich von denen erfolgloser
Blickbewegungsstudien: Beispiel?
Tumorproblem, Grant und Spivey, 2003
- VP sehen Skizzen, 2 Experimente
- VPn die blinkende Haut sahen waren besser als VPn in den anderen beiden Bedingungen
Neuropsychologische Untersuchungen
Problemlösen= Komplexer Prozess, der nicht nur in einer Hirnregion anzusiedeln ist
Insbesondere relevant = Präfontaler Kortex—> exekutive Funktionen
Neuropsychologische Untersuchungen Beispiele
Shallice,1982: Studie an Patienten mit Läsion im Frontalhirn.
Konnten Züge im Turm-von-Hanoi Problem deutlich schlechter vorausplanen als gesunde Personen
Reverberi et al, 2005: Streichholzaufgaben mit Patienten mit Läsionen im lateralen Frontalcortex und gesunde Personen
Aufgabe= Streichholz so verändern, dass die Gleichung richtig ist.
Gesunde Personen normalerweise besser, aber bei manchen Aufgaben nicht. GP Evtl. durch Erwartungen flexible Lösungen verhindert
Neuronale Korrelate beim Lösen von Problemen
messung von Hirnströmen, währen Aufgaben gelöst werden.
Rechte Hirnhälfte: Eher semantische (wörtliche) Codierung
Linke Hirnhälfte: eher assoziative Codierung
Bei analystischen Aufgaben hohe Aktivierung von frontalen Arealen (Planung, strategisches Vorgehen)
Aber: Ergebnisse oft umstritten
Expertiseforschung
Wir schauen uns Expertise bei Hochleistung an. Man redet auch von Expertise bei nicht „hochleistenden“ Menschen.
Expertise= Hohes Maß an Sachkenntnis (Vorwissen) ein einem Bereich. Bessere Performance in dem Bereich als Novizen (Anfänger)
Expertise - Erwerb (3 Phasen Modell)
1 - Kognitiv. Bewusstes Verstehen und Aufmerksamkeit
2 - Assoziativ. Automatisierung und Prozeduralisierung
3 - Autonom. Automatische Ausführung, wenig kognitive Kontrolle. Schwierigkeiten Automatismen zu stoppen. Lernen findet nicht mehr statt.
Begabung
Teilweise angeboren/ genetisch determiniert
zeigt frühe Anzeichen von Entwicklung und Leistung
ist prädizierbar (durch diese Anzeichen)
betrifft nur eine Minderheit
ist domänenspezifisch
Begabung
Übung spielt eine entscheidende (notwendige) Rolle
Personen unterscheiden sich in der Schnelligkeit und dem Niveau des Wissenserwerbs
- Eine Vorhersage auf Basis früher Anzeichen bislang nicht möglich
Begabung - Intelligenzforschung
- Begabung ist notwendig
- Bei Schach und Musik; Unterschiede in Leistung zw. 30% und 45% (Schach) zw 26% und 40% (Musik) durch Übung erklärbar waren
—> erheblicher Teil der Leistungsunterschiede nicht durch Übeintensität erklärbar
Intelligenz - Rolle für die Entwicklung von Expertise?
Untersuchung von Doll und Mayr (1987)
Höhere Werte Schachspieler als Referenz Gruppe für:
Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit
Informationsverarbeitungskapazität
numerische Intelligenz
Keine Korrelation zwischen IQ und ELO
IQ und Expertise
Untersuchung von Grabner, Stern, Neubauer 2007
- IST 2000 R
- Alter bei Eintritt in Schachclub
- Übeaktivitäten
- Motivation (Leistungsstreben)
- Persönlichkeit (NEO 5 Faktor)
- ELO: Wertungszahl, welche die Spielstärke von Schachspielern beschreibt.
Intelligenz und Expertiseerwerb (Grabner, 2014): 3 Modelle
- Schwellenwert der Intelligenz: bestimmte Höhe der Intelligenz notwendig, um zu Hochleistung gelangen zu können
- Intelligenz wirksam in frühen Phasen: Intelligenz bzw. kognitive Grundfunktionen wie die Arbeitsgedächtniskapazität vor allem in der ersten Phase des Lernens erscheidend vgl. Prodigies
- Fähigkeit und Übung additiv: Intelligente Personen würden weniger Übezeit benötigen und umgekehrt
Fazit: Begabung oder Übung?
Kontrovers diskutiertes Thema
Intelligenzforscher:innen —>
Bestreiten nicht entscheidenden Einfluss von Lernen und Übung
strittig ist der Einfluss angeborener Unterschiede Intelligenz auf das Erreichen von Höchstleistungen
Schachexpertise
Viele Studien zu Schach
Schach = erste Domäne, in der Expertise ausführlich untersucht wurde
Gut geeignet für Expertise Forschung, weil Ausgangszustand, mögliche Operatoren und Ziel klar definiert sind
Problemraum ist extrem groß (viele alternative Züge)
- 9.000.000 Möglichkeiten, die ersten sechs Züge auszuführen!
Was macht einen Schachmeister aus?
Häufige Annahme: Schachexperten planen mehr Züge voraus als Novizen
Falsch: Nicht mehr sondern schneller
Planen selten mehr als 5 Züge voraus
Was macht den Schachmeister aus?
Studien von De Groot (1965) Zeigten Schachmeistern und Gelegenheitsspielern für wenige Sekunden Schachstellungen
- Aufgabe: Die Stellung reproduzieren
- Meister erinnerten sich an mehr Figuren
= Gedächtnis spielt eine zentrale Rolle
Chunk-Theorie
Chase und Simon(1973)
Chunks werden im Arbeitsgedächtnis gespeichert
Einzelinformationen können zu Chunks zusammengebunden werden
Schach: Meister und Novizen können die gleiche Anzahl Chunks speichern (ca. 7)
Inhalte der Chunks verschieden
Novizen: oft nur eine Figur
Experten: mehrere (+ Beziehungen untereinander)
Chunk Theorie Überprüfung (Chase und Simon, 1973)
Aufgabe: In 5s Figuren Merken und reproduzieren.
Sinnvolle Stellungen:
Großmeister - 16 Figuren
Mittel Spieler - 8 Figuren
Anfänger - 4 Figuren
Zufällige Stellungen: Alle ca. 4 Figuren
= Einzelelemente in einem Chunk bei Experten höher
Template Theorie
Annahme: Schachmeister haben Schablonen über Schachstellungen + zielführende Züge im Langzeitgedächtnis verfügbar
Schablone = Position ca. 12 Figuren + Informationen über weitere variabel positionierbare Figuren
Schablonen fassen Wissen über ähnlicher Schachstellungen zusammen
—> ermöglicht schnelle Routine Reaktionen, z.B bei simultan Spiele gegen mehrere Gegner (Gobet, Simon 1966)
Simultanschach: wenig Zeit zum Denken
Einzelgegner: Qualität der Züge besser
Expertenleistung: Perzeptuell-motorische Fähigkeiten
Musik vom Blatt spielen (Lehmann und Kopiez, 2009)
Bessere vom Blatt spieler…
- Schauen weiter voraus
- Verteilen Fixationen in einem weiteren räumlichen Bereich
- ersetzen „fehlerhafte“ Noten
Lernprozesse bei Übung
- Speicherung von Episoden: Je öfter dasselbe Problem bearbeitet wird, ++ Wahrscheinlichkeit dass Lösund direkt aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann
- Chunking von Prozeduren: Bildung eines neuen Operators, der Schritte zusammenfasst
- Wissenkompilierung: Häufige Verwendung desselben Faktenwissens zum Erreichen eines Teilziels, —> Generierung einer Prozedur, die direktes Erreichen des Teilziels erlaubt
Beobachtungen beim Expertiseerwerb/Üben
- Lernfortschritte können durch Informationsreduktion passieren (Ignorieren von nicht benötigten Informationen)
- Lernfortschritte passieren oft nicht kontinuierlich, sondern abrupt (spricht für Änderung von zentralen Konzepten) —> Info für Problemlösung kann einfach abgerufen werden und braucht nicht mehr schrittweise hergestellt werden
- Automatisierung von kognitiven Fertigkeiten (werden schneller+sicherer)
- Teilschritte für Experten oft nicht mehr bewusst (automatisiert)