Störungsspezifische und störungsübergreifende Diagnostik Flashcards
Funktionen psychologischer Diagnostik nach Behandlungsphase
- Indikationsorientierte Diagnostik
- Verlaufs- und Prozessdiagnostik
- Qualitäts- und Prozesskontrolle
- Therapie- und Prozesssteuerung (adaptive Indikation)
- Evaluative Diagnostik
Funktionen der Diagnostik vor und zu Beginn der Therapie
• Ausgangslage, Klassifikation der Symptomatik
• Ätiologische und funktionale Analyse
• Therapeutische Problem- und Zielbereiche
• Fallkonzeption, selektive und differentielle Indikation
• Prognose
–> Sammlung von Informationen über eine:n
Patent:in und seine Lebensumstände, um therapeutische Indikations-Entscheidungen treffen zu können
Indikationsorientierte Diagnostik: Definition von Indikation
die Gesamtheit aller Entscheidungen über
Interventionsmassnahmen und ihre Modifikation, die vor und im Verlauf der
Therapie zu ihrer Auswahl und Veränderung getroffen werden.
–> Eine psychotherapeutische Indikation zeigt an, welche medikamentösen oder psycho-therapeutischen Verfahren zur Behandlung einer psychischen Störung angemessen sind. Voraussetzung ist eine in Bezug auf ein Außenkriterium (Wirksamkeit) valide und reliable Diagnostik.
Typen von Indikationen
- Selektive Indikation: Auswahl geeigneter Therapieverfahren (als Ganzes) für bestimmte
Patienten oder eines Patienten für eine bestimmte Therapie (z.B. Kognitive Verhaltenstherapie vs. Psychoanalyse) - Differentielle Indikation: Welche Behandlung (welcher Behandlungsbaustein/welche
Technik) ist für einen bestimmten Patienten mit diesem spezifischen Problem die effektivste Behandlung durch wen, und unter welchen Umständen? - Adaptive (oder prozessuale) Indikation: Anpassung des gewählten Vorgehens an den
Einzelfall, die konkreten, aktuellen Bedingungen des Patienten während der Therapie
Ziel des Erstgesprächs
- Rahmenbedingungen
- Aktuelle Beschwerden und Symptome
- Sozial- und Familienanamnese & Biographie
- (psychia.+somatische) Krankheitsanamnese
- Vorbehandlungen & parallele Behandlungen
- Aktuelle Medikamente
- Suchtanamnese
- Bisherige Bewältigungsstrategien
- Therapiemotivation, Therapieerwartungen, …
„Fehler“quellen im diagnostischen Prozess
A) Zu diagnostizierende Merkmale
• Patienten: keine/inkonsistente Angaben
• Symptome verändern sich je nach Zeitpunkt
(Subjektvarianz, Situationsvarianz)
• Verschiedenen Untersuchern stehen unterschiedliche Infos zur Verfügung (Informationsvarianz)
B) Diagnostiker (Beobachtungsvarianz, Kriterienvarianz)
• Voreingenommenheit; eigene Hypothesen vorschnell bestätigen
• Unterschiedliche Art der Befragung/Antworten je nach Person
• Untersuchung erfolgt unsystematisch, ängstlich, provokativ, …
C) Klassifikationssysteme
• Symptome und Kriterien sind nicht oder nur unscharf definiert
• Diagnostische Kriterien sind nicht klar voneinander abgegrenzt
Prinzip der multimodalen Diagnostik
• Datenquellen (Person selbst, andere Person, apparative Verfahren [z.B. EEG, MRI])
• Konstrukte / Funktionsbereiche (z.B. Symptome, zwischenmenschliche Bezieh,
psychosoziales Funktionieren, Ressourcen, Emotionsregulation, Copingstrategien)
• Datenebenen (biolog, psychisch, sozial, …)
• Untersuchungsverfahren (Selbst-/Fremd-beurteilung/beobachtung, Interview, usw.)
Klassifikation: Definition
Einteilung oder Einordnung von Phänomenen, die durch bestimmte gemeinsame Merkmale charakterisiert sind, in ein nach Klassen
gegliedertes System.
(Klassifikatorische) Diagnostik: Definition
Gesamter Untersuchungs- und Entscheidungs-prozess, der zur Erhebung der (psychopath.) Befunde und zur Ableitung einer oder mehrerer Diagnosen führt
Bei welchem Aspekt handelt es sich um einen Vorteil der klassifikatorischen Diagnostik?
a) Es ist eine gleichzeitige Messung von Interventionseffekten möglich
b) Geringere Anfälligkeit bezüglich Interviewereffekten
c) Weist höhere Praktikabilität auf
d) Es ist eine Verbesserung der Indikationsstellung möglich
e) Stärke der Symptomatik messbar
d)
Der deskriptive, operationalisierte Ansatz: Phasen
1) Beschwerden, Klagen, Verhaltensweisen
(physiologisch, motorisch, sozial, kognitiv, affektiv)–>
2) Symptome/Befunde (Ausgewählte, spezifisch und explizit definierte Aspekte) –>
3) Syndrom (=Eine überzufällig häufige, theoretisch und empirisch sinnvolle Symptom- kombination) –>
4) Diagnose (Störung/Krankheit)
–>Einbeziehung von Zusatzkriterien
(Beginn, Verlauf, Ausschlusskriterien)
ICD-10 vs DSM-5: Gemeinsamkeiten
- atheoretische und deskriptive Ausrichtung (im
Gegensatz zu z.B. ätiologisch) - psychische Störung (disorder) statt Krankheit (disease)
- explizite und operationalisierte Kriterien
- Komorbiditätsprinzip
- Untersuchungsverfahren (z.B. SKID-Interview)
- beruhen auf Konventionen
ICD-10 (WHO) vs DSM-5 (APA): Unterschiede
- Trägerorganisation (WHO und APA)
- Vorschriftencharakter (DSM) und eher
Richtliniencharakter (ICD) - lehrbuchartiger Aufbau (DSM)
- nur psychische Störungen (DSM)
Argumente pro Klassifikation psychischer Störungen
• Verbesserung der Kommunikation • Informationsreduktion • Überzufällige Syndrome • Wissensakkumulation (z.B. Definition von Kontraindikationen; Bestimmung der Prognose [Verlauf, Remission, Rückfallrisiko], emirically validated treatments) • Verbesserung der Indikationsstellung
Als typische Muster von Symptomen werden bezeichnet:
a) Syndrom
b) Diagnosen
c) Störung
d) Bedürfnis
e) Inkongruenz
a)
Argumente kontra Klassifikation psychischer Störungen
«Ettiketierung« (»labeling«)+Stigmatisierung
• Informationsverlust
• Teils sehr heterogene Störungsbilder innerhalb einer Diagnose
• Verwechslung von Deskription und Erklärung
• Reifikation künstlicher Einheiten
• Verschleierung zugrundeliegender Dimensionen
Dimensionale Diagnostik
• Beschreibung psychischer Phänomene
anhand von Dimensionen
• Repräsentation der Phänomene auf einem Kontinuum
• Einsatz von Syndrom-Skalen (Fragebogen), Bsp. Depression –> PHQ-9 erfasst die Ausprägung verschiedener depressiver
Symptome
• Nutzen: Bestimmung des Schweregrads + Screening
Sensitivität: Definition
Sensitivität misst den Anteil der tatsächlichen
Positiven, die korrekt als solche erkannt werden
(z.B. depressive Personen, die korrekt als solche erkannt werden).