Stadtgenese Flashcards
Stadt Definition (divers)
- Umgangssprachlich: unscharfe, diffuse Verwendung
- Statistisch-administrativ: unterschiedliche Einwohnerschwellenwerte
- Historisch-juristisch: Stadttitel, -rechte, -privilegien; Gemeindeordnung
- Soziologisch: sozialer, kultureller, Interaktionsraum
Stadt Definition (Geo)
• Größere Siedlung, Geschlossenheit,
• höhere Bebauungsdichte, Mehrstöckigkeit
• Hohe/höhere Bevölkerungsdichte
• Zentralität (als Bedeutungsüberschuss)
• funktionsräumliche Gliederung
• soziale/ethnische Gliederung
• Innovationszentren aus politischer, gesellschaftlicher oder
technologischer Sicht
• Abhängigkeit vom umgebenden Raum
• ökologisch belasteter/überlasteter Raum
• und weitere …
Verstädterung & Urbanisierung
Verstädterung: demographische Perspektive; Verstädterungsgrad, -
quote; Teilaspekt umfassender Urbanisierungsprozesse
Urbanisierung: der „gesamte[n] sozio-ökonomische[n] und soziokulturelle[n] Prozess einer zunehmenden Bevölkerungsverdichtung
in städtischen Gebieten” (Hauser 1991b: 479),
Beide Begriffe als Zustand und Prozess, oft synonym verwendet
–> wird hauptsächlich in Asien & Afrika stattfinden
–> Großteil der Bevölkerung lebt in Klein- & Mitelstädten
Warum gibt es Städte? (Stadtentstehungstheorien)
Stadt und Bewässerung: Theorie der hydraulischen Zivilisation
(Wittfogel: Entwicklung ausgedehnter Bewässerungssystemen als Motor für Urbanisierung und Ansiedlung technischer Spezialisten unter den ersten Stadtbewohnern; durch Bewässerung höhere Erträge zugunsten der Versorgung nichtagrarischer Bevölkerung) – bedingt anwendbar auf China, Mesopotamien, Ägypten, aber umstritten)
Stadt und Religion: Hypothese des Geographen Paul Wheattly:
agrarische Urgesellschaften führten Ernte auf religiöse Zusammenhänge zurück, daraus Entwicklung einer Priesterkaste,
die zugleich politische und soziale Kontrolle ausübte; Städte als zuerst religiöse Orte
Stadt und Politik: Städte als zuerst Herrschaftszentren; Lewis Mumford: Zusammenhang zwischen Entstehung von Städten und Institution des Königtums
Die ersten Städte
vor 5000 Jahren in Mesopotamien, Zweistromland, ,,fruchtbarer Halbmond” im Euphrat-Tigris-Bereich
z.B Nippur & Uruk
Traditionelle Stadt des vorderen Orients
Stadt Erbil im Irak (vor 6000 Jahren)
mächtige Stadtmauer umschließt fast kreisrunden inneren Bereich
–> darin konzentrieren sich Gotteshäuser& öffentliche Gebäude
Nach außen hin durchschneiden radial verlaufende Straßen dicht bebaute Stadtbezirke
–> Gassen & Häuser in zellförmigen Strukturen
Städte der griechischen Antike (seit 700 v. Chr.)
- Selbst-beschlossene Wachstumsbegrenzung als Voraussetzung sozialen Fortschritts und Stabilität, zahlreiche kleine Herrschaftsgebiete, Satellitenstädte
- Voraussetzung funktionierenden Soziallebens, Mindestgröße für stehende Armee
• Maritimer Handel, Handwerk durch Innovationen: Eisen, Alphabet, Münzwesen, geldbasierte Ökonomie, Entfaltung von Kunst, Literatur, Wissenschaft
• Polis: Oberstadt (Akropolis, Götter, Zuflucht); Astu (Handel, Administration)
• Zentrale Elemente: Feuerplatz, Adel, Bedienstete, Agora (Versammlung der Bürger), Hafen
• Vorteile politischer Organisation innerhalb des Konzepts der
Demokratie und kollektiver Freiheit
• Stadtmauern, keine Quartiere oder inneren Grenzen, räumliche Segmente: heilige, öffentliche und private Gebiete
• Einschluss der urbanen Gestalt und Architektur in die Landschaft
Bsp.: Athen
Städte des römischen Empire
Gründung seit 4. Jh. V.Chr., oft Kopien anderer antiker Beispiele
(speziell der griechischen Polis), bis 5. Jh. n.Chr.
• Elements: typische rechteckige Stadtgrundrisse, “Schachbrettgrundriss“ (Hippodamus 479 v.Chr.), zwei zentrale
Achsen (Cardo/N-S und Decumanus/W-O), Forum, oft: Thermen, Hof, Tempel, Circus, Insulae, Triumphbogen etc.
• Westlich des Rheins: Köln, Worms, Mainz, Basel, Straßburg; rechts der Donau: Regensburg
• Wichtigste und größte Stadt nördlich der Alpen: Augusta Treverorum =Trier (seit 275 n.Chr., Hauptstadt des Weströmischen Reichs)
• Funktionen: zunächst oft militärisch-administrativ (Lager, Kastell), danach bald breiter mit Administration, Handel, Kultur (Köln, Trier) und Bädern (Aachen, Wiesbaden) etc.
• Niedergang und Zerfall seit 5./6. Jh.
• Urbanes Design und Stil bis heute prägend
Bsp.: Rom, Trier, Köln
Städte des Mittelalters (5.-14.Jh.)
Gründungs-/Planstädte älteren Typs ab 12. Jh.
Stadtgründungen als Instrumente kaiserlicher und
fürstlicher Machtpolitik (insbesondere des Hochadels):
„Herrschaftsverdichtung“, Wirtschaftsstimulierung…
Beispiele: Zähringer Städte, z.B. Freiburg i.B., Bern… mit
typischen zentralen Achsen sowie den Handelsstraßen mit
angegliederten Märkten; parallele Entlastungsstraßen
jenseits der Marktachsen
Bsp.: Lübeck
Minderstadt (ab 1300-1450):
Fehlen von Befestigung; lokale
Nahmarktfunktion, wenige Privilegien, minderes Recht
Mittelalterliche Städte (ca. 500 - 1500 n.Chr.):
Vielfach in Anlehnung an/Erweiterung von römischen
Gründungen (aber auch ‚schrumpfende Städte‘…)
• Oft aber in Anlehnung an (karolingische) Königshöfe/Pfalzen (Heer-/Handelsstraßen, befestigt; Dortmund),
• Domburgen der Bischofssitze (Bremen, Hamburg, Münster, Osnabrück, Paderborn) und/oder Klöster/Klosterburgen (Hameln, Helmstedt)
• Wik als Markt- und Kaufmannssiedlung (rasches Wachstum erst ab ca. 10. Jh./Ottonische Zeit)
• ab 11. Jh. starkes Wachstum des gewerblichen Marktwesens (typisch: selbständige Handwerker/Gilden) mit Markt- und Platzräumen
• Wanderhandel abgelöst durch moderne Formen mit Schriftverkehr, Buchführung, Bank- und Kreditwirtschaft unregelmäßige,
unsystematische Entwicklung, hohe Bevölkerungsdichten, vertikale Expansion
Bsp.: Lübeck, Münster
Frühneuzeitliche Städte (ab ca. 15./16. Jh.)
- Rückgang der Stadtgründungen („Schwarzer Tod“, Agrarkrisen,
Kriege, Verfall der Städtebünde, Innovation mauerbrechender Schusswaffen) - Bergstädte: Erzfunde, Autonomie (Goslar, Clausthal, Zellerfeld)
- Exulantenstädte/Flüchtlingsstädte: Böhmische Brüder, Hugenotten; Manufakturen (Altona, Homburg, Karlshafen,
Erlangen, Freudenstadt, Glückstadt) - Fürstenstädte, Residenzstädte, Festungs-/Garnisonsstädte (Karlsruhe, Pyrmont, Rendsburg, Neu-Breisach)
Deutliche wirtschaftliche Dimensionen: Einnahmen durch Gebühren/Steuern, Intensivierung/Förderung wirtschaftlicher
Tätigkeiten, Bauzyklen, Hofleben und seine Ansprüche…
Städte der Renaissance (seit etwa 1520)
- Renaissance: symmetrisch, horizontal, großflächig, weiträumig, rational geplant, geometrisches urbanes Design, rechteckige Netze und Organisation, urbane Expansion
- Einfluss aus Italien, Stilwandel von Spätgotik zu Renaissance („Wiedergeburt“, Kulturbewegung, 14.-17. Jh., intellektuelle Transformation)
- Wechsel des urbanen Designs durch Innovation neuer Waffen (Angriff/Verteidigung): Glacis, weitreichende Waffen
- Revitalisierung des regelmäßigen Layouts
Ideale Form der Renaissance-Stadt
• moderne Fortifikation
• umfassende Planung
• zwei Teile:
• a) Zitadelle/Fort (Ringstruktur um den zentralen Appell- und Alarmplatz,
• b) zivile Stadtanlage (rechteckige Form)
• symmetrisches Layout
• standardisiertes Layout der Gebäude
Bsp.: Mannheim
Städte des Barock (seit Ende des 16. Jh.)
- Barock: Architektur als Bühne der Machtdemonstration von
Herrschenden (religiöse wie zivile) - Einfluss aus Italien, dauerte bis zur Entstehung des Klassizismus (Ende des 18. Jh.)
- Charakteristika: ganz neue Städte für die Herrschenden, Ideologie des Absolutismus (17./18. Jh.), zusätzlich zur systematischen Renaissance: Orientierung auf Schloss/Residenz des absolutistischen Herrschers
- Macht des Herrschenden repräsentiert in der Stadt
- Rolle der Stadtplanung: Orientierung auf das dominante Zentrum = Schloss als Wohnort des Herrschers
Beispiele: Schloss von Versailles/Paris (Bau seit 1661,gewaltiges Schloss mit Park, seit 168 2 Residenz von Ludwig
XIV.) - Disparitäten zwischen zivilen, religiösen und kommerziellen Gebäuden im Kontrast zum Wohnort des
Herrschers (gebaute Hierarchien)
Bsp.: Karlsruhe
Designelemente: große Opulenz religiöser und Bürogebäude, reichhaltige Schmuckelemente
Verteidigungsanlagen der Barockstädte
Sébastien Le Prestre de Vauban (1633-1707)
Vauban‘sches System der Fortifikation/Befestigung
• Bastionen
• flankierende Verteidigungsanlagen
• freies Schussfeld
• Mehrere Befestigungs-„Ringe“
• komplexe Bausysteme