Soziale Wahrnehmung und Attribution Flashcards
Soziale Wahrnehmung
Zentrale Fragestellung:
Wie bilden wir uns einen Eindruck von anderen Personen?
Soziale Wahrnehmung =
Prozess der Sammlung und Integration von Informationen über eine Person
Bedeutung der Art und Reihenfolge von Informationen
→ z.B. Zentrale Persönlichkeitsmerkmale
→ z.B. Primacy-Effekt/Recency-Effekt
Bedeutung der Wechselseitigkeit sozialer Interaktionen
→ z.B. Selbsterfüllende Prophezeiungen
Zentrales Persönlichkeitsmerkmal:
Dispositionales Merkmal, das bei Betrachter:innen den Eindruck einer Person maßgeblich beeinflusst
Peripheres Persönlichkeitsmerkmal:
Ein Merkmal, dessen Vorhandensein den Gesamteindruck von einer Persson nicht bedeutsam beeinflusst.
Soziale Wahrnehmung
Die „Big Two“ (z.B. Judd et al., 2005)
‒ Wärme: Wie sozial/moralisch ist eine Person (oder eine Gruppe von
Personen)?
‒ Sympathie, Geduld, Wohlwollen, etc.
‒ Kompetenz: Wie gut gelingt es der Person (oder einer Gruppe von
Personen), ihre Intentionen umzusetzen? ‒ Intelligenz, Ehrgeiz, Fleiß, etc.
Babyfacedness
Menschen mit großen, runden Augen, kurzen Nasen, einer hohen Stirn und/oder einem kleinen Kinn (Personen mit einem „Babyface“) werden wahrgenommen als (z. B. Berry & McArthur, 1986):
* weniger dominant
* naiver
* wärmer
Gesichtsausdruck
- Ärgerliche Personen werden dominanter wahrgenommen
- Fröhliche Gesichter werden affiliativer wahrgenommen.
Primacy-Effekt
‒ Zu Beginn dargebotene Informationen werden besser erinnert und haben einen
stärkeren Einfluss als später dargebotene Informationen
‒ Personen-Wahrnehmung: Persönlichkeitsmerkmale, die zu Beginn wahrgenommen
werden, beeinflussen Urteil über eine Person am stärksten
Recency-Effekt
‒ Zuletzt dargebotene Informationen werden besser erinnert und haben einen
stärkeren Einfluss als später dargebotene Informationen
‒ Personen-Wahrnehmung: Persönlichkeitsmerkmale, die zuletzt wahrgenommen
werden („die neuste Wahrnehmung“), beeinflussen Urteil über eine Person am stärksten
Selbsterfüllende Prophezeiungen
‒ Erwartung führt zu ihrer eigenen Bestätigung
Annahme einer BeobachterIn: “Person ist sehr freundlich”
–> Freundliches Verhalten der Beobachterin
–> Freundliches verhalten der beobachteten Person
Attribution
(Kausal)Attribution =
Prozess, durch den eine beobachtende Person zu einer Schlussfolgerung über die Ursache des Verhaltes einer handelnden Person kommt.
Attributionstheorie:
Der Mensch als naive Wissenschaftler:in (Heider, 1958) ‒ Bedürfnis nach und Tendenz zur Attribution auf Dispositionen
→ Integration von Informationen zu einem Ganzen → Vorhersage und Kontrolle
1.Theorie der korrespondierenden Schlussfolgerung 2. Kovariationstheorie
3.Attribution von Leistung
Theorie der korrespondierenden Schlussfolgerung (Jones & Davis, 1965)
Korrespondierende Schlussfolgerung = Dispositionen werden aus beobachtetem absichtlichem Verhalten erschlossen
‒ Schlussfolgerung auf Dispositionen, die mit dem Verhalten korrespondieren (ihnen entsprechen)
‒ Berücksichtigung aller zur Verfügung stehenden potentiellen Handlungsmöglichkeiten
‒ Abgleich der ausgeführten Handlung mit alternativen, nicht-ausgeführten Handlungsmöglichkeiten
→ „Analyse nicht gemeinsamer Auswirkungen“: Betrachter schließen auf Absichte hinter Handlungen, indem sie die Konsequenzen der Verhaltensmöglichkeiten, die dem Handelnden offen standen, miteinander vergleichen und deren unterschiedliche Ergebnisse identifizieren.
Kovariationstheorie
Welche Verhaltensursache kovariiert mit dem Auftreten einer Handlung?
‒ Wodurch kommt das Verhalten zustande? Person, Entität (Objekt) oder Situation
‒ Sammeln von Daten über vergleichbare Fälle
Ziel der Kovariationstheorie:
Durch Beobachtung der Faktoren, die
konsistent mit einem Verhalten auftreten, die Ursache für ein Verhalten herausfinden.
Kovariationstheorie (Kelley, 1967)
Berücksichtigung von drei Arten von Informationen bei der Attribution
Informationen über…
Distinktheit
Fragestellung
Gleiches Verhalten in Bezug auf andere Entitäten (Objekte)?
Beispiel für hohe Ausprägung
Hermine äußert sich nur über Attribution, nicht aber über andere Themen, gelangweilt.
Kovariationstheorie (Kelley, 1967)
Berücksichtigung von drei Arten von Informationen bei der Attribution
Informationen über…
Konsistenz
Fragestellung
Gleiches Verhalten in anderen Situationen und zu anderen Zeitpunkten?
Beispiel für hohe Ausprägung
Auch in anderen Situationen, z.B. vor anderen Personen, würde Hermine sagen, dass Attribution langweilig ist.
Kovariationstheorie (Kelley, 1967)
Berücksichtigung von drei Arten von Informationen bei der Attribution
Informationen über…
Konsensus
Fragestellung
Gleiches Verhalten auch durch andere Personen?
Beispiel für hohe Ausprägung
Alle anderen sagen auch, dass Attribution langweilig ist.
Kovariationstheorie (Kelley, 1967)
–> Umgang mit unvollständigen Informationen
Abwertung und Aufwertungsprinzip:
‒ Abwertungsprinzip:
‒ Alternative Erklärungen werden ausgeschlossen,
weil bekannte andere Faktoren, den beobachteten Effekt erklären können.
‒ Aufwertungsprinzip:
‒ Aufgrund von bekannten Faktoren, die dem
beobachteten Effekt entgegenwirken, wird angenommen, dass ein Kausalfaktor besonders stark ausgeprägt sein muss
Einschränkungen der Kovariationstheorie
Bedeutung von Vorannahmen
‒ Mittlerweile allgemein erwiesen, dass Personen nicht immer den kompletten Datenerhebungsprozess durchlaufen
‒ Stattdessen Suche nach Ursachen in den Unterschieden zwischen beobachtetem Ereignis und erwartetem Ereignis
Kognitive Skripte = Ablauf von Ereignissen, wie sie „normalerweise“ geschehen
Kovariation bedeutet nicht gleich?
Kausalität
Kausale Kraft:
Eine intrinsische Eigenschaft eines Objekts oder eines Ereignisses, die es dazu befähigt, einen Einfluss auf ein anderes Objekt oder Ereignis auszuüben.
Attribution von Leistung (Weiner, 1979)
Klassifikation von subjektiv wahrgenommenen Ursachen von Erfolg und Misserfolg
- Lokation (intern vs. extern)
- Stabilität (stabil vs. variabel)
- Kontrollierbarkeit (kontrollierbar vs. unkontrollierbar)
Attribution bzgl. eigenen (Miss-)Erfolgs beeinflusst Erwartungen, Motivation und zukünftiges Verhalten
Zweikomponententheorie der Emotionen von Schachter
Physiologische Erregung (Intensität –>) Emotionaler Zustand
Kognitive Einschätzung der Situation (Qualität –>) Emotionaler Zustand
Experiment zur Zweikomponententheorie (4 Bedingungen mit Adrenalin)
- Bedingung
* Injektion eines Placebos
–> Keine Emotionen (keine Erregung) - Bedingung
* Injektion von Adrenalin
* Korrekte Symptominformation
–> Keine Emotionen (Erregung wird auf Injektion attribuiert) - Bedingung
* Injektion von Adrenalin
* Falsche Symptominformation
* Situative Hinweise auf Euphorie
–> Euphorie
(Erregung wird auf Situation
attribuiert) - Bedingung
* Injektion von Adrenalin
* Falsche Symptominformation
* Situative Hinweise auf Ärger
–> Ärger
(Erregung wird auf Situation
attribuiert)
Korrespondenzverzerrung
Neigung auf Dispositionen zu schließen, die mit dem Verhalten
korrespondieren auch wenn das Verhalten situationsbedingt war ‒ Vernachlässigung des Kontexts
Tritt auch auf, wenn das Verhalten durch die Situation bestimmt ist (Jones & Harris, 1967)
Fundamentaler Attributionsfehler?
‒ Dispositionelle Attribution abhängig von Salienz der Informationen
über handelnde Personen
‒ Kulturelle Unterschiede: Individualismus vs. Kollektivismus
Actor-Observer-Difference
Tendenz eigenes Verhalten eher auf situative Faktoren zurückzuführen, während fremdes Verhalten eher mit Dispositionen erklärt wird
Mögliche Gründe
‒ Mehr Informationen über eigenes Verhalten als über das Verhalten
anderer
‒ Ausrichtung der Aufmerksamkeit eher auf beobachteten Handler als auf
Situation
‒ Effekt lässt sich durch Manipulation der Perspektive reduzieren (z.B.
durch den Einsatz von Videokameras; Storms, 1973)
Selbstwertdienliche Attributionsverzerrungen
Selbstwertsteigernde und Selbstwertschützende Attributionen:
Selbstwertsteigender Attributionen: Erfolg wird auf eigene Person attribuiert
Selbstwertschützende Attributionen: Misserfolg wird auf Situation attribuiert
Wie nehmen wir andere Personen wahr?
Wir sammeln und integrieren soziale Informationen. Dies geschieht nicht immer nach objektiven Kriterien. So gibt es bspw. Effekte der Reihenfolge (Primacy- Effekt) und der Art der Informationen (zentrale Persönlichkeitsmerkmale) auf unsere Wahrnehmung. Zudem gibt es das Phänomen der sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Wie erklären wir uns das Verhalten anderer Personen?
Nach der Theorie der korrespondierenden Schlussfolgerung wird auf
Dispositionen attribuiert, wenn eine gewählte Handlung andere Ergebnisse liefert als nicht-gewählte Handlungsoptionen.
Nach der Kovariationstheorie überprüfen wir, ob eine beobachtbare Wirkung mit einer Person, einer Entität oder dem Kontext variiert.