Sozial-kognitive Lerntheorie Flashcards
Unterschied zu behavioristischen Lerntheorien
Bandura 1986:
Lernen ist eine Informationsverarbeitende Aktivität, durch die Informationen über Verhaltensweisen und Umweltereignisse in symbolische Repräsentationen, die als Wegweiser für Handlungen dienen, umgewandelt werden
Skinner 1953:
Hält es zwar für möglich, dass kognitive Prozesse Verhaltensänderungen begleiten, er schließt jedoch aus, dass sie auf solche Einfluss nehmen können
Grundlagen
- Im Gerhin existierten Nervenzellen (Spiegelneuronen), die bei Betrachtung von Vorgängen ebenso reagieren, wie wenn dieser Vorgang selbst ausgeführt würde (Rizzolatti et. Al 2000, 2006)
- Reziproker Determinismus: Wechselwirkung zwischen Verhalten, der Umgebung und Faktoren der Person, die sich alle drei wechselseitig beeinflussen
—> nicht ausschließlich die Umwelt bestimmt, wann und was gelernt wird, sondern das Verhalten schafft teilweise die Umwelt und die resultierende Umwelt beeinflusst ihrerseits das Verhalten (Bandura 1977)
Bsp.: Aggressive Kinder erwarten auch bei anderen aggressive Verhaltensweisen und verhalten sich dementsprechend - Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Verhaltensweise wird nur dann erhöht, wenn man meint oder sogar weiß, dass man dafür eine Verstärkung erhält
—> Erwartungen über wahrscheinliche zukünftige Konsequenzen
Beobachtungslernen
Tausch & Tausch 1971 Unter Beobachtungslernen (Modellernen) ist zu verstehen, dass sich das Verhalten eines Individuums auf Grund der Wahrnehmung von Verhaltensweisen anderer Personen (sogenannter Modelle) oder auf Grund verbaler Darstellungen über das Verhalten anderer Personen ändert, und zwar in Richtung größerer Ähnlichkeit mit der beobachteten oder auf Grund verbaler Übermittlung vorgestellten Verhalten.
Das Bobo-Doll experiment (Bandura 1965)
Fragestellung: Führt das Beobachten von Verhaltensweisen in einem Film zur Veränderung der eignen Verhaltensweise?
Methode: 33 Jungen, 33 Mädchen (3-5 Jahre) der Stanford University Nursery School.
Kinder sehen einen Film, wie eine erwachsene Person eine lebensgroße Plastikpuppe mit verschiedenen Verhaltensweisen verletzt (Schlag auf die Nase, Holzhammer, durch den Raum stoßen, mit Gummibällen abwerfen). Dazu werden jeweils charakteristische Laute verwendet (z.B. „Sokerooo“ beim Holzhammer)
—> Verhaltensweisen sind für Kinder in jedem Fall völlig neu
Varianten des Films: verschiedene Konsequenzen für Modell
1. Positive Konsequenz
2. Bestrafung
3. Keine Konsequenzen
Kinder werden anschließend in einen Spielraum gebracht, in dem sich auch die Utensilien aus dem Film befanden. Die Kinder wurden zunächst allein gelassen und das Verhalten dokumentiert, später wurden Süßigkeiten für jede Nachahmung versprochen
Ergebnis: Die Reproduktion der Verhaltensweisen hängt zunächst vom Geschlecht und davon ab, ob das Modell bestraft oder belohnt wurde. Mit dem Anreiz kann jedoch über alle Gruppen hinweg ein großer Anteil das Verhalten zeigen
Die Kinder haben durch Beobachtung von aggressivem Verhalten in einem Film also die Kompetenz erworben, selbst aggressives Verhalten zu zeigen. Direkte externe Verstärkung und stellvertretende Verstärkung erhöhten die Bereitschaft zur Performanz
—> Bandura schloss daraus, dass die Kinder das Modell-Verhalten gleichermaßen erlernt, aber je nach Folgen unterschiedliche reproduziert haben
Phasen des Beobachtungslernens
Nach Bandura (1969): 2 Phasen und 4 Schritte
Aneignungs-/Lernphase (Akquisition): Aufmerksamkeit Gedächtnisprozesse Äußerungs- / Ausführungs- / Verhaltensphase (Performanz) Reproduktion Motivation
Je nachdem, wie diese Prozesse verlaufen, wird nur die Kompetenz zu bestimmtem Verhalten erworben, die Nachbildungsleistung auf Verhaltensebene ausgeprägt oder es findet gar kein Lernprozess statt
Schritt 1: Aufmerksamkeit
Prozess, der aus dem gesamten Reizangebot der Umwet eine Auswahl für die weitere Verarbeitung vornimmt. Diese Selektion wird durch mehrere Faktoren bestimmt.
- Eigenschaften des Beobachters: Motivation, Fähigkeit der Wahrnehmung, Fähigkeit zum Nachvollzug der Handlungen
- Modelleigenschaften: Respektiert und statushoch, mächtig und attraktiv, eher erfolgreich als wiederholt bestraft
- Verhältnis zwischen Modell und Beobachter: Ähnlichkeit mit dem Beobachter, Sympathieempfindung
Maximale Aufmerksamkeit entsteht, wenn Modell kompetent, freundlich und mächtig ist (meist Lehrer) und wenn Beobachter emotional erregt, engagiert, abhängig ist und Zweifel über angemessenes Verhalten hat
Drei Arten von Modellen:
1. Natürliche Modelle, mit denen ein Lernender unmittelbar in Kontakt steht (Eltern, Lehrer, MS) 2. Symbolische Modelle, die als Cartoons oder Zeichentrickfiguren bestimmte Verhaltensweisen abbilden, die Lernende beobachten und evtl. nachahmen 3. Eine sprachlich formulierte Erläuterung oder Anweisung, die Schritt für Schritt angibt, welcher Weg zu einem bestimmten Ziel führt (Plakat zum Rechenweg)
Schritt 2: Gedächtnis/Behalten
Vor der Nachahmung des beobachteten Verhaltens muss es ins Gedächtnis transferiert und dort in bildlicher und/oder sprachlicher Form gespeichert werden.
Um das erlernte Verhalten zu behalten, ist Wiederholen erforderlich (auf Vorstellungsebene oder durch körperliche Nachahmung), Bewegungsabläufe sollten automatisiert werden
Schritt 3: Reproduktion
Theoretisch sollte nun die Reproduktion des Verhaltens möglich sein. Jedoch wird man häufig durch Selbstbeobachtung oder objektive Rückmeldung (Feedback) auf Fehler aufmerksam. Daher sollte keine negative Reaktion auf falsche Ausführungen erfolgen, sondern eine „informative Rückmeldung“
Schritt 4: Motivation
Ob ein beobachtbares Verhalten nachgeahmt wird. Hängt von der Motivation des Lernenden in einer gegebenen sozialen Situation ab
3 Formen der Verstärkung nach Bandura
Direkte Verstärkung:
Beobachter ahmt Verhalten nach und bekommt dafür direkten Verstärker
Stellvertretende Verstärkung:
Beobachtung von Verhalten, das belohnt wurde (Verstärkung)
Selbstverstärkung:
Beobachter verstärkt sich selbst.
Ziel pädagogischer Einwirkung: Selbststeuerung des Lernenden
Wirkungen des Beoachtungslernens
- Entwicklung allgemeiner Vorstellungen
Bsp.: Bobo-Doll-Studie: Kinder zeigen auch eigene, kreative aggressive Verhaltensweisen
—> Entwicklung einer allgemeinen Einstellung zu Aggressivität
—> Nachahmungseffet unerwünschter oder krimineller Handlungen - Neuerwerb von Verhaltensweisen (sog. Modellierender Effekt)
> Modell führt den Beobachter neue Verhaltensweisen vor; diese werden vom Beobachter mehr oder minder identisch reproduziert
> Es findet jedoch keine reine Imitation, sondern eine kognitive Auseinandersetzung statt. Modellieren geht also über das Kopieren von Verhaltensweisen hinaus. Durch Modellieren kann die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens erhöht oder gesenkt werden (Erwerb von Schemata/ Verhaltensstile)
> Beispiele: Essen von Austern, Lernen des Zehnerübergangs von älteren Schülern> Erlernen kognitiver Strategien
o Modell kann genutzt werden, um bestimmte Vorgehensweisen bei der Lösung von Aufgaben zu demonstrieren
o Schulbezug: Lehrer (Modell) gibt den Lernenden nicht nur Erklärungen, sondern verbalisiert zusätzlich seine Gedanken und nennt Gründe für seine eigene Vorgehensweise - Effekte von Beobachtungen
> Hemmungseffekt:
Reduktion der Häufigkeit früher erworbener Verhaltensweisen, abhängig von der Beobachtung aversiver Verhaltensfolgen einer Handlung (Bestrafung etc.)
> Enthemmungseffekt
Beim Beobachten werden vorher gehemmte Verhaltensweisen häufiger oder treten wieder auf, nachdem ein Modell beobachtet wurde, das vorher verbotene oder bedrohliche Handlungen ohne negative Folgen ausführt und/oder damit sogar Erfolg hat
> Auslöseeffekte
Modelle können Verhalten auslösen, das der Beobachter schon voll und ganz beherrscht (z.B. Schüler lesen sich in Pause nochmal Hefteinträge durch —> Mitschüler lässt von seiner ürsprünglichen Tätigkeit ab und Lernt auch)
> Intensivierung der Reaktionsbereitschaft
Wenn ein Modell durch sein Verhalten Beobachtern die Möglichkeit aufzeigt, dieses Verhalten q ebenfalls zu zeigen; Verhaltensweisen sind sozial akzeptiert (z.B. Lehrer schmeißt Müll in Papierkorb —> sozial erwünschtes Verhalten wird von Schülern übernommen)
> Nullwirkung
Verhaltensweise bereits anerkannt —> keine Lernwirkung
Abbau des Aggressionsverhalten der Schüler durch den Lehrer
- vorsichtig und wohlüberlegt bestimmte Fernsehsendungen empfehlen
- Modell für nichtaggressives Verhalten sein
- ehrliche Diskussionen im Unterricht, um Voraussetzungen für Verarbeitung und Kontrolle von Aggression, Feindseligkeit, etc. Zu schaffen
- Dem sozialen und emotionalen Klima, in dem der Schüler aufwächst, Aufmerksamkeit schenken