Problemlösung, Transfer & Expertensettings Flashcards

1
Q

Problemlösen

A

Ein Individuum steht dann einem Problem gegenüber, wenn es sich in einem inneren und äußeren Zustand befindet, den es aus irgendwelchen Gründen nicht erstrebenswert empfindet, aber im Moment nicht weiß, wie er die unerwünschte Ausgangslage in den wünschenswerten Endzustande überführt (Lukesch)

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2
Q

3 Kennzeichen einer Problemsituation

A
  • unerwünschter Anfangszustand (IST)
  • Barriere (verschlungene Wege, mehrere Maßnahmen)
  • erwünschter Endzustand (SOLL)

Zur Erreichung des erwünschten Endzustands sind Teilziele nötig, die eine Annäherung an das Hauptziel ermöglichen. Dieses Verhalten ist kognitiv bestimmt und erfordert die Anwendung von Regeln und Strategien.
Dies ist auch der Unterschied zur Aufgabenbewältigung: Die Maßnahmen müssen selbst gefunden werden.

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3
Q

Arten von Problemen (Simon 1978)

A
Klar definierte Probleme (well-defined)
	> Klares Ziel benannt 
	> Für die Lösung relevante Informationen liegen vor
	> Nur eindeutige Lösungskriterien
	> z.B. Puzzle, Matheaufgaben
	—> Meistens in der Schule

Unklar definierte Probleme (ill-defined)
> Ziele eher unbestimmt
> Hohe Unsicherheit über mögliche Lösungswege
> Keine eindeutigen Lösungskriterien
> z.B. Frage zur Familie, Beruf, Freizeit
—> im „wahren“ Leben zu finden

Problem:
SuS werden nicht ausreichend auf das Leben vorbereitet, da sie im Unterricht nur mit klar definierten Problemen, nicht aber mit den im Alltag überwiegenden unklar definierten Problemen konfrontiert werden.

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4
Q

Arten von Problemlösung

A
  • Versuch und Irrtum (Thorndike): Eine hungrige Katze wird in einem Käfig gesperrt und muss sich aus diesem befreien, um zum Futter zu gelangen
    —> Äußerliche Lösung, da nur ausprobiert wird
  • Einsicht (Köhler 1917): Schimpansen sitzen in einem Käfig und erhalten zwei Stöckchen, um zum außen liegenden Futter zu gelangen. Nach einiger Zeit erkennen die Schimpansen, dass sie die beiden Stöckchen zusammenstecken müssen
    —> Innerliche Lösung, da über die Situation nachgedacht wird

Kritik: Es muss davon ausgegangen werden, dass auch die Schimpansen zuvor eine Fehler-Irrtum-Phase durchliefen. Die beiden Arten scheinen also eher aufeinander aufzubauen

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5
Q

Allgemeine Strategien: Der IDEAL-Problemlöser (Branford & Stein 1984)
1. I

A

1.Identifikation eines Problems
> Oftmals ist es schwieriger, das Problem zu finden, als eine Lösung dafür
> Schülern fehlt die Erfahrung mit schwer zu entdeckenden, unklar definierten Problemen
—> Notwendigkeit, Probleme zu schaffen, die erst als solche identifiziert werden müssen

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6
Q

Allgemeine Strategien: Der IDEAL-Problemlöser (Branford & Stein 1984)
2. D

A
  1. Definition der Ziele und Repräsentation des Problems
    > Aufmerksamkeit auf relevante Informationen konzentrieren, irrelevante ignorieren
    > Verstehen der Formulierung und Beschreiben in eigenen Worten
    > Zusammentragen der Informationen und Verständnis eines ganzen Problem
    [sonst: voreilige Anwendung bestimmter, ungeeigneter Schemata]
    > Transformation oder Übersetzung des Problems in eigene sprachliche oder oft auch graphische Darstellung
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7
Q

Allgemeine Strategien: Der IDEAL-Problemlöser (Branford & Stein 1984)
3. E

A
  1. Explorieren möglicher Strategien
    > Algorithmische Strategien der Lösungssuche
    Hierbei handelt es sich um festgelegte Anweisungen, die schrittweise zur Lösung führen (z.B. Backrezept). Alle möglichen Wege zum Ziel werden berücksichtigt
    Probleme:
    o Diese Strategie wird schnell zu aufwändig (z.B. gibt es bei der Aufgabe, EDRISHCLAM in die richtige Reihenfolge zu bringen, über drei Millionen Möglichkeiten
    o Schüler wenden Algorithmen oft unsystematisch an und können oft den Lösungsweg nicht rekonstruieren
    > Heuristische Strategien der Lösungssuche
    Hierbei handelt es sich um eine allgemeine Suchstrategie für Lösungen, wobei Faustregeln oder intelligente Abkürzungen genutzt werden. Der Zeitaufwand ist gering.
    Bsp.: EDRISHCLAM wird in im Deutschen übliche Buchstabenfolge eingeteilt. Schnell kommt man zur Lösung MARSCHLIED
    Beispiele für wichtige heuristische Strategien:
    o Ziel-Mittel-Analyse:
    Einteilung des Problems in kleinschrittige Unterziele, die schrittweise abgearbeitet werden; dadurch wird der Abstand zum SOLL-Zustand schrittweise verkleinert
    Bsp.: Schreiben einer Hausarbeit (Themenwahl, Recherche,…
    o Rückwärts-Arbeiten:
    Ausgehend vom Ziel werden Lösungsschritte abgeleitet
    o Analogie-Denken:
    Lösungen für ähnliche Probleme werden verglichen
    [dabei: auch zu starke Einschränkung möglich; es muss auf tatsächliche Genauigkeit geachtet werden]
    Problem: Heuristiken können den richtigen Weg zur Lösung nicht garantieren
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8
Q

Allgemeine Strategien: Der IDEAL-Problemlöser (Branford & Stein 1984)
4. A

A
  1. Antizipieren von Ergebnissen und Vorgehendweisen
    > Entscheidung für einen geeigneten Lösungsweg
    > Gleichzeitige Vorhersage der Ergebnisse (z.B. Überschlag)
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9
Q

Allgemeine Strategien: Der IDEAL-Problemlöser (Branford & Stein 1984)
5. L

A
  1. Lernen aus der Rückschau
    > Ist das Ergebnis sinnvoll?
    > Kontrollstrategien v.a. In der Mathematik
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10
Q

Förderung von Problemlösen im Unterricht

A
  • Förderung des Verstehens einer Problemsituation ist Voraussetzung
  • Motivierung durch Diskrepanzen: Schaffung von Situationen, die bei den Schülern auf den ersten Blick für Verwirrung sorgen (Bsp.: Cola-Dose geht im Wasser unter, Cola Light schwimmt —> Dichtekonzept)
  • Schaffung von Problemsituationen in einem natürlichen Kontext: Situationen mit denen sich Schüler in ihrem Leben wirklich auseinandersetzen müssen (Bsp.: Zurechtfinden im Wald/fremder Stadt bei Klassenfahrten mit Karten)
  • Virtuelle Lernumgebungen (Woodbury, 1991): Woodbury entwickelte ein Computer-Programm, in dem den Schülern Probleme der Hauptfigur Jasper präsentiert werden. Beispielsweise befindet sich Jasper mit seinem Boot auf einem See und sein Benzin wird knapp. Die Schüler sollen nun den kürzesten Weg zu Ufer finden.
    Das Jasper-Lernprogramm zeigte positive Auswirkungen auf die Leistungen der Schüler, auch in anderen Schulfächern und bei Alltagsproblemen
  • Überprüfung des sprachlichen Verständnisses (z.B. Lerner muss Aufgaben sprachlich verstehen). Hierzu gehört auch, dass Kinder in Mathematik ein korrektes Zahlenverständnis entwickeln
  • Konkretisierung von Textaufgaben (z.B. graphisch darstellen)
  • Darstellung vollständiger Beispiele (Sweller 1985): Es ist ratsam, den Schülern erst vollständig ausgearbeitete Beispiele zu präsentieren. Dadurch wird das Arbeitsgedächtnis nicht überlastet und es bleibt mehr Zeit für Übungsaufgaben, da die dann schon schneller bearbeitet werden können. Wichtig hierbei ist, dass die Schüler die ausgearbeiteten Beispiele selbst nachvollziehen und nicht in eine passive Rolle rutschen
    Achtung: Bei der Wirkung ausgearbeiteter Beispiele liegen intraindividuelle Unterschiede vor. Deshalb sollte der Lehrer den Fokus auch auf Metastrategien legen.
  • Verbessern der Qualität von Verständnisfragen (Suchman): Fragen sind die Voraussetzung für die Gewinnung eines tieferen Verständnisses. Suchman hat dazu ein Erkundungstraining entwickelt: Er präsentierte Schülern Problemstellungen. Zur Lösung durften die Schüler ihren Lehrern Fragen stellen, die mit ja oder nein beantwortet werden können. (—> Lehrer bleibt im Hintergrund, Schüer muss sich konkrete Fragen überlegen). Hierbei setzt sich der Schüler kritisch mit der Fragestellung auseinander und kann so tieferes Verständnis erlangen
  • Allgemein: An alltägliches Vorwissen und Interessen der Schüler anknüpfen - Automatisierungs- und Übungsphasen anschließen. Nur Anregungen, keine Lösung geben
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11
Q

Behinderung des Problemlösens

A
  • Funktionale Gebundenheit Unfähigkeit, Werkzeuge und Gegenstände auf unkonventionelle Art & Weise einzusetzen
  • Rigidität: Die Tendenz, auf übliche Weise zu reagieren
  • Überzeugungsperseveranz: Die Tendenz, an Überzeugungen auch bei widersprechenden Informationen festzuhalten
  • Tendenz zur Bestätigung: Suche nach Informationen, die unsere Entscheidungen und Überzeugungen bestätigen, während widersprechende Informationen ignoriert werden
  • Falsche Heuristiken:
    > Verfügbarkeitsheuristik: Leicht abrufbare Ereignisse werden für häufig gehalten
    > Repräsentativitätsheuristik: Je ähnlicher ein Ereignis einem Prototyp ist, desto häufiger ist es
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12
Q

Experte-Novizen-Forschung

A

Experten sind Personen mit sehr hohem Kenntnisstand auf einem bestimmten Gebiet, während sich Novizen in diesem Gebiet erst einarbeiten

Experiment nach de Groot (1965)
- Schauspieler sollten sich nur kurz (2-15 sek) gezeigte Personen merken

Ergebnis:

- Schachmeister erinnern die Anordnungen deutlich schneller und mit weniger Fehlern
- Der Vorteil verschwindet, wenn es sich um sinnfreie Stellungen handelt
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13
Q

Voraussetzungen um Experte zu werden

A
  • Hoher Übungsaufwand: Problemlösekompetenz entsteht nicht durch theoretischen Nachvollzug oder Lernen allgemeiner Prinzipien, sondern durch viele Erfahrungen in dem betreffenden Bereich
  • Meist werden international anerkannte Leistungen erst nach min. 10 Jahren Arbeit erbracht (Ericsson 1990)
  • Insbesondere ist aber auch die Qualität der Übung entscheidend
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14
Q

Merkmale von Experten im Vergleich zu Novizen

A

Experten unterscheiden sich nicht nur in der Quantität ihres Wissens, sondern vor allem auch in der Qualität, also der Strukturierung des Wissens (Bransford 2000)

  • Umfangreiches Grundlagenwissen
    > Hochgradig vernetztes Wissen in einem Fachgebiet, das schnell aus dem LZG abgerufen werden kann
    > Sämtliche Formen: deklaratives, prozedurales und konditionelles Wissen
  • Schnelle Problemerkennung
    > Relevante Informationen werden aufgrund vorhandener Schemata schnell erkannt
    > Aktivierung der Schemata, die tatsächlich zur Lösung führen
    > Novizen: eher oberflächliche Einordnung von Aufgaben, die oft wenig nützlich ist
  • Hoher Zeitaufwand bei Erarbeitung neuer Probleme
    > Experten untersuchen neuartige Probleme erst sehr genau, während Novizen oft voreilige Schlüsse ziehen
    > Dafür laufen der anschließende Lösungsprozess und die Strategiewahl sehr schnell ab
    > Insgesamt also Zeitvorteil der Experten
  • Automatisierung kognitiver Prozesse
    > Das prozedurale Wissen von Experten ist stark automatisiert
    —> Entlastung des Arbeitsgedächtnisses
    > Zudem: sog. „Opportunistisches Denken“, das heißt, Experten reagieren schnell auf die Bedingungen und brauchen wenig Zeit zur Anpassung
    Nachteil: Automatisierung führt zu Routine —> Unkonzentriertheit, Flexibilität oft eingeschränkt [z.B. Wissenschaftliche Entdeckungen meist in jungen Jahren]
  • Bessere Kontrolle der Metakognition
    > häufiger Kommentare zu den Denkprozessen
    > gute Einschätzung der Aufgabenschwierigkeit und des Zeitaufwands
    > Zugleich: Unterschätzung der Zeit, die Novizen benötigen
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15
Q

Transfer Defintion

A

Greene et al. 1996 oder Gentile 2000:
Transfer ist die Übertragung von Gelerntem auf neue Lernsituationen
Z.B. Ingenieurstudent wendet eine mathematische Formel an, um ein praktisches Problem zu lösen

Schüler sind nicht ohne weiteres in der Lage, Gelerntes auf praktische Situationen anzuwenden (Cox 1997) —> der Unterricht muss darauf gestaltet sein

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16
Q

Unterscheidung zwischen positiven und negativen Transfer

A

Mayer und Wittrock 1996:

Positiver Transfer (Lernübertragung hat wünschenswerte Wirkung):
> Schüler kann früher Gelerntes anwenden, um späteres Lernen oder Problemlösen zu erleichtern
> Aber: Lernen ist stets situativ gebunden —> pos. Transfer schwierig
o Hirschfeld und Gelman 1994: Wissensinhalte, die in einem Kontext entstanden sind können kaum außerhalb dieses Kontexts angewandt werden
o Anderson et al. 2000: Lesen und Grundlagen der Mathematik werde sehr wohl in außerschulische Situationen übertragen
o Perkins 1995: Lernstrategien werden fächerübergreifend angewandt

Negativer Transfer (Lernübertragung hat unerwünschte Wirkung):
	z.B. muttersprachliche Aussprache von Wörtern beim Erlernen einer Fremdsprache (Littlewood 	1984)
17
Q

Unterscheidung zwischen automatischem und bewusstem Transfer

A

Salomon und Perkins 1989:

Automatischer Transfer
> spontaner automatischer Transfer, ohne jegliche Notwendigkeit des Nachdenkens
> hochgradig geübte Fertigkeit in vielfältigen Situationen
> kommt deklarativem Wissen zum Einsatz

Bewusster Transfer
> explizit bewusste Formulierung einer Abstraktion (Analyse: welche Strategie, welche Vorgehensweise etc.)
> Rückgriff auf Konditionales Wissen
> Vorwärts gerichteter Transfer: Strategie beinhaltet Absicht, sie in Zukunft anzuwenden. Voraussetzung: Kenntnis von zukünftiger Situation z.B. Lehramtsstudent lernt Unterrichtseinstiege in der Uni
> Rückwärts gerichteter Transfer: Erinnerungen an frühere Situation, um gegenwärtige Situation zu lösen

18
Q

Förderung von Transfer im Unterricht

A

Ziel ist es, dem Entstehen von trägem Wissen entgegenzuwirken! Daraus sich gewisse Empfehlungen für den Unterricht:

  • Förderung tieferer Verarbeitung unterrichtlicher Inhalte
    > Vernetzung mit anderen Wissensinhalten
    > nicht zu viel in kurzer Zeit, weniger ist mehr
  • Systematisches Entkontextualisieren des Lernens:
    Lernen in verschiedenen Kontexten begünstigt Schaffung von „Allgemeinheit“, die als Konstante erhalten bleibt (Perkins und Salomon 1989)
    Nach Singley & Anderson 1989: Verbindungen lösen, die zwischen einem bestimmten Wissensinhalt und irrelevanten Aspekten der Lernsituation bestehen
  • Problemorientierter und anwendungsbezogener Unterricht
    theoretische Darstellung müssen mit Anwendungsbezug aufgearbeitet werden; Lernender muss wissen, wann und wo Wissen anwendbar ist
  • Anerkennung und Akzeptierung der Lernziele:
    Lernen muss bekannt sein, welches Ziel das Lernen unter künstlichen Bedingungen in der Schule hat —> eigenen Nutzen aufzeigen (Savery und Duffy 1996)
    Hierbei orientierten sich die Behavioristen an einem passiven Menschenbild, dessen Informtionsverarbeitende Prozesse von außen kontrolliert werden. Erst durch einen aktiven Lerner, welcher neue Informationen auf eine besondere Art und Weise verarbeitet, kommt es zur Erforschung kognitiver Prozesse