Rechtswissenschaft und juristische Methode Flashcards
Was sind die Merkmale juristischer Logik?
- Mehrheitlich deduktives Vorgehen
- Induktives Vorgehen nur in Teilbereichen
- Grundsätzlich keine Experimente, Rechtssicherheit steht im Vordergrund
Was ist Deduktion?
Deduktion ist eine wissenschaftliche Methode, bei der von einem Allgemeinen auf ein Besonderes geschlossen wird.
Wo im Recht arbeitet man auf deduktive Weise?
Jede Norm regelt auf generelle und abstrakte Weise eine Vielzahl von Fällen. In der Rechtsanwendung finden diese Regeln ihre konkrete und spezielle Anwendung. Die allgemeine Regel wird so auf den speziellen Fall angewandt und ist grundlegend für sämtliches juristisches Arbeiten.
Was ist Induktion?
Induktion ist eine wissenschaftliche Methode, bei der von verschiedenen Einzelfällen auf eine allgemeine Regel geschlossen wird.
Wo im Recht arbeitet man auf induktive Weise?
- Systemgewinnung aus Einzelfällen im englischen Common Law. Hierzu nicht unähnlich ist die Aufbereitung der gesamten Rechtsprechung zu einem Thema (Aufarbeitung der Kasuistik)
- In der Rechtsetzung: Erarbeitung oder Anpassung des Rechts aufgrund von Einzelfällen
- In der Rechtsanwendung: bei der Lückenfüllung
Führe aus: Das Recht besteht aus einem wertenden und einem normativen Element.
«Spezifisch juristisch ist es, logisches, formales Denken mit Wertungen zu verknüpfen, welche als Regeln Geltung beanspruchen.»
Nun nimm irgendeine Norm, z.B. StGB 111: Dass es verboten ist zu töten, ist eine Wertung, die wir als Gesellschaft so vorgenommen haben. Ob jemand im konkreten Einzelfall getötet hat oder nicht, ist nochmals die juristische Beurteilung, zu der wir nach einem klaren Verfahren und unter Anwendung klarer Regeln gelangen können.
Führe aus: Wertungen sind stets relativ.
Wertungen sind immer relativ – eine absolute, universale und autonome Wertung ist nicht möglich.
Konkretes Anwendungsbeispiel: «Sittenwidrige Verträge»
-> Was sittenwidrig ist, kann nicht genau eruiert werden, wenn man sich das ehrlich eingesteht. Es gibt wohl eine bundesrechtliche Kasuistik, aber Richter sind auch nur Menschen und zwei Menschen empfinden selten dasselbe als sittenwidrig. Darüber hinaus ändert sich das Ganze natürlich über die Zeit. Vor 30 Jahren war noch so einiges sittenwidrig, was heute ganz normal ist. Daneben ist im Tessin u.U. sittenwidrig, was in Zürich in Ordnung ist, oder umgekehrt.
-> Eine Wertung ist daher nie beweisbar, aber immer begründbar
Was bedeutet «Das Recht ist normativ»?
Das Recht ist eine Sollensordnung, d.h. es ist präskriptiv und nicht deskriptiv (wie z.B. die Naturwissenschaften).
Recht hat damit einen Ordnungscharakter und will nicht einfach nur erklären.
Wertungsfragen können zu Interessenabwägungen innerhalb der Rechtsordnung führen. Nenne ein Beispiel aus dem Privatrecht!
Stell dir vor: K kauft von V eine Uhr. V ist aber nicht Eigentümer, ihm wurde die Uhr von seinem Bruder B geliehen. Dieser will die Uhr nun wiederhaben.
Grundsätzlich gilt das Eigentumsrecht absolut nach ZGB 641. Aber auch das Prinzip des Vertrauensschutzes gilt im Privatrecht. Hiernach ist der gutgläubige Erwerb einer Sache zu schützen, wenn der Käufer sie in guten Treuen erworben hat, also gutgläubig war.
Es fragt sich, wessen Schutz höher zu gewichten ist: De Schutz des Rechtsverkehrs oder der Schutz des Eigentums. Schützt man das Eigentum um jeden Preis, ist ein sicherer Rechtsverkehr wegen gestohlener Gegenstände nicht mehr möglich. Man muss sich ab einem gewissen Punkt darauf verlassen können, dass man kaufen darf.
Mit welchen Fragen können Wertungsurteile überprüft werden?
- Was ist überhaupt die richtige Frage?
Das Recht knüpft an bestimmten Sachverhalten an. Diese ergeben sich aus dem Recht selbst. - Ist der Sachverhalt richtig erfasst?
- Gibt es schon ähnliche Urteile? Ist dabei der Sachverhalt auch ähnlich genug?
- Sind verschiedene Lösungen möglich und gegeneinander abwägbar?
- Kann die Lösung vernünftigerweise verallgemeinert werden?
Was ist Begriffsjurisprudenz?
Begriffsjurisprudenz ist eine Theorie der Rechtsfindung des 19. Jahrhunderts und arbeitet vornehmlich mit klar definierten Rechtsbegriffen, ohne Raum für Wertung.
Nach der Aussage von C. Savigny wird mit juristischen Begriffen «gerechnet».
Die Begriffsjurisprudenz hatte natürlich auch einen dogmatischen Antagonisten auf den Plan gerufen: Das Freirecht.
Beide sind heute nur noch von historischem und allenfalls intellektuellem Interesse.
Was ist teleologische Jurisprudenz?
Teleologische Jurisprudenz ist eine Theorie der Rechtsfindung des 19. Jahrhunderts und sucht die Erarbeitung des Zweckes hinter dem Gesetz als Auslegungshilfe.
-> Es handelt sich um die Theorie, die zurückgeht auf Rudolf von Jherings Werk: Der Zweck im Recht.
Was ist Interessenjurisprudenz?
Interessenjurisprudenz ist eine Weiterführung der teleologischen Jurisprudenz. Sie führt diese weiter durch die Anerkennung der verschiedenen Interessen, welche im Gesetz ihren Kompromiss gefunden haben.
Gesetze beruhen regelmässig auf verschiedenen Interessen und versuchen diese zu einem «sinnvollen» Ausgleich zu führen, z.B. Interessen von Konsument und Verbraucher oder Mieter und Vermieter
Was ist Wertungsjurisprudenz?
Wertungsjurisprudenz ist eine Weiterentwicklung der Interessenjurisprudenz. Die Wertungsjurisprudenz nimmt die Wertung des Gesetzgebers in der Abwägung der verschiedenen, antagonistischen Interessen auf.
Was ist Sinn und Zweck der Rechtsauslegung?
Die Auslegung des Rechts hat zum Zweck, die auszulegende Rechtsnorm zu verstehen. Dies bedingt natürlich, dass die betreffende Norm auslegungsbedürftig ist und stellt die Frage, wann eine Norm auslegungsbedürftig ist. Ist sie es, so muss nach der konkreten Methode der Auslegung gefragt werden.