Realkontrakte Flashcards

1
Q

Wesen und Quellen der Obligationen

A

Obligationenrecht wird unterteilt in Dihairese (Unterteilung) → Vertragsrecht und ausservertraglichem Haftunsgrecht (Deliktsrecht)
* heute: Unterscheidung zwischen vertraglichen Verpflichtungen & Haftpflichtrecht

→ die obligatio (Forderung) wird von der actio (Klage) unterschieden
* aktionsrechtliches (klagerechtliches) Denken (in Rom dachte man NICHT in Ansprüchen, sondern Klagen)
* Inhaltsbeschreibung der Obligation von Klageart determiniert
* actio in personam (persönliche Klage) vs. actio in rem (dingliche Klage)
* actio in personam = Obligation als Verhältnis zwischen 2 Personen
* actio in rem = Klage mit Blick auf eine Sache

im Vertragsrecht in Rom galt Typenzwang (nicht Vertragsfreiheit)
* beschränkte und fest definierte Anzahl von zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten
* wenn “ausserhalb” der fixen Vertragstypen → kein wirksamer Vertrag (keine Obligation)
* 4 annerkannte Typen (anerkannte Klagemöglichkeiten)
* Literalkonkontrakt = Eintrag ins Hausbuch
* Realkontrakt = Übergabe (zum Eigentum / zum Besitz) einer Sache
* Verbalkontrakt = Stipulation (förmliches Versprechen)
* Austausch von Wortformel (sehr formell)
* Konsensualkontrakt = Einigung der Parteien (mit bestimmt anerkannten Inhalten)

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2
Q

Darlehen als Realkontrakt

A

Realkontrakt = Verpflichtungswirkung durch Hingabe einer Sache (neben der Übereinkunft der Parteien)
* blosser verttragsschluss / Konsens genügt NICHT bei Realkontrakt → setzt Hingabe der Sache voraus
* Darlehen: Übergabe zum Besitz
* Leihe/Hinterlegung: Übergabe zum besitz
* Hinterlegung (Idee): Übergabe einer Sache in fremden Gewahrsam, weil man davon ausgeht dass dort besser aufgehoben
* Leihe/Hinterlegung macht nur Sinn, wenn Sache tatsächlich übergeht (in Besitz des leihers/Verwahrers)

Darlehen (mutuum) = Hingabe von vertretbaren Sachen in das Eigentum des Kreditnehmers mit der Verpflichtung, Sachen gleicher Art & Güter zurück zu geben

(kumulative) Vorraussetzungen des wirksamen Vertragsschlusses
* Einigung der Parteien über den Abschluss eines Darlehens (Konsens)
* Auszahlung von Geld / Übergabe des vereinbarten Masses, bzw. vereinbarten Anzahl der vertretbaren Sache
* Darlehenssumme muss ausgezahlt, bzw. Sache muss in Eigentum übergeben werden
* Vereinbarung einer Rückzahlung oder Rückübertragung (von Sachen gleicher Art & Güte)
* sonst wäre es Schenkung

Konsequenzen des realen Charakters
* Grundsatz: der Darlehensgeber muss (mind. bonitarischer) Eigentümer der Sache sein
* Alle Voraussetzungen des Eigentumserwerbs müssen vorliegen
* Hingabe von weniger als vereinbart → Vertrag in geringerer Höhe wirksam
* keine Zinszahlungspflicht aus Realkontrakt, da der Natur nach “unentgeltlich”
* Zinsen können auf andere Weise vereinbart werden
* unentgeltliches Darlehen verpflichtet Darlehensnehmer moralisch → ggf. unentgeltliche Rückzahlung

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3
Q

Klage (condictio) aus dem Darlehen

A

Grundsatz der condictio
* Konditkion auf Geld (actio cartea creditae pecuniae): 1:1 Rückgabe des geschuldeten Betrages
* betrifft Gelddarlehen
* Kondiktion auf Sachen (actio certae rei): Rückgabe des Geldwertes der Sache (Geldkondemnation)
* betrifft Sachdarlehen

Besonderheiten
* abstrakt formulierte Klage = Klagegrund wird nicht genannt, sondern setzt Verpflichtung voraus (ohne Definition [causa] der Verpflichtung)
* grundsätzlich kann Verpflichtungsgrundlage ein mutuum (Darlehen) oder auch Stipulation
* es MUSS Verpflichtung vorliegen
* grundsätzlich kann das aus Real- oder Verbalverträgen hervorgehen
* ENTSCHEIDEND ist, dass es sich um eine bestimmte (d.h. festgesetzte!) Geldsumme oder Menge an Sachen geht
* Klage auf etwas BESTIMMTES = bestimmte Klage = actio certum
* folglich müssen Verpflichtung und Verurteilung übereinstimmen (und erfolgen immer im Geldwert)

Voraussetzungen der condictio aus mutuum
* Hingabe von vertretbaren Sache oder Geld zum Eigentum des Empfängers
* d.h. alle Voraussetzungen des Eigentums-Übergangs müssen gegeben sein
* Übergabe muss gem. Konsens stattgefunden haben
* Bestimmung, dass eine Rückgabepflicht besteht
* Fälligkeit der Rückgabepflicht
* allenfalls durch Frist bestimmt oder jederzeitige Rückforderung

zu beachten
* Angeklagter kann die Höhe NICHT modifizieren
* ggf. Einrede des Beklagten
* Vereinbarung des zahlungsaufschubs

Kondiktion heute = Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung

condictio aus Darlehen einer Frau/eines Mündels
* Eigentumserwerb (Erhalten des Darlehens) ist möglich (ohne Zustimmung des Vormundes), da vorteilhaft
* Rückzahlungspflicht ist nicht möglich (ohne Zustimmung des Vormundes), da rechtlich nachteilig
→ d.h. Frau/Mündel kann nicht verklagt werden (condictio fällt weg), weil kein wirksamer Darlehensvertrag

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4
Q

condictio und ungerechtfertigte Bereicherung

A

Klage für die irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld
kein allgemeines Prinzip der “ungerechtfertigten Bereicherung”
→ einzelne Anwendungsfälle, der condictio, die als Vorläufer einiger heutiger Kondiktionsfälle gelten können:
* condictio indebiti = (irrtümliche) Zahlung einer Nichtschuld
1. Hingabe von Sache in fremdes Eigentum
2. Rückgabeverpflichtung aus Fehlen eines Rechtsgrundes
3. Irrtum über Rechtsgrund/Wirksamkeit des Vertrages
* condictio ob rem = Hingabe einer Sache zur Erreichunng eines (nicht geschuldeten) Zweckes, bzw. Zwecksverfehlung
* condiction ob turpem causam = Hingabe/Zahlung wegen eines sittenwidrigen Grundes
* Rückforderung einer sittenwidrigen Zahlung
* Condictio ob causam finitam
* späteres Wegfallen des Grundes

Unterschied zu condicito aus Darlehen: Irrtum
* falls kein Irrtum → Schenkung

condictio indebiti bei Frau/Mündel
* Eigentumserwerb durch Frau/Mündel möglich
* wenn dann aber Fehlen eines Rechtsgrunds (unwirksamer Vertrag) → Irrtum des Gläubigers → Rückforderungsmöglichkeiten?
* Meinungen nicht einig:
* Frauen & Mündel können nicht verklagt werden, weil Darlehen grds. auf Vertrag beruhen sollte (was ohne Zustimmung von Vormund nicht möglich ist)
* aber eigentlich sind alle Voraussetzungen der condictio indebti dennoch erfüllt → Rückforderung sollte möglich sein

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5
Q

Realkontrakte mit Klagen aus Treu und Glauben (bonae fidei iudicia)

A

besondere Klageformeln, die dem Richter ein besonders weites Ermessen einräumen, da “Treu&Glaube” als unbestimmter Rechtsbegriff

Struktur Klageformel
* Demonstratio
* Anzeige, um welchen Vertragstypen es geht
* Intentio
* Begehren (kann sehr weit gefasst sein)
* hier Bewertung nach “Treu&Glaube”

Kosequenzen
* Berücksichtigung von Nebenabrede der Parteien
* Berücksichtigung von ungerschrieben Recht (Verkehrssitte, Vertragspraxis, Gewohnheit)
* Schaffung von Regeln, die nach Treu&Glaube gelten müssten, wenn arglist nicht vorhanden
* Berücksichtigung des arglistigen Verhaltens eines Partei OHNE besondere Einschaltung einer Einrede in die Klageformel (weil Einrede ist stillschweigend enthalten)
* Berücksichtigung von Gegenrechten

3 Realkotrakte werden mit Klageformeln aus treu&Glaube durchgesetzt
* Pfandvertrag (pignus)
* Leihe (commodatum)
* Hinterlegung (depositum)
= unentgeltliche Verträge

→ weite Klageformel mit weitem Bemessungsmassstab → kann zu unerwarteten Urteilen führen

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6
Q

Leihe (commodatum)

A

Definition: unentgeltliche Überlassung einer Sache zum (vertraglich vorgesehenen) Gebrauch → Verleiher bleibt dabei Eigentümer & Besitzer; Entleiher wird blosser Detentor
* vertraglich vorgesehener Gebrauch entscheidend!
* Wird kein spezifischer Gebrauch vereinbart → Verkehrsanschauung (was würde ein obj. Dritter machen?)

Klagen (aus Treu&Glauben):
* Verleiher gegen Entleiher → actio commodati directa (mit Beweis des Vertrages)
* Entleiher gegen Verleiher → actio commodati contraria (Verleiher grds. Träger der Lasten der Sache)
* rei vindicatio ist grundsätzlich auch möglich, aber kompliziert, da ET bewiesenwerden muss

Unterschied zu Darlehen: NICHT vertretbare Sache → DERSELBE Gegenstand muss zurückgegeben werden

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7
Q

Hinterlegung (depositum)

A

Definition: Überlassung einer Sache durch den Hinterleger in die unentgeltliche Obhut des Verwahrers
* Verwahrer wird NICHT Eigentümer → lediglich Detentor (Fremdbesitzer)

Klagen (aus Treu&Glaube)
* Klage des Hinterlegers gegen Verwahrer → actio depositi directa (auf Rückgabe)
* Klage des Verwahrers gegen Hinterleger → actio depositi contraria (v.a. wenn Schäden durch Hinterlegung zustande kamen)
* Grund: altruistisches Handeln
* rei vindicatio ist grundsätzlich auch möglich, aber kompliziert, da ET bewiesenwerden muss
* Hinterlegungsklage (actio depositi) – Voraussetzungen
* Verwahrung (depositum)
* vorsätzliche Verletzung des Vertrages
* Verletzung der Aufbewahrungspflicht
* da depositum unentgeltlich, daher Verletzung → nur Haftung, wenn Vorsatz
→ Klage auf Verwahrungsvertrag lautet auf die Leistungen, die sich aus T&G ergeben (und im Vertrag erfasst sind)

unregelmässige Verwahrung (depositum irregulare)
= Hinterlegung von Geld oder anderen vertretbaren Sachen derart, dass sie zum Eigentum des Verwahrers werden (unregelmässig, weil gegen Rechtsnatur des Vertrages → vergleichbar mit Darlehensvertrag)
* extraordinarius: grundsätzlich können vertretbare Sachen nicht Gegenstand des depositum sein, aber wegen griechischem Recht (Kreditgeschäft) → unregelmässige Verwahrung als Zwischenlösung
* Haftung für Sache übergeht trotz NUR Hinterlegung an Verwahrer
* Rückforderungsmöglichkeiten ohne Fälligkeit: jederzeitiges Rückforderungsrecht des Hinterlegers
* Vertragsstrafe kann mit Realkontrakt verbunden werden
* Beurteilung der Haftung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben: Nebenabreden (wie Vertragsstrafe, Zinsen) können mit dem Realkontrakt verbunden werden

Nothinterlegung (depositum miserabile)
= Hinterlegung in Fällen höherer Gewalt (Schiffbruch, Feuerbrunst, Gebäudeeinsturz, usw.)
* extraordinarius:
* Kein Aussuchen des geschäftlichen Partners
* strengere Haftung des Verwahrers (Treubruch): Klage auf das Doppelte

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8
Q

Haftungsfragen im bona fidei iudicum

A

Treu&Glaube (bona fides) als Haftungsmassstab der Klageformel: “was auch immer der Beklagte dem Kläger aufgrund dieses Vertrages zu geben, zu tun oder zu leisten hat, aus der bona fides”
→ Haftungsmassstab bestimmt sich nach den Vetragsinteressen, namentlich dem Utilitätsgrundsatz (wem nützt der Vertrag)

  • bei der Leihe: Vertrag im Interesse des Entleihers → Haftung des Erntleihers für Vorsatz und Fahrlässigkeit und auch für unverschuldeten Verlust durch Diebstahl (custodia)
    • Risikogedanke → derjenige, dessen Interesse abgeschlossen wird, trägt Risiko
  • bei der Hinterlegung: Vertrag im Interesse des Hinterleges → Haftung des Verwahrers NUR für Vorsatz und für grobe Fahrlässigkeit
    • Haftungsprivileg für dilingetia quam in suis (leichte Fahrlässigkeit)
      • Eigenverantwortliche Sorgfalt
      • nur jede Sorgfalt geschuldet, die der Verwahrer auch seinen eigenen Sachen entgegenbringt (weil Hinterleger ja grds. den Verwahrer selbst aussucht)
      • Altruismus

Altruismus = selbstlose Denk- und Handlungsweise; Uneigennützigkeit

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