Persönlichkeitsstörungen Flashcards
Was bedeutet Temperament?
Konstitutionsgebundene, individuelle Eigenart der Reaktion im Bereich des Gefühls, Willens, Trieblebens (angeboren).
Was bedeutet Charakter?
gleich bleibende Grundzüge von Haltungen, Einstellungen, Strebungen, Gesinnungen und Handlungsweisen (erworben).
Definiere Persönlichkeit.
- Einzigartigkeit von Eigenschaften mit über die Zeit hinweg relativ stabilen Strukturen und Prozessen.
- Eigenheiten einer Person, die als charakteristische Verhaltensweisen, Interaktionsmuster und Denkstile beschrieben werden können.
- Eigenheiten, mit denen eine Person versucht, gesellschaftlich-kulturellen Anforderungen und Erwartungen zu entsprechen.
Definiere Persönlichkeitsstörungen.
- Überdauerndes - von der jeweiligen Kultur abweichendes - Muster von Einstellungen, Gedanken und Verhaltensweisen und zumindest zwei der folgenden Merkmale:
- kognitive und affektive Merkmale, interpersonelle Beziehungen, Impulskontrolle
- Das Muster ist unflexibel, tiefgründig, über verschiedene, persönliche und soziale Ereignisklassen hinweg.
- Klinisch bedeutsames Leiden oder psychosoziale Einschränkungen
- Stabil, lang andauernd, Beginn Kindheit und frühe Adoleszenz
- Nicht erklärbar als Manifestation/Folge einer Achse-I-Störung
- Nicht auf organische Faktoren zurückzuführen
Beschreibe das Problem der Stigmatisierung.
- Überschreiten eines tolerierbaren Masses an Handlungen in Bezug auf besondere Persönlichkeitseigenschaften.
- Negativkennzeichnung einer Person.
- Die Person als Ganzes ist betroffen.
- Die Person ist Ursache der Schwierigkeiten.
- Personenperspektivierung von Interaktionsschwierigkeiten.
- Die Diagnose ist zugleich die Erklärung.
- Diagnose erfolgt in der Regel aus der Aussenperspektive.
- Aus der Eigenperspektive kaum als Störung empfunden: Ich-synton
- Metakommunikation wird als wenig sinnvoll erachtet.
Nenne die Persönlichkeitsstile nach Kuhl.

Beschreibe das Fünf-Faktoren-Modell.

Wie sieht das alternative Modell - Sektion III im DSM-5 aus?
zwei zentrale Komponenten
- Kriterium A: Beeinträchtigung im Funktionsniveau
- Kriterium B: Vorliegen maladaptiver Persönlichkeitseigenschaften
Level of Personality Functioning Scale (LPFS)
- 4 Fähigkeitsbereiche: Identität, Selbststeuerung, Empathie, Nähe
- 5 Funktionsniveaus: keine/geringfügige Beeinträchtigung – extrem
- ähnlich der Strukturachse von OPD
Taxonomie maladaptiver Persönlichkeitseigenschaften
- 25 Persönlichkeitsfacetten mit 5 übergeordneten Domänen
- negative Affektivität, Verschlossenheit, Antagonismus, Enthemmtheit, Psychotizismus
noch 6 PS:
- antisozial, vermeidend, Borderline, narzisstisch, zwanghaft,schizotypisch
Welche Erhebungsinstrumente stehen bei der Diagnostik von Persönlichkeit zur Verfügung?
- Personality Disorders Questionnaire (PDQ)
- Millon Clinical Multiaxial Inventory
- Scale of Cognitive Schemas in Personality Disorders/mFragebogen zu kognitiven Schemata (Fydrich et al.)
- Strukturiertes Klinisches Interview fürmPersönlichkeitsstörungen SKID-II
- Persönlichkeits-Stil und Störungs-Inventar (PSSI, Kuhl und Kazén)
- Persönlichkeits-Inventar für DSM-5 (PID-5, Krueger et al. 2012)
- Fragebogen zu spezifischen Persönlichkeitsstörungen
- Borderline-Persönlichkeits-Inventar (BPI), Borderline Symptom Liste (BSL)
- Hare Psychopathy Checklist – Revised (PCL-R)
Wie sehen die (durschschnittlichen) Prävalenzen zu den PS in der Normalbevölkerung aus?
Cluster A
- Paranoid: 1.7
- Schizoid: 1.3
- Schizotypisch: 1.3
Cluster B
- Antisozial: 1.8
- Borderline: 1.6
- Histrionisch: 1.2
- Narzisstisch: 0.8
Cluster C
- Ängstlich-vermeidend: 2.7
- Dependent: 1.0
- Zwanghaft: 2.5
- Passiv-aggressiv: 1.7
Wie wird die gesunde Persönlichkeit beschrieben?
- Flexibilität im Umgang mit den Bedürfnissen
- Sozial bezogene Autonomie
- Fähigkeit, klar zwischen sich selbst (und den eigenen Bedürfnissen) und anderen (und deren Bedürfnissen) zu unterscheiden
- Erfahrungsoffene Selbstsicherheit
- Fähigkeit, auf elementare, intuitive Weise unterscheiden zu können, dass bestimmte Gedanken, Bedürnisse und Lebensgrundsätze nur der Person selbst zu eigen sind
Beschreibe Cluster A.
- seltsames, exzentrisches Verhalten
- ausgesprochene Affektarmut, Gefühlskälte
- bei vermeintlichen Kränkungen und Bedrohungen schnelles Umkippen der Stimmung in Wut und Zorn, ev. Gewalttätigkeit
- Misstrauen, bis hin zum Gefühl der Bedrohung und zu paranoiden Vorstellungen
- fehlender zwischenmenschlicher Kontakt
Beschreibe Cluster B.
- Impulsivität im affektiven Bereich
- übermässig starke Wut und Unfähigkeit, Wut zu kontrollieren
- Tendenzen zur Selbstbeschädigung (Suizidversuche)
- Fremdgefährdung (dissozial und narzisstisch)
- wenig ausgeprägtes Selbstwertgefühl
- Gefühle von Wut, Scham, Demütigung bei Kritik
- Idealisierung vs. Entwertung von Bezugspersonen
- Probleme bei Nähe-Distanz- Regulierung
Beschreibe Cluster C.
- leichte Verletzbarkeit durch Kritik und Ablehnung
- Übertreibung potentieller Probleme
- andauernde Angespannt- und Besorgtsein
- Gefühl der Hilflosigkeit und Abhängigkeit
- massive Trennungsängste
- übermässige Gewissenhaftigkeit
- fehlende Flexibilität
- passive Aggressivität
Wie teilt Sachse Persönlichkeitsstörungen ein?
Nähe-Störungen
- Beziehungen sind wichtig
- Bedürfnis nach Nähe
- Manipulation durch Nähe
- narzisstische, histrionische, selbstunsichere, dependente PS
- Beziehungsaufbau eher leicht
- Therapeuten werden ‚eingespannt‘
Distanz-Störungen
- Patienten halten Distanz und vermeiden Nähe
- Verteidigung von Grenzen
- Manipulative Strategien, um Distanz zu halten
- passiv-aggressive, schizoide, paranoide, zwanghafte PS
- schwieriger Beziehungsaufbau
- vertrauensvolle Beziehung als Therapieziel
Welche Probleme treten bei der Behandlung von PS auf?
- Patienten haben keine Änderungsmotivation
- Therapie dient der Systemstabilisierung
- Schwierigkeit, diese Motivation zu erkennen und zu analysieren
- Patienten blockieren den Bearbeitungsprozess
- Patienten ‚agieren‘ (leben) ihre Probleme in der Therapie
-
Therapeut wird Teil des Problems
- Therapeuten werden für die Ziele des Patienten funktionalisiert
- Gefühle von Hilflosigkeit und Ärger
- Explizite Probleme überdecken Interaktionsprobleme
- Eingeschränktes Problemverständnis resp. fehlendes Modell für die Schwierigkeiten des Patienten
- Fehlendes Handlungswissen für Interventionen
Beschreibe das Drei-Ebenen-Modell von Sachse.
Inhaltsebene
- Worum geht es inhaltlich?
- Welche Probleme hat der Patient?
- Wie sieht er seine Probleme? Was möchte er verändern?
Bearbeitungsebene
- Wie werden Inhalte und Problemaspekte bearbeitet?
- Wie geht der Patient mit seinen Problemen um?
- dysfunktional vs. funktional, internal vs. external, Gefühle, Fragestellungen
Beziehungsebene
- Wie gestaltet der Patient die therapeutische Beziehung?
Beschreibe die Motivebene im Modell der doppelten Handlungsregulation.
Interaktionelle Grundbefürfnisse nach
- Anerkennung, Wertschätzung, positiver Definition
- Wichtigkeit
- verlässlicher Beziehung
- solidarischer Beziehung
- Autonomie
- Unverletzlichkeit der eigenen Grenzen
Grundbedürfnisse im Sinne von Oberplänen
- Realisierung durch interaktionelle Ziele oder Pläne
- z.B.: Zeige dich kompetent, interessant, hilflos
- Handlungsintentionen können mehreren Motiven dienen
Vom konkreten Handeln lässt sich auf die Motive schliessen
- vgl. auch: Plananalyse
Beschreibe die Ebene der Schemata im Modell der doppelten Handlungsregulation.
Grundannahmen der Person
- biografisch entstanden
- Annahmen über das Selbst
- Annahmen über die Beziehung
Frustrierte Beziehungsmotive determinieren Handeln
- rigides Motivsystem
- andere Motive werden zu wenig oder nicht realisiert
Ausbildung negativer Beziehungs- und Selbstschemata
- ich bin nichts wert
- ich bin für andere nicht wertvoll
- ich werde alleine gelassen, nicht unterstützt
Dilemma (Konflikt) zwischen aktiviertem Motiv und Schema
Beschreibe die Spielebene im Modell der doppelten Handlungsregulation.
Interaktionsspiele als Lösung des Konfliktes
- bestimmte Handlungsstrategien erfüllen interaktionelle Ziele
- Strategien sind intransparent (und i.d.R. unbewusst, nicht intentional)
- z.B.: sei besonders lustig, unterhaltsam, sexy
Kosten der ‚Lösung‘
- Grundmotiv wird nicht wirklich befriedigt
- positive Verstärkung ungünstigen Verhaltens dank kurzfristiger Befriedigung
- Handeln wirkt ‚manipulativ‘
- manipulatives Handeln führt zu Interaktionsproblemen
- Wirkung/Effekt des Handelns bestätigt letztlich die Schemata
Images und Appelle
- Interaktionspartner soll etwas zur Befriedigung der Motive machen
- Images bereiten Appelle vor
Was sind die Konsequenzen der Therapie?
Therapie als Alibi, Therapie zur Kostenreduktion
- keine eindeutige Motivation für Veränderung der Grundstruktur
Inhaltsebene
- unklarer, fehlender oder eingeschränkter Arbeitsauftrag
- Fokussierung auf andere (psychische) Probleme
- fehlende Fragestellung
- keine Prozessverantwortung
- externale oder losgelöste Perspektive
Bearbeitungsebene
- Anwendung von Vermeidungsstrategien
- Unkonkretheit, mangelnde Nachvollziehbarkeit, mangelnde Stringenz, geringe Relevanz, geringe Zentralität
- Vermeidung, Relativieren, Normalisieren, Generalisieren, etc.
- Realitätskonstruktionen, Unlösbarkeits-Konstruktionen
Was sind die Behandlungsprinzipien nach Sachse?
- Biographische Arbeit
- Komplementarität zur Motivebene (wenn nötig, Komplementarität zur Spielebene)
- Explizierung der Beziehungsmotive
- Explizierung und Bearbeitung der Schemata
- Konfrontation mit Spielebene
- Alienation
- spezifische Interventionen
Wie muss in der Therapie mit der Spielebene umgegangen werden?
- Genaue Analyse der Motivebene (Plananalyse, Schemata etc.)
- Eigene Reaktionstendenzen beachten (nicht frustriert reagieren, Supervision)
- Komplementär zu Grundmotiv(en) reagieren
- Spielstruktur und deren Kosten aufzeigen