(LF8 - Ersatzansprüche des Bürgers) - §§ 221 ff.! Flashcards
Wo kommt es (mitunter) zu Schäden an den Rechtsgütern Dritter?
Bei gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen (VA/Realakte auf der Primär- und Sekundärebene)
Was kann durch behördliche Eingriffe verletzt werden und welche Frage stellt sich dabei?
Rechtsgüter, wie Leib, Leben, Gesundheit, Eigentum oder andere. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Betroffene Anspruch auf Entschädigung gegen den Staat hat
Bsp.:
- Durch eine Schlachtungsanordnung des Veterinäramts verliert Landwirt
L fünf Kälber.
- Eine unbeteiligte Person wird durch einen Querschläger von einer
Pistolenkugel verletzt.
- Zur Abwehr eines Einbruchs wird eine Tür aufgebrochen, der Eigentümer
verlangt Ersatz der Reparaturkosten.
- Der für einen plötzlichen Rettungseinsatz von der Polizei
herausgewunkene Arzt N, der privat unterwegs ist, beschädigt beim
Rettungseinsatz seinen Anzug.
Woraus ergeben sich Ersatzansprüche des Bürgers? In welcher Reihenfolge ?
(Bezogen auf gesetzlichen Regelungen)
- Vorrang haben spezielle Entschädigungsregelungen aus speziellen fachgesetzlichen Regelungen (zb §§ 15 ff. TierGesG, 51 S. 1 GewO)
- Im Übrigen gelten dann die Regelungen des LVwG (§§ 221 ff.).
- Ergänzend gilt das Allgemeine Staatshaftungsrecht (Amtshaftung, enteignungsgleicher bzw. enteignender Eingriff oder Aufopferung)
Wozwischen ist zu unterscheiden bei der Frage, ob der Staat haftet?
Zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Maßnahmen
Ansprüche nach dem Staatshaftungsrecht - woraus ist es entwickelt worden? Was ist die Grundidee?
Es ist überwiegend aus dem Richterrecht und den gewohnheitsrechtlichen anerkannten §§ 74, 75 der Einleitung zum Preußischen Allgemeinen Landrecht entwickelt worden
Es folgt als Grundidee, dass die Bürgerinnen im
Interesse des Gemeinwohls Nachteile und Pflichten selbstverständlich hinzunehmen haben, ohne dass ihnen ein Entschädigungsrecht zuwächst.
= alle haben für das Gemeinwohl gleiche Opfer zu bringen.
Erst wenn staatliche Maßnahmen dazu führen, dass Einzelne im Verhältnis zu anderen besondere Opfer erbringen müssen (sog. „Sonderopfer“), ist ihnen Entschädigung zu leisten.
Da es sich bei § 75 um einen Ausnahmefall handelte,
werden hierunter vorwiegend staatliche Einzelakte fallen. Beruhen dagegen Nachteile und Pflichten auf einem Gesetz, ist das Opfer kein „Sonderopfer“ mehr, da es dann jedermann erbringen muss*
Was bedeutet Sonderopfer?
Staatliche Maßnahmen führen dazu, dass Einzelne im Verhältnis zu anderen besondere Opfer bringen müssen
Begründen rechtswidrige Maßnahmen immer ein Sonderopfer? Wie ist das bei rechtmäßigen Maßnahmen?
Ja, rechtswidrige (und erst recht
schuldhafte) Einzelakte begründen immer ein „Sonderopfer“ , während bei rechtmäßigen Maßnahmen auf die konkreten Umstände zu schauen ist.
Führen sie zu atypischen und ungewollten Nachteilen bei Einzelnen, erbringen sie ebenfalls ein entschädigungspflichtigen „Sonderopfer“
(Bsp.: Inbetriebnahme einer neu gebauten Flussbrücke, die – für sich genommen – zwar rechtmäßig erfolgte, jedoch zur wirtschaftlichen Existenzvernichtung
eines Fährbetreibers führte, weil dem in der Folge die Kundschaft wegblieb.)
Was für Rechtsinstitute bezüglich des Umfangs der Ersatzleistungen/Ersatzansprüchen gibt es?
Schadensersatz und Entschädigung
Was bedeutet Schadensersatz? Worin wird er unterteilt?
Bedeutung: sämtliche Vermögens- und Nichtvermögensschäden sind zu ersetzen
–> volle Widerherstellung des Zustandes, der ohne das schadensstiftende Ereignis bestanden hätte
Untergliederung:
Vermögensschaden (materieller Schaden)
Nichtvermögensschaden (immaterieller Schaden)
Was ist Vermögensschaden?
Materieller Schaden –> eine Einbuße an Gütern, die einen Vermögenswert haben.
Der Schaden muss in Geld messbar sein
Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schaden
Bsp: Beschädigung eines Pkws, Körperverletzung einer Person
Worin wird der Vermögensschaden nochmal untergliedert? Was bedeutet das?
Innerhalb der Vermögensschäden ist nochmal zu differenzieren zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schaden (auch Folgeschaden)
unmittelbarer Schaden: die nachteiligen Veränderungen, die am verletzten Recht oder Rechtsgut selber eingetreten sind
(Z.B. Kosten für die Reparatur eines beschädigten Pkws und der Minderwert, der trotz Reparatur verbleibt)
mittelbarer Schaden: die durch das schädigende Ereignis an anderen Rechten oder Rechtsgütern verursachten Einbußen, (z. B. der entgangene Gewinn oder Nutzungsausfälle)
Was ist Nichtvermögensschaden?
Nichtvermögensschaden ist die Einbuße an Gütern ohne eigenen Vermögenswert wie z. B. Körper, Gesundheit, Ehre oder Freiheit.
Die dadurch entstandenen Kosten (z. B. für einen Krankenhausaufenthalt) sind wiederum in
Geld messbar und damit Vermögensschaden.
Der Nichtvermögensschaden wird in § 252 II BGB erfasst
Umfang der Ersatzansprüche Übersicht
a) Schadensersatz
1. Vermögensschaden (materieller Schaden)
1.1 mittelbarer Schaden (Folgeschaden)
1.2 unmittelbarer Schaden
- Nichtvermögensschaden (immaterieller Schaden)
b) Entschädigung
(Ersetzt im Grundsatz nur unmittelbare Vermögensschäden; in vielen Fachgesetzen sind Entschädigungsansprüche auch auf bestimmte mittelbare Schäden)
- Schadensersatz nach § 249 ff. BGB bei Amtshaftung
- Entschädigung nach §§ 221 ff. LVwG
- Entschädigung nach allg. Staatshaftungsrecht (§§74, 75 Einl. Pr. ALR)
gilt ex-post oder ex-ante Perspektive?
Auf welcher Ebene werden Ersatzansprüche geprüft?
Ersatzansprüche werden auf der Tertiärebene geprüft. Es gilt die ex-pos-Perspektive. (Man weiß, ob die Gefahrenabwehr rechtmäßig oder rechtswidrig war)
Entschädigung
was bedeutet es? Welche Unterscheidung von Arten gibt es?
Eine Entschädigung ist demgegenüber nicht auf volle Kompensation gerichtet, sondern soll vielmehr eine billige Entschädigung für das Sonderopfer darstellen. Sie ersetzt im Grundsatz nur unmittelbare Vermögensschäden; mittelbare Vermögensschäden und Nichtvermögensschäden bleiben außer
Betracht. Allerdings sind vom Gesetzgeber in vielen Fachgesetzen (auch im LVwG!) Entschädigungsansprüche auch auf bestimmte mittelbare Schäden (insbes. Verdienst- und Nutzungsausfall) ausgeweitet worden. Auch in der Rspr. ist die strikte Begrenzung auf den unmittelbaren Vermögensschaden, sofern spezielle Regelungen fehlen, in der Vergangenheit zunehmend
aufgeweicht worden
- Schadensersatz nach §§ 249 ff. BGB bei Amtshaftung = volle Kompensation materieller und immaterieller Schäden
- Entschädigung nach §§ 221 ff. LVwG = Wertersatz des unmittelbaren Schadens und zum Teil mittelbarer Schäden ohne immaterielle Schäden
- Entschädigung nach allg. Staatshaftungsrecht (§§ 74, 75 Einl. Pr. ALR) = Wertersatz nur des unmittelbaren Schadens ohne immaterielle Schäden