LF2 - Verordnungen Zur Gefahrenabwehr Flashcards

1
Q

Auf welches weitere Handlungsinstrument kann die Ordnungsverwaltung neben der Gefahrenabwehrverfügung für die Wahrnehmung ihrer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben zurückgreifen?

A

Auf den Erlass von Rechtsverordnungen

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2
Q

Wozu dienen Rechtsverordnungen in der Gefahrenabwehr?

A

Sie dienen der schnellen Reaktion auf unvorhersehbare Entwicklungen, wenn neuartige Gefahren auftreten, deren Bekämpfung nicht bis zum Erlass eines Parlamentsgesetzes abgewartet werden kann und denen in generell-abstrakter Form begegnet werden muss oder die lediglich eine lokale Bedeutung haben, sodass eine Befassung des Landesparlaments mit den sich heraus ergebenden Fragen nicht tunlich ist

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3
Q

Woraus folgt die verfassungsrechtliche Zulässigkeit ordnungsbehördlicher Verordnungen?

A

Aus Art. 45 LVerfSH, da dieser hinsichtlich der zum Erlasss von Verordnungen zuständigen Organe nach seinem Wortlaut nicht beschränkt = nicht nur die Gubernative, sondern auch untergeordnete Behörden können Verordnungen erlassen (53 LVwG bringt das zum Ausdurck)

(Im Gegensatz zu: Art. 80 GG ermächtigt allein die Bundesregierung, die Bundesminister oder die Landesregierung zum Erlass der Rechtsverordnungen (Gubernative))

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4
Q

Wer kann nach geltendem Landesrecht in SH gefahrenabwehrrechtliche Verordnungen erlassen?

A

Allein die Ordnungsbehörden
(Den Polizeibehörden ist diese Handlungsform verwehrt, vgl. 175 I LVwG)

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5
Q

Was sind Rechtsverordnungen und wie unterschreiben sie sich von formellen Gesetzen?

A

Rechtsverordnungen sind Rechtsnormen, die von Exekutivorganen erlassen werden.

Sie unterscheiden sich von formellen Gesetzen, dass sie nicht direkt vom Parlament, sondern von einem anderen Normgeber (nämlich die Verwaltung) gesetzt werden. Sie enthalten abstrakt-generelle Regelungen, d.h. sie gelten für eine unbestimmte Vielzahl von Gefahrensituationen (abstrakte Geltung) und eine unbestimmte Anzahl von Personen (generelle Geltung)
—> Bsp: Alkoholverbotsverordnung der Stadt. Alle Konsumenten (generelle Geltung) werden dazu verpflichtet auf bestimmten öffentlichen Plätzen den Alkoholkonsum zu unterlassen (abstrakte Geltung)

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6
Q

Inwiefern unterscheiden sich die ordnungsbehördlichen Verordnungen von den anderen Polizei-und ordnungsrechtlichen Handlingsformen? Abgrenzung von Verwaltungsakten?

A

Rechtsverordnungen sind abstrakt-generelle Maßnahmen, das heißt sie gelten für eine unbestimmte Gefahrensituation und für eine unbestimmte Anzahl von Personen.
Bsp: Alkoholverbotsverordnung (alle Konsumenten werden verpflichtet auf bestimmten Plätzen den Alkoholkonsum zu unterlassen)

Verwaltungsakte (im Sinne des § 106 an LVwG ergehen als konkret-individuelle Maßnahmen, das heißt sie gelten für eine bestimmte Gefahrensituation und für bestimmte Personen.
Bsp: keine Alkoholverbotsverordnung. Anton trinkt draußen Alkohol, wird laut und pöbelt rum. Ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes fordert A auf, den Alkoholkonsum sofort einzustellen

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7
Q

Abgrenzung zu Allgemeinverfügungen?

A

VA in Form von Allgemeinverfügungen ( vgl. § 106 II LVwG) ergehen als konkret-generelle Maßnahmen, das heißt sie gelten für eine bestimmte Gefahrensituation und für eine unbestimmte Anzahl von Personen.
Bsp: keine Alkoholverbotsverordnung. Anton trinkt draußen Alkohol, wird laut und pöbelt rum. Ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes fordert A auf, den Alkoholkonsum sofort einzustellen. Allerdings hat hier die Stadt Schilder aufgestellt, dass alle Besucher aufgefordert werden, den Alkoholkonsum zu unterlassen

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8
Q

Warum ist die Abgrenzung der verschiedenen Handlungsformen (RechtsVO, VA, Allgemeinverf.) von Bedeutung?

A

in zweifacher Hinsicht:
* Zum einen im Hinblick auf die Fehlerfolgen: Rechtswidrige Verwaltungsakte = grundsätzlich wirksam, wenngleich aufhebbar,
rechtswidrige Rechtsverordnungen = grundsätzlich mit Wirkung ex tunc nichtig.
Der Grund: für rechtswidrige Rechtsnormen (formelle und materielle Gesetze) existiert eine dem § 112 III LVwG entsprechende Regelung nicht

  • Zum anderen in prozessualer Hinsicht:
    bei Verwaltungsakten = mit Widerspruch und im Übrigen mit Anfechtungs- oder
    Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO müssen sie angegriffen werden
    Die Rechtmäßigkeit ordnungsbehördlicher Verordnungen kann in SH über die Normenkontrollklage nach §§ 67 LJG, 47 I Nr. 2
    VwGO oder inzident im Rahmen des Rechtsschutzes gegen eine sog. „unselbständige Verfügung“, d.h. eines Verwaltungsaktes, der auf eine
    ordnungsbehördliche Verordnung gestützt ist, überprüft werden.
    –> Rechtsschutz in der Inzidentprüfung
    führt bei einer als unwirksam erkannten Verordnung nur im Verhältnis der Streitparteien zur Nichtanwendung der VO.
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9
Q

Prüfschema RM einer Gefahrenabwehrverordnung (Primärebene)

A

Eine Rechtsverordnung ist – wie ein belastender Verwaltungsakt – rechtmäßig,
wenn sie auf einer Ermächtigungsgrundlage beruht und weder formell noch materiell zu beanstanden ist.
I. EGL für die Gefahrenabwehrverordnung
1. Erforderlichkeit
Nach Art. 20 III GG, Art. 45 I LV SH (§ 53 LVwG)
kann die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung prinzipiell nur
durch formelles Gesetz erteilt werden, welches Inhalt, Zweck und Ausmaß der
erteilten Ermächtigung bestimmt.
2. Auswahl
taugliche formell-gesetzl. Grundlage im bes. Gefahrenabwehrrecht (lex speialis)? –> auf bundesgesetzlicher Ebene (z.b. §§ 18 Abs. 1, 30 GastG, 17 Abs. 2 und 4, 32 IfSG, 2a TierschutzG) oder landesgesetzlicher Ebene (z.b. § 83 LBO, §§ 85a ff. LVwG) möglich
Ansonsten: Generalermächtigung §§ 174, 175 LVwG, die es erlaubt zur Abwehr von (unbenannten) Gefahren für die öffentliche Sicherheit Verordnungen zu erlassen

II. Formelle Rechtmäßigkeit der Gefahrenabwehrverordnung
Eine Rechtsverordnung ist formell rechtmäßig, wenn sie von einer zuständigen
Stelle im richtigen Verfahren und in der richtigen Form erlassen worden ist.
1. Zuständigkeit
… müsste zuständige Behörde für den Erlass der VO sein.
a) sachlich
ergibt sich aus §§ 175, 165 II, V LVwG
Primär zuständig für den Erlass
ordnungsbehördlicher Verordnungen sind die örtlichen Ordnungsbehörden.
Kreise als Kreisordnungsbehörden dürfen nach § 165 V LVwG dagegen Verordnungen nur erlassen, wenn eine einheitliche Regelung für den Kreis oder Gebiete, die mehr als eine Gemeinde umfassen, geboten ist.
Ist eine einheitliche Regelung für das ganze Land oder für Landesteile, die
mehr als einen Kreis umfassen, geboten, dürfen auch die Ministerien des Landes Verordnungen erlassen. Aus Gründen der Einheitlichkeit einer Gefahrenabwehrregelung können nach § 165 V LVwG Kreis- und Landesordnungsbehörden
in ihrem Bezirk auch tätig werden, wenn unterschiedliche Gefahrenabwehrverordnungen nachgeordneter Ordnungsbehörden zum selben Sachverhalt bereits bestehen.
b) örtlich
ergibt sich aus §§ 54 I, 55 I, II LVwG (da spezieller als § 166 LVwG)
2. Verfahren
Es müssten auch die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sein
vor allem Vorlage- und Genehmigungspflichten sind zu beachten (§§ 54 II, 55 III LVwG) –> in Eilfällen erlaubt das Gesetz die nachträgliche Vorlage und Genehmigung
3. Form
§§ 56, 60, 62
§ 56 LVwG (Formanforderungen)
VO muss bspw. nach 56 I Nr. 1 in der Überschrift als Landes/Stadt/Gemeinde/Kreis oder Amtsverordnung bezeichnet sein
§ 60 LVwG Verkündung der ordnungsbehördlichen VO (erfolgt durch Landesbehörden im Gesetz- und Verordnungsblatt und für die übrigen Verordnungen in den Publikationsstellen, die für die örtliche Bekanntmachung von Rechtsakten (z. B. Satzungen) vorgesehen sind (§ 60 LVwG). Beachte § 60 III, der die Ersatzverkündung bei Gefahr in Verzug regelt.
62 I Ermessen bzgl. der Befristung von VO!
III. Materielle Rechtmäßigkeit der Gefahrenabwehrverordnung
Eine Rechtsverordnung ist materiell rechtmäßig, wenn sie inhaltlich mit
der Ermächtigungsgrundlage vereinbar ist.
1. Tatbestand (Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage)
für die Generalermächtigung der
§§ 174, 175 LVwG gilt, dass Verordnungen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erlassen werden können:
a) Gefahr für die öffentliche Sicherheit
- abstrakte Gefahr erforderlich –> ob eine vorliegt, bestimmt sich nach einer Gefahrenprognose
Eine abstrakte Gefahr liegt hiernach bei Sachlagen vor, in denen bei abstraktgenereller Betrachtung nach allgemeiner Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stellen bzw. Personen bestimmte Verhaltensweisen oder
Zustände regelmäßig und typischerweise zu Schäden an der öffentlichen Sicherheit führen können. Das bedeutet nichts anders, als dass bestimmte Verhaltensweisen oder Zustände unabhängig vom Einzelfall gefährlich sind.
Der Schaden muss damit regelmäßig und typischerweise, wenn
auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein. Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können.
(abstrakt gefährlich ist u. a.,
* eine geringere Reifenprofiltiefe als 1,6 mm beim KFZ,
* das Fahren unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr,
* bissige Hunde, die ohne Maulkorb herumlaufen,
* Füttern von Tauben,
* Ansammlungen bei Pandemien)

b) Verantwortlichkeit der potentiellen VO-Adressaten
§§ 217 ff. LVwG
kann an diejenigen gerichtet werden, deren Verhalten oder deren Sache eine abstrakte Gefahr verursacht
Inanspruchnahme Nichtverantwortlicher nur ausnahmsweise zulässig (z.B. wenn eine ordnungsbehördliche Verordnung für den Fall einer Katastrophe eine Verpflichtung zur Aufnahme Obdachloser unter bestimmten Voraussetzungen normiert).
2. Rechtsfolge (Pflichtgemäße Ermessensausübung)
Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage vor, so steht es im Ermessen des Verordnungsgebers, ob und wie er durch abstrakt-generelle Anordnungen tätig wird; er hat sein Entschließungs- und sein Auswahlermessen rechtmäßig auszuüben, §§ 175 II, 73 LVwG.
a) Entschließungsermessen (Ob)
Der Verordnunggeber muss sein Entschließungsermessen („Ob“) pflichtgemäß
ausüben.
allg. Ermessensentscheidungen § 73 LVwG
Ermessensfehler(Über-, Unterschreitung, Fehlgebrauch oder Nichtgebrauch? Z.B Ermessensfehlgebrauch –> Ein
Ermessensfehlgebrauch liegt vor, wenn die Behörde sich von sachfremden Erwägungen zum Einschreiten hat leiten lassen oder wesentliche tatsächliche Aspekte verkannt hat.
Verhältnismäßig?
Und Ordnungsbehördliche Verordnungen können nur zur Gefahrenabwehr erlassen werden. Sie dürfen nicht lediglich den Zweck haben, die den
Ordnungsbehörden obliegenden Aufgaben zu erleichtern (vgl. § 58 IV LVwG).
b) Auswahlermessen (Wie)
Des Weiteren muss der Verordnunggeber sein Auswahlermessen („Wie“) ordnungsgemäß ausüben.
a) Störerauswahlermessen (gegen wen)
Maßstab der Ermessensausübung ist die Effektivität der Gefahrenabwehr
und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
b) Mittelauswahlermessen
Die gewählte Maßnahme muss insbesondere
aa) verhältnismäßig im weiteren
Sinne sein, d.h. die Maßnahme muss einen
1. legitimen Zweck verfolgen, zur
Erreichung dieses Zwecks geeignet (in Anspruch genommen Person
2. geeignet zur effektiven Gefahrenabwehr?) und
3. erforderlich sowie
4. angemessen
sein
–> GEA
IV. Allgemeine Rechtmäßigkeit der Gefahrenabwehrverordnung
1. Kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot
§ 58 I LVwG sieht vor, dass Gefahrenabwehrverordnungen ihrem Inhalt
nach bestimmt sein müssen. (Bsp.:
Die Gemeinde U erlässt eine Verordnung, in der sie verbietet, sich auf öffentlichen Straßen „nach Art eines Land- oder Stadtstreichers herumzutreiben“. – Die Rspr. hat diese Bestimmung für inhaltlich zu unbestimmt und damit für nichtig erklärt)
2. Kein Verstoß gegen höherrangiges Recht
Nach § 57 I 1 LVwG gilt der Gesetzesvorrang. Es ist darauf zu achten, dass die VO nicht gegen höherrangiges Recht, z. B. auch nicht gegen Art. 3 GG verstößt.
(Außerdem dürfen Gefahrenabwehrverordnungen gemäß § 57 I 2, 3 LVwG keine Bestimmungen enthalten, die mit den Verordnungen einer höheren Behörde in Widerspruch stehen. Ob eine niedrigere Behörde überhaupt eine Verordnung erlassen darf, wenn es in derselben Angelegenheit bereits eine Verordnung einer höheren Behörde gibt, regelt § 57 Abs. 2 LVwG. Danach darf die niedrigere Behörde nur dann eine eigene Verordnung erlassen, wenn die Verordnung der höheren Behörde dies ausdrücklich zulässt.)

V. Ergebnis
Nach Prüfung der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit schließt sich
hier das Ergebnis an. Ist die VO formell oder materiell rechtswidrig, ist sie
nichtig.

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10
Q

Nenne Beispiele für akstrakt gefährlich.

A
  • eine geringere Reifenprofiltiefe als 1,6 mm beim KFZ,
  • das Fahren unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr,
  • bissige Hunde, die ohne Maulkorb herumlaufen,
  • Füttern von Tauben,
  • Ansammlungen bei Pandemien
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