LF7 - Kosten des Vollzugs (Tertiärebene) Flashcards

1
Q

Wer trägt die Kosten der Gefahrenabwehr?

A

Grundsätzlich der Staat

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2
Q

Welches Prinzip gilt im Kostenrecht?

was bedeutet dieses Prinzip?

A

Im Kostenrecht gilt allgemein das Verursacherprinzip
–> Staat kann Kosten für seine Amtshandlungen nur verlangen, wenn die Amtshandlung dem Bürger individuell zurechenbar ist

(vgl. allg. Kostenregelung § 13 VwKostG SH)

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3
Q

Welchem Umstand entspricht die öffentliche Kostentragung?

A

Gewährleistung öff. Sicherheit, Schutzpflichten des Staates und rechtsstaatliche Verpflichtung aus Art. 20 Abs. 3 GG, legitimiert staatliches Gewaltmonopol und gehört zu den unverzichtbaren Staatsausgaben

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4
Q

Beantworte mit Ja oder Nein

Werden für die Finanzierung der Gefahrenabwehr Steuern erhoben?

A

Ja

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5
Q

Was ist die zentrale Aufgabe der Gefahrenabwehr?

von Polizei oder Ordnungsbehörden

A

SIe dienen dem Schutz der Bevölkerung, vor allem der freiheitlichen Grundrechtsausübung (Versammlungen, Demonstrationen, Naturkatastrophen) ≠ i.d.R. nicht individuell zurechenbare Leistungen

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6
Q

Wann bleibt die Kostenlast bei dem Verantwortlichen?

Verantwortlicher gem. §§ 218 oder 219 LVwG

A

Wenn ein Verantwortlicher eine Gefahr mit eigenen Mitteln beseitigt hat, bleibt die Kostenlast bei ihm, weil sie die
Konsequenz aus seiner Verantwortlichkeit ist.

Übernimmt der Staat die Gefahrenabwehr anstelle des Verantwortlichen, weil dieser seinen Pflichten
nicht nachkommt, bedeutet das – in logischer Fortsetzung - einen
Kostenersatzanspruch des Staates gegen den Verantwortlichen

Gemäß § 249 I LVwG werden deshalb auch für Vollzugsmaßnahmen Kosten
erhoben.

Kosten sind Gebühren (für verwaltungseigene Aufwendungen)

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7
Q

Was sind Kosten und was sind Auslagen?

Was davon sind Portokosten?

(§ 20 I VVKVO fasst die Auslagen ihrer Art nach zusammen  besonders Nr. 8 ist relevant, wenn die EV als Fremdvornahme erfolgt)

A

Kosten sind Gebühren (für verwaltungseigene Aufwendungen)
Auslagen (für die Inanspruchnahme von Drittleistungen)

Portokosten = Auslagen

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8
Q

VVKVO

A

Der Innenminister hat im Einklang mit § 249 III LVwG die Vollzugs- und Vollstreckungsverordnung (VVKVO) erlassen. In § 1 sind die gebührenpflichtigen Amtshandlungen aufgelistet. Darunter fallen neben Vollzugsmaßnahmen auch Standardmaßnahmen (z. B. Nr. 3, 4). Die VO-Ermächtigung für die Kostenpflicht von Standardmaßnahmen findet sich in § 227a LVwG, der auf § 249 LVwG verweist

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9
Q

Wer ist Kostenschuldner?

A

die vom Vollzug betroffenen pflichtigen Personen nach § 232 LVwG  also die Adressaten der Ordnungsverfügung

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10
Q

Gib die §§ an:

Wo befindet sich die VO-Ermächtigungfür die Kostenpflicht von Standardmaßnahmen?

A

§ 227 a LVwG, dieser verweist auf § 249 LVwG

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11
Q

Wodurch werden Kosten erhoben?

Durch was für einen Bescheid? Was bedarf dieser?

A

Durch einen Leistungsbescheid

bedarf als belastender VA einer gesetzlichen EGL ( § 249 I LVwG)

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12
Q

Worum geht es auf der Tertiärebene?

Im Gegensatz zu der Primär- und Sekundäreben

A

Auf der Tertiärebene geht es dann im Unterschied zur „Primär- und Sekundärebene“ nicht mehr um das öffentliche Interesse an einer schnellen und effektiven Gefahrenabwehr, sondern um eine mit dem Gebot einer gerechten Lastenverteilung vereinbare Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der
Gefahrenabwehr.
Das führt auch zu einer veränderten Perspektive.
Während auf der Primär- und Sekundärebene die „ex-ante“ Perspektive vorherrscht, dominiert auf der Tertiärebene die „ex-post“ Perspektive. Das bedeutet, die Behörde kennt, weil sie auf eine abgewickelte Gefahrenabwehr zurückschaut, sämtliche Umstände des Einzelfalls.

ex post = Tertiärebene
ex ante = Primär- und Sekundärebene

ex post = im Nachinein, nach geschehener Tat
ex ante = im Voraus, jetzt, im Moment des Geschehens

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13
Q

Prüfungsschema zum Erlass eines Kostenbescheids

auf der Tertiärebene können bis zu drei RM-Prüfungen miteinander verschachtelt sein

A

I. Ermächtigungsgrundlage für die Kostenerhebung
1. Erforderlich
nach Art. 20 II GG, Art. 52 LV SH / § 72 S. 2 LVwG
2. Vorhanden
RGL für Kostenerhebung und Zwangsmittel aus LVwG iVm VVKVO
Bsp. Kosten für Ersatzvornahme:
§§ 249 I, III, 238 LVwG iVm § 1 Nr. 2 (und ggf. § 20) VVKVO

Die Ersatzvornahme, das Zwangsgeld und der unmittelbare Zwang gegen Sachen sind als gebührenpflichtige Amtshandlungen in § 1 Nr. 1, 2 und 5 VVKVO
genannt, so dass i. V. m. § 249 I, III LVwG eine Ermächtigungsgrundlage vorliegt.
———————————————————
B. Formelle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids
I. Zuständigkeit
Gem. § 249 LVwG I iVm § 25 I Satz 1 VVKVO ist die Behörde zuständig, die den Vollzug vorgenommen hat.

II. Verfahren
Der Kostenbescheid bedarf vor seinem Erlass einer Anhörung i.S.d. § 87 Abs. 1 LVwG. § 87 II Nr. 5 LVwG ist nicht anwendbar, da der Leistungsbescheid erst ergeht, wenn der Vollzug abgeschlossen ist. Es handelt sich daher nicht um eine
Maßnahme im, sondern nach dem Vollzug.

III. Form:
Formanforderungen für den Leistungsbescheid folgen aus § 25 Abs. 1 VVKVO. Er ergeht in Schriftform und muss Mindestangaben enthalten.

C. Materielle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids
I. Tatbestand
Der Kostenbescheid setzt im Tatbestand nach § 249 I, II LVwG rechtmäßige Amtshandlung und die Kostenpflicht des Empfängers voraus.

Das erfordert eine Inzidentprüfung der Vollzugsmaßnahme
(und damit einen „Sprung auf die Sekundärebene)
———————————————————
1. Rechtmäßige Amtshandlung
a) Ermächtigungsgrundlage für die Vollzugsmaßnahme
b) Formelle Rechtmäßigkeit der Vollzugsmaßnahme
c) Materielle Rechtmäßigkeit der Vollzugsmaßnahme
a) Allg. Vollzugsvoraussetzungen
aa) Wirksame Grundverfügung auf Handeln, Dulden, Unterlassen
bb) Vollziehbarkeit (bestandskräftig oder sofort vollziehbar)

Achtung: Prüfung der Vollzugsmaßnahme wie unter LF 5 und 6 mit dem Unterschied, dass die Rechtmäßigkeit einer noch nicht bestandskräftigen Grundverfügung hier vorliegen muss, vgl. § 21 I VVKVO

Wenn man also an dem Prüfungspunkt Allgemeine Vollzugsvoraussetzungen → wirksamer HDU-VA → Vollziehbarkeit des VA → (P) RM des GrundVA ankommt, prüfen man zunächst, ob der vollzogene VA noch anfechtbar ist.
Falls ja, müsste nun eine Inzidentprüfung (= „Sprung auf die Primärebene“) erfolgen.
Ist der VA hingegen schon bestandskräftig, spielt seine RW keine Rolle mehr. Deshalb wartet man in der Praxis vielfach auch dessen Bestandskraft ab, bis ein Kostenbescheid erlassen wird

noch anfechtbar: weiter mit (Primärebene)
cc) Rechtmäßigkeit des noch anfechtbaren Grund-VA (§ 21 II VVKVO)
(1) EGL für Grund-VA
(2) Formelle RM des Grund-VA
(3) Materielle RM des Grund-VA
(ab hier wieder Sekundärebene)
dd) Androhung des Zwangsmittels
ee) Keine Vollzugshindernisse
ff) Richtiger Pflichtiger
b) Besondere Vollzugsvoraussetzungen
c) Ermessen, Verhältnismäßigkeit der Ersatzvornahme

  1. Kostenpflicht des Adressaten
    Die Kostenlast trägt nach § 249 II grds. der Pflichtige, der Adressat der Vollzugsmaßnahme ist.
    Allerdings ergeben sich Ausnahmen unter dem Gebot der gerechten Lastenverteilung, das ja auf der Tertiärebene eine Rolle spielt. Zu unterscheiden ist zwischen gesetzlichen Ausnahmen und denen, die aus der Rspr. entwickelt worden sind:
    a) Gesetzliche Ausnahmen:
    - § 1 S. 2 VVKVO (sehr selten)
    - § 21 II VVKVO
    Diese Vorschrift erlaubt das Absehen von der Kostenforderung, wenn die Beitreibung der Kosten für die Schuldnerin oder den Schuldner eine unbillige Härte bedeuten würde. Unbillige Härte meint nicht wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit des Kostenpflichtigen.

Zu berücksichtigen sind nur die persönlichen und sachlichen
Besonderheiten des Einzelfalles. Persönliche Billigkeitsgründe könnten etwa vorliegen, wenn es sich um einen atypischen, vom Normgeber so nicht vorhergesehenen Fall handelt, in dem durch die Einziehung der Kosten für den Betroffenen außergewöhnlich schwerwiegende Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung der Kosten hinausgehen, so dass es zur Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit geboten ist, von der Kosteneinziehung abzusehen
b) Weitere Ausnahmefälle nach der Rspr.
- Eine Ausnahme wird für den Fall der sog. Anscheinsgefahr und des (ex -post nicht bestätigten) Gefahrenverdachts gemacht. In beiden Fällen liegt zwar keine reale Gefahr vor, es deuten aber – aus verständiger ex-ante-Sicht – genügend tatsächliche Anhaltspunkte auf eine Gefahrenlage hin. Sowohl bei einer Anscheinsgefahr als auch bei einem Gefahrenverdacht dürfen Personen rechtmäßig auf der Primär- und Sekundärebene in Anspruch genommen werden, Die Kosten für eine
Vollzugsmaßnahme dürfen dem Betroffenen allerdings dann nicht
auferlegt werden, wenn sich im Nachhinein – ex-post – herausgestellt hat, dass eine abzuwehrende Gefahr bzw. ein Gefahrenverdacht objektiv nicht bestand, und der „Verdächtige“ die den Anschein der Gefahr bzw. den Gefahrenverdacht begründenden Umstände weder bewusst noch grob fahrlässig gesetzt hat. Denn dann sind sie der Sache nach unbeteiligt an der Gefahrentstehung und rechtlich wie ein „Nichtstörer“ zu qualifizieren. Für den Nichtstörer gilt wiederum, dass
er einen Entschädigungsanspruch gegen den Staat hat (§§ 221, 223 LVwG) und keinen Kostenpflichten ausgesetzt ist. Nach diesen Grundsätzen kann die Kostenpflicht bei einer irrtümlich
angenommenen Anscheinsgefahr/Gefahrenverdacht nur davon
abhängig gemacht werden, wenn bei einer ex-post-Betrachtung der Anscheins-/Verdachtsstörer den Irrtum verursacht, also den Anschein oder Verdacht vorsätzlich oder grob fahrlässig gesetzt hat.

  1. Erstattungsfähige Kosten (nach Kostenansätzen der VVKVO)
    Die Höhe der Kostenpflicht ergibt sich aus der VVKVO. Die Gebühren errechnen sich fix nach den §§ 2 ff., Auslagen sind nach § 20 VVKVO zu ersetzen.

II. Rechtsfolge
Liegen die obigen Voraussetzungen vor, ist der Kostenbescheid zu erlassen; ein Ermessen besteht nicht.
Ermessen ergibt sich für die Behörde nur dann, wenn mehrere Kostenschuldner zur Auswahl stehen, § 22 I VVKVO. Das ist insbesondere in Abschleppfällen der Fall, wenn Halter und Fahrer personenverschieden sind und eine Androhung des
Zwangsmittels nicht erfolgt ist, § 236 I 2. Dann kann unter dem Gesichtspunkt der Zahlungsfähigkeit derjenige herangezogen werden, der die Kostenschuld nach Einschätzung der Behörde am ehesten und schnellsten begleichen wird.
Ebenso kann bei gleicher Leistungsfähigkeit zu prüfen sein, ob der geschuldete Betrag von einem Kostenschuldner ganz oder von mehreren nach Kopfteilen oder sogar Verursachungsanteilen bezgl. der Gefahrenlage angefordert werden soll.
Zudem erstreckt sich ein Ermessen auf die Art und Weise der Kostenerhebung
(z. B. Gewährung von Ratenzahlungen)

III. Ergebnis

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14
Q

Was bedeutet richtige Behandlung der Sachen?

dies bezieht sich auf § 21 VVKVO

A

Richtige Behandlung der Sache meint, dass keine Fehler auf den vorangegangenen Stufen erfolgt sind.

Anders als auf der Sekundärebene muss
auf der Tertiärebene nicht rasch gehandelt werden, so dass die RW des noch
nicht bestandskräftigen VA auf Tertiärmaßnahmen durchschlägt. Andernfalls
müsste der Bürger die Kosten des rechtmäßigen Vollzugs einer rechtswidrigen
Grundverfügung tragen. Dadurch würde jedoch rechtswidriges
Verwaltungshandeln (die Grundverfügung) auch noch monetär belohnt
werden – und der Adressat müsste neben dem Vollzug eines rechtswidrigen
Verwaltungsaktes auch noch die Kosten dieser Maßnahme tragen, was eine
Vertiefung des ihm angetanen Unrechts wäre

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15
Q

Nenne hierfür ein Beispiel und zwei Gegenbeispiele

Kostenpflicht bei einer irrtümlichn angenommenen Anscheinsgefahr/Gefahrenverdacht kann nur davon
abhängig gemacht werden, wenn bei einer ex-post-Betrachtung der Anscheins-/Verdachtsstörer den Irrtum verursacht, also den Anschein oder Verdacht vorsätzlich oder grob fahrlässig gesetzt hat

es gilt das Verursacherprinzip

A

Bsp.:
Wird ein Bauwerk im Sofortvollzug beseitigt, weil nur dem Anschein nach eine Einsturzgefahr bestand, so kann der Eigentümer nicht wegen der Kosten einer Ersatzvornahme in Anspruch genommen werden.

Gegenbeispiel:
Hat der Eigentümer aber bewusst den Anschein der Einsturzgefahr befördert, etwa weil er zuvor ein falsches Gutachten vorlegte, fallen ihm die Kosten wiederum zur Last.

Gegenbeispiel 2:
Wer einen Papagei darauf trainiert, Geräusche wie ein Feuermelder zu erzeugen, muss die Kosten für den nicht erforderlichen Feuerwehreinsatz tragen.

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16
Q

Eine weitere Ausnahme wird von der Rspr. bei der Kostenerhebung in Abschleppfällen gemacht, wenn kurzfristig neue Verkehrzeichen aufgestellt werden. - worum geht es hier?

es geht um die Kostenpflicht des Adressaten

A

Eine weitere Ausnahme wird von der Rspr. bei der Kostenerhebung in Abschleppfällen gemacht, wenn kurzfristig neue Verkehrzeichen aufgestellt werden und KFZ sich nun
unvermittelt im Halteverbot befinden, obwohl der Wagen zuvor erlaubt abgestellt wurde. Dass der Wagen nach dem Aufstellen der Schilder auf der Sekundärebene rechtmäßig abgeschleppt werden kann, ist unstrittig. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Az.: 3 C 25.16) hat aber entschieden, dass eine kostenpflichtige Abschleppmaßnahme bei kurzfristig aufgestellten Haltverbotsschildern erst nach einer Vorlaufzeit von drei vollen Tagen erfolgen darf. Man darf nur nicht darauf vertrauen, dass ein zunächst erlaubtes Parken auch noch 4 Tage später erlaubt ist, da man als Verkehrsteilnehmer immer mit kurzfristigen Änderungen von Verkehrszeichen zu rechnen habe.

Drei-Tage-Frist bei Abschleppfällen (drei volle, also ab dem vierten)

neue Verkehrzeichen, z. B. mobile Halteverbotsschilde