länder und gemeinden Flashcards

1
Q

warum föderalismus?

A

Konstitutionelle Perspektive:
* Föderalismus = gewaltentrennende Institution
* Neben horizontaler Gewaltentrennung (Legislative, Exekutive, Judikative) gibt es auch vertikale Gewaltentrennung zw. Gliedstaaten und Zentrum
* Keine Machtkonzentration bei Zentralregierung

Soziologische Perspektive:
* Föderalismus als Antwort auf gesellschaftliche Heterogenität
* Verschiedene soziale, ethnische, religiöse, … Gruppen (Minderheiten) in
einem Staat haben unterschiedliche Präferenzen
-> Föderale Systeme können das berücksichtigen

ABER: nicht dasselbe wie Dezentralisierung von Kompetenzen

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2
Q

Was ist Föderalismsu?

A
  • Prinzip der Vielfalt in der Einheit
  • Machtkonzentration auf einer Ebene verhindern

Föderalismus in der Praxis -> Bundesstaat:
* Gesetzgebung und Vollziehung zw. Bund und Ländern getrennt
* Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung (Bundesrat)
* Verfassungsautonomie der Bundesländer
* (relative) Finanzhoheit der Bundesländer
* Institutionalisierte Kooperation zw. Bund und Ländern

-> Viele dieser Elemente sind in Österreich schwach ausgeprägt

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3
Q

self rule vs shared rule im Bundesstaat

A

self rule
-Gliedstaaten haben gewisses Ausmaß an Autonomie (kann in der Praxis stark variieren)
-Diese Autonomie ist in der Verfassung garantiert
-Einschränkungen dieser Autonomie brauchen Zustimmung der Gliedstaaten!
- Gliedstaaten und Zentralregierung sind gleichberechtigt
-> Grundlage für legitime politische Differenzen zwischen Gliedstaaten und Zentralregierung

shared rule
-Gliedstaaten sind an der Gesetzgebung der nationalen Ebene beteiligt -> „shared rule“
-Shared rule bedeutet idR Bikameralismus, d.h. eine Kammer des Parlaments repräsentiert
Interessen der Gliedstaaten (in Österreich: Bundesrat)
-Aber auch informelle Institutionen sind fallen unter shared rule, z. B. die österreichische
Landeshauptleutekonferenz (LHK)

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4
Q

Was ist Dezentralisierung?

A

-Dezentralisierung (ohne Föderalismus) bedeutet, dass Aufgaben/Kompetenzen von der Zentralregierung an die
Gliedstaaten übertragen werden
-Dezentralisierte Aufgaben/Kompetenzen sind oft nicht
verfassungsmäßig garantiert und können von der Zentralregierung ohne Veto der Gliedstaaten geändert werden
-Gliedstaaten sind gegenüber der Zentralregierung nicht gleichberechtigt

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5
Q

Subsidiaritätsprinzip

A

-Befürworter des Föderalismus argumentieren oft mit dem Prinzip
der Subsidiarität
-Ursprung: Katholische Soziallehre  Enzyklika Quadrogesimo anno (1931)
- Subsidiaritätsprinzip: Aufgaben sollen von der untersten Ebene, die dazu imstande ist, erledigt werden (Familie, Nachbarschaft, Gemeinde, Region, …). -> Übergeordnete Einheiten sollen nur dann eingreifen, wenn untergeordnete Einheiten eine Aufgabe nicht
erfüllen können.
-> Heute auch Organisationsprinzip der Europäischen Union!

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6
Q

Kompetenzverteilung im österreichischen Föderalismus

A

-Geregelt in B-VG Art. 10 bis 15
-Österreich hat funktionale Kompetenzverteilung
= im vielen Politikbereichen ist eine Ebene (Bund) für Gesetzgebung
zuständig, die andere (Länder) für Vollziehung
-Gegensatz dazu in englischsprachigen Föderalstaaten (USA, Kanada, Australien): Gesetzgebung und Vollziehung in einem Politikbereich ist meist auf derselben Ebene angesiedelt -> Unabhängigkeit, Konkurrenz
-alle Kompetenzen, die nicht ausdrücklich per Verfassung bei Bund sind, sind bei Ländern
-Länder de facto sehr geringe legislative Kompetenzen
-aber: große Bedeutung in Vollziehung, für die Bund Gesetzgeber ist -> =mittelbare Bundesverwaltung

Gesetzgebung und Vollziehung Bund: zb Einwanderung, Zivil- & Strafrecht

Gesetzgebung Bund, Vollziehung Länder: Staatsbürgerschaft, Straßenpolizei

Gesetzgebung Bund (Grundsätze), Länder (Ausführung), Vollziehung Länder: zb Armenwesen (Sozialhilfe), Krankenanstalten

Gesetzgebung Länder, Vollziehung Länder: zb Baurecht, Raumordnung, Landwirtschaft

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7
Q

mittelbare Bundesverwaltung

A

-B-VG definiert Bereiche, in denen der Bund Behörden zur Vollziehung einrichten kann (z. B. Einwanderung, Bundesfinanzen, Justiz, Asyl, Arbeitsrecht, Verkehr, …)
-Vollziehung kann aber auch hier an Länder übertragen werden
-In allen anderen Politikbereichen wird die Vollziehung des Bundes durch die Landesbehörden (mit LH an d. Spitze) ausgeübt
= mittelbare Bundesverwaltung
* z. B. bedienen sich LHs der Bezirksverwaltungsbehörden

-Bund (durch Minister:innen) kann Landeshauptleuten in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung Weisungen erteilen
-> Bei Nichtbefolgung: Anklage nach Artikel 142 B-VG („Ministeranklage“) möglich durch Beschluss der Bundesregierung

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8
Q

kooperativer Föderalismus

A
  • Mittelbare BVerw zeigt: Österreich hat eine Form des kooperativen
    Föderalismus -> in vielen Bereichen Zusammenwirken zwischen
    Bund und Ländern nötig
  • Gegensatz dazu: Wettbewerbsföderalismus
  • Beispiele: Mittelbare Bundesverwaltung, Finanzausgleich, 15a-Vereinbarungen, Stabilitätspakt & Konsultationsmechanismus
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9
Q

15a Vereinbarungen

A

= Freiwillige Vereinbarungen zwischen Bund und einem oder mehreren Bundesländern (meist allen 9)
* Grundlage: Artikel 15a des B-VG
* Können Gesetzgeber in Bund/Ländern binden -> dazu Beschluss im Parlament bzw. in Landtagen nötig
* Typische Inhalte: Kinderbetreuung, Bildung, Verkehr, Gesundheit, Katastrophenschutz, …

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10
Q

Stabilitätspakt

A

-Österreichischer Stabilitätspakt = 15a-Vereinbarung zwischen Bund, Ländern & Gemeinden (= Gemeindebund, Städtebund)
-Beschlossen 2012 (davor befristete Vorgängerregelungen)
-Legt u.a. Defizit- und Haftungsgrenzen für alle Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) fest
* 0,35% des BIP für den Bund
* 0,1% des BIP für Länder und Gemeinden
* Abweichungen möglich: Naturkatastrophen, Notfälle (z. B. Covid-19)
-Nötig geworden u.a. wegen EU-Regeln zu Budgetdefiziten etc. -> im Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU

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11
Q

Konsultationsmechanismus

A

-Problem im kooperativen F.: Entscheidungen auf einer Ebene haben
(finanzielle) Konsequenzen für andere Ebenen
-> Lösung: Konsultationsmechanismus (=15a-Vereinbarung)
-Gesetzes-/Verordnungsentwürfe von Bund/Ländern müssen an andere
Gebietskörperschaften übermittelt werden -> inkl. fin. Auswirkungen!
-Bund, Länder, Gemeinden können daraufhin Konsultationsgremium
einberufen (Vertreter:innen v. Bund, Ländern, Gemeinden)
-Dieses Gremium gibt Empfehlungen über finanzielle Lastenteilung ab
-Falls Empfehlungen nicht entsprochen wird, muss die Gebietskörperschaft, die das Vorhaben umsetzt, Kosten anderer tragen.

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12
Q

Fazit

A

Österreich ist ein Bundesstaat mit kooperativem Föderalismus
-> In vielen Arenen wirken Bund/Länder zusammen: Mittelb. Bundesverw, Finanzausgleich, 15a-Vereinbarungen, …

Aber: Föderalismus ist schwach ausgeprägt:
* Wenig relevante Gesetzgebungskompetenzen für Landtage
* Schwache Stellung des Bundesrates in der Gesetzgebung des Bundes (siehe VO- Einheit zum Parlament)
* Größere Bedeutung haben Länder bei d. Vollziehung von Bundesmaterien in der mittelbaren Bundesverwaltung („Exekutivföderalismus“)

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13
Q

Landeshauptleutekonferenz

A

-Nicht gesetzlich institutionalisiert, rein informelles Gremium
- Wobei Viele Gesetzestexte verweisen mittlerweile auf die LHK! (sogar Verfassungsbestimmung!)
-Tagt seit 1966, idR zweimal pro Jahr
-Organisation: Verbindungsstelle d. Bundesländer b. Amt d. NÖ LReg
- Halbjährlich wechselnder Vorsitz (analog zum Bundesrat)
-Alle 9 LH vertreten -> entscheiden per Einstimmigkeitsprinzip

-Formuliert z. B. Forderungsprogramme & Verhandlungspositionen gegenüber der Bundesregierung
-Konsens oft schwierig, weil LReg ideologisch heterogen sind
-Aber: Geschlossenes Handeln der Länder erhöht ihr Gewicht gegenüber Bund dramatisch!
-> Ausgleich für die schwache Stellung des Bundesrates im pol. Sys.
-> Verstärkt Exekutivlastigkeit des österreichischen Föderalismus
(wie auch z. B. mittelbare Bundesverwaltung)

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14
Q

fiskalische Dezentralisierung

A

-Verglichen mit andere Föderalstaaten hat Österreich sehr hohen Zentralisierungsgrad bei Einnahmen und Ausgaben:
* Ca. 90% der Einnahmen …
* … und 70% der Ausgaben tätigt der Bund

-Selbst viele nicht-föderale Staaten haben deutliche geringere
Einnahmen- bzw. Ausgabenanteile für nationale Ebene
* Beispiele: Skandinavien, Spanien, …

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15
Q

Finanzausgleich

A
  • Regelt, welche und wie Finanzmittel zwischen Bund, Ländern und
    Gemeinden verteilt werden
  • Wird zwischen Finanzausgleichspartnern verhandelt:
  • Bundesminister für Finanzen (Bund)
    *Landeshauptleute/ Landesfinanzreferenten (Länder)
    *Städtebund & Gemeindebund (Gemeinden)
  • Wird alle paar Jahre neu verhandelt und in ein zeitlich befristetes Gesetz (Finanzausgleichsgesetz, FAG) gegossen
  • Derzeit: FAG 2017 -> läuft Ende 2023 ab
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16
Q

wie wird bei Finanzausgleich verteilt?

A

Finanzausgleich in 3 Schritten:
1. Primärer Finanzausgleich (im FAG) = Verteilung der Ertragsanteile

  1. Sekundärer Finanzausgleich (im FAG) = zusätzl. Transfers (meist
    vom Bund an Länder/Gemeinden)
    - Zweckzuschüsse & Finanzzuweisungen (z. B. für Krankenanstalten)
    - Kostenübernahmen & -abwälzungen (z. B. Bund zahlt für Landeslehrer)
  2. Tertiärer Finanzausgleich (nicht im FAG!) = alle anderen Transfers
    zwischen Bund, Ländern und Gemeinden
17
Q

was wird bei Finanzausgleich verteilt?

A

-Manche Abgaben kommen ausschließlich der Gebietskörperschaft,
die sie einhebt, zugute z. B.: Dienstgeberabgabe FLAF (Bund), Grundsteuer (Gemeinden)

-Löwenanteil (> 80 %) aller Steuern & Abgaben = „gemeinschaftliche Bundesabgaben“
-Bund hebt ein -> Verteilung auf Bund, Länder, Gemeinden
z. B.: Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Körperschaftssteuer, Kapitalertragssteuer

Ertragsanteile = Teil der gemeinschaftlichen Bundesabgaben, der
an Länder und Gemeinden geht (~ ein Drittel)

18
Q

Vorgaben der Bundesverfassung zum politischen System der Länder

A

-Gesetzgebung der Länder wird durch direkt gewählte Landtage ausgeübt (Ausnahmen: direktdemokratische Instrumente)
-> Alle Landtage sind Einkammerparlamente

-Die Landesregierung (Landeshauptmann/-frau + Landesrät*innen) wird vom Landtag gewählt = positiver Parlamentarismus (im Gegensatz zum Bund!)

-institutionelle Rahmenbedingungen in Ländern relativ ähnlich
-> Ausnahme: Proporzregierungen (Verfassungsautonomie!)

19
Q

Proporzregierungen

A

-In manchen Bundesländern (heute noch NÖ, OÖ, Wien) erfolgt die Zusammensetzung der LR proportional zur Mandatsverteilung im Landtag (d. h. zum Wahlergebnis)
-> Das heißt: Jede Partei, die eine bestimmte Stärke erreicht, ist in der
Landesregierung repräsentiert („Proporz“)
-Anzahl der Regierungssitze in Landesverfassung fixiert
-Opposition hat auch Resorts
- Proporzregierungen entscheiden nach Mehrheits-, nicht Einstimmigkeitsregel
-Dennoch wird idR zusätzlich Koalition mit Mehrheit im LT gebildet
-> Grenzen zwischen Opposition und Regierung verschwimmen!

Sonderfall Wien (= Bundesland und Gemeinde)
* B-VG (Art. 117) legt Proporzsystem für alle Gemeindevorstände fest -> auch f. Wien
* Aber: Stadträt:innen (= LR-Mitglieder) der Opposition bekommen kein Ressort
* Fungieren als „nicht amtsführende“ Stadträte

20
Q

Parteiensysteme der Bundesländer

A

Viele Bundesländer seit langem von einer Partei dominiert:
* ÖVP: NÖ, OÖ, Tirol, Vbg
* SPÖ: Wien, Bgld
-> Machtwechsel sind in Bundesländern extrem selten!
* In 76 Jahren 2. Republik (~150 LT-Wahlen) bisher 9 (!) Wechsel der
LH-Partei

21
Q

Gemeinden

A

= Gebietskörperschaften und unterste Ebene der …
* Verwaltungsgliederung
* politischen Gliederung (darunter Bezirksvertretung  nur in Wien, Graz)

-Derzeit existieren 2.093 Gemeinden in Österreich
-Trend zur Zusammenlegung

22
Q

Aufgaben der Gemeinden

A

-Eigener Wirkungsbereich (nicht an Weisungen von Bund/Land
gebunden), z. B.: Bauwesen, Müllentsorgung, Wasserversorgung, Kanalisation, Erhaltung von
Schulen (VS, NMS), Gemeindewohnungen, …

-Übertragener Wirkungsbereich (weisungsgebunden ggü.
Bund/Land), z. B.: Durchführung von NR- und LT-Wahlen, Volksbegehren,
Volksabstimmungen, Volksbefragungen, Führung von Melderegister und
Staatsbürgerschaftsevidenz, …

23
Q

politische Funktionsweise einer Gemeinde

A

3 Organe der Gemeinde:

  1. Gemeinderat/Gemeindevertretung
    * Wahl durch Gemeindebürger:innen (inkl. EU-Bürger:innen)
    * Verhältniswahl (meist Listenwahlrecht)
    * ~39.000 (!) Gemeinderät:innen österreichweit
  2. Gemeindevorstand/Stadtrat/Stadtsenat
    * = „Proporzregierung“ -> Parteien nach Mandatsstärke vertreten
    * Wird vom GR aus der Mitte der GRät:innen gewählt
    * = vollziehendes Organ im eigenen Wirkungsbereich

Bürgermeister:in
* Wird entweder vom GR (NÖ, Stmk, Wien) oder direkt von Bürger:innen gewählt (andere Bundesländer) -> absolute Mehrheitswahl (Stichwahlen!)
* Überwiegende Mehrheit ÖVP-Bgm (~2/3), viele von SPÖ (~1/5)