Kommunale Selbstverwaltung Flashcards
- Wo ist die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gesetzlich verankert?
Art. 28 II GG, Art. 11 II BV
- Welche Reichweite hat die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung?
Art. 28 II 1 GG gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Nach h.M. sichert Art. 28 II GG das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden jedoch nur objektiv-rechtlich, nicht subjektiv-rechtlich-individuell. D.h. der Fortbestand der Gemeinden und Kreise wird als solcher geschützt, die einzelne Gemeinde hat aber kein Grundrecht auf ihren unveränderten Bestand. Demnach ist eine Zusammenlegung von 2 Gemeinden grds. nach Art. 28 II GG zulässig (kein individuelles Bestandsrecht). Unzulässig wäre es dagegen, die Gemeinden in einem Bundesland gänzlich abzuschaffen. Dann wäre der Typus Gemeinde als Institution nicht mehr gewahrt.
- Welcher Unterschied besteht nach herrschender Meinung zwischen Art. 28 II GG und Art. 11 II BV?
- bestehen nebeneinander und decken sich im Wesentlichen
- Unterschied: Art. 11 II BV wird von h.M. als zumindest grundrechtsähnliches Recht angesehen
- -> Folge: Popularklage nach Art. 98 S. 4 BV möglich. I.R.d. Popularklage stehen grundrechtsähnliche Rechte den Grundrechten gleich.
- aber: auch in Art. 28 II subjektive Gewährleistung des Wesensgehalts der Selbstverwaltung (jedoch nicht i.F.v. Grundrechten o. grundrechtsähnlichen Rechten)
- da hierdurch grds. nur die Kommune als Institution, nicht aber die einzelne individuelle Gemeinde geschützt wird, beschränkt sich der Inhalt dieser subj. Gewährleistung auf ein subjektives Recht auf Beachtung der u.a. objektiv-rechtlichen institutionellen Selbstverwaltungsgarantie –> D.h. die Gemeinde kann geltend machen, dass durch eine gesetzliche Regelung die durch Art. 28 II GG garantierten Wesensmerkmale der Selbstverwaltung verletzt werden.
- Nennen sie Hauptaufgaben der Gemeinden!
- unter dem Aspekt der horizontalen Gewaltenteilung (Legislative, Exekutive, Judikative): primär Träger der vollziehenden, jedoch auch der rechtssetzenden Gewalt [vgl. Art. 11 II BV, Art. 1 I GO: “Ordnen” (Rechtssetzung, Art. 23-26 GO) und “Verwalten”]
- Lassen sich Folgerungen aus der Bezeichnung der Gemeinden in Art. 11 II BV als “ursprüngliche” Gebietskörperschaften herleiten?
- -> str. ob Gemeinden Träger originärer oder derivativer (= vom Staat abgeleiteter) Hoheitsgewalt sind.
- -> i.E. derivativ, “ursprünglich” nur im historischen Sinne gemeint
- Stellen Sie das Verhältnis Selbstverwaltung der Gemeinden/Selbstverwaltung der Landkreise dar!
e. A.: Landkreisen unter Gemeindeverbänden Sonderstellung (aus Art. 28 I 2 GG), sie stünden insoweit den Gemeinden gleich –> auch Landkreise angemessener Wirkungskreis
a. A.: Art. 28 II 1 GG unterscheidet nicht zwischen lokalen (Gemeinde-) und regionalörtlichen (Kreis-)Aufgaben. Art. 28 II 1 GG lasse mithin die Kreise an seinem Gewährleistungsbereich nicht teilhaben.
unabhängig davon, h.M.: Art. 28 II GG institutionelle Garantie des Landkreises in der derzeit üblichen Form.
- Nennen sie wesentliche Elemente des Schutzbereichs der Selbstverwaltungsgarantie!
- Allgemeine Rechtssubjektsgarantie oder Institutsgarantie
- gewährleistet wird nur das Institut der Gemeinde und der gemeindlichen Selbstverwaltung, nicht jedoch der Bestand jeder einzelnen Gemeinde
- allerdings sind die Auflösung einer Gemeinde oder Eingriffe in den territorialen Bestand nur aus Gründen des öffentlichen Wohls und unter vorheriger Anhörung der Gemeinde zulässig - Universalität des gemeindlichen Wirkungskreises (=Allzuständigkeit)
- Gemeinde grds. immer für örtl. Angelegenheiten zuständig
- P: Angelegenheiten der örtl. Gemeinschaft: BVerfG (Rastede), andere Formulierung: solche Aufgaben, die innerhalb der Grenze der Gemeinde anfallen und sich nicht zugleich als Aufgaben einer größeren Organisationseinheit darstellen. - Autonomie (=Eigenverantwortlichkeit)
- weisungsfreie Selbstverwaltung
- u. 12. Warum sind von der Selbstverwaltungsgarantie nicht allgemeinpolitische Aussagen gedeckt?
Damit überschreitet die Gemeinde den spezifisch örtlichen Bezug. Eine Gemeinde ist nicht “eine Art Sachwalter des öffentlichen Interesses”.
P: Städtepartnerschaften: Art. 32 GG –> Bundessache
i.E. trotzdem: Städtepartnerschaften = Angelegenheiten der örtl. Gemeinschaft
- Was fällt unter den Begriff des Gesetzes iSv Art. 28 II 1 GG/ Art. 11 II BV?
Gesetze im materiellen Sinn, also nicht nur förmliche Parlamentsgesetze, sondern auch Rechtsverordnungen und Satzungen.
Dieser Gesetzesvorbehalt umfasst nicht nur die Art und Weise der Erledigung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (insoweit Gesetzesbindung nämlich schon aus Art. 20 III GG), sondern auch die gemeindliche Zuständigkeit für diese Angelegenheiten, also Autonomie und Universalität.
- Wie grenzen Sie den Kernbereich vom Randbereich der kommunalen Selbstverwaltung ab?
–> es muss untersucht werden, welche Bedeutung dem Selbstverwaltungsrecht in verfassungsrechtlicher und politischer Hinsicht unter Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung zukommt und welche Funktion es nach der getroffenen Einschränkung noch entfalten kann. –> verschiedene Ansätze, die aber in vielen Fällen zum gleichen Ergebnis führen.
- BVerfG: Substanztheorie
- Substraktionstheorie
- Gemeinwohltheorie
- Bedürfnisse der Bürger
- neuere Lit.: Abwägungsentscheidung
Jedenfalls ist der Kernbestand dann betroffen, wenn grundlegende Selbstverwaltungsinhalte wie etwa die Rechtssetzungsgewalt, die Finanz- oder die Personalautonomie insgesamt oder in wesentlichen Teilen beschränkt oder ganze Aufgabenarten (insbes. die in Art. 83 I BV genannten Gebiete) entzogen werden.
- Unter welchen Voraussetzungen sind Eingriffe in den Randbereich zulässig?
- -> Wenn sie verhältnismäßig sind.
- -> legitimer Zweck (Gemeininteresse), geeignet, erforderlich und angemessen.
- Ein legitimer Zweck liegt insbes. dann nicht vor, wenn der Gesetzgeber es ausschließlich darauf abgesehen hat, die mit der dezentralen Aufgabenansiedlung wesensnotwendig verbundenen Nachteile zu beseitigen. Denn GG und BV haben sich unter Inkaufnahme dieser Nachteile für das Institut der gemeindlichen Selbstverwaltung entschieden, den mit diesem verbundenen Vorteilen also größeres Gewicht beigemessen.
Folgende Gesichtspunkte scheiden als alleinige Motivation für Aufgabenentzug aus:
- Verwaltungsvereinfachung, Zuständigkeitskonzentration, Verbesserung der Übersichtlichkeit der öffentlichen Verwaltung
- Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsüberlegungen (solang keine unverhältnismäßigen Kosten)
- Gleichheitserwägungen (Unterschiede zw versch rechtl. selbstst. Verwaltungsträgern wie den Gemeinden sind der Dezentralisation immanent)
- Welche Leistungsrechte werden von dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht umfasst?
- Recht auf Schutz durch den Staat (ausdrücklich normiert in Art. 83 IV S. 4 BV; vgl. auch Art. 108 GO)
- Recht auf Förderung und Stärkung der Selbstverwaltung, wozu auch die Erhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinden gehört.
- Auftrag an den Normgeber, lebens- und leistungsfähige Selbstverwaltungskörperschaften zu schaffen.
- Grundsatz des gemeindefreundlichen Verhaltens
- Mitwirkungsrechte (z.B. Anhörungsrechte, Einvernehmen nach § 36 BauGB, Mitwirkungsbefugnis bei überörtlicher, aber ortsrelevanter Planung)
- Stellen Sie die Argumentation des BVerfG zur Grundrechtsfähigkeit von Gemeinden dar!
BVerfG: grds. keine Berufung auf Grundrechte durch jur. Pers. d. öff. Rechts
- Grundrechte seien ihrem Wesen nach nicht auf sie anwendbar (Art. 19 III GG)
- Hauptsinn der Grundrechte: Schutz der privaten nat. Pers. gegen hoheitliche Übergriffe
- die verschiedenen staatlichen Funktionsträger seien aber vom Einzelnen her gesehen nur besondere Erscheinungsformen der einheitlichen Staatsgewalt und könnten nicht gleichzeitig Verpflichtete und Berechtigte der Grundrechte sein (“Konfusionsargument”)
- Ausnahme: jur. Pers. d. öff. R. die ein “personales Substrat” erkennen lassen bzw. sich in einer “grundrechtstypischen Gefährdungslage” befinden. (+) wenn sie zur Verwirklichung der individuellen Grundrechte der Bürger diene und als eigenständige, vom Staat unabhängige oder jedenfalls distanzierte Einrichtung bestehe (z.B. Universitäten, Rundfunkanstalten)
- Bei Gemeinden jedoch keine Ausnahme
- selbst bei fiskalischer Tätigkeit Art. 14 I GG (-)
- Arg.: Fiskusprivilegien
- Arg.: geringe Schutzbedürftigkeit
- Art. 14 I GG schütze nicht Privateigentum sondern das Eigentum Privater
- aber: Berufung auf Verfahrensgrundsätze (+)
- Grundrechtsfähigkeit von Gemeinden: Wieso meint der BayVerfGH anderer Auffassung als das BVerfG sein zu können?
BayVerfGH: Einzelfallentscheidung - auch Eigentumsschutz nicht generell versagt
- unterscheidet danach, ob die Gemeinde sich bei der Wahrnehmung öff. Aufgaben in einem Verfahren gegen den Staat auf das Eigentumsgrundrecht berufen kann oder ob sie dies in einem Streit mit einem privaten Dritten um die Auslegung einer Norm kann. Ersteres (-) letzteres (+), aber Ausnahmen denkbar.
- Grundrechtsfähigkeit von Gemeinden: Was spricht gegen das BVerfG?
- Art. 19 III differenziere nach Wortlaut nicht zwischen jur. P. d. Privatrechts und des öff. Rechts.
- verfehlt, von einer Einheit der Staatsgewalt auszugehen.
- diese Sichtweise werde der staatsorganisatorischen Grundentscheidung zur Dezentralisation und der Bedeutung des Art. 28 II GG für die Positionsbestimmung der Gemeinden im Staat nicht gerecht.
- jedenfalls grundrechtstpyische Gefährdungslage (somit grundrechtsfähig), wenn sich die Kommunen als jur. P. im fiskalischen Bereich zulässigerweise wie ein Privatmann am allgemeinen Rechtsverkehr beteiligen.
- verfehlt von der Gemeinde als “Unterstaat” auszugehen.